Studie zu Risikoaversion bei Informationstechnik

Europäische Anbieter von Mobilfunk- und Informationstechnik verfolgen die falsche Strategie. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Operators at crossroads“. Die Autoren empfehlen, das Funkspektrum zu deregulieren und manipulationssichere Geräte zu fördern.

Während US-Firmen wie Apple und Google den Konsumentenmarkt dominieren, sind europäische Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationstechnik heute weitgehend bedeutungslos. Als Ursachen benennen Arnd Weber vom ITAS und sein Koautor, der Mobilfunkexperte Daniel Scuka, wiederholte Versuche europäischer Anbieter, Kommunikationskapazitäten in geschlossenen Umgebungen oligopolistisch zu vermarkten, statt wie US-Unternehmen das offene Internet zu nutzen. So setzten die Hersteller und Netzbetreiber beispielsweise Mitte der 1980er Jahre auf das geschlossene System „Bildschirmtext“ und verkauften Ende der 90er Jahre teure Dienste wie SMS und MMS, als bereits das mobile Internet entstand.

„Europäische Investoren haben neue Entwicklungen nicht nur verschlafen. Schlimmer, sie haben über 20 Jahre lang attraktive Produkte gekannt, aber das Risiko gescheut, in ihre Herstellung zu investieren“, resümiert Arnd Weber. Dies gilt nicht nur für Smartphones. Die ersten PCs mit graphischer Schnittstelle wurden 1980 in der Schweiz hergestellt, vier Jahre vor dem Apple Macintosh. Niemand wagte jedoch, in eine größere Produktion zu investieren.

Mehr Wettbewerb, mehr Innovation

Die Autoren nennen in ihrem Artikel verschiedene Möglichkeiten, um Marktchancen künftig wieder besser zu nutzen. Wie in anderen Branchen seien Wettbewerber nötig, die einander überraschen. „Mit der Vergabe europaweiter Lizenzen für Mobilfunkanbieter würden international wettbewerbsfähige Unternehmen entstehen. Diese könnten ihre Marktmacht gegenüber den Herstellern von Mobilfunkgeräten nutzen, um neue Dienste zu vermarkten, etwa die kostenlose Kommunikation über weitere Entfernungen mittels eines verbesserten WiFi“, so Scuka.

Eine weitere Marktchance liegt in der abhörsicheren, nicht manipulierbaren Kommunikation mit Computern und Smartphones. Gäbe es etwa gesetzliche Vorschriften und Standards für hochsichere Computer ohne Hintertüren, so wie es Sicherheitsvorschriften im Flugzeugbau oder in der Medizin gibt, könnte sich dies für den Standort zum Vorteil entwickeln. „Security made in Germany“, so die Autoren, hätte das Potenzial weltweit nachgefragt zu werden. (09.05.2016)

Bibliographische Angaben:

Arnd Weber, Daniel Scuka
Operators at crossroads: market protection or innovation? „Telecommunications Policy“, April 2016, doi:10.1016/j.telpol.2015.11.009
Artikel online lesen
KIT-Presseinformation