Jürgen Kopfmüller (Hg.)

Ein Konzept auf dem Prüfstand
Das integrative Nachhaltigkeitskonzept in der Forschungspraxis

Berlin: edition sigma 2006, Reihe: Global zukunftsfähige Entwicklung - Nachhaltigkeitsforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft, Bd. 12, ISBN 3-89404-582-5, 330 Seiten, 22,90 Euro
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Einführung
Jürgen Kopfmüller

Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung hat in den letzten Jahren zentrale Bedeutung in Wissenschaft und Politik erlangt. Es prägt die verschiedenen Debatten und das praktische Handeln auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Seine Realisierung erfordert die Mitgestaltung und Verständigung aller gesellschaftlichen Akteure, sowohl was die Formulierung von grundlegenden Zielorientierungen als auch was die Wege zu ihrer Umsetzung anbelangt. Wissenschaft kann (und muss) einen Beitrag zu dem hierfür erforderlichen gesellschaftlichen Such- und Lernprozess leisten. Dieser Beitrag besteht im Wesentlichen in der Lieferung von Orientierungswissen für die Akteure, das auf theoretischen, konzeptionellen und empirischen Arbeiten beruht. Erforderlich ist sowohl die Erarbeitung von Theorien und Konzepten zur Operationalisierung des Leitbilds als auch deren Anwendung auf bestimmte Themenfelder oder räumlich abgegrenzte Bereiche.

Dementsprechend ist die Qualität solcher Konzepte sowohl an den Kriterien Konsistenz und substanzieller Gehalt als auch an ihrer Eignung zu bemessen, für die verschiedensten konkreten Fragestellungen angewendet werden zu können.

Mit dem im Rahmen des Verbundprojekts der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) „Global zukunftsfähige Entwicklung. Perspektiven für Deutschland“ unter der Federführung des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) erarbeiteten integrativen Nachhaltigkeitskonzept wurde ein Instrumentarium entwickelt, mit dem der Anspruch verbunden wird, auf den wesentlichen Ebenen von Nachhaltigkeitsanalysen arbeiten zu können: In Form von verschiedenen Nachhaltigkeitsregeln liefert es den kriteriellen Rahmen für die Formulierung von Zielen gesellschaftlicher Entwicklung, die den Referenzpunkt für die Identifikation und Analyse von wesentlichen Problemen sowie für die Konzipierung und Bewertung von Strategien zur Lösung dieser Probleme bilden. Mit diesem analytischen Grundgerüst einer Ziel-, Problem- und Handlungsorientierung wurde eine gute Voraussetzung geschaffen, um mit einem der wesentlichen Charakteristika von Forschung für nachhaltige Entwicklung – der vielfältigen Verknüpfung von normativen und empirischen Elementen – angemessen umgehen zu können.

Erstmals angewendet wurde das integrative Konzept im Rahmen des genannten HGF-Verbundprojekts zur Beurteilung der Nachhaltigkeitssituation Deutschlands auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene und für ausgewählte Aktivitätsfelder sowie für die Ausarbeitung erster handlungsstrategischer Vorschläge zur Lösung der drängendsten Nachhaltigkeitsprobleme Deutschlands. Auch vor dem Hintergrund dieser, überwiegend positiven, Erfahrung waren (und sind) die Perspektiven und weiteren Schritte das Konzept betreffend primär auf zwei Ebenen zu sehen: zum einen in der punktuellen konzeptionellen und methodischen Präzisierung und Weiterentwicklung, zum anderen in der weitergehenden forschungspraktischen Anwendung, was sowohl die Erweiterung des Spektrums der betrachteten Themenfelder als auch die Vertiefung bereits begonnener Arbeiten einschließt.

Das Konzept kommt mittlerweile in verschiedenen Kontexten in Projekten sowohl innerhalb der HGF als auch in anderen Forschungseinrichtungen im In- und Ausland zur Anwendung. Am 18. und 19. November 2004 veranstaltete das ITAS einen Workshop im Forschungszentrum Karlsruhe, bei dem sich VertreterInnen aus Projekten und Einrichtungen trafen, die in dieser Richtung tätig sind. Ziel dieser Veranstaltung war es zunächst, den externen Anwendern des Konzepts ein Forum zu bieten, ihre Arbeiten – d. h. Fragestellungen, konzeptionelles Vorgehen und erste Ergebnisse – vorzustellen. Dabei sollten insbesondere auch die bis dato gemachten forschungspraktischen Erfahrungen mit der Anwendung des Konzepts – positiver wie problematischer Art – beschrieben, bewertet und mit den anderen Anwendern sowie mit den Autoren des Konzepts diskutiert werden. Daneben sollte auch Forschungs- und Arbeitsgruppen aus dem ITAS und anderen HGF-Instituten die Gelegenheit gegeben werden, ihre Arbeiten und Ergebnisse in gleicher Weise vorstellen und diskutieren zu können. Schließlich ging es auch darum, die Möglichkeit zu bieten, neben bereits laufenden Projekten weitere Themenbereiche anzusprechen, bei denen bis dato nur Planungen für eine Konzeptanwendung vorlagen oder für die dies prinzipiell interessant sein könnte.

In der Perspektive über die Veranstaltung hinaus bestand eine Zielsetzung auch darin, ein Netzwerk oder zumindest netzwerkartige Aktivitäten zwischen den verschiedenen Gruppen und Personen zu initiieren, die die Fortführung und Intensivierung des im Rahmen des Workshops begonnenen Meinungs- und Erfahrungsaustauschs ermöglichen können. Den Autoren des Konzepts schließlich lieferten die Präsentationen und Diskussionen wertvolle Hinweise darauf, inwieweit und in welcher Form Präzisierungen und Weiterentwicklungen des Konzepts erforderlich sind, nicht zuletzt auch mit Blick auf eigene Anwendungsaktivitäten, die sie in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern bereits begonnen haben oder planen. Angesichts der zahlreichen positiven Rückmeldungen vieler Teilnehmer zu Ablauf und Ergebnissen des Workshops bestehen erste Überlegungen für eine Folgeveranstaltung, bei der die zwischenzeitlichen Fortschritte oder auch Endergebnisse einzelner Projekte sowie Erfahrungen mit neu entstandenen Anwendungsfeldern diskutiert werden könnten.

Der vorliegende Band enthält die Präsentationen dieses Workshops, in überarbeiteter Form, ergänzt um Beiträge zu Projekten, die dort nicht präsentiert worden waren. Die Autoren reflektieren die vielfältigen Erfahrungen beim „empirischen Test“ des integrativen Konzepts auf seine forschungspraktische Anwendbarkeit hin, benennen Stärken und Schwächen, konzeptionelle und methodische Probleme und berichten über vorgenommene Modifikationen oder Ergänzungen des Konzepts.

Der erste Teil besitzt zum einen einführenden Charakter, zum anderen wird hier in expliziterer und prinzipiellerer Weise auf das integrative Konzept eingegangen. Jürgen Kopfmüller skizziert in seinem Beitrag zunächst die Vorgeschichte und Motivation der Entstehung des Konzepts und beschreibt noch einmal dessen Grundgedanken und Architektur sowie die wesentlichen „Facetten des Integrativen“. Er gibt einen Überblick über die bisherigen, unter Beteiligung von ITAS bearbeiteten bzw. geplanten Anwendungsfelder des Konzepts – in deutschen sowie außereuropäischen Untersuchungsräumen – und zieht letztlich ein positives Zwischenfazit hinsichtlich der theoretisch-konzeptionellen wie auch forschungspraktischen Validität des Konzepts. Armin Grunwald geht in seinem Beitrag zur Rolle der Technikfolgenabschätzung im Nachhaltigkeitskontext von der These eines ambivalenten – weil potenziell sowohl problemerzeugenden als auch -lösenden – Verhältnisses von Technik zu nachhaltiger Entwicklung aus. Er beschreibt dann anhand einiger Nachhaltigkeitsregeln die Möglichkeiten der Nutzung des integrativen Konzepts für Technikanalysen zur Untersuchung der möglichen Beiträge und Potenziale von Technik in Richtung einer nachhaltige(re)n Entwicklung. Gleichzeitig benennt und begründet er mit der Systemperspektive, der integrativen Bewertung oder der Unsicherheit des Wissens wesentliche Herausforderungen für die Technikfolgenabschätzung bei der Bewältigung dieser Aufgabe.

Im Zentrum des Beitrags von Konrad Ott steht ein Vergleich zwischen dem integrativen Konzept und dem von ihm mitentwickelten „Greifswalder Ansatz“. Er diagnostiziert Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Grundkonzept und Architektur beider Konzepte, weist auf einige aus seiner Sicht vorteilhafte Eigenschaften des Greifswalder Ansatzes hin und benennt einige „Stolpersteine“ auf der „prinzipiell gangbaren HGF-Konzept-Route“ – etwa die Positionierung in der Kontroverse um „schwache“ und „starke“ Nachhaltigkeit oder die inhaltliche Breite des Sets von instrumentellen Regeln. Gerade mit Blick auf konkrete Anwendungsfelder und Fallstudien betont Ott jedoch die konvergierende Tendenz zwischen den Ansätzen und den erheblichen Vorrat an Gemeinsamkeiten, mit Hinweis auf die Möglichkeit der Weiterentwicklung beider Konzepte innerhalb ihrer jeweiligen Eigenlogik. Wie Ott geht auch Joachim Spangenberg in seinem Beitrag davon aus, dass Nachhaltigkeitsanalysen einer Grundlage in Form einer ausformulierten Theorie, zumindest aber allgemeingültiger Kriterien bedürfen. Als wesentliche Schwachstellen bzw. Defizite, die das integrative Konzept noch von einer – bislang noch nicht entwickelten, wenngleich notwendigen – „integrativen Theorie“ trennen, führt er die Operationalisierung der institutionellen Nachhaltigkeit (Stichwort „Sustainability Governance“) an, die Konkretisierung von Integrationsprinzipien und -methoden sowie die vor allem makroperspektivische Konkretisierung von „ökonomischer Nachhaltigkeit“ über die gängige Kapitalsubstitutions-Rhetorik hinaus. Argumente für den letzten Punkt versucht er aus einer Betrachtung der Regeln des Konzepts sowie der im Rahmen des HGF-Projekts entstandenen Vorschläge und Analysen zu Indikatoren, Zielen und Nachhaltigkeitsproblemen herzuleiten.

Der zweite und umfangreichste Teil des Buches ist den bereits im Gange befindlichen Aktivitäten der Anwendung des integrativen Konzepts gewidmet. Die bisherigen Erfahrungen bei der Entwicklung eines kommunalen Nachhaltigkeitsberichterstattungssystems für die Städte Leipzig und Halle beschreiben Gerhard Hartmuth, Katja Huber und Dieter Rink in ihrem Beitrag. Sie erläutern den „Bauplan“ des Systems, basierend auf dem um einige Regeln reduzierten integrativen Konzept, sowie die „Bauausführung“, die vor allem aus einer Verknüpfung von Regeln und real existierenden Problemlagen sowie der Auswahl geeigneter Indikatoren besteht. Tragendes Element des Projektablaufs und mitentscheidend für die Einschätzung der Validität und Praktikabilität des integrativen Konzepts war hier die von Beginn an enge Abstimmung mit der kommunalen Verwaltung und den gesellschaftlichen Gruppen. Der Erfahrungsbericht von Martina Schäfer bezieht sich auf ein Projekt, das am Beispiel der Branche der ökologischen Land- und Ernährungswirtschaft der Frage nachgeht, wie regionaler Wohlstand unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten neu definiert und umgesetzt werden kann. Dabei wurde im Zuge der in Abstimmung mit Praxispartnern vorgenommenen Festlegung eines Kriterien- und zugehörigen Indikatorensets das integrative Konzept im Wesentlichen um den Themenkomplex der gesellschaftlichen Reproduktion erweitert. Dies geschah in Form von Regelumformulierungen sowie der Ergänzung um zwei neue Regeln und um entsprechende Indikatoren.

Im Beitrag von Ulrike Schumacher, Ingrid Bonas und Angelika Tisch wird über ein Projekt berichtet, das sich anhand der Beispielregion Brandenburg mit den Möglichkeiten befasst, mit Hilfe von Gemeinschaftsnutzungseinrichtungen einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung zu leisten. Betrachtet wurden einige ausgewählte Referenzeinrichtungen aus unterschiedlichen Bereichen. In ähnlicher Weise modifiziert wie im zuvor beschriebenen Projekt, bildete das integrative Konzept hier die Grundlage für ein Bewertungskonzept, das insbesondere angesichts seiner thematischen Breite und seiner für unterschiedlichste Einrichtungen flexiblen Einsatzfähigkeit relativ breite Zustimmung bei ForscherInnen und gesellschaftlichen Gruppen fand. Susanne Schidler skizziert in ihrem Beitrag den Weg der Erstellung eines Kriterienrasters zur Beurteilung einer neuen, noch vor dem Pilotanlagen-Stadium befindlichen Technologie im Bereich nachwachsende Rohstoffe in Österreich, der so genannten „Grünen Bioraffinerie“. Als positives Ergebnis stellt die Autorin heraus, dass der Einsatz des im Zusammenwirken zwischen Experten und Bevölkerung entwickelten strukturierten Kriterienrasters sowohl eine erste Nachhaltigkeitsabschätzung als auch die Identifizierung möglicher Zielkonflikte ermöglicht hat, deren weitergehende Analyse und Bewertung eine Zielsetzung für die wissenschaftliche Begleitung der anstehenden Pilotanlagen-Phase sein soll.

Der Beitrag von Rico Emmrich und Marieluise Melzer nimmt die in der Nachhaltigkeitsdebatte zunehmend an Bedeutung gewinnende Bildungsthematik in den Blick. Die Autoren skizzieren zunächst die Erfordernisse und Herausforderungen einer „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ – vielfach umschrieben mit dem Ziel der Vermittlung und des Erwerbs von Gestaltungskompetenz. Sie begründen das „pädagogische Potenzial“ des integrativen Konzepts für die Vermittlung des Nachhaltigkeitsleitbilds – etwa im Vergleich zum „Drei-Säulen“- Konzept – mit seiner explizierten und begründeten Normativität, mit dem zur Lösung von Zielkonflikten notwendigen dimensionenübergreifenden Integrationsvorgehen und mit der Angemessenheit der in den Nachhaltigkeitsregeln angesprochenen Themenfelder. Mit Blick auf die Umsetzungsebene beschreiben sie zwei mögliche didaktische Formen der geplanten Verwendung des Konzepts in Lehrplänen für die Sekundarstufe II und weisen auf erste – sehr positive – Erfahrungen seiner Nutzung im Bereich der Lehrerfortbildung hin. Im Beitrag von Reinhard Paulesich wird ein Beispiel für die Anwendung des Konzepts im Unternehmensbereich gegeben. Es wird primär mit dem Ziel der Schärfung des bereits bestehenden Konzepts EASEY zur Bewertung von an der Wiener Börse notierten Prime-Market-Unternehmen eingesetzt. Der Autor beschreibt den Prozess der Kriterienentwicklung, bei dem zugleich unternehmensinterne Strukturen und Abläufe, die relevanten Stakeholder sowie die Zieldimension „Nachhaltigkeit“ (repräsentiert durch das integrative Konzept) zu berücksichtigen waren. Exemplarisch skizziert er erste Ergebnisse der Modellanwendung für die Themenfelder Mitarbeiterbeteiligung und Bedeutung der Stakeholder für einen langfristigen Unternehmenserfolg.

Im Beitrag von Nicola Hartlieb, Klaus-Rainer Bräutigam, Jürgen Kopfmüller, Gerhard Sardemann, Matthias Achternbosch und Christel Kupsch werden erste Überlegungen und Ergebnisse zur Umsetzung des Konzepts im Bereich Abfallwirtschaft vorgestellt. Es werden zunächst grundlegende Handlungsleitlinien für eine nachhaltigkeitsorientierte Abfallwirtschaft und einige der gegenwärtig drängendsten Problemfelder in diesem Bereich benannt. Am Beispiel des Schwermetalls Cadmium und seinen in verschiedenen Anwendungen und Prozessen entstehenden Stoffströmen werden Ziele, mögliche Zielkonflikte und strategische Optionen eines angemessenen Ressourcen- und Abfallmanagements skizziert und Empfehlungen für das Vorgehen in künftigen Analysen formuliert. Volker Stelzer, Christine Rösch und Konrad Raab beschreiben in ihrem Beitrag Ergebnisse eines Projekts, das sich mit der Frage von Potenzialen einer Energiegewinnung aus Grünland für das Fallbeispiel Baden-Württemberg und deren Bewertung unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten beschäftigt. Sie reflektieren kurz die Relevanz des Nachhaltigkeitsleitbilds für den Bereich Landwirtschaft und zeigen am Beispiel einiger ausgewählter Regeln des integrativen Konzepts jeweils Themen- und Problemfelder sowie Ansätze zur Erreichung gesetzter Ziele auf, vor deren Hintergrund die Frage nach dem Stellenwert der Grünland-Nutzung und nach dabei möglicherweise entstehenden Zielkonflikten zu untersuchen ist.

Das Aktivitätsfeld „Freizeit und Tourismus“ wird im Beitrag von Sigrid Klein-Vielhauer angesprochen. Sie beschäftigt sich zunächst mit Fragen der Abgrenzung des Bereichs und charakterisiert ihn anhand einiger Grunddaten und Aussagen zu deren Qualität. Für ausgewählte Nachhaltigkeitsregeln benennt sie aus den Grundgedanken der Regeln abgeleitete relevante bzw. künftig zu untersuchende Teilthemen, die sich sowohl auf die Analyse des Status-quo als auch auf Maßnahmen zur Minderung bestehender Probleme bzw. zur Erreichung gesetzter Ziele beziehen. Jürgen Kopfmüller und Helmut Lehn beschreiben in ihrem Beitrag den Entstehungshintergrund und das konzeptionelle Grundgerüst eines Projekts zum Themenfeld Megacities in Lateinamerika. Sie skizzieren den Kern dieses Gerüsts, der zum einen aus drei querschnitthaft angelegten Analysekonzepten besteht – dem integrativen Nachhaltigkeitskonzept sowie einem jeweils darauf abgestimmten Risiko- und Governance-Konzept –, zum anderen aus einer Reihe von Vertiefungsfeldern wie Verkehr, Energie oder Wasser, zu deren Analyse diese Konzepte eingesetzt werden. Ein eigens entwickeltes Verfahren zur erforderlichen analytischen Verknüpfung dieser Konzepte wird an einem Beispiel aus dem Wasserbereich vorgestellt.

Im abschließenden dritten Teil werden dann noch drei Beispiele für bestehende Planungen und noch nicht in Projekt(antrags)form gegossene Überlegungen präsentiert, das Konzept im zunächst nationalen Kontext auf weitere Themenfelder anzuwenden. Zunächst betrachtet Jürgen Lottmann den Bankenbereich. Er stellt – ausgehend von einigen grundlegenden Thesen zum Nachhaltigkeitsleitbild – Überlegungen zur Frage an, warum den Banken welche Rolle bei der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung zukommt bzw. zuzuschreiben ist. Er benennt einige Beiträge, die Kreditinstitute zu nationalen oder auch anderen Nachhaltigkeitsstrategien vor allem über ihre Aktivitäten in den Bereichen Kreditvergabe, Anlagengeschäft, Immobilienbewertung und Investitionsförderung liefern können und gibt dabei jeweils Hinweise darauf, welche Rolle die Wissenschaft oder wissenschaftliche Instrumentarien wie das integrative Konzept spielen können bzw. sollten. Hermann Keimel skizziert in seinem Beitrag erste Überlegungen zu einer geplanten Anwendung des Konzepts für die Entwicklung und Durchführung eines Nachhaltigkeitsberichterstattungssystems für den Verkehrsbereich. Für ausgewählte Nachhaltigkeitsregeln beleuchtet er die Möglichkeiten und Schwierigkeiten bei der Suche nach geeigneten Indikatoren und der Formulierung von darauf bezogenen Zielwerten. Schließlich bricht Peter Viebahn in seinem Beitrag eine Lanze dafür, das integrative Konzept nicht nur durch Forschungseinrichtungen, sondern auch auf solche Einrichtungen selbst und ihre Aktivitäten anzuwenden. Vor allem mit Blick auf Universitäten sowie HGF-Forschungszentren als in gewisser Weise nächstliegende Anwendungsfelder stellt er erste Überlegungen zu einem aus mehreren Schritten – von der Kriterienentwicklung und Indikatorenauswahl bis hin zur Erstellung eines interaktiven Informationssystems – bestehenden Analysegerüst vor, das einen Ausgangspunkt für ein mögliches „Eigen-Forschungsprojekt“ bilden könnte.

Mit diesen allesamt konzeptionell und methodisch auf ein gemeinsames Element – das integrative Konzept – fokussierten, dabei jedoch sehr unterschiedliche Themenfelder beleuchtenden Beiträgen richtet sich das vorliegende Buch an einen potenziell relativ breiten Adressatenkreis. Dieser umfasst zunächst all jene, die schon länger in die Nachhaltigkeitsthematik und -diskurse involviert und an aktuellen Weiterentwicklungen und Erfahrungen auf der Bewertungs- und Umsetzungsebene interessiert sind. Darüber hinaus sind natürlich insbesondere diejenigen angesprochen, die selbst bereits Erfahrungen mit der Anwendung des Konzepts gemacht haben, gerade dabei sind oder entsprechende Aktivitäten planen. Sie erhalten hier Informationen, Anregungen und Tipps, die für die eigenen Arbeiten und deren Einordnung sehr hilfreich sein können.

Zum Abschluss dieser Einführung bleibt mir nur noch, als Herausgeber dieses Bandes zunächst allen Autorinnen und Autoren Dank zu sagen, die die Mühen auf sich genommen haben, ihre Workshop-Präsentationen in für ein solches Buch verwendbare Manuskripte zu verwandeln und damit zum Gelingen dieser Publikation entscheidend beigetragen haben. Besonderer Dank gebührt auch dieses Mal wieder Waltraud Laier, die die verschiedenen Manuskripte in die druckfertige Form gebracht hat. Zu danken habe ich schließlich auch Sylke Wintzer für ihr sorgfältiges Korrekturlesen aller Texte.

Jürgen Kopfmüller
Karlsruhe, im Juli 2006

Erstellt am: 24.10.2006 - Kommentare an: webmaster