Kraftstoff, Strom oder Wärme aus Stroh und Holz? [10.07.2007]

Die Publikation einer umfassenden Untersuchung von ITAS zur energetischen Nutzung von Stroh und Waldrestholz liegt nun vor und ist online verfügbar. Ziel der mit Unterstützung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR) durchgeführten Systemanalyse war es, das vom Forschungszentrum Karlsruhe unter dem Namen bioliq® verfolgte „Biomass-to-Liquid“(BtL)-Verfahrenskonzept zur Kraftstofferzeugung aus Biomasse in sein technisches, ökonomisches und umweltrelevantes Umfeld einzuordnen und zu bewerten.

Hierzu wurden anhand der mengenmäßig bedeutendsten und kostengünstigen Biomasseträger Stroh und Waldrestholz die spezifischen Vorteile, aber auch die bestehenden Nachteile des Verfahrens herausgearbeitet und mit konkurrierenden Alternativen der Wärme- und Stromgewinnung verglichen. Zuvor wurde am Beispiel des Landes Baden-Württemberg für ausgewählte Anlagenstandorte sehr differenziert dargestellt, welches energetisch nutzbare Potenzial an Getreidestroh und Waldrestholz zur Verfügung steht, und zu welchen Kosten.

Ausgangspunkt für die Verfahrensanalyse war eine detaillierte Beschreibung des technischen Stands der unterschiedlichen Teilschritte zur Kraftstofferzeugung aus Biomasse, wie der Schnellpyrolyse, Vergasung, Gasreinigung/-konditionierung und derFischer-Tropsch(FT)-Synthese. Die ökonomischen Abschätzungen zum bioliq-Konzept zeigten für energieautarke Anlagen, dass der FT-Kraftstoff – je nach Anlagengröße – bei gemeinsamer Nutzung von Stroh und Waldrestholz zu Kosten von rd. 0,90 bis 1,00 € pro Liter bereitgestellt werden könnte. Sofern dieser biogene Kraftstoff nicht mit der Mineralölsteuer belastet wird, könnte er ab einem Rohölpreis von rd. 65 US-$ pro barrel mit erdölstämmigem Diesel konkurrieren. Beim Vergleich der Kraftstofferzeugung mit der Wärme- und Stromgewinnung aus Stroh und Waldrestholz wird jedoch deutlich, dass diese bereits etablierten Alternativen näher an der Wettbewerbsfähigkeit sind bzw. diese bereits erreicht haben.

Die in der Studie vorgestellten Ergebnisse zu den CO2-Minderungskosten bei der Kraftstoff-, Strom- und Wärmebereitstellung legen nahe, die CO2-Minderungsstrategie nicht als zentrales Argument für die Forcierung der Bereitstellung von FT-Kraftstoff aus Biomasse darzustellen. Wird jedoch ausschließlich der Verkehrssektor betrachtet, sind diese CO2-Minderungskosten als günstig einzustufen. Da das BtL-Konzept des Forschungszentrums Karlsruhe über die Pyrolyse und Vergasung zudem Wege eröffnet, die Biomasse – als Kohlenstoffträger – einer weitergehenden chemischen Nutzung zuzuführen, sollte dieser Entwicklungsweg weiter beschritten werden. Dies schließt die gekoppelte chemisch/energetische Nutzung im Sinne eines „Biorefinery“-Konzepts mit ein.

Fazit: Die Ergebnisse der Studie stützen die Einschätzung, dass biogene Energieträger in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten ihre Stellung als mengenmäßig bedeutsamster regenerativer Energieträger in Deutschland weiter ausbauen werden. Die Nutzungskonkurrenz wird sich hierbei noch deutlich verschärfen, insbesondere mit Blick auf die begrenzt verfügbare landwirtschaftliche Fläche, auf der neben Energieträgern auch Nahrungsmittel angebaut werden können.

Bibliographische Angaben:
L. Leible; S. Kälber; G. Kappler; S. Lange; E. Nieke; P. Proplesch; D. Wintzer und B. Fürniß
Kraftstoff, Strom und Wärme aus Stroh und Waldrestholz – Eine systemanalytische Untersuchung – Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe 2007 (Wissenschaftliche Berichte, FZKA 7170), 117 Seiten

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