Partizipation und Governance
Wir wissen nicht, wie die Welt in 20 oder gar 100 Jahren aussehen wird. Aber wir können technologische Entwicklungen, gesellschaftliche Zustände und politische Trends beobachten und mögliche Zukünfte darstellen. Dabei zeigt sich: Künftige Technikfolgen werden im Hier und Jetzt angelegt. Im Interesse erwünschter Entwicklungen müssen wir bereits heute eingreifen und gestalten. Allerdings herrschen erhebliche Unsicherheiten und Zweifel über die „richtigen“ Wege, vor allem, weil durch vorschnelle Entscheidungen Pfade beschritten werden könnten, die nur schwer wieder zu verlassen sind. Gleichzeitig langfristig zu denken und kurzfristig lernfähig und flexibel zu sein, ist ausgesprochen ambitioniert. Außerdem müssen diese Beratungen, ob nun zur Ausgestaltung der Energiewende oder zum Fortgang der Digitalisierung, demokratisch erfolgen. Allein der unterschiedliche Wissensstand zwischen Expertinnen und Experten einerseits und Bürgerinnen und Bürgern andererseits macht dies zu einer großen Herausforderung.
Ihr begegnen wir am ITAS durch eine Kombination aus neuen Ansätzen zur Long-Term Governance langfristiger Prozesse und ihrer partizipativen Ausgestaltung. Langdauernde Prozesse wie den Ausstieg aus der Kernenergie, die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle, die Einführung der Bioökonomie oder die Energiewende begreifen wir als eine soziotechnische Herausforderung. Auch grundsätzliche Überlegungen zum Umgang mit Risiken und Nichtwissen haben am ITAS ihren Platz.
Wissenstransfer
Den Austausch von Wissen zwischen Forschung, Politik und Gesellschaft verstehen wir als eine zentrale Querschnittsaufgabe. Das ITAS beschäftigt sich mit der Wirkung partizipativer Formate, betreibt Citizen-Science-Projekte (z. B. TeQfor1 und TechnoCitizenScience) sowie Reallaborforschung vor Ort (vgl. Abschnitt „Gesellschaftliche Transformation“) und führt themenspezifische Bürgerdialoge durch. Zudem sind wir in der Politikberatung für den Deutschen Bundestag sowie das Europäische Parlament aktiv und geben mit TATuP eine Open-Access-Zeitschrift heraus, die sich an die wissenschaftliche Community genauso wie TA-Interessierte richtet.
Endlager-Forschung
Mit den Möglichkeiten gesellschaftlicher Partizipation bei der Endlagersuche beschäftigt sich das ITAS seit vielen Jahren. Das Projekt SOTEC-radio zielte auf neue politische Prozesse, die bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle technische und gesellschaftliche Faktoren berücksichtigen. Im Projekt Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Endlagersuche untersuchten Forschende ein generationenübergreifendes und lernendes Verfahrens der Öffentlichkeitsbeteiligung. Zudem arbeiten sie aktuell im Projekt TRANSENS gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürger inter- und transdisziplinär an konkreten Fragen der Endlagersuche.
Gesellschaftliche Transformation
Das Institut widmet sich mit seinem Reallabor Quartier Zukunft der partizipativen Transformation der Karlsruher Oststadt. Stadtgesellschaft und Forschende erproben und erforschen gemeinsam neue Wege der Nachhaltigkeit. Partizipation – vom Wissensdialog bis zum Empowerment von Akteuren – steht im Mittelpunkt einer Reihe transdisziplinärer Projekte im Reallabor wie Klimaschutz gemeinsam wagen!, #climatechallenge oder Dual Mode Participation (DUPA). Das Karlsruher Reallabor Nachhaltiger Klimaschutz erweitert den Reallabor-Radius auf ganz Karlsruhe und setzt mit über 30 Partnern Transformationsexperimente für mehr Klimaschutz um. Mit dem Ziel gesellschaftlicher Transformation entwickelt und bewertet das ITAS zudem gemeinsam mit kommunalen Akteuren Strategien zur Sektorkopplung.
Global Technology Assessment
Das ITAS ist Mitinitiator und -Koordinator des globalTA Netzwerks, einem Zusammenschluss von weltweit 29 nicht-profitorientierten Mitgliedern. Ziele des Netzwerks sind es, globale Rahmen für die Abschätzung von neuen Technologien zu entwickeln, den weltweiten Austausch im Bereich TA zu fördern sowie eine antizipative Governance von Technologien zu ermöglichen.
Co-Design von Technologien
Das ITAS erarbeitet gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Stakeholdern handlungsorientiertes Wissen zum Co-Design, etwa im Bereich assisstiver Technologien oder der Nutzung erneuerbarer Ressourcen. Projekte wie TERRAIN und QuartrBack haben das Ziel, zur bedarfsgerechten Entwicklung von Mensch-Maschine-Schnittstellen für Menschen mit Sehbehinderung beziehungsweise Demenz beizutragen. In Projekten wie APV-RESOLA, GECKO und FuTuReS entwickeln Forschende umweltverträgliche Pfade der Biomasse- und Energienutzung, die dem Anspruch auf Transparenz und gesellschaftliche Mitbestimmung gerecht werden.
Projekte zum Thema
- APV-RESOLA
- DuPa – Dual Mode Participation: Window of Opportunity for Inclusive Real-World Labs
- #climatechallenge – mit Hand und Fuß
- FuTuReS
- GECKO
- Karlsruher Reallabor Nachhaltiger Klimaschutz (KARLA)
- Klimaschutz gemeinsam wagen!
- Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Endlagersuche
- Partizipationsverfahren und -prozesse in Forschungsorganisationen
- Quartier Zukunft - Labor Stadt
- QuartrBack
- Querschnittsaktivität Wissenstransfer
- Reihe von Bürger*innendialogen zu Technikfolgen und gesellschaftlicher Transformation
- SOTEC-radio
- TechnoCitizenScience
- TERRAIN
- TeQfor1
- TRANSENS
- ZuSkE: Die Zukunft der Sektorkopplung auf kommunaler Ebene
Zur vollständigen Projektliste
Expertinnen und Experten
-
Co-Design von Technologien:
Dr. Christine Rösch - Endlagerung:
Dr. Peter Hocke-Bergler - Globale Technikfolgenabschätzung:
Dr. Julia Hahn - Long-term governance:
Dr. Dirk Scheer - Parlamentarische Politikberatung:
Dr. Arnold Sauter, Dr. Christoph Revermann - Soziale Transformation:
Dipl.-Geoök. Sarah Meyer-Soylu
Weiterer Kontakt
Jonas Moosmüller
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 721 608-26796
E-mail
Publikationen zum Thema
Directing personal sustainability science toward subjective experience: conceptual, methodological, and normative cornerstones for a first-person inquiry into inner worlds
2024. Sustainability Science. doi:10.1007/s11625-023-01442-w
Comparable diameter resulted in larger leaf area and denser foliage in the park trees than in street trees: A study on Norway maples of Karlsruhe city, Germany
2024. Heliyon, 10 (1), Art.-Nr.: e23647. doi:10.1016/j.heliyon.2023.e23647
Crown die-back of peri-urban forests after combined heatwave and drought was species-specific, size-dependent, and also related to tree neighbourhood characteristics
2024. Science of The Total Environment, 913, Art.-Nr.: 169716. doi:10.1016/j.scitotenv.2023.169716
Governing Nuclear Waste in the Long Term: On the Role of Place
2024. Historical social research, 49 (1), 193–226. doi:10.12759/hsr.49.2024.09.
Zwischen TD-Management und TD-Forschung – das lernende Standortauswahlverfahren als Beispiel
2024. Ein Querschnitt durch die Forschung im transdisziplinären Arbeitspaket DIPRO – Inhalte und Reflektionen. Hrsg.: Ulrich Smeddinck, Margarita Berg, 10–15
Empowering citizens for the energy transition: facilitating role change through real-world experiments
2024. Sustainability Science. doi:10.1007/s11625-023-01453-7
Erwartungen an Wissenschaft in Krisenzeiten: Impulse für die Technikfolgenabschätzung aus zwei Beteiligungsformaten
2023. TATuP - Zeitschrift für Technikfolgenabschätzung in Theorie und Praxis, 32 (2), 36–42. doi:10.14512/tatup.32.2.36
Das Ende der Bonusmeile. Sollten Flugreisen begrenzt werden?
2023. "Ich lehne mich jetzt mal ganz konkret aus dem Fenster: (…)" : Eine Festschrift für Thomas Potthast. Hrsg.: R. Quinn, 163–171, Universität Tübingen
Characteristics of urban park recreation and health during early COVID-19 by on-site survey in Beijing
2023. npj Urban Sustainability, 3 (1), Art.-Nr.: 31. doi:10.1038/s42949-023-00110-3
Aktiv für den Wandel
2023. Stolle, Michael; Schnaubelt, Manuela (Hg.): Einfach anders machen! Perspektiven für den Alltag, 125–127, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Transdisziplinär forschen
2023. Transformative Geographische Bildung – Schlüsselprobleme, Theoriezugänge, Forschungsweisen, Vermittlungspraktiken. Hrsg.: E. Nöthen, 261–267, Springer Verlag. doi:10.1007/978-3-662-66482-7_36
Spatial neighborhood analysis linking urban morphology and green infrastructure to atmospheric conditions in Karlsruhe, Germany
2023. Urban Climate, 51, Art.-Nr.: 101624. doi:10.1016/j.uclim.2023.101624
Zehn ITAS‐Thesen zu den veränderten Zeitplänen im Standortauswahlverfahren (2031/2046/2068)
2023. Karlsruher Institut für Technologie (KIT). doi:10.5445/IR/1000159033
Embodying Fear and Toxicity: Environmental Protests against West Germany’s Final Repository for Nuclear Waste in Gorleben, 1977-1980
2023. Hazardous Time-Scapes. How to Study Toxicity and Pollution from Multiple Timed, Spaced, and Embodied Perspectives, Ecology and History Series. Ed.: S. M. Müller, 233–252, Ohio State University Press
Verwaltungshandeln in einem bundesdeutschen reversiblen Verfahren für die aktuelle Suche nach einem Endlagerstandort für hochradioaktive Abfälle
2023. Karlsruher Institut für Technologie (KIT). doi:10.5445/IR/1000165563
Atommüll – Zur Long-term Governance eines sozio-technischen Problems
2023. Handbuch Umweltsoziologie. Hrsg.: M. Sonnberger, 1–13, Springer Fachmedien Wiesbaden. doi:10.1007/978-3-658-37222-4_29-1
Who Decides What is Safe? Experiences from Radioactive Waste Governance in Switzerland
2023. The Future of Radioactive Waste Governance – Lessons from Europe. Ed.: M. Arentsen, 169–198, Springer Fachmedien Wiesbaden. doi:10.1007/978-3-658-40496-3_7
Exploring PPGIS as a Way of Digital Participation on the Example of Heat Relief Planning
2023. The ‘New Normal’ in Planning, Governance and Participation : Transforming Urban Governance in a Post-pandemic World. Ed.: E. Lissandrello, 191–202, Springer. doi:10.1007/978-3-031-32664-6_15