Neues Buch "Expertise and its Interfaces" erschienen [13.08.2003]

Mit zunehmender Tendenz in den letzten 20 Jahren wird die Wissenschaft von allen Bereichen der Politik zu Rate gezogen und aktiv an der Problemformulierung und der Strategieentwicklung beteiligt: durch die Institutionalisierung von Beiräten, durch spezifische Forschungsprogramme oder durch die Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Die Wertschätzung wissenschaftlicher Expertise und die Herausbildung der Rolle des wissenschaftlichen Experten sind die sichtbarsten Zeichen dieses gesellschaftlichen Wandels. Aber durch die Aufwertung wissenschaftlichen Wissens in außerwissenschaftlichen Bereichen entsteht eine paradoxe Situation: Die Anwendung wissenschaftlichen Wissens führt zur Auflösung und Delegitimation traditioneller Wissensbestände in Politik und Alltag, gleichzeitig gerät die Wissenschaft selbst in den Strudel der öffentlichen Auseinandersetzung und kommt in Gefahr, ihre Legitimation als neutrale Instanz zu verlieren. Die Beiträge dieses Buchs analysieren die Gründe für die Krise des wissenschaftlichen Expertentums: Verlust des sicheren Wissens, Industrialisierung der Wissenschaft, Funktionalisierung der Experten und Gegenexperten. Zugleich werden Strategien entworfen und diskutiert, wie diesem Dilemma in einer funktional differenzierten Gesellschaft zu entkommen ist.

Das Buch entstand aus den Beiträgen eines Workshops, der im Oktober 2001 in Budapest stattfand und von ITAS in Kooperation mit zwei Ungarischen Instituten - das 'Department of Innovation Studies and History of Technology at the Budapest University of Technology' und das 'Institute of Sociology of the Hungarian Academy of Sciences' - organisiert wurde. Das Thema wird aus vier Blickrichtungen behandelt: Im ersten Teil wird die gesellschaftliche Rolle von Expertise in einer sich entwickelnden Wissensgesellschaft diskutiert (mit Beiträgen von Gotthard Bechmann, Nico Stehr, Frank Fischer, Peter Weingart); im zweiten Teil geht es um ethische Aspekte des Expertentums (Rachelle D. Hollander, Armin Grunwald, Laszlo Molnar); der dritte Teil behandelt die Expertise im Kontext ihrer gesellschaftlichen Verwertung (Imre Hronszky, Lesley Kuhn, Michael Decker / Eva M. Neumann-Held, Jiri Loudin); der vierte Teil beinhaltet drei Fallstudien: Pal Tamas und Janos Farkas behandeln die Rolle von wissenschaftlicher Expertise in den ehemaligen sozialistischen Gesellschaften und Gilbert Fayl bietet Einblicke in die Rolle wissenschaftlicher Beratung bei der EU.

Bibliographische Angaben:
Gotthard Bechmann, Imre Hronsky (eds.)
Expertise and its Interfaces. The Tense Relationship of Science and Politics. Berlin: edition sigma, 2003 (Gesellschaft - Technik - Umwelt, Neue Folge 4), ISBN: 3-89404-934-0, 295 Seiten, 19,90 Euro

Weiterführende Links:

  • Die persönliche Homepage von Gotthard Bechmann hier
  • Das Web-Angebot von edition sigma hier