Mobilität und Städtebau: Weniger Parkplätze, mehr Parkflächen?

Am Beispiel eines Karlsruher Stadtteils haben Forschende untersucht, inwiefern mit neuen, digital gestützten Mobilitätsangeboten Mobilitätsverhalten verändert, der öffentliche Raum neu aufgeteilt und die Lebensqualität verbessert werden könnte.
Buchcover Städtebauliche und sozioökonomische Implikation neuer Mobilitätsformen
Quelle: KIT Scientific Publishing
Vorher-Nacher Bild der umgestalteten Parkplätze in Karlsruhe
Mögliche Umgestaltung von Parkplätzen in der Karlsruher Oststadt (Quelle: Collagen / KIT-Institut Entwerfen von Stadt und Landschaft)
Vorher-Nacher Bild einer Wohngegend

Viele Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass sich urbane Mobilität, und damit auch das städtische Umfeld, in Zukunft stark verändern werden. „Es ist deshalb wichtig zu verstehen, wie dieser Wandel aussehen und gestaltet werden kann“, so ITAS-Wissenschaftler Jens Schippl. Der Mobilitätsexperte untersucht mit Partnern im Forschungsverbund Netzwerk Profilregion Mobilitätssysteme Karlsruhe zentrale Fragen der Mobilitätswende. Etwa ob durch neue, digital gestützte Angebote oder automatisiertes Fahren weniger PKW nachgefragt werden. Und wie nicht mehr benötigte Parkplätze für eine bessere Lebensqualität umgestaltet werden können. Auch die Frage, ob sich Bürgerinnen und Bürger solche Umwandlungen überhaupt wünschen oder immerhin akzeptieren würden, steht im Fokus der Forschenden.

Antworten liefert der jetzt erschienene Sammelband „Städtebauliche und sozioökonomische Implikationen neuer Mobilitätsformen“. Der Fokus der Veröffentlichung liegt auf dem Karlsruher Stadtteil Oststadt, den das Profilregion-Netzwerk in einem gleichnamigen Arbeitspaket untersucht.

Autonomes Fahren könnte Platzbedarf für PKW reduzieren

Die Forschenden zeigen in dem Band unter anderem, dass sowohl mit bereits existierenden Mobilitätsangeboten – und perspektivisch auch mit der Einführung des autonomen Fahrens – große Veränderungspotentiale für innerstädtische Stadtteile einhergehen können. „Wenn autonomes Fahren für intelligente Dienste wie fahrerlose, flexible Shuttles oder Sammeltaxis eingesetzt wird, könnten attraktive Alternativen zum PKW entstehen, die dann die Bedeutung des eigenen PKWs und von Parkplätzen im öffentlichen Raum zurückdrängen“, so Jens Schippl.

Großes Potenzial für Lebensqualität in Karlsruher Oststadt

Gerade in der Karlsruher Oststadt würden sich durchaus Möglichkeiten bieten, Parkplätze zu reduzieren und neu zu nutzen. So zeigen die Autorinnen und Autoren, dass relativ viele PKW dort nur wenig bewegt werden. „Bei vielen Bürgerinnen und Bürger – aber nicht bei allen – gibt es durchaus eine Akzeptanz für die Umnutzung von öffentlichen Parkflächen“, so Jens Schippl. Besonders groß wäre die Zustimmung, wenn alternative Abstellmöglichkeiten in Parkhäusern am Rande des Stadtteils entstehen würden.

Ein Fazit der Forschenden: Zwar eigneten sich umgewidmete Parkflächen wegen ihrer kleinteiligen Struktur nur für bestimmte Nutzungen wie beispielsweise kleine Grünflächen, Aufenthalts- oder Spielbereiche. Auch gingen die Meinungen darüber, wie freiwerdende Flächen genutzt werden sollen teilweise deutlich auseinander. Dennoch könnten sich beachtliche Gewinne für den öffentlichen Raum ergeben. Voraussetzung sei allerdings, die einzelnen Maßnahmen in ein größeres Gesamtkonzept einzubinden. (18.03.2022)

Bibliographische Angaben:

Schippl, J.; Burghard, U.; Baumgartner, N.; Engel, B.; Kagerbauer, M.; Szimba, E. (Hrsg.)
Städtebauliche und sozioökonomische Implikationen neuer Mobilitätsformen. Beiträge aus: Profilregion Mobilitätssysteme Karlsruhe. Karlsruhe: KIT Scientific Publishing, 2021.
Zur Publikation (Open Access)