Technikkompatibilität von Netzwerken in der ambulanten Pflege
- Projektteam:
Decker, Michael (Projektleitung ITAS); Bettina-Johanna Krings; Nora Weinberger
- Förderung: HeiKa (Heidelberg Karlsruhe Research Partnership) und Forschungsbrücke „Natur, Technologie und Gesellschaft“
- Starttermin: 2014
- Endtermin: 2014
- Projektpartner: Prof. Dr. Johannes Eurich (Projektleitung), Dr. Jürgen Hädrich (Diakoniewissenschaftliches Institut der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg)
- Forschungsgruppe: Innovationsprozesse und Technikfolgen
Projektbeschreibung
Aktuelle Prognosen zum demographischen Wandel gehen von einem signifikanten Anstieg der Anzahl alter Menschen in den nächsten Jahrzehnten in modernen, hochtechnisierten Gesellschaften aus. Die Verschiebungen in der Alterspyramide scheinen statistisch gut erfasst zu sein und beinhalten differenzierte Darstellungen der Alterskohorten mit ihren besonderen Charakteristika. So gibt es auch Abschätzungen zur Anzahl der Menschen mit Demenz, die – aufgrund des allgemeinen Anstiegs der Lebenserwartung – ebenfalls zunehmen wird. Allein in Deutschland leiden beispielsweise etwa 1,2 Mio. Menschen an einer leichten bis schweren Demenz. Ihre Zahl soll sich, so die Schätzungen, bis 2050 verdoppeln. In Pflegeheimen leiden bereits heute 69 % der Bewohner an einer Demenz. Dies stellt die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen vor erhebliche Herausforderungen.
Vor diesem Hintergrund beginnen sich neue Modelle im Kontext der Pflege zu etablieren, besonders im ambulanten Bereich, der zugleich eine Stärkung erfahren soll, weil er die Patienten so lange wie möglich in ihrem gewohnten Kontext belässt, was als förderlich angesehen wird. Im ambulanten Bereich der Pflege gibt es verschiedene Versuche der Netzwerkbildung, die auf ganz unterschiedlichen Ebenen erfolgen kann. So gibt es mit Blick auf die medizinische Versorgung die Tendenz, dass die unterschiedlichen Instanzen (Hausarzt, Nervenfacharzt, neurologische Abteilung einer Klinik und dann auch Pflegedienst) stärker in der Behandlung der Patienten zusammenspielen. Mit Blick auf die Gewährleistung der adäquaten Pflege gibt es Initiativen, unterschiedliche Träger der Kranken- und Pflegeversicherung, öffentliche Einrichtungen und pflegerische Leistungserbringer besser zu vernetzen, um Effizienz- und Effektivitätssteigerungen zu erzielen. Ein wichtiger Aspekt ist die Einbindung Freiwilliger in die ambulante Pflege und die Installierung von Pflegebegleitung, die vor allem für die pflegenden Angehörigen eine erhebliche Entlastung darstellen.
Eine andere und ergänzende Art der Entlastung in der ambulanten Pflege stellt der Einsatz technischer Unterstützungssysteme gerade bei Menschen mit Demenz dar. Dies zeigt auch die Vielzahl an Projekten zum Thema „Ambient Assisted Living“ (AAL). Durch den Einsatz technischer Unterstützungssysteme wird Menschen mit Demenz unter anderem ein interaktives System zu Seite gestellt, das i) prinzipiell auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist, ii) jederzeit zur Verfügung steht und iii) den Patienten auch Sicherheit und weitest gehende Autonomie bietet. Außerdem würde das System eine gezielte und vor allem individuelle Therapie und Förderung ermöglichen, die bisher bei einer Pflege, die sich aus Zeit- und Budgetgründen nur auf die Befriedigung grundlegender physiologischer Bedürfnisse konzentrieren kann, nicht gegeben ist.
Offen ist allerdings, wie Technik im Zusammenspiel von Versorgungs-Netzwerken angesichts von Fragen bezüglich Strukturen, Steuerung und Implementierung zielgerichtet eingesetzt werden kann. Es stellen sich Fragen von Netzwerkorganisation und -steuerung, die mit den Einsatzbedingungen von Technik korreliert werden müssen. Bisher gibt es nur sehr wenige Studien, die diese spezifischen Aspekte untersucht haben. In diesem Projekt sollen daher diese Fragestellungen mit dem Ziel einer an die Pflegekonstellation angepassten Technikentwicklung in den Fokus der Arbeit gerückt werden.
Publikationen
Ein Netzwerk der Sorge flechten - Der Einsatz assistiver Technologien in regionalen Versorgungsnetzwerken für Menschen mit Demenz
2023. Pflege & Gesellschaft, 28 (2), 137–152
Blinde Flecken in der Entwicklung von assistiven Technologien in der Pflege
2022. Digitalisierung und Pflege - Technik als Ausgleich für Mangel? (2022), Online, 24. Februar 2022
Who cares about care? Vier Thesen zum Diskurs über Technik in der Pflege
2021. Neue Technologien für die Pflege. Grundlegende Reflexionen und pragmatische Befunde. Hrsg.: M. Hülsken-Giesler, 135–152, V & R unipress. doi:10.14220/9783737012027.135
Explorative Analyse regionaler Unterstützungsnetzwerke für ältere, pflegebedürftige Menschen
2019. Pflege und Gesellschaft, (2), 151–166
Mein Sohn, der Roboter und ich? Pflegeroboter - die Antwort auf Pflegemangel? Möglichkeiten und Grenzen technischer Unterstützung in der Pflege
2016. VHS Böblingen-Sindelfingen, 29.September 2016
Smarte Technologien - Smarte Entscheidungen? Kognitive Systeme im Spiegel der TA
2016. Smart New World - Was ist smart an smarten Technologien? Internationale Konferenz (TA16), Wien, A, 30.Mai 2016
Können neue Technologien Fürsorge und Care abdecken?
2016. Workshop ’Fürsorge und Technologien im Rahmen des Forschungsverbundes ForGenderCare’, München, 8.Juli 2016
Assessing technologies. Towards responsible innovation?
2015. 7th Joint Korean-German Conference ’Science and Innovation’, Seoul, Korea, October 13, 2015
Serviceroboter in Pflegearrangements
2014. Zukünftige Themen der Innovations- und Technikanalyse : Lessons learned und ausgewählte Ergebnisse. Hrsg.: M. Decker, 63–121, KIT Scientific Publishing
Responsible research and innovation. A demand oriented approach?
2014. Vortr.: HEIKA Heidelberg Karlsruhe Research Partnership, Karlsruhe, July 24, 2014
Kontakt
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Postfach 3640
76021 Karlsruhe
Tel.: 0721 608-23007
E-Mail