QuartrBack – Intelligente Notfallkette im Quartier für Menschen mit Demenz

Projektbeschreibung

Menschen mit Demenz zeigen vielseitige und folgenreiche Verhaltensänderungen bei einem progredienten Krankheitsverlauf. Neben der mit der Demenz häufig einhergehenden Orientierungslosigkeit gehören Ruhe- und Rastlosigkeit (Agitation) sowie ein Wanderverhalten zu den häufigsten und dauerhaften Verhaltensweisen, gefolgt von Depressivität, Angst und Aggressivität. Im frühen Stadium der Erkrankung folgt der Diagnose häufig die Isolation. Scham, Angst und eine abnehmende Orientierungsfähigkeit senken fortan den Grad der Selbstbestimmung, Selbständigkeit und gesellschaftlichen Teilhabe. Im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf gehören freiheitsentziehende Maßnahmen und sedierende Medikamente oder Fixierungen, teilweise auch ohne richterlichen Beschluss, zu den wesentlichen Kompensationsmechanismen des häuslichen, aber vereinzelt auch des institutionellen Hilfesystems. Der Übergang in ein institutionelles Pflegesetting ist insbesondere im letzten Stadium der Erkrankung für viele Menschen mit Demenz unvermeidlich.

Ziel des Projektes QuartrBack ist es, Menschen mit Demenz einen gefahrenlosen Zugang zu ihren individuellen Sozialräumen im Quartier und eine „gesicherte Teilhabe“ am sozialen Leben, also einen individuellen Lebensstil, zu ermöglichen. Dabei werden unterschiedliche bereits vorhandene Technologien (Mensch-Technik-Interaktion) für Ortung, Monitoring, Zugangskontrolle und Information kombiniert eingesetzt. So können mithilfe einer im Zuge des Projektes neu entwickelten und bedarfsorientiert konfigurierbaren Technologie für Ortung/Monitoring die Bewegungsfreiheit und Unabhängigkeit von Menschen mit Demenz ihren individuellen Bedürfnissen gemäß gestärkt werden. Über die neue Dienstleistung des ServiceCenterPflege (SCP) können mögliche Notsituationen zuverlässig erkannt, bewertet und aus verschiedenen Hilfsszenarien das effektivste zur Abwendung der Notsituation eingeleitet werden. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Einbindung von Kommunen und bürgerschaftlichem Engagement bei der Entwicklung einer „intelligenten Notrufkette“, wobei ein ehrenamtliches Helfernetz (bestehend aus Angehörigen, professionellem Pflegepersonal und freiwilligen Helfern) in das Notfallmanagement aktiv mit eingebunden werden soll.

Die Hauptaufgabe von ITAS im Projekt besteht vor allem in der entwicklungsbegleitenden Technikfolgenbeurteilung des Gesamtprozesses mit einem Fokus auf den technischen, rechtlichen, ökonomischen und insbesondere ethisch-sozialen Aspekten der verwendeten Technologien. In diesem Rahmen findet daher der interdisziplinäre Diskurs statt, der den gesamten Projektprozess begleiten wird. Darüber hinaus ist ITAS auch für die Situations- und Erwartungsanalyse zuständig, bei der die Erwartungen der verschiedenen involvierten Interessenvertreter sowie ihre Anforderungen an die Technik zunächst diskutiert und schließlich möglichst konsensual miteinander in Einklang gebracht werden sollen. Zudem wird ITAS die Projektpartner in ihrer Arbeit auf vielfältige Weise unterstützen, z.B. bei der Konzipierung und dem Aufbau des SCP und des Helfernetzwerkes und in besonderem Maße durch die Begleitung eines ausgedehnten Feldtests, bei dem der Einsatz der verschiedenen Technologien in Verbindung mit SCP und Helfernetzwerk im Echtbetrieb getestet werden soll.

Projekt-Website: http://www.quartrback.de/

Publikationen


2022
Vorträge
Weinberger, N.
Blinde Flecken in der Entwicklung von assistiven Technologien in der Pflege
2022. Digitalisierung und Pflege - Technik als Ausgleich für Mangel? (2022), Online, 24. Februar 2022 
2021
Zeitschriftenaufsätze
Weinberger, N.; Weis, A.; Pohlmann, S.; Brändle, C.; Zentek, T.; Ose, D.; Szecsenyi, J.
A New Method for Structured Integration of User Needs in Two Health Technology Development Projects: Action Sheets
2021. Informatics for health and social care, 46, 113–125. doi:10.1080/17538157.2020.1865968VolltextVolltext der Publikation als PDF-Dokument
Vorträge
Weinberger, N.
Bürgerbeteiligung von Menschen mit Seheinschränkungen und Demenz
2021, Oktober 28. Digitale Mittagspause: Meine, deine, unsere Daten - rechtliche und ethische Fragen bei Citizen-Science-Projekten (2021), Online, 28. Oktober 2021 
2017
Buchaufsätze
Krings, B.-J.; Weinberger, N.
Kann es technische Assistenten in der Pflege geben? Überlegungen zum Begriff der Assistenz in Pflegekontexten
2017. Assistive Gesellschaft : Multidisziplinäre Erkundungen zur Sozialform ’Assistenz’. Hrsg.: P. Biniok, 183–201, VS Verlag für Sozialwissenschaften 
2016
Proceedingsbeiträge
Weinberger, N.; Hirsch, J.
Welche Art von mobilitätsfördernder Technologie ist im Pflegearrangement von Menschen mit Demenz zur Bedarfserfüllung notwendig? - Aushandlungsprozesse zwischen Pflegekräften und Technikentwicklern
2016. Zukunft Lebensräume : Gesundheit, Selbstständigkeit und Komfort im demografischen Wandel. Konzepte und Technologien für die Wohnungs-, Immobilien-, Gesundheits- und Pflegewirtschaft, 216–220, VDE Verlag 
Zentek, T.; Weinberger, N.; Brändle, C.; Hirsch, J.
Analyse von Anforderungen an eine intelligente Notfallkette für Menschen mit Demenz im Quartier. Das Projekt QuartrBack
2016. Zukunft Lebensräume : Gesundheit, Selbstständigkeit und Komfort im demografischen Wandel. Konzepte und Technologien für die Wohnungs-, Immobilien-, Gesundheits- und Pflegewirtschaft, 213–215, VDE Verlag 

Kontakt

Dipl.-Ing. Nora Weinberger
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Postfach 3640
76021 Karlsruhe

Tel.: 0721 608-23972
E-Mail