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Technikfolgenabschätzung - eine Einführung
Zweite, grundlegend überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage

Berlin: edition sigma 2010 (Reihe: Gesellschaft – Technik – Umwelt. Neue Folge 1), ISBN 978-3-89404-950-8, 346 Seiten, kartoniert, Euro 24.90
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Vorwort zur zweiten Auflage

Im Jahre acht nach Erscheinen der ersten Auflage der Einführung in die Technikfolgenabschätzung ist diese nunmehr vergriffen. Diese Tatsache könnte Anlass für einen ehrenvollen Nachruf sein. Angesichts des seit einigen Jahren zu beobachtenden Aufschwungs der Technikfolgenabschätzung scheidet dieser Weg jedoch aus. Vielmehr scheint es geboten, eine einführende Darstellung in die Technikfolgenabschätzung verfügbar zu halten, letztlich aus den gleichen Gründen, die zum Verfassen der ersten Auflage motiviert hat und die dem unten aufgeführten Nachdruck von Teilen des Vorworts der ersten Auflage entnommen werden können.

Eine zweite Auflage darf, aufgrund der dynamischen Entwicklungen im gesellschaftlichen Umfeld der Technikfolgenabschätzung einerseits und in ihrem konzeptionell-theoretischen wie auch methodisch-praktischen Ansatz andererseits, nicht in einem einfachen Wiederabdruck der Erstfassung bestehen. Es stellt sich eher umgekehrt dar. Die Tatsache, dass Technikfolgenabschätzung vierzig Jahre nach ihrer Entstehung immer noch eine junge Forschungskonzeption ist, in der sich auch in eher wenigen Jahren viel ändern kann, führte dazu, dass weite Teile des Buches neu konzipiert und manche Textpassagen neu geschrieben wurden. Damit liegt mit dieser zweiten Auflage eine stark überarbeitete Version vor, die hoffentlich den wissenschaftlichen wie gesellschaftlichen Anforderungen der nächsten Jahre auf der Basis des heute erreichten Standes der Technikfolgenabschätzung gerecht werden kann.

Beibehalten wurde die problemorientierte Darstellung. Der Ausgangspunkt (Teil I) besteht in einer Beschreibung der Herausforderungen an Gesellschaft und Politik, die Technikentwicklung und -einsatz in der Moderne mit sich bringen. Diese werden anhand einiger charakteristischer Spannungsfelder und im technischen Fortschritt intrinsisch angelegter Ambivalenzen erläutert, arrangiert um das Problem des Auftretens nicht intendierter Folgen der Technik herum (Kap. 1). Die gesellschaftliche, insbesondere politische Bewältigung dieser Herausforderungen führt zu einem durchaus heterogenen Anforderungskatalog an wissenschaftliche Aktivitäten, welche mit dem Oberbegriff der ‚Technikfolgenabschätzung' bezeichnet werden: Entscheidungsunterstützung, Politikberatung, Demokratisierung von Technik, Bewältigung oder Verhinderung von Technikkonflikten, Umgang mit divergierenden Expertenurteilen und Beiträge zu einer reflektierten Technikgestaltung (Kap. 2).

In den über vierzig Jahren der Geschichte der Technikfolgenabschätzung wurden vielfältige Antworten auf diese Herausforderungen in Form praktischer Umsetzungen und theoretischer Konzepte gegeben (Teil II). Die Darstellung der Geschichte der Technikfolgenabschätzung erfolgt zunächst anhand institutioneller Entwicklungen in unterschiedlichen Beratungs- und Nachfragekontexten, z.B. in Form parlamentarischer Politikberatung, Wirtschaftsberatung oder Bürgerberatung (Kap. 3). Sodann werden Konzeptionen der Technikfolgenabschätzung vorgestellt, in denen das Verhältnis von Technik, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit auf je verschiedene Weise gedacht wird, was jeweils Konsequenzen für die Auslegung der Technikfolgenabschätzung als Forschung und Beratungspraxis hat (Kap. 4).

Technikfolgenabschätzung ist auch ein ‚Handwerk' und bedarf eines ‚Handwerkzeugs' (Teil III). Hierzu gehören zunächst Anleitungen und Methoden, wie Projekte und Verfahren der Technikfolgenabschätzung strukturiert und durchgeführt werden können (Kap. 5). Zentrale methodische Herausforderungen stellen sich insbesondere im Hinblick auf die Generierung und Bewertung von ‚Zukunftswissen', die Sicherstellung von Verallgemeinerbarkeit und Nachvollziehbarkeit für Bewertungen und die transparente Erarbeitung von Handlungsoptionen (Kap. 6). In der Technikfolgenabschätzung wird eine Reihe von konkreten Methoden verwendet, die der Gewinnung von Systemverständnis, der Generierung und Beurteilung von Zukunftswissen, der Strukturierung von Argumentationslandschaften sowie der Durchführung von Beteiligungsverfahren dienen (Kap. 7). Des Weiteren bedarf Technikfolgenabschätzung auch als interdisziplinäre und problemorientierte Forschung vielfach der Unterstützung durch wissenschaftliche Disziplinen (Kap. 8).

In exemplarischen Praxisfeldern der Technikfolgenabschätzung wird ein anschaulicheres Bild von der Arbeitsweise der Technikfolgenabschätzung gezeichnet (Teil IV). Folgende Felder wurden ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit nach Maßgabe möglichst großer Unterschiedlichkeit ausgesucht: Technikfolgenabschätzung als Nachhaltigkeitsbewertung (Kap. 9), Technikfolgenabschätzung im Umgang mit Technikkonflikten wie z.B. der Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle (Kap. 10) sowie Technikfolgenabschätzung als Unterstützung der Innovationspolitik (Kap. 11).

Zum Abschluss (Teil V) wird die Technikfolgenabschätzung aus unterschiedlichen Perspektiven reflektiert. Zunächst stellt sich die Frage nach einer Theorie der Technikfolgenabschätzung (Kap. 12). Eine derartige Theorie liegt bislang nicht vor, trotz theoretisch ausgerichteter Debatten zur Ausrichtung der Technikfolgenabschätzung. Wiederkehrende Fundamentalkritiken wie die Vorwürfe der Technikverhinderung oder der Akzeptanzbeschaffung sowie Warnungen vor ihrer Folgenlosigkeit werden erläutert und kritisch diskutiert (Kap. 13). Die Reflexion erstreckt sich sodann auf die Frage nach den Grenzen der Technikfolgenabschätzung in Bezug auf eine rationale(re) Gestaltung von Technik, auf eine Demokratisierung von Technik und auf die Vermeidung technisch bedingter Risiken (Kap. 14). Schließlich werden ausgehend von der heutigen Situation einige Perspektiven für die Weiterentwicklung der Technikfolgenabschätzung angesprochen (Kap. 15).

Die Darstellung der unterschiedlichen Themen ist selbstverständlich um ein hohes Maß an Ausgewogenheit bemüht. Trotzdem bleibt vieles zwangsläufig subjektiv und mit dem kontingenten Erfahrungsbereich des Autors verbunden. Auch meine nun fast zwanzig Jahre dauernde Tätigkeit in der Technikfolgenabschätzung ändert nichts daran, dass Methoden, Beispiele, Themenfelder und Institutionen mir unterschiedlich gut vertraut sind und dass diese Unterschiede sich auch in der vorliegenden Einleitung nicht komplett eliminieren ließen.

Dank zu sagen ist vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Technikfolgenabschätzung selbst, aus ihrem wissenschaftlichen Umfeld und aus ihren Adressatenkreisen und Nutzern, die in direkter oder indirekter Form zur Ausgestaltung dieser zweiten Auflage beigetragen haben, auf den wissenschaftlichen Konferenzen, in Publikationen, in Gesprächen und auf Workshops, im Netzwerk Technikfolgenabschätzung, in Projekten oder in persönlichen Gesprächen ‚zwischendurch'. Ein besonderer Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) und im Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). Hier möchte ich zum einen das ‚TA-Kolleg' hervorheben, das sich in einer eigenen Sitzung mit dem Überarbeitungsbedarf der ersten Auflage befasst hat. Teilgenommen haben daran Richard Beecroft, Christian Dieckhoff, Marc Dusseldorp und Anna Schleisiek. Zum anderen möchte ich die TA-Theoriegruppe am ITAS mit Gotthard Bechmann, Knud Böhle, Christian Büscher, Michael Decker, Fritz Gloede, Peter Hocke-Bergler und Bettina-Johanna Krings erwähnen, die vor allem zum Einstieg in die Thematik wertvolle Hinweise gegeben haben. Weiterhin sei Dank gesagt Frau Melanie Simonidis-Puschmann für die sorgfältige inhaltliche Durchsicht des Manuskripts.

 

Erstellt am: 30.06.2010 - Kommentare an: webmaster