Peter Hocke, Armin Grunwald (Hg.)

Wohin mit dem radioaktiven Abfall?
Perspektiven für eine sozialwissenschaftliche Endlagerforschung

Berlin: edition sigma 2006, Reihe: Gesellschaft - Technik - Umwelt, Neue Folge 8, ISBN 3-89404-938-3, 256 Seiten, 19,90 Euro
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Die Endlagerung nuklearer Abfälle als ungelöstes Problem

Eine Einführung in diesen Band
Armin Grunwald, Peter Hocke

1     Die ungelöste Endlagerfrage

Die Endlagerung radioaktiver Abfälle gehört zu den „großen“ Themen in der gesellschaftlichen Technikdiskussion. Wie seit Jahrzehnten die Nutzung der Kernenergie zur Energieversorgung oder in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Freilandexperimente mit gentechnisch veränderten Pflanzen ist der Verbleib radioaktiver Abfälle ein Reizthema für viele Menschen. Radioaktive Abfälle sind massenmedial präsent - noch immer erfährt jeder Castor-Transport eine große Aufmerksamkeit und benötigt einen gewaltigen Polizeieinsatz. Sind gesellschaftliche Technikkonflikte in der Regel episodisch in dem Sinne, dass sie Phasen zeigen, sich verändern und auch nicht beliebig langlebig sind, so scheint der Verbleib radioaktiver Abfälle einen „nachhaltigen“ Streitfall darzustellen.

Die Anforderungen an ein Endlager radioaktiver Abfälle sind jedenfalls in jeder Hinsicht beträchtlich: Die Wärmeentwicklung während der Abklingzeit darf nicht zu unkontrollierbaren Effekten führen, der Austritt radioaktiver Substanzen in die Umgebung eines Endlagers (z. B. in grundwasserführende Schichten) muss verhindert werden, das Endlager muss vor terroristischen oder kriegerischen Übergriffen sicher sein, dramatische geologische Veränderungen wie Erdbeben oder Vulkanausbrüche in der Nähe eines Endlagers müssen ausgeschlossen werden können: Und dies sind nur einige der Anforderungen, die auf das ungewöhnlich hohe Sicherheitsniveau verweisen, das wegen der langen Zerfallszeiten einiger Materialien für Jahrtausende gesichert werden muss. Der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) des Bundesumweltministeriums hat sogar das Kriterium der geologischen Sicherheit für eine Million Jahre aufgestellt (AkEnd 2002, S. 96 f.; s. auch Kromp/Lahodynsky in diesem Band). Eine so weit in die Zukunft reichende Verpflichtung gibt es in keinem anderen Technikfeld.

Obwohl bereits große Mengen an hochradioaktiven Nuklearabfällen existieren - vor allem abgebrannte Brennstäbe aus Kernreaktoren und Materialien aus dem militärischen Bereich -, wurde weltweit trotz vieler Anläufe noch kein Endlager für hochradioaktive Abfälle in Betrieb genommen. Nur in Finnland wurde der Bau eines Endlagers inzwischen offensiv in Angriff genommen. In anderen europäischen Staaten mit einer etablierten Nuklearwirtschaft, in den USA und auch in Japan steht die Errichtung eines Endlagers für hochradioaktive Nuklearabfälle weiterhin aus. In den meisten Fällen gibt es auch weder einen verabschiedeten Fahrplan zur Errichtung eines Endlagers noch einen gesellschaftlichen Konsens über den langfristigen Verbleib der hochradioaktiven Abfälle. Damit ist diese Frage also keineswegs eine deutsche Besonderheit.

In Deutschland ist der Prozess der Endlagersuche seit längerer Zeit blockiert. Insbesondere am Standort Gorleben (vorgesehen für hochradioaktive Nuklearabfälle), aber auch am Standort „Schacht Konrad“ bei Salzgitter (vorgesehen für schwach- und mittelaktive Nuklearabfälle) kam es anhaltend zu politischem Widerspruch und Protesten. Die rotgrüne Bundesregierung entschied sich zwar im Jahre 1998 für einen Neuanfang bei der Endlagersuche (Rösel 2003; Comitee 2001, S. 56 f.). Der Entscheidungsprozess selbst wurde dadurch jedoch bislang nicht vorangebracht. Einigkeit zwischen beteiligten Akteuren und den interessierten Teilen der deutschen Öffentlichkeit besteht immerhin darüber, die Endlagerung für nukleare Abfälle aller Art (1) im nationalen Bereich durchzuführen und (2) in tiefen geologischen Formationen anzustreben. Alternativen wie ein Export der radioaktiven Abfälle oder ihre Sicherung in einem oberirdischen Endlager werden nicht ernsthaft diskutiert.

Bislang verfügt Deutschland über ein genehmigtes Endlager für schwach- und mittelaktive Nuklearabfälle, das Bergwerk „Schacht Konrad“ in Niedersachsen. Im ebenfalls niedersächsischen Standort Gorleben, der durch heftige innenpolitische Konflikte seit Ende der 1970er Jahre immer wieder für Aufsehen sorgt, befinden sich ein Erkundungsbergwerk für ein potenzielles Endlager sowie verschiedene Entsorgungsanlagen (z. B. ein in Betrieb befindliches Zwischenlager). Bereits im Juli 1983 hatte die Bundesregierung mit unterirdischen Untersuchungen am Standort Gorleben begonnen. Ansätze für eine breitere Informationspolitik oder substanzielle Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung waren in den knapp zwei Jahrzehnten bundesdeutscher Endlagersuche in Niedersachsen nicht auszumachen. Die Arbeiten im Erkundungsbergwerk Gorleben ruhen aufgrund eines befristeten Moratoriums, das von der rotgrünen Bundesregierung im Kontext der Verhandlungen über den Ausstieg aus der Kernenergienutzung im Jahr 2000 verhängt wurde.

Der bereits erwähnte, von der rotgrünen Bundesregierung versuchte Neuanfang in der Endlagerfrage seit 1998 führte zu einem Experten-Gutachten, das für eine systematische, auf transparenten Kriterien gründende und vergleichende Endlagersuche an mehreren Standorten unter Anwendung deliberativer Verfahren plädierte (AkEnd 2002). Wenn sich auch diese Arbeit des AkEnd bislang nicht konkret auf den politischen Entscheidungsprozess ausgewirkt hat, so ist dadurch doch in bestimmter Hinsicht etwas Entscheidendes in Bewegung geraten. Der klassische „Top-down“-Prozess der politischen Entscheidungsfindung, nach dem u. a. die Entscheidung für Gorleben als Endlagerstandort zustande gekommen war, wurde - jedenfalls für das Endlagerproblem - in Frage gestellt. Diesem Entscheidungsmodus wurde, so lässt sich der Auftrag des AkEnd deuten, eine Mitverantwortung an der Entscheidungsblockade gegeben. Durch die Arbeit des AkEnd wurde die Aufmerksamkeit weg von den inhaltlichen Kontroversen und den Standortfragen hin zu den Verfahren der Bestimmung eines Endlagerstandortes verlagert. Die Hoffnung bestand darin, durch andere, beteiligungsorientierte und ergebnisoffene Verfahren die Entscheidungsblockade aufbrechen zu können.

Dialogisch orientierte Entscheidungsformen werden zwar vielfach als Hoffnungsträger eingestuft - gerade in Standortfragen (z. B. Renn/Webler 1998 für das „normale“ Abfallproblem). Sie werden jedoch in der Regel weder von den zentralen Stakeholdern (wie der Energiewirtschaft) noch von Regierungsbehörden und -organisationen substanziell in den Entscheidungsprozess integriert, sondern laufen häufig beziehungslos neben den klassischen Verfahren her. Dieses für die Endlagerfrage zu ändern, bedürfte einer gesetzgeberischen Kraftanstrengung und politischen Mutes. Schließlich ginge es um nicht mehr und nicht weniger, als dass Verfassungsorgane bestimmte Teile ihrer eigenen Gestaltungsmöglichkeiten und Entscheidungskompetenzen in der Endlagerfrage einem Beteiligungsverfahren übertragen würden.

Die um ein Jahr vorgezogenen Bundestagswahlen im Herbst 2005 lassen es als unwahrscheinlich erscheinen, dass in absehbarer Zeit auf diesem Wege Fortschritte zur Neuregelung der nuklearen Entsorgung verwirklicht werden. Vielmehr ist zu erwarten, dass neue Konflikte zwischen der „neuen“ Bundesregierung, Bundesländern, Umweltverbänden, Wirtschaftsvertretern und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren ausbrechen werden, die einen bürgerschaftlichen Konsens bei der Endlagersuche in Deutschland weiterhin als unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Vor diesem Hintergrund erscheinen folgende Diagnosen und Entwicklungen als zentrale Ausgangspunkte für das vorliegende Buch:

Vor diesem Hintergrund zielt das vorliegende Buch letztlich auf Verfahrensfragen im Zusammenhang mit der Endlagersuche. Das Ziel ist es, unter Berücksichtigung des naturwissenschaftlich-technischen Wissensstandes den Möglichkeiten neuer deliberativer Verfahrenstypen nachzuspüren.

Diese Zielsetzung führt direkt auf die Frage nach dem Bedarf an und der Rolle von sozialwissenschaftlicher Endlagerforschung. Politik- und sozialwissenschaftliche Forschung sind hier zumindest in zwei Funktionen beteiligt: in der Analyse der gegenwärtigen Entscheidungsblockade und ihrer Ursachen einerseits, und in der Erarbeitung, Erprobung und Durchführung neuer deliberati- ver Verfahren andererseits. Der Blick in die Forschungslandschaft der letzten 15 Jahre zeigt hier jedoch erhebliche Defizite, insbesondere in Deutschland (dazu Kap. 4). Aus dieser Diagnose ergibt sich ein weiteres zentrales Ziel des vorliegenden Buches, nämlich Forschungsbedarf und Forschungsperspektiven für eine sozialwissenschaftliche Endlagerforschung aufzuzeigen, die eigenständige und komplementäre Beiträge zu einer Lösung des Endlagerproblems in Kooperation mit Natur- und Technikwissenschaften bereitstellen kann.

2     Das Endlagerproblem als Standortfrage

Kontrovers und umstritten in der Frage der Endlagerung radioaktiver Abfälle sind teils ganz verschiedene Aspekte. Folgende Fragen lassen sich durchaus unterschiedlich beantworten:

Diese Fragen sind in der deutschen Diskussion in sehr unterschiedlicher Weise kontrovers und auch unterschiedlich präsent. Weitgehender Konsens besteht darin,

Das bevorzugte Wirtsmaterial in der deutschen Diskussion ist Salz, wenngleich in dieser Frage der Konsens nicht weit zu reichen scheint, da es eine der Aufgaben des AkEnd war, die Vorteile des Salzes denen anderer Wirtsgesteine wie z. B. Granit oder Ton gegenüberzustellen (AkEnd 2002, S. 5 und S. 114-119). Zentraler Punkt in der deutschen Endlagerkontroverse ist - und dies gilt für viele andere Länder auch - die Standortfrage. Diese stellt, und das ist unser Ausgangspunkt, auch den Kern der ungelösten Probleme im Zusammengang mit der radioaktiven Endlagerung dar.

Standortprobleme im Zusammenhang mit technischen Anlagen führen seit Jahrzehnten regelmäßig zu teils erheblichen Konflikten - zunächst mit der betroffenen Bevölkerung, die dann aber häufig durch überregionale Aktivisten und Organisationen unterstützt wurde. Zu den prominenten Beispielen gehören

In diesen Standortkonflikten können zwei Typen grob unterschieden werden. Im einen Fall handelt es sich primär um Opposition gegen eine komplette Techniklinie. Die Opposition gegen bestimmte Standorte ist dann nur eine Folge der generellen Ablehnung und hat nichts oder wenig mit dem einzelnen Standort zu tun. Hierzu gehören vor allem die Konflikte um den Bau von Kernkraftwerken. Es ging dabei weniger um die Verhinderung eines Kraftwerks an einem bestimmten Standort, sondern um die generelle Verhinderung, für die der einzelne Standort nur ein Exempel war.

Im anderen Fall hingegen liegt eine Fundamentalopposition gegen eine Techniklinie nicht vor. Die Betroffenen sind nicht gegen die in Frage stehende technische Anlage „an sich“, sondern sind dagegen, dass diese an einem spezifischen Standort errichtet werden soll. Hier ist also nicht die Technik, sondern letztlich die Standortwahl Anlass für Protest, Demonstration und politischem Widerspruch. Solche primär mit Standortfragen zusammenhängenden Konflikte werden in der Literatur unter dem Akronym „NIMBY“ (Not In My Backyard) behandelt; im deutschen Kulturraum wird auch vom „St.-Florians-Prinzip“ gesprochen (Renn et al. 1998).

Bei der Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle wird gegenwärtig weithin die Notwendigkeit gesehen, für ein Endlager zu sorgen. Die Tatsache, dass dieser Abfall vorhanden ist und dass noch weiterer hinzukommen wird, auch wenn es bei dem Atomenergieausstiegsbeschluss bleiben sollte, verlangt, so die verbreitete Meinung auch kernenergiekritischer Kreise, nach einer vernünftigen Endlagerung unter Aspekten der Zukunftsverantwortung und der Sicherheit. Dieser Konsens setzt sich allerdings nicht in der Frage eines Standortes fort. Bereits in der frühen Geschichte der deutschen Befassung mit möglichen Endlagern kam es sofort zu Protesten, sobald in der ansässigen Bevölkerung ein entsprechender Verdacht aufkam (Tiggemann in diesem Band). Diese Protestgeschichte gegen mögliche Endlager fand ihren Höhepunkt in den massiven Demonstrationen in den 1980er und 1990er Jahren zuerst gegen das Endlagerzentrum Gorleben und dann gegen das Endlagerprojekt Gorleben. Zurzeit, seit dem Gorleben-Moratorium und dem Versuch eines Neuanfangs in der Endlagerfrage sind diese Proteste schwächer geworden bzw. haben sich auf Transporte radioaktiven Abfalls verlagert. Nach den Erfahrungen erscheint es als ausgesprochen schwierig, wenn nicht sogar als unwahrscheinlich, dass es gelingen könnte, eine Standortentscheidung ohne derartige Konflikte zu erreichen. Auf jeden Fall wäre dies eine ganz erhebliche Herausforderung an die Gestaltung des entsprechenden Entscheidungsprozesses.

Die vorgebrachten Gründe für die massive Ablehnung eines Endlagers für hoch radioaktive Abfälle in der Nähe des eigenen Wohnortes sind vielfältig. Hierzu gehören

Diese Sorgen, Ängste und Bedenken werden häufig auch von denjenigen Personen und Gruppen geteilt, die eine Endlagerung für notwendig halten und die vielleicht sogar die entsprechende „Endlager-Philosophie“ teilen. Damit handelt es sich bei dem Endlager-Konflikt primär um ein Standortproblem. Den Kriterien, die mögliche Standorte erfüllen müssten, und den Verfahren der Auswahl und Entscheidung kommt daher die zentrale Bedeutung zu.

3     Legitimation und Akzeptanz von Standortentscheidungen

Vor dem Hintergrund dieser Diagnose soll zunächst die Struktur des zugrunde liegenden Problems genauer analysiert werden. Schließlich werden viele Standortentscheidungen auch dann akzeptiert, wenn sie unter den Betroffenen nicht durchgehend befürwortet werden. Viele Infrastrukturmaßnahmen etwa, wie Straßenbauten oder Eisenbahntrassen (z. B. Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn), werden nach den üblichen Planfeststellungsverfahren abgearbeitet und häufig nach den anerkannten Verfahren geplant, entschieden und gebaut, auch wenn es Betroffene gibt, die tendenziell zu den Verlierern solcher Maßnahmen gehören.

Standortentscheidungen haben mit der Verteilung von Gewinnern und Verlierern zu tun. Da Entscheidungen für einen bestimmten Standort immer auch Entscheidungen gegen andere Optionen sind, stehen je nachdem, wie die Entscheidung ausfällt, verschiedene Personen und Gruppen auf der Seite der Verlierer oder Gewinner (vgl. Renn/Webler 1998; Grunwald 2000). An dieser Stelle stellt sich die Frage der Legitimation solcher Entscheidungen mit dem Fokus auf der Frage „Warum sollen gerade wir und nicht die anderen diese Standortentscheidung akzeptieren?“. Wenn also Standortentscheidungen mit darüber entscheiden, (a) dass es Gewinner und Verlierer gibt und (b) die Frage beeinflussen, wer zu den Gewinnern und wer zu den Verlierern zählen wird, stellt sich die Frage der Legitimation in ihrer schärfsten Form: Wie macht man den mutmaßlichen Verlierern klar, dass gerade sie „verlieren“ sollen? Warum sollen diese vermeintlichen Verlierer dies akzeptieren? Das zentrale Dilemma der Endlagerfrage besteht darin, dass es zwar schon einmal eine Standortentscheidung gab (wenigstens im Hinblick auf die Erkundung von Gorleben), dass diese Standortentscheidung auch demokratisch auf legitime Weise zustande gekommen ist, dass sie aber dennoch von den Betroffenen, d. h. vor allem von der lokal ansässigen Bevölkerung nicht akzeptiert worden ist.

Dies ist ein demokratietheoretisch schwerwiegender Tatbestand. Das demokratische System ist darauf angewiesen, dass demokratisch legitimierte Entscheidungen auch dann akzeptiert werden, wenn sie mit den Interessen vieler Betroffener nicht unbedingt konform gehen. Quelle demokratischer Legitimation ist das korrekte und transparente Durchlaufen von als legitimationserzeugend anerkannten Verfahren (Legitimation durch Verfahren, Luhmann 1983). Die Legitimation von Standortentscheidungen hängt danach folgendermaßen mit ihrer Akzeptanz zusammen: Legitime Entscheidungsresultate beanspruchen akzeptiert zu werden; ihre Akzeptanz darf mit einiger Berechtigung normativ erwartet werden. Insbesondere heißt dies, dass legitime Entscheidungen auch dann respektiert und akzeptiert werden (sollen), wenn sie den subjektiven Präferenzen und Interessen zuwiderlaufen - genau dies ist die Leistung solcher Verfahren (Luhmann 1983). Als Beispiel: Die legitim zustande gekommene Entscheidung über eine Steuererhöhung wird normalerweise (vielleicht zwar zähneknirschend) akzeptiert, auch wenn sie das persönliche Nettoeinkommen verringert und damit den unmittelbaren eigenen Interessen nicht entspricht. Dieses Prinzip der Legitimationserzeugung und der daraus abgeleiteten Erwartung, dass eine legitim zustande gekommene Entscheidung berechtigterweise auf Akzeptanz zählen kann, gehört zu den Basiselementen der demokratischen Form von Herrschaft.

Nun ist bei der Frage der Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle (wie auch der Kernenergie allgemein) genau dieses Prinzip außer Kraft geraten. Versuche des Staatsapparates, mit den üblichen Mitteln (Rechtssystem und Polizei) auf die Verweigerung der Akzeptanz zu reagieren, gerade wenn die vorausgegangenen Entscheidungen auf demokratisch legitime Weise zustande gekommen sind, sind an der Massivität und Persistenz des Widerstandes an ihre Grenzen gestoßen. Öffentliche Akzeptanz und demokratische Legitimation fallen in der Endlagerfrage auseinander. Zum Verhältnis von Legitimation und Akzeptanz von Standortentscheidungen stellen sich in dieser Situation folgende Fragen:

Über Akzeptanz oder Nichtakzeptanz von Standorten wird subjektiv und individuell entschieden. Angesichts ihrer moralischen Autonomie sind die Bürger frei in ihrer Bewertung von Standortentscheidungen. Eine ganz andere Frage ist jedoch, ob und unter welchen Bedingungen diese Akzeptanz bei den Betroffenen erwartet werden darf. In einer modernen Gesellschaft, die sich durch Heterogenität und Pluralität auszeichnet, ist eine vollständige Akzeptanz im oben genannten Sinne wegen der Gewinner/Verlierer-Konstellationen kaum zu erreichen - trotzdem müssen in vielen Entscheidungssituationen mit gesellschaftlicher Tragweite für alle verbindliche Entscheidungen getroffen werden (zur Genese kollektiv verbindlicher Entscheidungen siehe Hocke in diesem Band). Unausweichlich stellt sich dann die Frage nach den Toleranzgrenzen derjenigen, die die Akzeptanz verweigern (z. B. potenzielle Verlierer): „Man kann Legitimität auffassen als generalisierte Bereitschaft, inhaltlich noch unbestimmte Entscheidungen innerhalb gewisser Toleranzgrenzen hinzunehmen“ (Luhmann 1983, S. 28). Offensichtlich liegen die meisten Entscheidungen in einem demokratischen System innerhalb solcher Toleranzgrenzen (z. B. auch Entscheidungen über flächendeckende Steuererhöhungen, die fast nur Verlierer mit sich bringen). Die Endlagerfrage gehört jedoch offensichtlich zu den wenigen Fällen, wo genau dies nicht der Fall ist.

Demokratietheoretisch darf die Differenz zwischen einer Beurteilung ex ante im Hinblick auf Legitimation (zu einer Zeit, zu der die Akzeptanz oft überhaupt noch nicht eingeschätzt werden kann) und einer empirisch feststellbaren Erhebung der Akzeptanz ex post nicht eingeebnet werden. Genauso wie Rationalität und Erfolg einer Handlung kategorial verschieden sind, weil über die Rationalität vor der Ausführung der Handlung reflektiert wird, während sich Erfolg oder Misserfolg aber erst danach einstellen, sind Legitimation ex ante und Akzeptanz ex post kategorial verschiedene Kriterien, um Standortentscheidungen zu beurteilen. Daher kann man von einer mangelnden Akzeptanz nicht direkt auf eine fehlende Legitimation schließen. Der Kern von Demokratie als Gesellschaftssystem besteht nicht darin, dass jede demokratisch legitime Entscheidung auf vollständige Akzeptanz in dem Sinne stoßen muss, dass sie verträglich mit den Präferenzen und Interessen aller Betroffenen sein soll. Entscheidend ist vielmehr (Luhmann 1983, S. 29), dass Resultate legitimierter Entscheidungsprozesse auch dann akzeptiert werden „sollen“, wenn sie unter den individuellen Präferenzen unwillkommen sind. Innerhalb der „Toleranzgrenzen“ ist dies der demokratische Weg, mit Gewinner/Verlierer-Situationen auf legitime Weise umzugehen.

Aber auch der umgekehrte Schluss von Legitimation (ex ante) auf erwartete Akzeptanz (ex post) - der prozedural-demokratietheoretische Ansatz - ist nicht unproblematisch. Er gerät in erhebliche Probleme, sobald prozedural legitimierte Entscheidungen auf massive Nicht-Akzeptanz stoßen, wie dies gerade in der Endlagerfrage der Fall ist. Auch kann Akzeptanz offensichtlich, wie in dieser Frage erlebt, nicht durch die Staatsgewalt erzwungen werden (vgl. Popp in diesem Band). Also folgt aus der Legitimation nicht die Akzeptanz - Legitimation und Akzeptanz können damit auf einer anderen Ebene doch nicht komplett voneinander getrennt werden. Legitimation kann weder auf faktische Akzeptanz gegründet werden noch die faktische Akzeptanz bzw. ihre Abwesenheit normativ komplett ignorieren. Legitimation und Akzeptanz sind weder gleichzusetzen (wie dies die plebiszitär-basisdemokratische Variante unterstellt) noch sind sie unabhängig voneinander (wie dies ein rein prozedural-demokratietheoretisches Modell sieht).

Ein Ausweg aus dieser Situation besteht im Anschluss an die Diskussion zur Legitimation durch Verfahren (Luhmann 1983, Grunwald 2000, Kap. 3.2) darin, die Ebene, auf der faktische Akzeptanz entscheidend ist, zu verschieben: Individuen entscheiden über ihre Akzeptanzvorstellungen auf der Basis ihrer persönlichen Präferenzen. Legitimation wird erzeugt in Verfahren, die - und das ist entscheidend - als legitimationserzeugend akzeptiert sein müssen. Das Akzeptieren der Entscheidungsverfahren bleibt präskriptiv nicht ohne Folge: es verpflichtet zum Akzeptieren der Entscheidungsresultate - jedenfalls in den Grenzen eines wie auch immer gearteten „Normalbetriebes“ und entsprechender „Toleranzgrenzen“ (s. o.). Die Akzeptanz der Verfahren, in denen legitime Entscheidungen produziert werden, führt zur erwartbaren Akzeptanz (Akzeptabilität) der in diesen Verfahren zustande gekommenen Resultate (Luhmann 1983, S. 31).

Was jedoch, wenn die Toleranzgrenzen überschritten werden, wenn die normativ erwartete Akzeptanz legitimer Standortentscheidungen in großem Umfang verweigert wird? Eine solche Situation kann z. B. eintreten, wenn legitim zustande gekommene Entscheidungen auf eine weit reichende Ablehnung in der Gesellschaft stoßen und wenn die gesellschaftlichen Kontroversen dadurch eher eskalieren als bewältigt werden. Die endlosen und bislang fruchtlosen Diskussionen um eine Endlagerung radioaktiver Abfälle in vielen Ländern sind ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass auch prozedural legitimierte Beschlüsse so massiv auf Ablehnung stoßen können, dass ihre Umsetzung verhindert wird. Die Entscheidungsverfahren selbst stehen dann zur Modifikation an, wenn sich die mit ihnen verbundenen Erwartungen der faktischen Akzeptanz der dadurch generierten Resultate in gravierender Weise nicht erfüllen - genau an dieser Stelle liegt der Zusammenhang von Legitimation und Akzeptanz.

Dieser Punkt markiert eine schwer wiegende Herausforderung an die Demokratie: ein demokratisches System muss nicht nur in der Lage sein, demokratisch legitime Resultate unter akzeptierten Verfahrensregeln zu produzieren, sondern es muss die Größe haben, etablierte Verfahrensregeln zu modifizieren, wenn Legitimation und Akzeptanz in einem intolerablen und die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft gefährdenden Maß auseinander zu fallen beginnen. Dann sind die demokratischen Prozeduren selbst in einem gesellschaftlichen Lernprozess zu ändern. Dieser Lernprozess sollte als Resultat neue oder modifizierte, wiederum akzeptierte Prozeduren als neue Basis legitimierter Entscheidungen hervorbringen.

Dies ist genau die Situation, die in der Endlagerfrage vorzuliegen scheint. Die klassischen demokratischen Entscheidungsverfahren haben in eine Sackgasse und Handlungsblockade geführt. Die Herkulesaufgabe besteht, wenn diese Diagnose zutrifft, genau darin, jetzt an neuen Verfahren der Entscheidungsfindung und Standortauswahl zu arbeiten. Hierzu sollten, wie es z. B. die Traditionen der partizipativen Technikfolgenabschätzung (Joss/Belucci 2002), der diskursiven Konfliktbewältigung (Renn/Webler 1998) oder der deliberativen Demokratie (Habermas 1999) nahe legen, die Sozial- und Politikwissenschaften substanziell etwas beitragen können.

Da der politisch gewollte Neuanlauf der Standortfindung und damit die Entwicklung und die inhaltliche Substanz der AkEnd-Empfehlungen als diskurs- und verhandlungsorientiert und in diesem Sinne als „deliberativ“ einzustufen sind, wird an dieser Stelle skizziert, auf welche Referenzpunkte sich die Rede von „deliberativen Verfahren“ im Kontext der demokratietheoretischen Debatte bezieht und wieso sie als Chancen zur Lösung von gesellschaftlichen Konflikten angesehen werden.

Bei deliberativen Verfahren handelt es sich um umfassende Prozesse und abgestufte Verfahren „öffentlicher Beratung“. Sie sind dialogisch angelegt und sollen - so das normative Element der Fachdiskussion - das Fällen kollek- tiv verbindlicher Entscheidung vorbereiten. [1] Da Interessenkonflikte zwischen Stakeholdern und der interessierten Öffentlichkeit auch bei Fachfragen wie der hier verhandelten als unausweichlich angesehen werden, wird der Konsens nicht durch ethische Selbstverständigung (wie im Republikanismus), sondern durch eine Reihe ineinander greifender Elemente erzielt. Dazu gehören der argumentativ gestützte Interessenausgleich und das Eingehen von Kompromissen ebenso wie die zweckrationale Wahl der Mittel, moralische Begründungen und rechtliche Kohärenzprüfungen (Habermas 1999, S. 284). Während dazu in Konkurrenz stehende theoretische Konzeptionen (wie die Systemtheorie und Rational-Choice-Theorien) im Regelfall argumentativ und/oder empirisch erheblichen Aufwand treiben, um die Effektlosigkeit politischer Partizipation zu belegen (Buchstein/Jörke 2003, S. 484), stellen andere Strömungen in den Sozialwissenschaften die Chancen und Bedingungen des erfolgreichen Einsatzes deliberativer Beratungen und davon getragener Entscheidungsfindung in den Vordergrund. Gemeinsam ist diesen deliberativen Verfahrensvorschlägen und ihren Begründungen, dass sie zivilgesellschaftliche Assoziationen und interessierte Öffentlichkeit ebenso berücksichtigen wie die klassischen Akteure aus Politik und Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund diskutiert Feindt (2001) z. B. die verschiedenen Institutionalisierungen deliberativer und dialogischer Politik. [2] Buchstein/Jörke (2003) verdeutlichen, dass Demokratie ein „Handlungsbegriff“ sei und gerade angesichts der erheblichen Probleme spätmoderner Gesellschaften mit Leben gefüllt werden müsse. Unter der Vorgabe, dass für die vorhandenen nuklearen Abfälle eine Lösung dringend geboten ist, erscheint das Herstellen von Konstellationen, in denen kollektiv verbindliche Entscheidungen unter Bedingungen von Toleranz, Respekt und Dialog über deliberative Verfahren erstellt werden, ein Erfolg versprechender Ansatz. Als „Erfolg“ wäre aus unserer Sicht bereits zu werten, wenn die aktuelle Entscheidungsblockade überwunden werden könnte. Systematische Studien zum weitergehenden Erfolg eines Standortauswahlverfahrens durch Einsatz deliberativer Elemente stehen jedoch nicht nur für den deutschen Fall aus (s. Nachwort in diesem Band).

4     Sozialwissenschaftliche Endlagerforschung - Stand und Defizite

Die aktuelleren Veröffentlichungen, die sich mit dem Konflikt um die zivile Nutzung der Kernenergie oder die Endlagerung nuklearer Abfälle in Deutschland beschäftigen, sind unter sozialwissenschaftlichen Qualitätskriterien wenig zufrieden stellend (s. auch Flüeler in diesem Band). Ein erheblicher Teil der aktuelleren Veröffentlichungen erscheint nur noch als Graue Literatur und behandelt den deutschen Fall nur unter einer eingeschränkten Fragestellung (z. B. Boetsch 2003; Bündnis 90/Die Grünen 2003; Niedersächsisches Umweltministerium 2003; COWAM 2003). Seit Mitte der 1980er Jahre finden sich nur noch wenige Veröffentlichungen speziell zum Kernenergiekonflikt in Deutschland (Rüdig 2000; Rucht 1994, insbes. dort S. 443-455). Internationale Studien fassen die verschiedenen einschlägigen Entwicklungen lediglich zusammen und sind für eine vertiefte Diskussion der deutschen Problemlage wenig hilfreich (Commitee 2001). In den späten 1990er Jahren erschienen einige Arbeiten, die überwiegend als Debatten-Beiträge einzustufen sind, aber keine synthetisierende Diskussion führen (Grawe/Picaper 2000; Busch/Paretzke 1999; IPPNW 1995).

Die zeitgeschichtliche Forschung begann inzwischen, sich für die Frühgeschichte des Konflikts um die Nutzung der Kernenergie und die Auseinandersetzungen zu interessieren, die sie begleiteten. Erste Studien entstanden, die sich mit historischen Verfahren der Endlagerung und ökologischem (und damit z. T. auch antinuklearem) Protest annäherten (Tiggemann 2004; Engels 2005). [3] Näher an entscheidungstheoretischen Fragestellungen - allerdings bezogen auf den „Fall“ Schweiz - ausgerichtet sind zwei interessante Studien, die in ihrer Spezifik nur unter einzelnen Gesichtspunkten auf die deutsche Situation übertragbar sind (Flüeler 2002; Oberholzer-Gee 1998). Die internationale Diskussion über die Endlagerfrage dagegen erweist sich als ausgesprochen dynamisch und greift eine Reihe von Gesichtspunkten auf, die auch für den deutschen Fall spannend wären, bisher jedoch auf wenig wissenschaftliches Interesse stießen (Anderson 2003; Espejo 2003; Sundquvist 2002; Weingart 2001; Drasdo 2000; Vari et al. 1994; Shrader-Frechette et al. 1993; NEA 2004). Einen Tagungsband, der sich aus der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Sicht sowie unter Berücksichtigung der Einschätzung von Regierungsorganisationen mit der Endlagerung beschäftigt, legte Lux vor (Lux 2003).

Auch wenn die nationalen Strukturen zunehmend durch Formen internationaler und multinationaler Politik ergänzt und punktuell überlagert werden, bildet die nukleare Entsorgung nach wie vor einen Entscheidungsraum, der durch nationale Fachpolitiken sowie nationale Kontext- und Konfliktstrukturen geprägt wird. So wurde in keiner der genannten internationalen Studien die deutsche Endlager-Politik einer systematischen Policy-Analyse unterzogen. Eine sozialwissenschaftliche Forschung im engeren Sinn zum Thema Endlagerung findet also nicht statt (s. auch Mez in diesem Band). Auch wenn im politischen Prozess Diskussionsveranstaltungen dokumentiert werden und Akteure der Politikberatung solide fachliche Zuarbeit liefern, [4] bleiben grundlegende Strukturen und Zusammenhänge der Kontroverse durch eine bestenfalls punktuelle, häufig auch nur instrumentelle Nutzung der spärlichen wissenschaftlich-professionellen Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Forschung eine Leistung, die die Expertenkommunikation zur Endlagerung nur eingeschränkt auf solideren Boden stellen kann.

Um zu interpretieren, welchem Umstand diese Verengung der systematisch- wissenschaftlichen Diskussion geschuldet ist, lassen sich nur begründete Vermutungen anstellen. Hinweise in der einschlägigen Forschungsliteratur sind nicht zu finden. Wir gehen davon aus, dass knappe Ressourcen und deutliche Umstrukturierungen in den einschlägigen, vor allem deutschen Sozialwissenschaften, dieses Defizit verursacht haben. Am Beispiel der Politikwissenschaften, zu deren Kernbereich die Analyse des Herstellens kollektiv verbindlicher Entscheidungen zählt, ist anzuführen, dass die inhaltliche Ausrichtung der neu zu besetzenden Lehrstühle in diesem Zeitraum von Bedeutung war. Aus unserer Wahrnehmung fand bei der Neubesetzung von Lehrstühlen insofern ein „Roll-Back“ statt, als nicht nur ihre Zahl deutlich verringert wurde. Es kam auch zu einer thematischen Engführung, die als Spezialisierung auf wenige Forschungsbereiche zu interpretieren ist und die Analyse politisierter Konflikte wie den um die Endlagerung in den Hintergrund treten ließ. Zu den Themen, die bei der Neustrukturierung und -besetzung von Lehrstühlen im Vordergrund standen, gehörten insbesondere die Politische Philosophie, die Internationale Politik und der internationale Vergleich sowie die empirische (Wahl-)Forschung. Komplexere Themen (wie politische Interessenvermittlung unter Einbeziehung medialer Kommunikation und zivilgesellschaftlichem Protest) fanden so gut wie keine Beachtung.

In der Soziologie als einer weiteren, für die Sozialwissenschaften konstitutiven Disziplin fand in der letzten Dekade ein Rejustieren statt, bei dem sich wichtige Teile der Soziologie als Kulturwissenschaften definierten. [5] Gleichzeitig wurde das Element der „Individualisierung“ von einem erheblichen Teil der Autoren in einer Weise gewendet, dass die Kategorie der „Gesellschaft“ (als Ort der Manifestation von Kollektivität) sich weitgehend auflöste. Dies geschah zugunsten eines Begriffs vom „Sozialen“, in dem Mikro-Phänomene (wie Familien oder Betriebe) als zentral und mit Rational-Choice-Konzepten (inkl. daran anschlussfähiger Methoden) und verstehender Soziologie besonders erforschenswert erschienen (Hartmann 2005, insbes. S. 34 f.). Diese Neuausrichtung - so das plausible Folgeargument - schließt ein Abwenden von Makro-Phänomenen wie politischen Konflikten (z. B. in der Frage der Kernenergie-Nutzung und der Entsorgung nuklearer Abfälle) ein und bildet damit eine plausible Hypothese zur Erklärung der beobachteten Lücke bei der sozialwissenschaftlichen Endlagerforschung, die uns hier interessiert.

5     Zum Inhalt des Buches

Die Aufsätze dieses Sammelbandes spiegeln zentrale Ergebnisse des Workshops „Zur Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland. Perspektiven für eine sozialwissenschaftliche Begleitforschung“ wider, den das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) im Forschungszentrum Karlsruhe im Oktober 2004 in Karlsruhe durchführte. Leider konnten zwei Autoren, die im Themenblock „Stand der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Endlagerforschung“ vorgetragen hatten, aus verschiedenen Gründen nicht als Autoren für den Sammelband gewonnen werden. Thomas Fanghänel (Institut für Nukleare Entsorgung im Forschungszentrum Karlsruhe/Universität Heidelberg) hatte in seinem Beitrag die Frage gestellt, ob es eines „Paradigmenwechsel in der Endlagersicherheitsforschung?“ bedürfe. Rolf Nüesch (Institut für Technische Chemie im Forschungszentrum Karlsruhe/Universität Karlsruhe) referierte über die „unterirdische Lagerung nuklearer Abfälle in Ton und Tongestein“. Folgende ausgearbeitete Vorträge befinden sich in diesem Band.

Lutz Mez, der ebenso wie Manfred Popp den Workshop mit einem Impulsreferat eröffnet hatte, ordnet die Blockade der Entscheidungsfindung bei der atomaren Endlagerung in Deutschland in den Kontext der Entwicklung der Kernenergie weltweit und den deutschen Ausstiegsbeschluss aus dem Jahr 2000 ein. Theoretisch-konzeptionell geht er von der These des Staatsversagens aus, die sich für die Energiepolitik in Deutschland begründen lässt und die Endlagerpolitik einschließt. Den Ausführungen von Jänicke folgend, nach denen Staatsversagen nicht nur auf den verschwenderischen Umgang mit Steuergeldern zu beziehen, sondern auch als politische, ökonomische und funktionale Fehlleistung zu interpretieren ist und das Versagen sozialer Akteurs einschließt, unterbreitet er einen voraussetzungsvollen Vorschlag. Um Umwelt- und Energieprobleme Erfolg versprechend anzugehen und strukturell zu lösen, bedarf es aus Mez' Sicht des Aufbaus themenspezifischer staatlicher, parastaatlicher und zivilgesellschaftlicher Kapazitäten: Diese könnten es erlauben, die unterschiedlichen subjektiven und objektiven Risikowahrnehmungen zur Endlagerung in einen produktiven Entscheidungsprozess einzubinden. Ohne breiten öffentlichen Diskurs, der die dabei auftretenden Fragen und Widersprüche unterschiedlichster Akteursgruppen behandelt, sieht Mez nur geringe Chancen, Zustimmung für ein nukleares Endlager in Deutschland zu gewinnen.

Manfred Popp interpretiert die Geschichte der radioaktiven Endlagerung in Deutschland aus der Perspektive des an vielen Entscheidungen beteiligten Zeitzeugen. Er macht dabei auf Merkwürdigkeiten, Wendungen und Paradoxien im Entscheidungsprozess aufmerksam, die diesen Prozess aus heutiger Sicht als wenigstens zum Teil weniger von sachlichen, sondern von tagespolitischen Beweggründen geleitet erscheinen lassen. Hierzu gehören das konfliktträchtige Verhältnis zwischen der sozialliberalen Regierung im Bund und der CDU-Landesregierung Niedersachsens in den siebziger Jahren, die Lage von Gorleben nahe der innerdeutschen Grenze mit den befürchteten, aber nicht eingetretenen Sensibilitäten für das deutsch-deutsche Verhältnis, das offene Eingeständnis des niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht, das 1978 von der Bundesregierung vorgelegte Entsorgungskonzept sei zwar sicherheitstechnisch machbar und damit auch eigentlich vernünftig, aber politisch nicht durchsetzbar, sowie schließlich die Situation, dass in dem Augenblick vom Endlagerstandort Gorleben abgerückt wurde, als mit der rotgrünen Koalition 1998 aus Niedersachsen stammende Politiker für dieses Feld verantwortlich wurden. Alle bisherigen Ansätze zur Lösung der Standortfrage der Endlagerung radioaktiver Abfälle sind damit von Anfang an zumindest auch in der Komplexität des föderalen Regierungssystems in Deutschland „hängen“ geblieben.

Wolfgang Kromp und Roman Lahodynsky qualifizieren den Vorschlag des AkEnd als „bisher fortschrittlichsten Verfahrensansatz“, der in Deutschland bei der Suche nach einem Endlager vorgestellt wurde. Allerdings bezweifeln sie, dass die Annahmen zur Zuverlässigkeit geologischer Formationen tragfähig sind. Ausgehend von diesen Zweifeln unterbreiten sie einen unkonventionellen Vorschlag zur Optimierung von Sicherheit und Sicherung. Gerade für die Rückstände, die aus hochaktiven Langzeitstrahlern bestehen, solle nicht ein zentrales Endlager, sondern eine größere Zahl dezentraler, mengenbeschränkter und eingeschränkt zugänglicher Lager errichtet werden. Sie plädieren gleichzeitig für die Stärkung der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung zur Endlagerung, mit dem Ziel, Volumina und die Radioaktivität zu reduzieren. Nach diesen drei sehr unterschiedliche Beschreibungen des Problems bei der blockierten Entscheidungssituation im Fall der nuklearen Entsorgung eröffnen die Autoren Tiggemann und Ipsen systematisierende Perspektiven auf die deutsche Endlager-Politik.

Anselm Tiggemann zeichnet aus der Sicht eines Historikers die Anfänge der Endlagerdiskussion in Deutschland nach und verfolgt sie bis zur Entscheidung für den Standort Gorleben 1977. Die niedersächsischen Salzstöcke waren demzufolge bereits seit den 1950er Jahren als mögliche Endlager in der Diskussion. Die Anfang der 1970er Jahre eingeleitete Standortauswahl für ein „nukleares Entsorgungszentrum“, das ein Endlager beinhalten sollte, führte denn auch zu drei niedersächsische Kommunen in der Nähe großer Salzstöcke näher in Betracht - Gorleben war allerdings zunächst nicht darunter. Tiggemanns Analyse zeigt, dass die letztendliche Entscheidung für Gorleben das Ergebnis eines in den 1970er Jahren gängigen politisch-administrativen Entscheidungsmusters war. Dieses war geprägt von strikter Vertraulichkeit innerhalb des Entscheidungssystems (umso mehr als es bereits Proteste der Öffentlichkeit an anderen potenziellen Standorten gegeben hatte) und des völligen Fehlens einer Beteiligung der betroffenen Regionen oder Kommunen. Durch schlechte oder gar nicht vorhandene Informationspolitik und die nicht bestehende Transparenz des Verfahrens wurde bei der Bevölkerung an den möglichen Standorten und den beteiligten Kommunalpolitikern ein hohes Maß an Misstrauen erzeugt. Die historische Analyse verweist damit auf schwerwiegende Fehleinschätzungen durch die damaligen Entscheidungsträger und gravierende Mängel im Verfahren, was in Folge zu der aktuellen Entscheidungsblockade maßgeblich beigetragen hat.

Detlev Ipsen skizziert die besondere Bedeutung, die der „Regionalentwicklung“ im Kontext der Suche nach einem Endlager in Deutschland zukommt. Regionalentwicklung sei ein integraler Teil der Bürgerbeteiligung, den die Suche nach einem Endlager einschließen müsse. Die Erfahrungen in fast allen Staaten, die nukleare Abfälle besitzen, würden zeigen, dass Versuche, einen Standort ohne Bürgerbeteiligung festzulegen, zum Scheitern verurteilt sind. Da in modernen Gesellschaften sich neben den institutionalisierten und formalisierten Strukturen politischer Entscheidungsfindung längst neue informelle und situative Formen der Willensbildung und Interessendurchsetzung auf allen Ebenen etabliert hätten, müsse auch die Suche nach einem Endlager dies berücksichtigen. Dialog, Transparenz, faire Kompetenzverteilung und so zu aktivierende Muster der Kontrolle, der Zukunftsgestaltung und der Übernahme von Verantwortung seien zwar keine Erfolgsgarantie. Als Wege aus der Blockade berücksichtigen sie jedoch nicht nur Erwartungen, die in Umfragedaten deutlich zu erkennen sind, sondern nehmen auch die betroffene Region als Lebenswelt ernst. Im zweiten Teil seines Beitrages fasst Ipsen die Empfehlungen der Expertenkommission „Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte“ (AkEnd) unter diesem Aspekt zusammen. Ipsen war der einzige Sozialwissenschaftler des AkEnd.

Horst Pitterich stellt aus Sicht des „Projektträgers Forschungszentrum Karlsruhe - Wassertechnologie und Entsorgung“, der im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) F&E-Vorhaben zum Förderkonzept „Entsorgung gefährlicher Abfälle in tiefen geologischen Formationen“ betreut, den Stand der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Endlagerforschung dar. Um die staatliche Förderung der Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet zu beschreiben, erläutert er zuerst, welche Institutionen an welchen Orten aktiv waren und welche Zuständigkeiten in diesem F&E-Bereich anzutreffen sind. Anhand des Vorhabens „Schachtverschluss Salzdetfurth II“ (1994 bis 2002) und des Großversuchs „Thermische Simulation Streckenlagerung“ (1985 bis 2003) erläutert Pitterich exemplarisch, welchen Stand die Forschung und Entwicklung im Bereich der Endlagerung erzielt hat. Für die anwendungsbezogene Grundlagenforschung kommt er zu der Einschätzung, dass der Stand der F&E-Arbeiten für die Endlagerung wärmeentwickelnder Abfälle im Salz „weit fortgeschritten“ ist. Sollten neben dem Wirtsgestein Salz auch andere Wirtsgesteine bis zum Erreichen eines vergleichbaren Erkenntnisstandes untersucht werden, so führe dies zu einem Mehraufwand, der von Experten mit „mehreren Jahren“ nicht sehr genau spezifiziert wird. Das Instrumentarium der Sicherheitsanalyse entspreche dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik und sei also als abgesichert anzusehen. In welchen politischen und sozialen Kontextstrukturen die Endlager-Debatte stattfindet, wird in den Beiträgen von Fischer, Hocke, Appel und Stolle aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.

Frank Fischer stellt die nukleare Entsorgung in den Kontext der großen Technikkonflikte in industrialisierten Ländern. In seiner Diagnose stellt er ein grandioses Scheitern der Kommunikation zwischen Politik, Wissenschaft und Gesellschaft sowie zwischen Experten und Laien fest, das diese Konflikte auslöste. Anhand der Entwicklungen in den USA und in Kanada spricht er von Designfehlern, von schlechtem Management, von mangelhafter Informationspolitik sowie von fehlender Offenheit und Transparenz in der öffentlichen Diskussion, die zum Vertrauensverlust in die Kernenergie und zur Blockadesituation in der Endlagerfrage geführt haben. Speziell ein zu großes Vertrauen in klassische Risikoabschätzungen habe den Blick für die kontext- und situationsbezogenen Akzeptanzprobleme getrübt, die z. B. das Vorhaben in den Yucca Mountains aufwies. Auch sei dabei verkannt worden, dass in der Öffentlichkeit teils ganz andere Abwägungskriterien dominierten, z. B. die Frage nach Gerechtigkeit: Warum soll eine Region ein Endlager aufnehmen, die selbst keine oder kaum radioaktive Abfälle produziert? Fischers Diagnose führt zu seinem Vorschlag, die Standortsuche für ein Endlager mit deliberativen Verfahren durchzuführen, in denen nicht nur die Risikofragen, sondern auch die Problemformulierung, die Bestimmung der Ziele der Endlagerung und die Festsetzung der Auswahlkriterien für Standorte der offenen Diskussion zugänglich sein sollten. Vertrauen in Entscheidungsprozesse und die Akzeptanz ihrer Ergebnisse seien in Technikkonflikten dieser Schärfe nur durch beteiligungsorientierte Verfahren zu ermöglichen.

Peter Hocke analysiert in seinem theoretischen Beitrag zentrale Kontextstrukturen, die die Auseinandersetzung um die Entsorgung nuklearer Abfälle bestimmen. Der Beitrag stammt ebenso wie der von Stolle aus dem abgeschlossenen ITAS-Projekt zu „Expertenkommunikation im Konfliktfeld der nuklearen Entsorgung“. [6] In öffentlichkeitssoziologischer Perspektive wird dargestellt, in welche Kontexte und Entscheidungsprozesse Expertenhandeln (wie das des AkEnd) bei der Auseinandersetzung um die Entsorgung eingreift. Angesichts der blockierten Entscheidungslage, die ihre Ursachen nicht nur in der etablierten Politik, sondern auch in deren (Nicht-)Verhältnis zur interessierten Öffentlichkeit und Kernenergiegegnern hat, werden die dabei relevanten Auseinandersetzungen nicht nur öffentlich, sondern auch in der relativ geschlossenen fachpolitischen Verhandlungsarena geführt. Experten, die versuchen, durch ihr Engagement für deliberative Verfahren die Entscheidungsblockade bei der nuklearen Entsorgung aufzubrechen, lassen sich auf ein strukturell anspruchsvolles Unterfangen ein. Sie müssen einerseits nach den Regeln ihres Referenzsystems „Wissenschaft“ professionell agieren, andererseits sind sie gegenüber Stakeholdern aus interessierter Öffentlichkeit, Politik, Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen anhaltend aufgefordert, komplexe Entscheidungslagen verständlich zu erläutern und Handlungsvorschläge anzubieten, die Unterstützung finden. Damit haben sie einen Spagat zwischen Beratung und Professionalität zu leisten, der nicht nur sachlich kompliziert ist, sondern von allen beteiligten Akteursgruppen aus Öffentlichkeit und der politischen Verhandlungsarena auch mit Argusaugen beobachtet wird.

Detlef Appel erläutert in seinem Beitrag die Ergebnisse eines EU-Projektes aus dem 5. Rahmenprogramm, das sich mit der Einbeziehung von Betroffenen und lokalen Stakeholdern auseinander setzte. Der Projekttitel COWAM ist das Akronym für „Community Waste Management“ und versucht die Vorstellungen von Betroffenen insbesondere aus Gebietskörperschaften herauszuarbeiten, die wegen nuklearer Endlager-Vorhaben in ihrer Region bemüht sind, ihre Interessen in den Entscheidungsprozess einzuspielen. An der Durchführung des Projektes waren neben den lokalen Akteuren auch Vertreter aus Entsorgungsorganisationen und Behörden beteiligt. So unterschiedlich die Erfahrungen in den verschiedenen europäischen Ländern gewesen waren, bei der Formulierung ihrer Schlussfolgerungen zu Fragen lokaler Demokratie, zum Standortauswahl- und Entscheidungsprozess sowie zum notwendigen Einfluss lokaler Akteure auf die nationale Entsorgungsstrategie und notwendigerweise nachhaltigen Entwicklungskonzepten waren sich die Teilnehmer prinzipiell einig.

Martin Stolle stellt die Ergebnisse zweier repräsentativer Bevölkerungsumfragen zur Einstellung der Bevölkerung zur Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland vor, die vom ITAS im Auftrag des Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) durchgeführt wurden. Das Entsorgungsproblem radioaktiver Abfälle wird in Deutschland danach grundsätzlich als ein Unterthema der Nutzung der Kernenergie wahrgenommen. Kernenergiebefürworter wie auch -gegner unterscheiden sich signifikant hinsichtlich der Bewertung von Folgen der Endlagerung, des Technikverständnisses, der Bedeutung der Kernenergie, der Verfügbarkeit von Informationen zur Kernenergie und der Umweltfolgen der radioaktiven Strahlung. Zukünftige Verfahren zur Suche eines Endlagers dürfen daher diesen Kontext nicht ignorieren, sondern müssen unterschiedliche Kommunikationsstrategien entwickeln, um gleichermaßen Kernenergiebefürworter wie auch -gegner ansprechen zu können. Allerdings wollen beide Gruppen in der großen Mehrheit (ca. 80 %) kein Endlager für radioaktive Abfälle in ihrer Umgebung tolerieren - wodurch die Dramatik der Standortfrage besonders deutlich wird.

Thomas Flüeler spricht sich in seinem Beitrag für eine integrierte interdisziplinäre Endlagerforschung aus und berücksichtigt dabei die Erfahrungen, die in der Schweiz mit der Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle gemacht wurden. Endlagerforschung begreift er als „Langzeitlagerforschung“, die sich auch im nicht-technischen Bereich mit Mechanismen, Prozessen und Schnittstellen der gesellschaftlichen Bearbeitung des Themas auseinander zu setzen hat. Handlungs- und akteursbezogen müsse eine gemeinsame Problemsicht und Sprache gefunden. Bei diesem Prozess schreibt er der Technikfolgenabschätzung und den Sozialwissenschaften eine wichtige Rolle zu. Für mehrere sozial- und geisteswissenschaftliche Teildisziplinen schlägt er in diesem Zusammenhang relevante Forschungsfragen vor. Im zweiten Teil seines Beitrages geht er der Überlegung nach, ob die Schweiz unter Gesichtspunkten der Partizipation als Musterland gelten kann und verneint diese. Gerade bei Fragen der nuklearen Entsorgung - so seine These - seien nationale Kontextstrukturen von besonderer Bedeutung. Stattdessen plädiert er für erweiterte Beteiligungsverfahren und schlägt mit seinen forschungsstrategischen Hinweisen den Bogen zum Nachwort dieses Bandes. Dort wird von Hocke einen Vorschlag für eine problemorientierte sozialwissenschaftliche Endlagerforschung beschrieben.

Zum Ende dieser Einführung verbleibt es uns, zuallererst dem Vorstandsvorsitzenden des Forschungszentrums Karlsruhe, Prof. Manfred Popp, für die finanzielle Unterstützung des ITAS-Workshops und der Veröffentlichung dieses Sammelbandes zu danken. Weiterhin danken wir Frau Waltraud Laier für die bewährte und professionelle Erstellung der Druckvorlage und Rainer Bohn (edition sigma) für seine konstruktiven Hinweise. Der Abschluss dieses nicht umstandlosen Projektes wurde von beiden mit Geduld und Langmut begleitet.


Anmerkungen

[1] Ein prominenter Vertreter dieser Position in Deutschland ist Jürgen Habermas (1996). Bettina Lösch zeigt in ihrer Studie auf, dass sich neben dieser Richtung ein angelsächsi-scher Diskussionsstrang entwickelt hat, der neben einigen Gemeinsamkeiten auch andere instruktive Gesichtspunkte betont (Lösch 2005).

[2] Siehe dazu auch Irvin/Stansbury (2004) und den systematisierenden Vorschlag von Rowe/ Frewer (2005).

[3] Auch die analytische Betrachtung der deutschen Falls in der Studie von Helena Flam gewinnt heute unter zeitgeschichtlichen Aspekten an Bedeutung (Flam 1994, dort ins-bes. dies. 1994a).

[4] Siehe z. B. Dally 2003 und ders. 2003a sowie als Beispiel aus dem AkEnd-Prozess Len-nartz/Mussel 2002.

[5] Zur Betonung der kulturwissenschaftlichen Stoßrichtung vgl. insbesondere Karl Otto Hondrich, der die plausible These vertritt, dass mit dieser Betonung des kulturwissen-schaftlichen Elements der Soziologie der Versuch einherging, sich scharf von den Na-turwissenschaften abzugrenzen (Hondrich 2005).

[6]


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Erstellt am: 08.03.2006 - Kommentare an: Armin Grunwald