Reinhard Grünwald

Treibhausgas – ab in die Versenkung?
Möglichkeiten und Risiken der Abscheidung und Lagerung von CO2

Berlin: edition sigma 2008, Reihe: Global zukunftsfähige Entwicklung, Bd. 25, ISBN 978-3-8360-8125-2, 141 Seiten, kartoniert 15.90 Euro
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ZUSAMMENFASSUNG

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Bei der Nutzung fossiler Energieträger wird unweigerlich Kohlendioxid (CO2) erzeugt, das üblicherweise in die Atmosphäre entlassen und dort klimawirksam wird. Eine Möglichkeit zum Klimaschutz ist, das CO2 aufzufangen und dauerhaft von der Atmosphäre zu isolieren. Dies ist das Prinzip der CO2-Abscheidung und -Lagerung (Carbon Dioxide Capture and Storage, CCS). Dieses Verfahren eignet sich in erster Linie für große, stationäre CO2-Quellen, also z.B. stromerzeugende Kraftwerke bzw. bestimmte Industrieprozesse (z.B. Herstellung von Ammoniak oder Zement). CCS wird besonders im Zusammenhang mit Kohlekraftwerken diskutiert, da diese, bezogen auf die Stromproduktion, am meisten CO2 emittieren. Aber auch für andere fossile Energieträger käme CCS prinzipiell infrage. Beim Einsatz von Biomasse wäre perspektivisch sogar eine aktive Reduzierung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre denkbar. Der Zeithorizont bis zur großtechnischen Reife der CCS-Technologie beträgt nach Einschätzung von Experten etwa 15 bis 20 Jahre.

Für eine Gesamtbewertung, ob die CCS-Technologie mit dem Leitbild einer "Nachhaltigen Energieversorgung" vereinbar ist, steht allerdings die Frage der Treibhausgasreduktion nicht allein im Mittelpunkt. Vielmehr sind hierfür weitere Kriterien heranzuziehen, vor allem der schonende Umgang mit erschöpflichen Ressourcen, die ökonomische Effizienz, sowie soziale Aspekte z.B. der Umgang mit Langzeitrisiken im Sinne der intergenerationellen Gerechtigkeit und die gesellschaftliche Akzeptanz.

Stand der Technik – Forschungsbedarf

Die CCS-Technologiekette besteht aus drei Schritten: der Abtrennung des möglichst konzentrierten CO2 am Kraftwerk, seinem Transport zu einer geeigneten Lagerstelle und der eigentlichen (Ab-)Lagerung unter der Erdoberfläche.

Abtrennung des CO2

Für die Abtrennung des CO2 gibt es drei Möglichkeiten: Es kann (1) nach der Verbrennung aus den Abgasen herausgefiltert werden, der Kohlenstoff kann (2) schon vor dem eigentlichen Verbrennungsprozess aus dem Energieträger entfernt werden, oder (3) die Verbrennung kann in einer Sauerstoffatmosphäre durchgeführt werden, damit als Abgas (fast) nur CO2 entsteht. Diese drei Möglichkeiten nennt man (1) Post-Combustion, (2) Pre-Combustion bzw. (3) Oxyfuel. Allen genannten Verfahren zur CO2-Abtrennung ist gemeinsam, dass sie einen erheblichen Energieaufwand erfordern, der den Kraftwerkswirkungsgrad um bis zu 15 %-Punkte reduziert und einen zusätzlichen Brennstoffbedarf von bis zu 40 % zur Folge hat. Jede dieser Methoden besitzt spezifische Vor- und Nachteile. Daher ist es gegenwärtig noch offen, welche davon die besten Zukunftsaussichten besitzt.

Post-Combustion, Pre-Combustion und Oxyfuel sind kurz- bis mittelfristig einsetzbare Verfahren zur CO2-Abtrennung in Kraftwerken. Daneben werden auch alternative Trennverfahren erforscht, die langfristig wesentliche Fortschritte v. a. bezüglich des Energiebedarfs und der Kosten versprechen. Gemeinsam ist diesen innovativen Verfahren, dass sie sich derzeit im Stadium von Konzeptstudien und Laborversuchen befinden. Mit ihrem Einsatz ist daher voraussichtlich frühestens in 20 bis 30 Jahren zu rechnen. Aussichtsreiche Kandidaten hierfür sind u.a. die Nutzung von Brennstoffzellen, der sog. ZECA-Prozess sowie "Chemical Looping Combustion".

CO2-Transport

Für den Transport muss das CO2 nach der Abscheidung verdichtet werden. Der Energieverbrauch hierfür entspricht einem Verlust an Kraftwerkswirkungsgrad um etwa 2 bis 4 %-Punkte. Für die in Kraftwerken anfallenden großen Mengen (in einem Kohlekraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 1.000 MW entstehen etwa 5 Mio. t CO2/Jahr) kommen als Transportmittel vor allem Schiffe und Pipelines infrage. Der Transport von CO2 in Pipelines unterscheidet sich im Grunde nicht wesentlich vom Pipelinetransport von Erdöl, Erdgas und flüssigen Gefahrenstoffen, der weltweit sehr verbreitet ist. Der größte Unterschied bei CO2-Pipelines ist, dass die verwendeten Materialien eine hohe Korrosionsbeständigkeit aufweisen müssen. Der CO2-Transport per Schiff findet derzeit nur in kleinem Umfang statt, die Technik unterscheidet sich nicht wesentlich vom konventionellen Transport von Flüssiggas (Liquefied Petroleum Gas, LPG). Der Transport per Schiff ist vor allem für große Entfernungen (über 1.000 km) und für nicht allzu große Mengen geeignet.

Trotz der wichtigen Funktion als Bindeglied zwischen Abscheidung und Lagerung findet der Transport von CO2 in der Forschung bisher wenig Beachtung und wird – wenn überhaupt – vor allem unter dem Kostenaspekt diskutiert. Wichtige zu untersuchende Fragestellungen wären z. B. die zeitliche und geo­grafische Abstimmung des Aufbaus einer Transportinfrastruktur, länder- bzw. regionsspezifische Voraussetzungen bzw. Barrieren hierfür sowie Akzeptanzfragen beim Transport durch dicht besiedelte Gebiete.

CO2-Lagerung

Für die langfristige geologische Lagerung von CO2 kommen vor allem entleerte Öl- und Gasfelder sowie sog. saline Aquifere in Betracht:

Potenziale

CO2-Abscheidung und -Lagerung kann nur dann einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn ausreichend geeignete Lagerungskapazitäten zur Verfügung stehen, um das abgeschiedene CO2 auch aufzunehmen. Die derzeit vorliegenden Schätzungen der weltweiten Lagerungspotenziale weisen eine enorme Bandbreite auf (von 100 bis 200.000 Mrd. t CO2). Für eine verlässliche Einschätzung der möglichen Bedeutung von CCS für den globalen Klimaschutz sind sie daher bei Weitem zu ungenau.

In Deutschland befinden sich einige Erdgasfelder in der Endphase der Produk­tion und wären somit in den nächsten Jahren prinzipiell zur Speicherung von CO2 verfügbar. Die gesamte Lagerungskapazität in Aquiferen und entleerten Erdgaslagerstätten zusammen beträgt etwa das 40- bis 130-Fache der jährlichen CO2-Emissionen des deutschen Kraftwerkparks (ca. 350 Mio. t/Jahr).

Ob dieses Potenzial für die CO2-Lagerung wirtschaftlich erschließbar ist und tatsächlich genutzt werden kann, hängt von einer Reihe geologischer Details, ökonomischer, rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen sowie der gesell­schaftlichen Akzeptanz ab. Darüber hinaus können für CCS geeignete geologi­sche Formationen auch für alternative Nutzungsformen interessant sein (z.B. Geothermie, saisonale Erdgasspeicher). Daher ist zu erwarten, dass die für CCS faktisch nutzbare Kapazität wesentlich geringer als das theoretische Potenzial ist.

Risiken, Umweltauswirkungen

Entlang der gesamten CCS-Prozesskette besteht die Möglichkeit, dass CO2 entweicht – mit negativen Auswirkungen sowohl für die lokale Umwelt als auch für das Klima. Generell wird das Risiko der technischen Anlagen (z. B. Abscheidungsanlagen, Kompressoren, Pipelines) als klein bzw. mit den üblichen technischen Maßnahmen und Kontrollen handhabbar eingeschätzt. Daher konzentriert sich die Risikodiskussion auf die geologischen Reservoire.

Derzeit ist noch umstritten, wie lange das CO2 mindestens im Untergrund ver­bleiben muss, damit CCS einen positiven Beitrag zur Minderung von Treibhausgasen in der Atmosphäre erbringen kann. Diskutiert werden meist Zeiträume von 1.000 bis 10.000 Jahren.

Die wichtigsten Prozesse, die die Sicherheit und Dauerhaftigkeit der CO2-Lage­rung beeinträchtigen könnten, sind nach heutigem Kenntnisstand:

Generelle Aussagen zur Sicherheit bestimmter Speichertypen sind nur begrenzt sinnvoll und reichen zur konkreten Standortentscheidung einer Verpressung von CO2 bei Weitem nicht aus. Hierfür muss jedes infragekommende Reservoir in­dividuell auf seine spezifischen Gegebenheiten hin untersucht werden. Für die Einschätzung von Risikoprofilen geologischer Reservoire müssen daher dringend weitere Studien und Feldversuche durchgeführt werden.

Die Langzeitsicherheit von geologischen CO2-Lagerstätten ist nicht allein eine Frage der geologischen Gegebenheiten. Vielmehr muss durch geeignete Regulierung und kontinuierliche Überwachung (Monitoring) ein ausreichender Kenntnisstand gewährleistet sein, damit die Speicherrisiken minimiert werden können.

Kosten, Wettbewerbsfähigkeit

Die Kosten der CO2-Abscheidung und -Lagerung setzen sich aus den Kosten der einzelnen Prozessschritte (Abscheidung, Transport und Lagerung) zusammen. Zusätzlich muss der Wirkungsgradverlust der Kraftwerke und der damit einhergehende erhöhte Verbrauch an Primärenergieträgern berücksichtigt werden.

Der dominante Kostenfaktor sind die Aufwendungen für die CO2-Abscheidung. Verglichen mit einem Kraftwerk desselben Typs aber ohne Abscheidung werden Mehrkosten zwischen 26 Euro/t und 37 Euro/t geschätzt (bezogen auf die Menge vermiedenes CO2). Für Kohlekraftwerke bedeutet dies annähernd eine Verdoppelung der Stromgestehungskosten; für Erdgaskombikraftwerke eine Steigerung um 50 %. Aus den bislang vorliegenden Kostenanalysen lässt sich keine eindeutige Präferenz für eine bestimmte Technik (z.B. Oxyfuel vs. Pre-Combustion) ableiten. Die CO2-Vermeidungskosten von CCS bei Kohlekraftwerken liegen – unter der Annahme einer Markteinführung um das Jahr 2020 – etwa zwischen 35 und knapp unter 50 Euro/t CO2, Erdgaskraftwerke liegen deutlich darüber.

Die CCS-Technologie wird nur dann auf dem Strommarkt eingesetzt werden, wenn sie mit anderen Erzeugungsoptionen wettbewerbsfähig ist. Das setzt voraus, dass klimaschonende Stromerzeugung ökonomisch belohnt wird. In anderen Worten: Der Preis für emittiertes CO2, wie er z.B. auf dem europäischen Markt für CO2-Emissionszertifikate (EUA) gebildet wird, muss mindestens so hoch sein, dass CCS-Kraftwerke mit fossilen Kraftwerken ohne CO2-Abscheidung konkurrenzfähig sind. Dies wäre im Lichte der oben genannten CO2-Vermeidungs­kosten bei einem Preis von etwa 30 bis 40 Euro/EUA der Fall.

Ein Vergleich der Stromgestehungskosten von CCS-Kraftwerken mit anderen CO2-armen, v. a. regenerativen, Erzeugungsoptionen zeigt, dass im Jahr 2020 die meisten der betrachteten regenerativen Technologien ein ähnliches Kostenniveau erreicht haben könnten, wie es für CCS-Kraftwerke ermittelt wurde (im Bereich von 0,05 bis 0,07 Euro/kWh). Obschon solche langfristigen Projektionen in Bezug auf ihre Prognosekraft nicht überinterpretiert werden sollten, erscheint es unbestreitbar, dass CCS kein Alleinstellungsmerkmal besitzen wird, sondern sich im Konzert mit anderen Technologien zur CO2-armen Stromerzeugung behaupten muss.

Integration in das Energiesystem

In Deutschland besteht aufgrund der Altersstruktur der Kraftwerke in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten ein erheblicher Erneuerungsbedarf. Welchen Beitrag die CCS-Technologie vor diesem Hintergrund zur CO2-Minderung leisten kann, hängt entscheidend von der Beantwortung folgender Fragen ab:

Da ein wirksamer Klimaschutz nur global angegangen werden kann, sollte CCS auch aus einer internationalen Perspektive bewertet werden.

Zeitrahmen für die Verfügbarkeit

In verschiedenen Papieren zur Forschungsstrategie und sog. "Roadmaps" wird der Zeithorizont thematisiert, bis zu dem die CCS-Technologie verfügbar sein könnte. Gemeinsam ist den meisten dieser Veröffentlichungen die Nennung des Zieljahrs 2020 für die kommerzielle Verfügbarkeit im Kraftwerksmaßstab. Dies wird in Fachkreisen als sehr ambitioniert eingeschätzt. Ein Grund für diesen knappen Zeitraum könnte die Erkenntnis sein, dass der Beitrag, den CCS zur CO2-Minderung leisten kann, immer kleiner wird, je später die Technologie voll verfügbar ist. Führt man sich die derzeit begonnenen bzw. geplanten Pilot- und Demonstrationsprojekte vor Augen, so erscheint die Einhaltung des genannten Zeitrahmens nur unter günstigen ökonomischen und politischen Randbedingungen möglich.

Nachrüstbarkeit / "Capture ready"

Prinzipiell können bestehende Kraftwerke mit Anlagen zur CO2-Abscheidung nachgerüstet werden. Die nachgeschaltete Rauchgaswäsche (Post-Combustion) verursacht hierbei den kleinsten technischen Aufwand und hat die geringste Eingriffstiefe in den Kraftwerksprozess selbst. Ob Kraftwerke tatsächlich nachgerüstet werden, hängt nicht nur von der technologischen Machbarkeit, sondern entscheidend von der Wirtschaftlichkeit ab. Eine Nachrüstung von Kraftwerken ist kostspielig und im Regelfall teurer als die Integration der CO2-Abscheidung in eine Neuanlage. Es ist anzunehmen, dass die Nachrüstung nur dann in größerem Umfang durchgeführt würde, wenn die ökonomischen Anreize zur CO2-Ab­scheidung hoch genug sind oder aber z.B. eine Verpflichtung zur Nachrüstung eingeführt würde.

Die Idee, neu zu bauende Kraftwerke bereits heute so auszulegen, dass sie technisch unkompliziert und kostengünstig mit CO2-Abscheidungsanlagen nachrüstbar sind, sobald die Technologie und die entsprechenden CO2-Lagerstätten zur Verfügung stehen, klingt auf den ersten Blick einleuchtend und attraktiv. Das "Capture-ready"-Konzept wird derzeit in Fachkreisen viel diskutiert, insbesondere seit die EU-Kommission den Vorschlag in die Debatte eingebracht hat, zukünftig nur noch fossil befeuerte Kraftwerke zu genehmigen, die "capture ready" sind. Allerdings sind die Möglichkeiten für den Einbau von "Capture-ready"-Komponenten in heute zu errichtende Kraftwerke äußerst begrenzt.

Ökonomisch tragfähig wären aus heutiger Sicht lediglich Maßnahmen, die nur geringe Kosten verursachen, z.B. das Vorhalten des Bauplatzes für die CO2-Ab­scheidungsanlage und das Offenhalten eines einfachen Zugangs zu Komponenten, die im Zuge der Nachrüstung wahrscheinlich aufgerüstet oder ausgetauscht werden müssten. Des Weiteren kommt in Betracht, bei der Standortwahl für Kraftwerke darauf zu achten, dass sie nahe an einer möglichen Lagerstätte oder an existierender Infrastruktur für den CO2-Transport liegen.

Für eine belastbare Einschätzung, ob das "Capture-ready"-Konzept tragfähig ist, besteht noch ein erheblicher Bedarf an technisch-ökonomischen Analysen. Außerdem müssen Kriterien entwickelt werden, die es z. B. Genehmigungsbehörden ermöglichen, die "capture readiness" von Kraftwerken zu beurteilen.

Internationale / Globale Perspektive

Die CCS-Technologie könnte besonders attraktiv für Länder sein, die Klimaschutzmaßnahmen bislang skeptisch gegenüberstanden (z.B. USA) und/oder ihre heimische fossile Primärenergiebasis (v. a. Kohle) weiter nutzen wollen (z.B. China, Indien).

<>Allein in China wurden in der Zeit von 1995 bis 2002 etwa 100.000 MW fossiler Kraftwerksleistung (vorwiegend Kohlekraftwerke) gebaut. Für die Zeit von 2002 bis 2010 wird prognostiziert, dass nochmals etwa 170.000 MW hinzukommen werden. Bei einer ungehemmten Fortsetzung dieses Trends wäre der Erfolg der internationalen Klimaschutzbemühungen absolut infrage gestellt.

Damit der Einsatz der CCS-Technologie in diesen und anderen Schwellenländern attraktiv wird, müsste diese zunächst erfolgreich weiterentwickelt und erprobt werden. Hierfür kommen in erster Linie die Industrieländer mit ihrem technischen Know-how und ihren finanziellen Möglichkeiten in Betracht. Angesichts der Dynamik des Kraftwerksausbaus müsste allerdings die Einführung von CCS so schnell wie möglich erfolgen, da sich anderenfalls das Zeitfenster hierfür schließt und für viele Dekaden verschlossen bleiben könnte.

Öffentliche Wahrnehmung und Akzeptanz

Die öffentliche Wahrnehmung kann erhebliche und unerwartete Auswirkungen auf geplante Technologie- und Infrastrukturprojekte haben. Auseinandersetzungen – beispielsweise um Kernenergie und Gentechnik – legen dafür ein beredtes Zeugnis ab. Technologien wie CCS mit teilweise schwer einschätzbaren langfristigen Risiken für Sicherheit, Gesundheit und Umwelt sind besonders anfällig dafür, öffentliche Beunruhigung und ggf. Widerstand auszulösen.

Die Sicherstellung eines hohen Maßes an öffentlicher Akzeptanz sollte daher von Beginn an ein hochrangiges Ziel sein. Eine wichtige Voraussetzung für Akzeptanz ist die Schaffung von Transparenz durch umfassende Information sowohl über die Ziele von CCS im Allgemeinen als auch über konkrete Vorhaben und Projekte. Wie die Vergangenheit jedoch gezeigt hat, sind reine Informations- und Werbemaßnahmen zur Akzeptanzbeschaffung bei Weitem nicht ausreichend. Zur Vermeidung von Akzeptanz- und Vertrauenskrisen sollte daher frühzeitig ein ergebnisoffener Dialogprozess zwischen Industrie, Interessengruppen, Wissenschaft und Öffentlichkeit organisiert werden.

Rechtsfragen

Für die Erprobung, Einführung und Verbreitung der CCS-Technologie muss ein geeigneter Regulierungsrahmen geschaffen werden, der gleichzeitig drei Zielsetzungen verfolgen sollte: erstens die Bedingungen für die Zulässigkeit der verschiedenen Komponenten der CCS-Technologie (Abscheidung, Transport, Lagerung) schaffen, zweitens Anreize dafür setzen, dass Investitionen in die CCS-Technologie getätigt werden und drittens sicherstellen, dass CCS nicht an mangelnder Akzeptanz allgemein und vor allem an den Standorten von Ablagerungsanlagen scheitert.

Nach derzeitigem Recht gibt es weder ein Verfahren für die Standorterkundung von Ablagerungsstätten noch für die Ablagerung von CO2. Die Schaffung eines adäquaten Regulierungsrahmens bedeutet eine doppelte Herausforderung: Geht man einerseits davon aus, dass im Sinne des Klimaschutzes die zügige Einführung von CCS im industriellen Maßstab im öffentlichen Interesse liegt, so ist es erforderlich, kurzfristig erste CCS-Vorhaben zuzulassen, um Erfahrungen mit dieser Technologie zu sammeln. Diese Erfahrungen werden sowohl zur Weiterentwicklung der Technik als auch für die politisch-rechtliche Steuerung benötigt. Es gibt in Deutschland mehrere Unternehmen, die bereits konkrete Vorhaben mit diesem Ziel planen, teilweise im fortgeschrittenen Stadium. Ohne kurzfristige Anpassung des derzeitigen Rechts sind die geplanten Vorhaben jedoch unzulässig.

Andererseits ist eine Regelungskonzeption anzustreben, die alle relevanten Aspekte in den Blick nimmt: die gezielte Nutzung der nur begrenzt vorhandenen Ablagerungskapazitäten, die Berücksichtigung konkurrierender Nutzungsansprüche, Haftungsfragen, die Schaffung von Transparenz, die raumplanerischen Herausforderungen, die Integration in das Klimaschutzregime etc. Eine solche Regelungskonzeption würde wesentlich zur Akzeptanz und Konfliktvermeidung beitragen. Dies erfordert jedoch ausreichend Zeit für Ausarbeitung, Diskussion, Herbeiführung der Entscheidung und Umsetzung.

Handlungsbedarf

Auf der Grundlage des gegenwärtigen Wissensstandes und unter der Voraussetzung, dass aus Gründen des Klimaschutzes ein öffentliches Interesse an der Umsetzung der CCS-Technologie konstatiert werden kann, besteht nach Einschätzung des TAB folgender prioritärer Handlungsbedarf:

Verbreitern der Wissensbasis – Schließen kritischer Wissenslücken

Die derzeitige Wissensbasis reicht für eine belastbare Einschätzung der technischen und ökonomischen Machbarkeit von CCS und eine Bewertung, welchen Beitrag CCS zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten kann, bei Weitem nicht aus. Hierfür müssen zahlreiche kritische Wissenslücken geschlossen werden.

Was die Forschung und Entwicklung im Bereich der CO2-Abscheidung und von Technologien zur CO2-Konditionierung und zum Transport anbetrifft, ist als primärer Akteur die Industrie (Kraftwerks- und Anlagenbau, Energieversorger, Chemische Industrie) gefordert. Die Hauptaufgabe für staatliche Akteure wäre es hier, ein verlässliches Umfeld zu erhalten bzw. zu schaffen, damit die Unternehmen die gesellschaftlich gewünschte Forschungsinitiative auch voll entfalten können. Als Aktionsfeld für öffentliche Forschungsförderung kämen vor allem hochinnovative Verfahren mit großem potenziellen ökologischen und gesamtwirtschaftlichen Nutzen sowie Querschnittsfelder (z. B. Materialforschung) infrage.

Das größte Wissensdefizit und der umfangreichste Forschungsbedarf besteht derzeit im Bereich der geologischen CO2-Lagerung. Gleichzeitig sind in diesem Feld staatliche Akteure besonders gefordert. Fragestellungen, die sich für öffentlich geförderte Forschungsprojekte besonders anböten, wären z.B. die Wechselwirkung von eingepresstem CO2 mit dem Gestein sowie die Bestimmung der Speicherkapazität und Untersuchungen zur Eignung für eine dauerhafte Lagerung von CO2 von geologischen Formationen. Dringender Forschungsbedarf besteht im Bereich der möglichen Konkurrenz mit alternativen Nutzungen (Erdgasspeicher, Geothermie). Hierzu gehört auch die Frage, wie Nutzungskonflikte gegebenenfalls aufzulösen wären (z. B. Vorrangregelungen).

Es ist dringend anzuraten, dass in die Durchführung von Pilotprojekten frühzeitig sozial- und umweltwissenschaftliche Begleitforschung integriert wird, damit die Technologieentwicklung an den Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet werden kann und entscheidungsrelevantes Wissen zu ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgewirkungen der CCS-Technologie bereitgestellt wird. Hierzu gehören die Analyse von Potenzialen, Risiken und Kosten, ökobilanzielle Betrachtungen sowie Fragen der Integration von CCS in das Energiesystem.

Anstoßen einer Öffentliche Debatte

Um zu verhindern, dass sich mangelnde Akzeptanz zu einem Hemmschuh der weiteren Entwicklung und Nutzung der CCS-Technologie entwickelt, sollte rechtzeitig eine bundesweite Kommunikations-, Informations- und Beteiligungs­strategie entworfen und umgesetzt werden. Dieser Prozess sollte ergebnisoffen strukturiert sein und ausloten, ob und wie ein möglichst breiter gesellschaftlicher Konsens erreichbar sein könnte. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, mit der begonnen werden sollte, bevor erste konkrete Standortentscheidungen zu treffen sind. Als möglicher erster Schritt in der Organisation dieses Verständigungsprozesses wird die Gründung eines nationalen "CCS-Forums" zur Diskussion gestellt, das alle relevanten Positionen von Stakeholdern in Deutschland zusammenbringen könnte.

Schaffung eines Regulierungsrahmens

Es gibt in Deutschland mehrere Unternehmen, die bereits konkrete CCS-Vorhaben planen, teilweise im fortgeschrittenen Stadium. Ohne kurzfristige Anpassung des derzeitigen Rechts sind die geplanten Vorhaben jedoch unzulässig. Daher besteht hier dringender Handlungsbedarf.

Es bietet sich ein zweistufiges Vorgehen an: Im Zuge einer kurzfristig zu realisierenden Interimslösung sollten die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Vorhaben, die überwiegend der Erforschung und Erprobung der CO2-Ablagerung dienen, zeitnah gestartet werden können. Kernelement eines kurzfristigen Regelungsrahmens wäre die Schaffung eines Zulassungstatbestands im Bergrecht.

Gleichzeitig sollte ein umfassender Regulierungsrahmen entwickelt und möglichst auf EU-Ebene und international abgestimmt werden, der allen Aspekten der CCS-Technologie Rechnung trägt. Dieser könnte die Interimsregulierung ablösen, sobald der großtechnische Einsatz von CCS ansteht.

 

Erstellt am: 14.08.2008 - Kommentare an: webmaster