KIT-Logo Klaus-Rainer Bräutigam / Alexander Gerybadze (Hrsg.)

Wissens- und Technologietransfer als Innovationstreiber.
Mit Beispielen aus der Materialforschung

Berlin, Heidelberg: Springer, 2011, ISBN 978-3-642-16512-2, 334 S., 99,95 Euro
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Vorwort

Neue Materialien sind ein wesentlicher Bestandteil hochinnovativer Technikfelder. Daher bildet die Entwicklung von neuen Materialien sowie von Technologien für deren Produktion und Verarbeitung eine wichtige Grundlage der allgemeinen Technikentwicklung. Viele Erfolge in einer Reihe von Schlüsseltechnologien – wie etwa Bio-, Energie- und Fahrzeugtechnik – wären ohne den Einsatz neuer Materialien nicht denkbar. Nur ein Teil der Neuentwicklungen in der Materialforschung kann jedoch wirtschaftlich erfolgreich eingesetzt werden. Dies ist im Regelfall dann möglich, wenn durch die Materialinnovation neue Produkte ermöglicht und durch diese wiederum neue Märkte erschlossen werden können. Neue Funktionswerkstoffe, die nur in geringen Mengen benötigt werden, finden dagegen oft keinen Hersteller, da die Aufwendungen für ihre Entwicklung hoch sind und gleichzeitig die beim Hersteller selbst stattfindende Wertschöpfung zu gering ist.

Die Entwicklung neuer Werkstoffe und deren Überführung in marktfähige Produkte erfolgt in einem Prozess, dessen Erfolg wesentlich von der Qualität der Zusammenarbeit von Materialforschung, Materialherstellung und diesbezüglicher Verfahrenstechnik sowie dem Endanwender und seiner Fertigungstechnik geprägt ist. Dies führt zu einer Reihe von Forschungsfragen, welche auch die Transferkompetenz staatlich finanzierter Forschung berühren. Bei den Forscher(inne)n aus der Materialforschung selbst wächst zudem der Bedarf, sich kompetent und erfolgreich innerhalb der verschiedenen Optionen des Technologietransfers zu bewegen und dabei die eigenen Chancen und Nachteile reflektieren zu können.

Der aktuelle Stand der Forschung zur Analyse dieser Innovations- und Transferprozesse bietet kaum empirische Studien, die auf der Ebene konkreten Forschungs- und Entwicklungshandelns ansetzen und die Ergebnisse dieser Analysen mit Erkenntnissen der Wissenssoziologie, Innovationsforschung und Technikfolgenabschätzung verknüpfen. Das hier vorliegende Buch versucht, dieser Situation in besonderer Weise Rechnung zu tragen, indem es Ergebnisse einer über einen längeren Zeitraum durchgeführten begleitenden Untersuchung von konkreten Transfervorhaben mit verschiedenen analytischen und theoretischen Perspektiven verbindet.

In dem von der Helmholtz-Gemeinschaft e. V. aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds unter der Vertragsnummer SO-031 geförderten Projekt „Wissens- und Technologietransfer in der Materialforschung – Merkmale und Bedingungen erfolgreicher Produktinnovation (InnoMat)“ wurde daher empirisch der Wissens- und Technologietransfer aus staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen in die industrielle Anwendung untersucht. Als Beispiele dienten neun Materialforschungsprojekte aus drei Typen von Forschungsorganisationen (Fraunhofer-Institute, Technische Universitäten sowie die Helmholtz Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren). Diese Arbeiten wurden gemeinsam von Forschungspartnern der Forschungsstelle Internationales Management und Innovation der Universität Hohenheim, dem Deutschen Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung Speyer, dem Fraunhofer- Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) Karlsruhe sowie dem Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) durchgeführt, wobei letztgenanntem auch die Leitung des Gesamtprojektes oblag.

Transferprozesse in der Materialforschung zeichnen sich durch hohe Komplexität, die Beteiligung unterschiedlichster Akteure und lange Laufzeiten aus. Erhebungsverfahren müssen daher speziell ausgewählt und darauf abgestimmt werden. In InnoMat wurden systemanalytische Fragestellungen mit etablierten sozialwissenschaftlichen Instrumenten kombiniert. Das Forschungsdesign war explorativ und dialogisch ausgerichtet. Sowohl Materialforschungsteams als auch potentielle Anwender wurden früh in die Durchführung der Studie eingebunden. Zu den eingesetzten Forschungsverfahren gehörten unter anderem Leitfaden-Interviews, teilnehmende Beobachtungen, Workshops mit den Forschungspartnern und den Materialforschern, Dokumentenanalyse und Telefoninterviews sowie themenzentrierte Experten-Interviews.

Das Kap. 1 des Buches beschreibt die Zielsetzung der Studie sowie das Projektdesign und gibt einen kurzen Überblick über die in der Studie untersuchten Transferprojekte. In Kap. 2 werden die Bedeutung der Materialforschung, deren Charakterisierung als sektorübergreifendes Forschungs- und Innovationsfeld sowie das Management von Werkstoff-Innovationsprojekten thematisiert. Darüber hinaus werden wichtige Grundlagen für die Folgekapitel des Buches gelegt. Das dritte Kapitel geht zunächst auf das Konzept der nationalen Innovationssysteme ein. Anschließend wendet es sich Aspekten des Wandels der Materialforschung und der Passförmigkeit von materialwissenschaftlichen Anforderungen an die Governance von Forschungs- und Transferprozessen und den institutionellen Strukturen des deutschen Innovationssystems zu. Kapitel 4 enthält eine kurze Beschreibung der neun in InnoMat beobachteten Transferprojekte aus der Helmholtz- Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e. V., aus Instituten der Fraunhofer Gesellschaft sowie aus Technischen Universitäten. Dabei wird einerseits auf die technischen Spezifika der jeweiligen Projekte als auch auf den Verlauf des Transfervorhabens eingegangen. Da mit dem Forschungsvorhaben InnoMat ein dialogischer Forschungsprozess gewählt wurde, nahm auch die Partizipation der Forschungspartner aus der Materialforschung eine besondere Rolle ein. Durch drei Interviewwellen mit jeweils neun Interviews sowie drei gemeinsamen Workshops wurden die Forschungsgruppen über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtet. Die Ergebnisse dieser „Beobachtung“ werden ausführlich in Kap. 5 dargestellt.

Das Kap. 6 erörtert die Begriffe Ziele, Zielsysteme, Erfolg, Erfolgsfaktoren und Erfolgsmaße von Wissens- und Technologietransfer im Allgemeinen und anhand der Spezifika der neun in InnoMat untersuchten Transferprojekte. Um den Prozess des Wissenstransfers und des Projektmanagements in Werkstoff-Innovationsprojekten eingehend zu untersuchen, wurden aus den neun in InnoMat untersuchten Transferprojekten zwei Werkstoff-Innovationsprojekte ausgewählt, die in einem explorativen Vorgehen über etwa drei Jahre intensiv begleitet und beobachtet wurden. Im Kap. 7 erfolgt eine Beschreibung dieser Werkstoff-Innovationen, des relevanten Marktkontexts und der beteiligten Akteure sowie deren Rolle und Aktivitäten innerhalb der Kooperation. Das Kap. 8 geht auf die unterschiedlichen Forschungs- und Transferstrategien der großen Wissenschaftsorganisationen in der außeruniversitären Forschung Deutschlands ein. Im Kap. 9 wird mit Hilfe wichtiger theoretischer Grundlagen und der Darstellung sowie Visualisierung empirischer Ergebnisse ein Überblick zu Innovationsnetzwerken und Clustern im Bereich neuer Werkstoffe gegeben. Das Kap. 10 fasst dann die in den einzelnen Kapiteln dargestellten Ergebnisse zusammen und erarbeitet daraus Empfehlungen für Forscherteams, Forschungseinrichtungen, für die Forschungspolitik sowie für das Innovationsmanagement.

Die Durchführung des Projekts war nur mit der engagierten Beteiligung der Wissenschaftler aus den neun untersuchten Transferprojekten möglich. Die drei Interviewwellen mit jeweils mindestens einem Interview pro Transferprojekt mit Wissenschaftlern aus den Transferprojekten sowie die drei mit Vertretern aller Transferprojekte durchgeführten Workshops lieferten dabei die empirische Datenbasis für die vorliegende Studie. Wir möchten uns daher bei den am Projekt InnoMat beteiligten Wissenschaftlern von folgenden Einrichtungen ganz herzlich bedanken:

  • Institut für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnik des Karlsruher Instituts für Technologie,
  • Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V., Stuttgart,
  • Institut für Werkstoffe und Verfahren der Energietechnik 1 des Forschungszentrums Jülich
  • Fraunhofer Institut für Chemische Technologie, Karlsruhe
  • Fraunhofer Institut für Silicatforschung, Würzburg
  • Fraunhofer Institut für keramische Technologien und Sinterwerkstoffe, Dresden
  • Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen sowie der 3T TextilTechnologie- Transfer GmbH, Aachen
  • Institut für Werkstoffwissenschaften – Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg
  • Institut für Polymer -Werkstoff- und Kunststoff-Technik der Technischen Universität Clausthal-Zellerfeld

Besonderer Dank gilt Lambert Feher vom Karlsruher Institut für Technologie, der sich intensiv an der Diskussion von Konzeption und Ergebnissen des Vorhabens beteiligt hat sowie Yasmin Dorostan, die die geführten Interviews transkribiert und während eines Praktikums am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse zur Auswertung der Interviews beigetragen hat.

Karlsruhe und Stuttgart

Klaus-Rainer Bräutigam / Alexander Gerybadze

 

Erstellt am: 01.07.2011 - Kommentare an: webmaster