Mobilität: Doktorarbeit untersucht Bedeutung sozialer Beziehungen

Für eine erfolgreiche Verkehrswende ist es wichtig zu verstehen, unter welchen Bedingungen Menschen dazu bereit sind, die Wahl ihrer Mobilitätsziele zu verändern. Die ITAS-Wissenschaftlerin Maike Puhe hat sich damit in ihrer Dissertation beschäftigt.
Viele Menschen, die eine Ampel überqueren
Nicht nur technische, auch soziale Rahmenbedingungen sind maßgeblich für Mobilitätsentscheidungen. (Quelle: Mauro mora / unsplash)
Ein komplexes Mobilitätsnetzwerk, das sich aus verschiedenen Kreisen und Teilbereichen aufbaut
Beispiel für ein komplexes persönliches Mobilitätsnetzwerk.

Die Transformation des Mobilitätssystems kann nicht allein durch technische Maßnahmen gelingen. Sie ist vielmehr eng verknüpft mit den Möglichkeiten der Menschen, die notwendigen Veränderungen in ihren Alltag zu integrieren. Diese Überlegung war Ausgangspunkt für das nun abgeschlossene Dissertationsprojekt von Maike Puhe.

„Zielwahlentscheidungen“ im Fokus

Ein besonderes Augenmerk legt die wissenschaftliche Mitarbeiterin des ITAS dabei auf die Frage der  „Zielwahlentscheidungen, also darauf, welche Orte Menschen in ihrem Alltag aufsuchen und warum. Bisherige Verkehrsnachfragemodelle in Forschung und Praxis gehen im Wesentlichen davon aus, dass Zeit- und Kostenoptimierung die treibenden Kräfte bei der Zielwahl sind.

„Die geforderten Veränderungen können jedoch eine Zumutung sein – insbesondere dann, wenn liebgewonnene Gewohnheiten oder soziale Beziehungen betroffen sind“, so die Mobilitätsexpertin. Dies führe dazu, dass Prognosewerkzeuge die Veränderungsbereitschaft der Bevölkerung regelmäßig überschätzen. Maike Puhe untersucht deshalb, welche Bedeutung soziale Beziehungen – zu Freunden oder Familienmitgliedern, aber auch zum Arbeitsplatz, zum Sportverein oder zu bestimmten Supermärkten  im Leben der Menschen haben und welche Mobilitätsbedürfnisse damit einhergehen.

Neues konzeptionelles Modell zur Wahl von Mobilitätszielen

Die Ergebnisse ihrer Analyse lässt die Forscherin in ein neues konzeptionelles Modell der Zielwahl einfließen. Dieses berücksichtigt, dass es im Leben von Menschen neben grundsätzlich veränderbaren kosten- und zeitoptimierenden Entscheidungen auch unhinterfragte Routinehandlungen gibt, die mit einer hohen emotionalen oder sozialen Bedeutung einhergehen können.

So ist der Besuch bei den Eltern oder das wöchentliche Vereinstraining bei vielen Menschen weniger veränderbar als die Wahl eines geeigneten Supermarktes. Mit Blick auf die notwendige Transformation des Mobilitätssystems stellt sie fest, dass es häufig die entfernungsintensiven oder Pkw-dominierten Beziehungen sind, die eine wichtige Bedeutung im Leben der Menschen spielen.

Damit will Maike Puhe zu einem besseren Verständnis der Stabilität und Variabilität von Mobilitätsmustern beitragen, das auch in zukünftigen Verkehrsmodellen genutzt werden kann. (17.08.2023)

Bibliografische Angaben:

Maike Puhe
Stabilität und Variabilität mobilitätsbezogener Alltagshandlungen – eine qualitative soziale Netzwerkanalyse. Karlsruhe: KITopen, 2023. 294 S.
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