Dagmar Oertel

Energiespeicher – Stand und Perspektiven

Berlin: Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) 2008, TAB-Arbeitsbericht Nr. 123
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EINLEITUNG

großes Bild Die Energiespeicherung ist ein Forschungs- und Wissensgebiet mit einer relativ langen Tradition und einer hohen wirtschaftlichen als auch strategischen Bedeutung für eine zuverlässige Energieversorgung. Dennoch ist es ein bis heute bestehendes technisches Problem, elektrische und thermische Energie in größeren Mengen und über längere Zeiträume verlustarm zu speichern.

Im Grunde genommen geht es bei dieser Thematik um die "Lagerhaltung von Energie". Da Energie zwar grundsätzlich – wenn auch nicht verlustfrei – in verschiedene Energieformen umwandelbar ist, bestehen verschiedene Möglichkeiten, diese zu "lagern" und bei Bedarf abzurufen. Dazu steht eine große Bandbreite an technischen Möglichkeiten zur Verfügung. Dennoch gibt es limitierende Aspekte der Energiespeicherung, die sich beispielsweise im Vergleich fossil-regenerativ betrachten lassen: Fossile Energieträger, wie Kohle oder Erdöl, sind bereits in ihren Lagerstätten in einer Form gespeichert, die nach ihrer Förderung relativ problemlos (und fast verlustfrei) bis zur Nutzung ihres Energieinhaltes zwischengespeichert werden können (in Tanks, Pipelines etc.). Im Gegensatz dazu sind fluktuierende Energieträger (Sonne, Wind) zumeist temporär, teilweise kurzzeitig auch "im Überfluss" verfügbar, dann aber nicht direkt speicherbar. Das heißt, zur "Reservehaltung fluktuierender Energieträger" müssen diese in eine speicherbare Energieform umgewandelt werden – und das zu den jeweiligen Dargebotszeiten (z. B. bei hoher Sonneneinstrahlung). Energieangebot und -nachfrage fallen dabei zeitlich auseinander.

Das politisch definierte und verfolgte Ziel, den Anteil erneuerbarer Energieträger zu erhöhen und die Nutzung fossiler Ressourcen zurückzufahren, bringt Fragen der Energiespeicherung mit auf die Agenda. Die Motivation, sich mit der Speicherung von Energie zu beschäftigen, ist differenziert nach Anwendungen zu betrachten. Beispielsweise sind Schwerpunkte in der stationären Energieversorgung, die Integration zunehmender Anteile fluktuierender Energieträger zu bewerkstelligen, die oft dezentral und zudem regional konzentriert auftreten, oder der Ausgleich kostenintensiver Lastspitzen etwa im Tageslastgang. Im mobilen Bereich steht der Einsatz neuer Antriebstechnologien im Vordergrund, etwa um die Reduktion von Schadstoffemissionen in Ballungsräumen zu realisieren. Im Gebäudebereich wiederum geht es mehr um Wärme- bzw. Kältespeicherung (Klimatisierung).

Die Ausgangslage für diese Studie lässt sich auch dadurch beschreiben, dass es einen Mangel an preisgünstigen, effizienten und leistungsstarken Stromspeichern für größere Energiemengen gibt. Denn aus fluktuierenden Energieträgern gibt es ein immenses Angebot an elektrischer Energie, deren Anteile zukünftig noch deutlich steigen werden, aber deren Dargebotszeiten versetzt zur Energienachfrage liegen. Zudem tauchen in diesem Zusammenhang immer wieder Hinweise auf, dass eine Netzeinbindung des fluktuierenden Energieangebots ab einem bestimmten Anteil problematisch für die Netzstabilität sein könnte. Ein stärkerer Einsatz von Energiespeichern könnte sich positiv auf die Versorgungssicherheit auswirken. Nicht zuletzt spielt hier die Liberalisierung der Energiemärkte eine entscheidende Rolle, die Konsequenzen auf Netzebene und bei den Energiepreisen mit sich bringt, sodass Speichermöglichkeiten derzeit eine höhere Relevanz als bisher eingeräumt wird.

Energiespeicher sind bereits heute ein fester Bestandteil unseres Energieversorgungssystems. Dennoch wird ihre Rolle – außerhalb der technischen Ebene – bislang kaum wahrgenommen. Auch in der aktuellen Diskussion um die Ausgestaltung zukünftiger Energieversorgung hat Energiespeicherung allenfalls einen marginalen Platz. Energiespeichertechnologien kommen als Querschnittstechnologien in Energieszenarien im Regelfall kaum explizit vor, was nicht zuletzt auf heute erreichbare Speichermengen bei einzelnen Technologien zurückzuführen ist. Auch Gründe der Wirtschaftlichkeit spielen hier eine Rolle: Viele Projekte der Energiespeicherung, die im letzten Jahrhundert beforscht wurden, wurden teilweise auch wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit ein- bzw. zurückgestellt, zumeist aufgrund niedriger oder sogar fallender Energiepreise. Heute jedoch lassen steigende bzw. deutlich schwankende Preise an den Rohstoffmärkten einen neuen Blick auf die Möglichkeiten der Energiespeicherung zu. Somit wird dieses Thema von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in letzter Zeit wieder aufgegriffen.

Auch wenn die naturwissenschaftlichen Grenzen der Energiespeicherung nicht zu umgehen sind, ist doch heute eine enorme Bandbreite an Speichermöglichkeiten verfügbar. Diese Vielfalt aufzuzeigen ist ein Ziel dieses Monitoringberichts. Inwieweit Speicherbedarf und verfügbare technische Möglichkeiten derzeit zusammenpassen, soll anhand ausgewählter Beispiele für den stationären sowie den mobilen Einsatz (Verkehr) aufgezeigt werden.

GEGENSTAND UND AUFBAU DES BERICHTS

Gegenstand des Berichts ist die Speicherung von Strom und Wärme (bzw. Kälte), aber auch die von Kraftstoffen, um erkennbare Synergien und/oder Konkurrenzen dieser Felder auszuloten. Die Untersuchungen fokussieren auf Einsatzbereiche mit einer hohen energiewirtschaftlichen Relevanz. In dieser Studie werden unter Energiespeichern technische Systeme zur Speicherung von Sekundärenergie verstanden, die der räumlichen und/oder zeitlichen Entkopplung von Energieverfügbarkeit und Energiebedarf dienen und eine hohe energiewirtschaftliche Relevanz aufweisen, d. h. die für Strom- und Wärmeversorgung sowie als Energiespeicher für Kraftfahrzeuge von Bedeutung sind. Die Produktion von sekundären stofflichen Energieträgern[1] und dazugehörige Speicher werden nur selektiv behandelt. Der Bericht gliedert sich wie folgt:

IN AUFTRAG GEGEBENE GUTACHTEN

Folgende Gutachten wurden im Rahmen dieses Projekts vergeben und sind in diesen Bericht eingeflossen:

Den Gutachterinnen und Gutachtern sei an dieser Stelle ganz herzlich für ihre Arbeit gedankt. Sie bildet das Fundament für viele der in diesem Bericht getroffenen Einschätzungen. Im Text wird jeweils darauf verwiesen, welche Passagen auf welche Gutachten Bezug nehmen.

Ein besonderer Dank geht an Herrn Prof. Dr. Armin Grunwald für die kritische Durchsicht und konstruktive Kommentierung des Berichts sowie für zahlreiche Verbesserungsvorschläge und nicht zuletzt an Ulrike Goelsdorf und Gaby Rastätter für die Unterstützung bei der Erstellung des Endlayouts.

Anmerkungen

[1]  Insbesondere zu Energieträgern ist eine sinnvolle Abgrenzung zu finden. Denn letztendlich sind auch stoffliche Energieträger Energiespeicher: Zum Beispiel fossile Brennstoffe oder auch Biomasse speichern Sonnenenergie, Biokraftstoffe speichern wiederum Biomasse etc. Auch Speicher von stofflichen Energieträgern wie Kohlehalden, unterirdische Erdgasspeicher oder auch Flüssiggasflaschen in Fahrzeugen gehören im weitesten Sinne dazu. Im Rahmen dieses Berichts wird nach Relevanzkriterien eher nachgeordnet auf die st offliche Speicherung eingegangen.

 

Erstellt am: 22.10.2008 - Kommentare an: webmaster