Nachholbedarf für Verbraucherrechte in der digitalen Welt. EU-Projekt INDICARE veröffentlicht Sachstandsbericht zum „Digital Rights Management“ [16.02.2005]

Digital Rights Management

Presseinformation des Forschungszentrums Karlsruhe 2 / 2005

Im Mittelpunkt der Diskussionen um die Nutzung digitaler Güter wie Videos, Musik, Spiele oder Software steht derzeit der Schutz von Künstlern und Produzenten vor illegalen Kopien. Doch wie sieht es mit Rechten von Kunden und Verbrauchern aus? Das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt INDICARE soll dazu beitragen, offene Fragen eines Einsatzes von „Digital Rights Management“ aus Kunden- und Anwenderperspektive zu klären. INDICARE wird vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Forschungszentrums Karlsruhe koordiniert. Gerade ist ein erster Sachstandsbericht erschienen. Sein Fazit: Interessen und Bedürfnisse von Kunden werden nur unzureichend berücksichtigt.

Systeme für das Digital Rights Management (DRM), das heißt technische und organisatorische Vorkehrungen zur Verwaltung von Rechten an digitalen Produkten, werden vor allem bei der Online-Verbreitung digitaler Musikstücke, Videos, Fernsehsendungen, Software, Spiele oder Bücher eingesetzt. DRM-Systeme regeln die Beziehung von Anbietern digitaler Inhalte zu ihren Kunden. Sie kontrollieren einerseits die Nutzungsformen, zum Beispiel die Möglichkeit, Kopien herzustellen oder das jeweilige Produkt weiterzugeben. Andererseits sollen mit Hilfe von DRM-Systemen neue Verwertungsmodelle durchgesetzt und möglichst vielen Kunden ein Zugang ermöglicht werden. Autoren, Künstler oder Produzenten können sich über das Internet direkt an die Verbraucher wenden, um ihre digitalen Bücher, Musikstücke oder Filme zu verkaufen.

„Mit DRM verbindet sich ein Themenkomplex, der weit über die Vermeidung von Urheberrechts-Piraterie hinausgeht“, stellt der Koordinator des EU-Projektes INDICARE, Dr. Carsten Orwat vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Forschungszentrums Karlsruhe, fest. „Um eine breite Akzeptanz zu erreichen, müssen neben den Schutzbedürfnissen der Anbieter auch die Bedürfnisse der Konsumenten berücksichtigt werden. Dazu gehören faire Nutzungs- und Zugangsbedingungen, Nutzungsmöglichkeiten auf unterschiedlichsten Endgeräten, Transparenz der Nutzungsbedingungen, Schutz der Privatsphäre und Kundenfreundlichkeit.“

Der nun vorliegende erste Sachstandsbericht des Projektes INDICARE zeigt unter anderem technische Lösungen auf, die zur Erfüllung der Konsumentenbedürfnisse notwendig sind. Beim Datenschutz ist es zum Beispiel erforderlich, dass der Nutzer Kontrollmöglichkeiten über die vom Anbieter erhobenen Daten, beispielsweise über sein Nutzungsverhalten, erhält und die Erhebung und den Umgang mit diesen Daten in seinem Sinne einschränken kann. Für den Nutzer ist es darüber hinaus wünschenswert, dass er die digitalen Produkte möglichst umfassend verwenden kann. Dazu gehört die Nutzung auf verschiedenen Endgeräten ebenso wie die Weiternutzung bei Systemwechseln (neuer Computer, neue Geräteausstattung etc.) oder die beschränkte Weitergabe im Familien- und Freundeskreis.

„Ein Grund dafür, dass DRM-Systeme bisher wenig genutzt werden, liegt darin, dass die Wünsche von Konsumenten und ihren Vertretern bisher kaum Eingang in die Entwicklung von Vertriebsmodellen, technischen Systemen, rechtlichen Regelungen oder politischen Initiativen gefunden haben“, ist Carsten Orwat überzeugt. „Ein faires DRM-Design ist der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg der Angebote.“

Das INDICARE-Projekt

INDICARE (The INformed DIalogue about Consumer Acceptability of Digital Rights Management Solutions in Europe) erstellt Publikationen, die die öffentliche Diskussion zu diesem Themenkomplex fördern sollen. Hierzu zählen thematische Artikel und die monatliche Zeitschrift „INDICARE Monitor“ (http://www.indicare.org/monitor) ebenso wie der „INDICARE Blog“ (http://www.indicare.org/). In der Projektlaufzeit werden zudem Leitfäden für politische Entscheidungsträger, kleine und mittlere Unternehmen und Verbraucher erstellt. Eine Reihe von Workshops und Konsumentenbefragungen dienen dem Ziel, detaillierte Erkenntnisse über Konsumentenbedürfnisse und -erfahrungen bezüglich DRM zu gewinnen.

Das Projekt wird finanziell von der Europäischen Kommission innerhalb des eContent-Programms unterstützt, es ist jedoch in seinen Ansichten und Meinungen unabhängig von der Europäischen Kommission. Die Koordination des Projekts liegt beim Forschungszentrum Karlsruhe, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS). Zu den Projektpartnern zählen Berlecon Research GmbH, Berlin, das Institute for Information Law (IViR) der Universität Amsterdam und das SEARCH Laboratory der Budapester Universität für Technologie und Ökonomie (BME).

Das Forschungszentrum Karlsruhe ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,1 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.

Joachim Hoffmann, 15. Februar 2005 

Weiterführende Links:

  • Die Kurzbeschreibung des Indicare-Projekts bei ITAS hier