Dagmar Oertel

Industrielle stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe
Sachstandsbericht zum Monitoring »Nachwachsende Rohstoffe«

Berlin: Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) 2007 (TAB-Arbeitsbericht Nr. 114)
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EINLEITUNG

großes Bild Eine zukünftig verstärkte stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe wird mit einer Reihe von Vorteilen in Verbindung gebracht, zu denen u. a. folgende gehören:

Diskutiert wird die Option einer verstärkten (stofflichen) Nutzung nachwachsender Rohstoffe aber nicht nur vor dem Hintergrund der zunehmenden Verknappung fossiler Rohstoffe und einer bisher vorwiegend energetischen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen. Vielmehr wird auch eine mögliche längerfristige Umstellung der bisherigen petrochemischen Rohstoffbasis der chemischen Industrie auf nachwachsende Rohstoffe – vergleichbar der Idee einer längerfristigen Umstellung der Energiewirtschaft auf erneuerbare Energieträger – verstärkt diskutiert. Dahinter steht die Vision einer schadstoffarmen und ressourcenschonenden Versorgung mit Grundchemikalien wie auch mit daraus hergestellten Produkten für die verschiedensten Einsatzbereiche. Damit könnten Herstellung und Verarbeitung chemischer Produkte umweltfreundlicher und nachhaltiger gestaltet werden.

Die derzeitige industrielle Nutzung nachwachsender Rohstoffe fokussiert auf Produkte, die bei technischer Eignung eine hohe Wertschöpfung ermöglichen, die in einer relativ konstanten Qualität verfügbar sind und mit denen Produkte evtl. preiswerter als auf Erdölbasis hergestellt werden können. Da aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Produkte allerdings gegen in über viele Jahrzehnte gewachsene Produktstammbäume antreten und zudem neben ihrer praktischen Gleichwertigkeit auch wettbewerbsfähig sein sollen, ist die »Latte« relativ hochgelegt. Nachwachsende Rohstoffe werden vermutlich dann eine Option darstellen, wenn petrochemische Rohstoffe noch deutlich teurer werden, als es heute der Fall ist.

GEGENSTAND UND AUFBAU DES BERICHTS

Vor diesem Hintergrund wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung im Frühjahr 2005 die Bearbeitung dieses Themenfeldes als Monitoring begonnen. Zentrales Ziel der Untersuchung ist ein möglichst umfassender Überblick über die verschiedenen Forschungs- und Einsatzfelder im Bereich der industriellen stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe, um den erreichten Stand sowie die zukünftigen Perspektiven zu dokumentieren. In der Bearbeitungstiefe deutlich zurückgenommen soll in diese Übersichtsdarstellung – quasi als Vergleichsebene – auch die energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe einfließen. Damit soll zum einen eine Einordnung der stofflichen in die gesamte Nutzung vorhandener Biomasseressourcen ermöglicht werden und zum anderen – quasi als Nebenziel – sollen Flächen- und Nutzungskonkurrenzen zwischen den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt werden.

Eine vollständige Abbildung aller Einsatzmöglichkeiten von nachwachsenden Rohstoffen wurde für diesen Bericht nicht angestrebt. Vielmehr sollen anhand ausgewählter Bereiche, die von den Herstellungsmengen bereits heute relevant sind, ein erster Einblick in die aktuelle Nutzung sowie eine näherungsweise ökologische Einordnung gegeben werden – soweit auf Basis der verfügbaren Datenund Informationslage möglich.

Der Aufbau des Berichts stellt sich folgendermaßen dar: Zunächst erfolgen in Kapitel II eine Klärung des Begriffs Biomasse und eine Darstellung des Betrachtungsrahmens. In Kapitel III und IV wird die aktuelle und zukünftige stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen thematisiert. Die Kapitel V (energetische Nutzung), VI (Flächen- und Nutzungskonkurrenzen) und VII (marktliche Aspekte) stellen eine Bestandsaufnahme dreier Themenfelder dar, die die Grundlage für eine integrierte Betrachtung der Biomassegesamtnutzung eröffnet. In Kapitel VIII werden Handlungsfelder aufgezeigt und FuE-Bedarf thematisiert.

Im Einzelnen wird in Kapitel III die aktuelle Nutzung, z. T. mit Blick auf eine mittelfristig zukünftige stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe beleuchtet. Diese zeichnet sich durch eine hohe Komplexität hinsichtlich möglicher Erzeugungs- und Herstellungspfade aus. Daher wird zunächst auf die Gewinnung der Ausgangsstoffe mit Blick auf relevante Einsatzbereiche eingegangen, wobeifür eine ausgewählte Produktpalette auch Aspekte der Weiterverarbeitung (chemische Umsetzungen, Veredlungen etc.) thematisiert werden. Mit dem Ziel einer ersten ökologischen Bewertung werden drei Bereiche (Schmierstoffe, Biokunststoffe und Fasern) auf der Basis einer Literaturauswertung näher betrachtet.

In Kapitel IV steht die (längerfristige) zukünftige stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe im Blickpunkt. Damit geht der Bezug weg von einer punktuellen Verarbeitung hin zu einer breiter aufgestellten Herstellung chemischer Grundstoffe. Ziel ist es, derzeit diskutierte chemisch-technische Optionen aufzuzeigen – z. B. die der teilweisen Umstellung der heutigen Petrochemie auf nachwachsende Rohstoffe. Hierzu wurden auf der Basis heutiger Erkenntnisse exemplarisch drei Übersichtsökobilanzen erstellt – und zwar für die grüne, die Lignocellulose- Feedstock- sowie die Getreide-Ganzpflanzen-Bioraffinerie.

Im Gegensatz zur stofflichen ist die energetische Nutzung deutlich besser untersucht. In Kapitel V werden verfügbare Metastudien hinsichtlich einzelner Kraftstoffpfade sowie der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biomasse synoptisch aufgearbeitet. Das Augenmerk liegt sowohl auf alternativen Kraftstoffen der ersten Generation (z. B. Ethanol) als auch auf synthetischen Kraftstoffen der zweiten Generation (z. B. BTL).

In Kapitel VI geht es um Flächen- und Nutzungskonkurrenzen nachwachsender Rohstoffe als eine Art »Massenrohstoff aus der Landwirtschaft«. Dabei werden die Nachfrage- und die Angebotsseite unter Berücksichtigung verschiedener Rahmenbedingungen gegenübergestellt. Abschließend werden die Anbau- und Mengenrelevanz unter Einbeziehung der europäischen Ebene einer ersten Einschätzung unterzogen.

In Kapitel VII werden ausgewählte (makro)ökonomische Aspekte der derzeitigen Nutzung nachwachsender Rohstoffe sowie Erwartungen von Akteuren aus Wirtschaft und Verbänden sowie Verbrauchern thematisiert.

IN AUFTRAG GEGEBENE GUTACHTEN

Folgende Gutachten wurden im Rahmen dieses Projekts vergeben und sind in diesen Bericht eingeflossen:

Den Gutachterinnen und Gutachtern sei an dieser Stelle ganz herzlich für ihre Arbeit gedankt. Sie bildet das Fundament für viele der in diesem Bericht getroffenen Einschätzungen. Im Text wird jeweils darauf verwiesen, welche Passagen auf welche Gutachten Bezug nehmen.

Ein besonderer Dank geht an Herrn Dr. Thomas Petermann für die kritische Durchsicht und konstruktive Kommentierung des Berichts sowie für zahlreiche Verbesserungsvorschläge, und nicht zuletzt an Ulrike Goelsdorf und Gaby Rastätter für die Unterstützung bei der Erstellung des Endlayouts.

 

Erstellt am: 29.10.2007 - Letzte Änderung am: 12.11.2007 - Kommentare an: webmaster