A. Grunwald, J. Kopfmüller
Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe 2007
(Wissenschaftliche Berichte, FZKA 7349), 46 Seiten
[Volltext/pdf, 736 kb]
[Zusammenfassung]
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[Inhalt]
Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung konfrontiert Politik und Gesellschaft mit erheblichen
Anforderungen im Hinblick auf gestaltende und steuernde Maßnahmen. Vielfach wird daran
gezweifelt, dass eine derart komplexe und weit reichende Steuerungsaufgabe von modernen
Gesellschaften überhaupt geleistet werden kann. Ganze Forschungsrichtungen befassen sich
mit neuen Möglichkeiten der "Governance", um Auswege aus dem Umsetzungsproblem der
nachhaltigen Entwicklung zu weisen, das als "Generalverdacht des Illusorischen" (Brand/Fürst
2002) beschrieben worden ist.
Politisches Handeln, insbesondere der Gesetzgebungsprozess, hat erhebliche Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung. Angesichts der Steuerungserfordernisse zur Realisierung der für eine nachhaltige Entwicklung erforderlichen Veränderungen in den gegenwärtigen Produktions- und Konsummustern ist es nahe liegend, das politische Handeln systematisch auf seine nachhaltigkeitsrelevanten Folgen hin zu untersuchen. Nachhaltigkeitsprüfungen politischer Maßnahmen sind ein Instrument zu diesem Zweck.
Ziel einer Nachhaltigkeitsprüfung – die in einigen Ländern wie Großbritannien und Finnland und auf EU-Ebene in unterschiedlichen Ausprägungen bereits Realität ist – wäre es, politische Maßnahmen sowie Gesetze auf ihre Nachhaltigkeitswirkungen hin zu untersuchen, um dann, je nach Ergebnis, ggf. angemessene Modifikationen vorzunehmen. Die Nachhaltigkeitsprüfung könnte damit einen zentralen Beitrag zu einem umfassenden und wirksamen Steuerungskonzept in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung auf nationaler Ebene leisten. Dies wäre ein großer Schritt im Vergleich zur gegenwärtigen Praxis in Deutschland, in der z.B. die nationale Nachhaltigkeitsstrategie in weiten Teilen von den tagespolitischen Aktivitäten isoliert ist.
Im Deutschen Bundestag hat der Parlamentarische Beirat für Nachhaltige Entwicklung das Thema der Nachhaltigkeitsprüfung auf seine Agenda gesetzt. Um die Möglichkeiten, Voraussetzungen und Grenzen von Nachhaltigkeitsprüfungen auszuloten sowie um Institutionalisierungsmodelle zu diskutieren, veranstaltete der Beirat am 28.2.2007 eine öffentliche Anhörung zum Thema "Nachhaltigkeitsprüfung" auf Bundesebene. Die Autoren dieses Berichts waren gemeinsam mit fünf anderen WissenschaftlerInnen als Sachverständige zu dieser Anhörung eingeladen.
Der vorliegende Bericht stellt eine überarbeitete Fassung der Beantwortung eines vom Beirat vor dieser Anhörung versandten Fragenkatalogs dar. Die Überarbeitung umfasst zu einen die verbesserte Verankerung der vorgebrachten Thesen und Positionen in der Literatur zur nachhaltigen Entwicklung. Zum anderen wird auf einige der Diskussionspunkte näher eingegangen, die im Zentrum der Anhörung standen.
Der erste Teil des vorliegenden Berichts beschreibt in allgemeiner Form unsere Konzeption einer Nachhaltigkeitsprüfung auf Bundesebene und verbindet diese mit der allgemeinen Debatte zur nachhaltigen Entwicklung. Im zweiten Teil beantworten wir, wie dies bei Bundestagsanhörungen üblich ist, die (im Wortlaut abgedruckten) Fragen des Parlamentarischen Beirats. Den Abschluss bildet eine Zusammenfassung unseres Konzeptvorschlags in Form von kurzen Thesen.
Karlsruhe, August 2007
Armin Grunwald, Jürgen Kopfmüller