ITAS-Kolloquium 2016

  • type of event:

    Vortragsreihe

  • place:
    ITAS, Karlstr. 11, 76133 Karlsruhe
  • date:

    2016

Montag, 12. Dezember 2016, 14:00 Uhr

Prof. Dr. Rene von Schomberg, Teamleader Science Policy, European Commission Brüssel

Why Responsible Innovation?

1. Science and Innovation has to become "controversial"
2. Responsible Innovation for the Pursuit of Sustainability
3. Open Research and Responsible Research vs Open and Responsible Innovation
4. Main challenges for open and responsible innovation

Montag, 21. November 2016, 14:00 Uhr

Prof. Bernadette Bensaude-Vincent, Université Paris 1-Panthéon-Sorbonne, Paris

The moral economy of bionanotechnology

To what extent did bionanotechnology change the moral economy of science? In emphasizing the contrast of epistemic ideals of classical science and those of contemporary research in bio and nanotechnology, this talk will first characterize the epistemic virtues promoted by the community of synthetic biologists. Then it proceeds to consider the ethical issues raised by this epistemic culture and how they could be addressed.

Montag, 17. Oktober 2016, 14:00 Uhr

Prof. Dr. Harald Horn, KIT / Lehrstuhl für Wasserchemie und Wassertechnologie am Engler-Bunte-Institut des KIT

Wasserforschung am Engler-Bunte-Institut

Die Wasserforschung am Engler-Bunte-Institut (EBI) beschäftigt sich mit Wasserqualität auf der einen Seite und der Wasseraufbereitung auf der anderen Seite.

Gerade vor dem Hintergrund von erheblichem Wasserstress in vielen Regionen der Welt, ist die Wasseraufbereitung mit Membranverfahren (z.B. bei der Meerwasserentsalzung aber auch bei der Wasserwiederverwendung) ein stark wachsender Markt. Als Beispiel wird im Vortrag auf Israel eingegangen, wo die Wasserversorgung in den letzten 10 Jahren weitestgehend auf Meerwasserentsalzung umgestellt wurde. Jedoch treten bei der Meerwasserentsalzung mit Membranverfahren Störungen auf, die zu erheblichen Kosten führen können. Diese Prozesse werden am EBI mit sehr weit entwickelten bildgebenden Verfahren untersucht und im Vortrag dargestellt.

FÄLLT AUS: Montag, 19. September 2016, 14:00 Uhr

Prof. Dr. Annette Lessmöllmann, Institut für Germanistik des KIT

Wissenschaftskommunikation: Herausforderungen in Forschung und Berufspraxis

Die Wissenschaftskommunikation ist ein heftig debattiertes und manchmal auch heftig missverstandenes Feld. Das ist nicht verwunderlich, denn der Begriff ist je nach Domäne (verschiedene Fächer in der Forschung; unterschiedliche Felder in der Berufspraxis) anders belegt. Diskussionen entzünden sich gerne an versteckten oder offenen normativen Forderungen oder an dem Bedürfnis nach Abgrenzung oder Agenda setting einzelner Akteure. Angeheizt wird die Debatte durch Herausforderungen wie Medien- und Öffentlichkeitswandel, Veränderungen in Forschung und Publikationswesen und eine befürchtete Delegitimierung der Wissenschaft in politischen Diskursen.

Im Vortrag möchte ich eine Standortbestimmung vornehmen, indem ich einige zentrale Herausforderungen für Forschung und Praxis herausgreife. Daraus leite ich thesenhaft Forderungen an die Berufspraxis, aber auch Desiderata der Wissenschaftskommunikationsforschung ab. Dazu gehört der Umgang mit dem Grundsatzproblem, welche Ziele und welche Rolle Wissenschaftskommunikation in einer Gesellschaft hat oder haben soll. Zudem stelle ich kurz Forschungsprojekte der Abteilung Wissenschaftskommunikation am Institut für Germanistik: Literatur, Sprache, Medien vor.

Dienstag, 26. Juli 2016, 13:30 Uhr

Prof. Dr. Armin Grunwald, Institutsleitung ITAS

Die Endlagerkommission des Bundestages – Ergebnisse und Erfahrungsbericht

Nach über zwei Jahren hat die Endlagerkommission ihren Bericht an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung übergeben. Zentrales Element ist ein Fahrplan für die Suche nach dem Standort mit der „bestmöglichen Sicherheit“ für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle. Verfahrensschritte, Öffentlichkeitsbeteiligung, Entscheidungskriterien und Institutionenstruktur sind die Elemente dieses Fahrplans. Im Vortrag werden Arbeitsweise und Ergebnisse der Endlagerkommission vorgestellt.

Montag, 11. Juli 2016, 14:00 Uhr

Prof. Dr. Kai Hufendiek, Institutsleitung Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart, Abt. Elektrizitäts- und Gasmarktanalysen

Energiewende - brauchen wir ein neues Denken?

Die „Energiewende“ als gesamtgesellschaftliches Projekt der Transformation unseres Energiesystems in ein nachhaltiges System muss vielfältige Herausforderungen meistern: Es soll wie bislang eine hohe Versorgungssicherheit gewährleisten, mit deutlich verringerten CO2-Emissionen einen wichtigen Teil zum Klimaschutz beitragen und für alle bezahlbar bzw. hinsichtlich der Lastenverteilung als fair empfunden sein. Im Rahmen des Vortrags sollen Schlaglichter auf verschiedene Problemstellungen in diesem Zusammenhang geworfen werden und die Chancen von wesentlich erweiterten Ansätzen speziell im Hinblick auf Nutzerintegration aufgezeigt werden, die jedoch wesentlich veränderte Vorgehensweisen und „Denkweisen“ erfordern.

Die bislang über Subventionsmechanismen in das System massiv eingebrachten erneuerbaren Energien verschärfen die Problematik, dass im gesetzten Marktrahmen unklar ist, in wie weit Investitionsanreize für den Zubau neuer Erzeugungskapazität sorgen, die die gewohnte hohe Versorgungssicherheit angebotsseitig mittelfristig gewährleisten könnten. Häufig diskutierte Ansätze, wie Kapazitätsmärkte oder Prämien scheinen dieses Problem jedoch ebenfalls nicht systemimanent lösen zu können sondern führen zu weiteren Verzerrungen.

Die verstärkte Notwendigkeit des Einsatzes erneuerbarer Energien und von effizienter Kraft-Wärme-Kopplung, wie auch die Bereitstellung von Flexibilität auf der Nachfrageseite macht eine verstärkte Dezentralisierung des Energiesystems notwendig. Dies eröffnet in Kombination mit moderner IKT völlig neue Ansätze der Nutzerintegration, für Marktmechanismen und Systemlösungen, die jedoch ein „neues Denken“ erfordern.

Mittwoch, 06. Juli 2016, 14:30 Uhr (Gastvortrag)

Prof. Dr. Itay Fishhendler, Hebrew University of Jerusalem

The Geopolitics of Cross-Border Electricity Grids: the Israeli-Arab Case

Countries often attempt to establish electricity integration via regional electricity grids. However, whereas research on natural resources frequently seeks to understand policy outcome through a geopolitical prism, when it comes to electricity studies the prism is always economic or technical. Hence, this study is a first attempt to identify the geopolitical dimension of cross-border electricity grids. The study argues that the resolution of conflicts relating to electricity transmission requires identifying how the geopolitical dimension interplays with the physical dimension of regional electricity integration.

To examine the role of these geopolitical bottlenecks, the study examines negotiation protocols, spanning over 15 years, on establishing ten grid connections between Israel and its Arab neighbors. It finds that electricity geopolitics has been used both as a platform for deeper international cooperation and as a stick against neighboring states. When policies are driven by a peace dividend, proposals for grid connection appear to evolve and overcome the dependency and the security-economy bottlenecks. When relations deteriorate, proposals for grid connections appear to undergo reconsideration and to be held hostage by higher politics.

For both options, the geopolitical dimension of the electricity network is attributed to the nature of the electricity network as a twofold package.

The construction of urgency discourse around mega-projects: the Israeli case

Various studies have pointed to urgency in decision-making as a major catalyst for policy change. Urgency evokes a crisis frame in which emotions and cognitive and institutional biases are more likely to be mobilised in support of the policy preferences of powerful actors. As a result, decision-makers tend to be driven by emotions and opportunity, often with detrimental results for the quality of the planning process. Although urgency has such a profound influence on the quality of decision-making, little is known about how, when, and by whom urgency is constructed in the planning process. By means of a discourse analysis, this study traces the timing, motives and ways actors discursively construct a sense of urgency in decision-making on the building of terminals for the reception and treatment of the natural gas that was recently found off the coast of Israel.

The results of this study indicate that mostly government regulators, but also private sector actors, deliberately constructed an urgency discourse at critical moments during the planning process. The decision-making process on planning alternatives along with concerns about energy scarcity were highly conducive to triggering the use of urgency discourse. By framing the planning process as urgent, regulators manipulatively presented the policy issue as a crisis, during which unorthodox planning practices were legitimised while the consideration of alternative planning solutions was precluded. Thus, urgency framing is a means of controlling both the discourse and the agenda – and therefore an exercise in power-maintenance – by entrenched interest groups.

Montag, 20. Juni 2016, 14:00 Uhr

Dr. Mario Kaiser, Avenue - Das Magazin für Wissenskultur

Noch nicht. Zur Chronopolitik des Zögerns

2011 startete der Zigarettenkonzern Philip Morris eine Werbekampagne für Marlboro-Zigaretten. Don’t be a maybe lautete der Werberuf an Jugendliche, der sich gut variieren liess: a maybe never reached the top, a maybe never made history oder a maybe never enjoys the moment. Obwohl der Konzern die Kampagne schon bald einstellen musste, lebte die Chiffre maybe weiter. Der Journalist Oliver Jeges widmete den Zögernden und Zaudernden mit Generation Maybe eine umfassende Gegenwartsdiagnose. Zeitgleich erschien der Traktat Über das Zaudern, in dem Joseph Vogl das Zögern aus der pathologischen Ecke der Willensschwäche herauslockt, um es als kognitive Strategie zu adeln.
Jeges Gegenwartsdiagnose und Vogls Kulturgeschichte könnten unterschiedlicher nicht sein. Und dennoch: Beide sind sie Zeugen einer Entwicklung, in der das Zögern oder Zaudern gerade dabei ist, seine politische Unschuld zu verlieren. Um welche Politik soll es sich dabei handeln? Ich vertrete die These, dass das Zögern inzwischen zu einer Chronopolitik avanciert ist – einer Politik, die Antworten auf die Frage sucht, wie wir auf gefährliche Zukünften in der Gegenwart zu reagieren haben. Trifft die These zu, muss sich das Zögern (Moration) eine Analyse gefallen lassen, wie es sich von andern Chronopolitiken wie Prävention und Präemption abhebt.

Dienstag, 07. Juni 2016, 15:00 Uhr

Prof. Dr. habil. Sabine Pfeiffer, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften / Institut für Rechts- und Sozialwissenschaften der Universität Hohenheim

Digitalisierung der Arbeit

Industrie 4.0 und Digitalisierung der Arbeit sind Schlagworte unter denen eine breite gesellschaftliche Debatte um den Wandel von Arbeit geführt wird. Dabei wird weitgehend von einem technisch induzierten, gleichwohl weitgehend gestaltbaren Wandel ausgegangen.

Welcher Wandel aber genau passiert, welche technologischen Veränderungen mit welcher Geschwindigkeit und Konsequenz welche Felder von Arbeit treffen – und was dies für Beschäftigung, Qualifikation, Wertschöpfung und Wohlstandsproduktion bedeuten wird, das wird höchst kontrovers beurteilt.

Der Vortrag beschäftigt sich mit zwei Schwerpunkten: Einerseits zeigt er auf, warum die üblichen Prognosen zur Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit analytisch zu kurz greifen. Dies wird an einem Beispiel hochautomatisierter Produktionsarbeit gezeigt. Andererseits wird diskursanalytisch die Debatte zu Industrie 4.0 an ihre Ursprünge zurückverfolgt und Akteure und Intentionen jenseits der vermeintlich ingenieurtechnisch und auf Deutschland fokussierten Debatte nachgezeichnet. Beide Schwerpunkte werden am Ende konzeptionell verbunden.

Montag, 11. April 2016, 14:00 Uhr

Prof. Dr. Tamim Asfour, Institut für Anthropomatik und Robotik (IAR) / Hochperformante Humanoide Technologien (H2T)

Die Robotik: Eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts

Die Robotik wird international als Zukunftsthema des 21. Jahrhunderts angesehen und stellt eine zukunftsweisende Schlüsseltechnologie zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen dar: die demografische Entwicklung, die Absicherung von Gesundheit und Wohlstand, der Bevölkerungswachstum in Großstädten und der Erhalt der planetaren Lebensbedingungen.

Der Vortrag wird auf aktuelle und zukünftige Forschungsthemen der humanoiden Robotik eingehen, Grenzen und Möglichkeiten diskutieren, sowie neue Wege aufzeigen. Es werden zunächst aktuelle Ergebnisse zur Entwicklung humanoider Roboter vorgestellt, die Assistenzfunktionen im Haushalt ausführen, aus Beobachtung des Menschen lernen und über natürliche Sprache mit dem Menschen kommunizieren. Anschließend wird die Vision einer neuartigen Generation humanoider Robotersysteme diskutiert: Robotersysteme, die man de facto anziehen kann, um motorische und sensorische Fähigkeiten des Menschen zu erweitern bzw. Schwächen, Einschränkungen und Behinderungen aktiv zu kompensieren. Der transformativen Auswirkung derartiger Roboteranzüge auf unsere Gesellschaft sind keine Grenzen gesetzt. Denn individuell an Menschen und deren Bedürfnissen aus-gerichtete, personalisierte Roboteranzüge zur Augmentierung und/oder Kompensation von Fähigkeiten werden einen entscheidenden Beitrag zur Erweiterung menschlicher Fähigkeiten in privater Umgebung, zur Entlastung von Arbeitern der manuellen Montage in Produktionsanlagen, und zur Unterstützung eines länger selbstbestimmten Lebens im Alter leisten. Sie werden in der Zukunft auch integraler Bestandteil moderner personalisierter Rehabilitationsmethoden sowie neuartiger Ausrüstung von Rettungsdiensten bei Feuer-, Nuklear- und Unterwasser-Katastrophen.

Mittwoch, 20. Januar 2016, 14:00 Uhr

Professor Dr. Arie Rip

From anticipation-in-action to a layer of anticipatory coordination of technoscience and technology

There is, by now, a variety of anticipatory activities around newly emerging technologies (often, already at the stage of technosciences), partly institutionalized as in foresight and strategic planning. In other words, long before there is actual embedding of new technologies in society, they are already embedded in a new layer of anticipatory coordination (Rip 2012), sometimes with only tenuous links to action.
This is actually part of a longer-term historical development. Anticipation is of all times, and explicitly pursued at least since early modernity (cf. military operations, insurance calculations in European merchant cities). Anticipation is part of ongoing action and considerations that go with it. In that sense, it is an anthropological category (cf. Husserl on pretension). In addition to such anticipation-in-action, dedicated and packaged anticipation emerged in modernity, with some professionalization in the 20th century. By now, there is a small industry of forecasting and foresight, as well as roadmapping and technology assessment, serving private and public actors.
Anticipation as a basic human capacity has been backgrounded by the modernist separation between action and anticipation through techniques, packaged approaches, and some professionalization. The effects of packaging (which is unavoidable) should be modulated by opening up packaging (cf. reflexive modernization) and / or creating approaches that can accommodate complexity (cf. Robinson on complexity scenarios). There is also the way visions and promises open up possibilities, even if not always reflexively (especially when they are attempts to "translate" others to go in certain directions – another mode of packaging).
These considerations are building blocks for a constructively critical evaluation of the new layer of anticipatory coordination of technologies and technosciences. Also, realizing how dedicated anticipation and its institutionalization and partial professionalization are attempts at control of the future in the present, one can position them as attempts to domesticate or tame the future. Then Bernstein’s (1996) comment comes in: "The past seldom obliges by revealing to us when wildness will break out in the future." This is exacerbated in the case of newly emerging technologies, especially nanotechnology, which, as Nordmann has observed, are inherently "wild". This is not a reason to give up on anticipation, and on governing newly emerging technologies drawing on anticipatory approaches. And it is not so much a call for humility in these efforts, but for a reflexive approach to the practices of packaging anticipation.