Christoph Revermann, Katrin Gerlinger

Technologien im Kontext von Behinderung
Bausteine für Teilhabe in Alltag und Beruf

Berlin: edition sigma 2010, Reihe: Studien des Büros für Technikfolgen-Abschätzung, Bd. 30, ISBN 9783836081306, 286 Seiten, kartoniert, 24.90 Euro
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EINLEITUNG

In Deutschland leben derzeit rund 8,6 Mio. Menschen mit amtlich anerkannter Behinderung, davon etwa die Hälfte im erwerbsfähigen Alter. Etwa 6,7 Mio. Menschen sind schwerbehindert (Grad der Behinderung mindestens 50), einige sind dies von Geburt an, die meisten als Folge von Unfall, Krankheit oder altersbedingten Leiden. Ihre Zahl wächst infolge des demografischen Alterungsprozesses weiter (Neumann/Schaper 2008, S. 276). Politik für Menschen mit Behinderung ist darum kein Minderheitenthema, sondern eine gesamtgesellschaftliche Gestaltungsaufgabe für (mehr) Selbstbestimmung und Teilhabe.

Sozialrechtliche Maßnahmen und medizinisch-technologische Entwicklungen konnten in den vergangenen Jahren die berufliche und soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderung verbessern, das Recht auf Selbstbestimmung auf ein stabiles rechtliches Fundament stellen und einige Barrieren abbauen. Eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben ist für Menschen mit Behinderung von elementarer Bedeutung, und die berufliche Eingliederung verschafft weit mehr als nur eine gesicherte eigene finanzielle Lebensgrundlage. Sie ist eine Voraussetzung für den Übergang vom Fürsorgeansatz zur selbstbestimmten Teilhabe. Und so ist es heute erklärtes Ziel, Menschen mit Behinderung eine nach individuellen Maßstäben geeignete Aus- und Weiterbildung sowie berufliche Tätigkeit und notwendige Unterstützung umfassend und dauerhaft zu gewähren.

Wohl verfügt Deutschland im Rahmen der Sozialgesetzgebung und des Arbeitsrechts über ein großes Instrumentarium der Rehabilitation und eine lange Tradition in der beruflichen Eingliederung von Menschen, die von Behinderung bedroht oder betroffen sind. Dennoch muss festgestellt werden, dass die politischen Zielvorstellungen und Projekte der letzten Jahre in Bezug auf die Integration von Behinderten in reguläre bzw. angepasste Beschäftigungsverhältnisse nach wie vor noch Umsetzungsdefizite aufweisen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass (auch) durch die Entwicklung und den Einsatz innovativer behinderungskompensierender Technologien (bkT) sowie die weitere Verbesserung der sozialgesetzlichen Verteilungs- und Zugangsstrukturen für eine berufliche Rehabilitation diese Defizite weiter gemildert werden können.

Vor diesem Hintergrund führte das TAB auf Initiative des Ausschusses für Arbeit und Soziales und nach erfolgter Beschlussfassung durch den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung ein TA-Projekt zum Thema "Chancen und Perspektiven von behinderungskompensierenden Technologien (bkT)" durch. Der Fokus richtete sich auf den Arbeitsplatz, seine Erreichbarkeit, Einrichtung und Ausgestaltung, um verschiedene Behinderungen zu kompensieren oder vermeiden zu können. Die für die Integration von behinderten Menschen in die Arbeitswelt nötigen Modalitäten und Anforderungen zur schrittweisen Barrierefreiheit bezüglich der Mobilität und Motorik, der Kommunikation und des Informations- bzw. Wissenstransfers standen im Zentrum des Projekts. Diese barriereabbauenden Aspekte wurden aus einem technisch/technologischen, organisatorischen, rechtspolitischen, aber auch aus einem sozioökonomischen Blickwinkel dargestellt und analysiert. Ergänzend wurden Stärken und Schwächen von Forschung und Wirtschaft auf diesem Feld in Deutschland im Kontext des internationalen Wettbewerbs untersucht.

1. THEMATISCHER HINTERGRUND

Die Entwicklung und Anwendung von Technologien im Kontext von "Behinderung und Arbeitsplatz" haben kontinuierlich an Bedeutung gewonnen und werden von den relevanten öffentlich-rechtlichen Institutionen, von Wirtschaft und Arbeitgebern sowie Verbänden und Betroffenen seit Langem thematisiert und gefordert bzw. in ihrer Umsetzung vorangetrieben. Dabei gilt allgemein der Grundsatz: Wo zur dauerhaften Integration ins Arbeitsleben wegen Art oder Schwere der Behinderung besondere behinderungsspezifische Unterstützungen erforderlich sind, sollen diese Leistungen entsprechend zur Verfügung stehen. Die Ermittlung der jeweiligen individuellen Fähigkeiten (aber auch notwendiger Voraussetzungen) sowie deren Nutzbarmachung und Förderung ist zentrales Anliegen und zugleich Verpflichtung der beruflichen Rehabilitation bzw. Integration. Diese "fähigkeitsbezogene" Sichtweise hat sich mittlerweile durchgesetzt und unterscheidet sich vom eher "defizitorientierten Rehabilitationsverständnis" früherer Jahre.

Die Beschäftigung mit diesem Themenfeld ist auch aus weiteren Gründen von hoher Aktualität: Der demografische Wandel bzw. die zunehmende Alterung der Gesellschaft werden in den kommenden Jahrzehnten in Deutschland (aber auch EU-weit) einen wachsenden Bedarf an behinderungskompensierenden und/oder seniorengerechten Technologien induzieren. Zudem wandeln sich die Tätigkeitsspektren und Anforderungen der Arbeitswelt seit etlichen Jahren zum Teil erheblich - weg von körperlichen hin zu geistigen Anforderungsprofilen - und diese Transformation der Arbeitswelt wird sich weiter fortsetzen. In Folge könnten sich die prinzipiellen Möglichkeiten der Teilhabe am Erwerbsleben mit bzw. trotz Behinderung verändern bzw. verbessern. Und schließlich gibt es diverse neue technologische und organisatorische Entwicklungen, die helfen, existierende individuelle Einschränkungen so zu kompensieren, dass hierdurch eine Teilhabe am Ausbildungs- und am Arbeitsmarkt erleichtert wird.

Dies impliziert die grundsätzliche Annahme, dass es Arbeitsplatzanforderungen gibt, für deren Bewältigung durch Menschen mit Behinderung Technologien hilfreich sind. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass eine Entwicklung und Förderung solcher Technologien dazu beitragen kann, ungenutztes Potenzial zu erschließen und Teilhabemöglichkeiten dieser Personengruppe zu verbessern. Behinderungskompensierende Technologien vermitteln zwischen den Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung und arbeitsplatzbezogenen Anforderungen.

"Behinderung" kann unter verschiedenen Perspektiven betrachtet werden, u. a. dem Menschenrechtsaspekt einschließlich Gesetzgebung, Rechtsprechung und Politik, dem Aspekt der subjektiven Erfahrung und dem Aspekt der Intervention auf Individualbasis (Schuntermann 2006, S. 231). Eine Annäherung an eine "Definition" von Behinderung ist entsprechend ebenso aus verschiedenen Richtungen möglich, z. B. aus der des Gesetzgebers, aus medizinischer, pädagogischer oder sozialer Perspektive.

1.1 DEFINITIONEN

Im Folgenden soll auf verschiedene Definitionen von Behinderung und damit den Ansatz für dessen mögliche Kompensation durch Technik eingegangen werden. Während frühere Definitionen von Behinderung meist ausschließlich auf die Art und die Stärke von Schädigungen abstellten, rücken gegenwärtig auch die Umweltbedingungen und deren Wechselwirkungen zur jeweiligen funktionalen Einschränkung in das Blickfeld der Betrachtung. Die Ausführungen erfolgen in Anlehnung an das Gutachten von DIAS (2007, S. 9 ff.).

WHO-KLASSIFIKATION

1980 entwickelte die Weltgesundheitsorganisation ein Klassifikationsschema von Krankheiten und Behinderung, das 1999 modifiziert wurde; danach sind nicht mehr die Defizite einer Person maßgeblich, sondern mindestens genauso die persönlichen Fähigkeiten und die soziale Teilhabe. Seit 2002 verwendet die WHO die "International Classification of Functioning, Disability and Health" (ICF), die in ihren Definitionsbemühungen und Diskussionen neben der Beeinträchtigung von Körperfunktionen oder Körperstrukturen Betroffener zugleich auf die verschiedenen "Optionen" des Menschen abstellt (WHO 2005, S. 4 f.):

Die ICF basiert auf zwei unterschiedlichen "Modellen" von Behinderung: Das medizinische Modell betrachtet "Behinderung" als ein Problem einer Person, das von einem Gesundheitsproblem verursacht wird, welches medizinischer Versorgung bedarf - etwa in Form individueller Behandlung durch Fachleute. Beim sozialen Modell ist Behinderung kein Personenmerkmal, sondern die Folge einer Differenz zwischen den Möglichkeiten der Person und den gesellschaftlichen Umweltanforderungen - infolge dessen Behinderung zu einem politischen Thema bzw. Problem wird. Die ICF vermerkt hierzu: "Daher erfordert die Handhabung dieses Problems soziales Handeln, und es gehört zu der gemeinschaftlichen Verantwortung der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, die Umwelt so zu gestalten, wie es für eine volle Partizipation (Teilhabe) der Menschen mit Behinderung an allen Bereichen des sozialen Lebens erforderlich ist. Zentrales Thema ist daher ein einstellungsbezogenes oder weltanschauliches, welches soziale Veränderungen erfordert. Vom politischen Standpunkt aus gesehen wird dieses Thema zu einer Frage der Menschenrechte." (WHO 2005, S. 24 f.)

Im Sinne der ICF sind Aktivitäten des ("behinderten") Menschen z. B. auch alle Handlungen und Aufgaben, die zum Lebensbereich "berufliche Tätigkeit" gehören. Sie können betrachtet werden unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit (Wie hoch ist das Leistungsvermögen?) oder der Leistung (Wie führt eine Person eine Aktivität unter den bestehenden Bedingungen durch, bestehen Probleme oder fehlt Förderung?). Ist die Perspektive hingegen die Teilhabe (am Lebensbereich Arbeit) stellen sich Fragen nach Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Beteiligung, Zugang, Wertschätzung, Anerkennung und ebenso zu Barrieren oder Förderfaktoren. Fragen dieser Art sind für die Rehabilitation von großer Bedeutung (Schuntermann 2006, S. 234).

Ein wesentliches Ziel der ICF ist auch die Kommunikation zwischen den betroffenen Menschen und den Fachleuten im Gesundheits- und Sozialwesen, insbesondere in der Rehabilitation, zu verbessern (Stucki et al. 2002). Dies zeigt sich u. a. auch daran, dass mittlerweile alle modernen Definitionen des Begriffs der Rehabilitation auf der ICF basieren und im Kontext der Rehabilitation bei der Feststellung des Bedarfs, bei der funktionalen Diagnostik, beim Management, bei der Interventionsplanung und der Evaluation rehabilitativer Maßnahmen unverzichtbar (geworden) sind (Schuntermann 2006, S. 233).

Beispielhaft für eine erweiterte Begriffsdefinition unter Einbeziehung der Umgebung ähnlich die der WHO ist die im Handbuch der Integrationspädagogik gebotene Formulierung: "Behinderung liegt vor, wenn ein Mensch mit einer Schädigung oder Leistungsminderung ungenügend in sein vielschichtiges Mensch-Umfeld-System integriert ist." (Sander 2002, S. 106)

DEUTSCHES SOZIALGESETZBUCH

Analog zu diesem Verständnis wird Behinderung in der deutschen Rechtssystematik wie folgt definiert: "Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist." (§ 2 Abs. 1 SGB IX)

Diese Definition baut auf der Grundthese auf, dass Behinderung nur im Vergleich zu anderen Menschen festzustellen ist und dass für das Vorliegen einer Behinderung die Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wesentlich ist. Deutlich wird, dass eine auf die Person allein bezogene Betrachtungsweise (mit Blick auf die möglicherweise vorhandene Einschränkung von Körperfunktionen oder -strukturen) zu kurz greift. Damit folgt die hiesige Gesetzgebung grundsätzlich und in wesentlichen Aspekten - unter Berücksichtigung der in Deutschland historisch gewachsenen und anerkannten Besonderheiten - dem Tenor der WHO. Ähnlich wie in Deutschland ist die Situation in anderen europäischen Ländern, mit deren jeweiligen spezifischen historischen und kulturellen Besonderheiten.

EU-BERICHT

Eine von der Universität Brüssel im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführte Studie (EU-Kommission 2002) konnte zeigen, dass es ein breites Spektrum von Definitionsansätzen in den einzelnen EU-Staaten gibt, die vor allem auf politischer Ebene relevant werden. Die Art der Definition variiert dabei nach dem politischen Bereich, in dem sie angewendet werden. Schädigungsbezogene Definitionen dienen dazu, die Behinderung im Kontext für zu erbringende (finanzielle) Unterstützungsleistungen und Renten festzustellen. Dafür werden oft Tabellen zur Bestimmung des Grads der Behinderung (GdB) verwendet. Geht es dagegen um Beschäftigungsmaßnahmen, weisen die Definitionen ein gewisses Maß an Flexibilität auf. Hier wird der Gesundheitszustand neben anderen Faktoren, die die Beschäftigungsaussichten beeinflussen, z. B. Fertigkeiten und Bildungsniveau berücksichtigt: "Der EU-Bericht zeigt, dass unterschiedliche Definitionen der Behinderung für unterschiedliche Politikbereiche maßgeblich sind und dass Versuche, die gleiche Definition auf ein breites Maßnahmenspektrum anzuwenden, dazu führen könnten, dass letztlich Definitionen von nur eingeschränkter Relevanz angewandt werden. Die Folge davon kann wiederum sein, dass die Maßnahmen nur wenig zielgerichtet sind. Die Notwendigkeit einer Vielzahl von Definitionen zur Gewährleistung eben dieser Relevanz wirft Probleme hinsichtlich einer kohärenten Behindertenpolitik auf." (EU-Kommission 2002, S. 13)

Im Blick auf den Zusammenhang von Behinderung und Beschäftigung kommt die EU-Kommission (2002, S. 104) zu folgender Einschätzung: Arbeitnehmer können in grundlegenden Alltagshandlungen beeinträchtigt, aber dennoch erwerbsfähig sein, möglicherweise mithilfe bestimmter Leistungen. Umgekehrt können Menschen mit Behinderung erwerbsunfähig sein, obwohl sie in der Lage sind, grundlegende Alltagshandlungen zu verrichten. Bei Leistungen zur Einkommenssicherung oder als Einkommensbeihilfe für behinderte Menschen geht es im Allgemeinen nicht um Einschränkungen bei Alltagshandlungen, sondern um Beeinträchtigungen bei der Verrichtung von Arbeitshandlungen, die teilweise relativ allgemein beschrieben werden oder sich spezifisch auf die Anforderungen des letzten wahrgenommenen Arbeitsplatzes des Betroffenen beziehen. Teilweise beziehen sich die Definitionen auf spezifische mögliche Arbeitsplätze, die entweder nur abstrakt beschrieben oder sehr konkret ermittelt werden.

DEM BERICHT ZUGRUNDELIEGENDE DEFINITION

Über die oben angeführten hinaus gibt es eine Vielzahl von Definitionen und Diskussionen des Behinderungsbegriffs, nicht zuletzt auch in dem Bemühen um eine Vermeidung von Diskriminierung, Ausgrenzung oder Stigmatisierung von Betroffenen allein schon durch den Sprachgebrauch oder die verwendete Formulierung.[1]  Die Kritik an alten Begrifflichkeiten und fehlender Passgenauigkeit führt zugleich zur Forderung nach einem bewussteren und reflektierteren Umgang mit Begriffen und Definitionen, um hierdurch zur gesellschaftlichen Veränderung im Umgang mit Behinderung und Menschen mit Behinderung beizutragen. Nahegelegt wird ein stärker emanzipatorischer Sprachgebrauch, wie z. B. Mensch mit Behinderung statt Behinderter (viele Menschen wollen nicht auf ihre Behinderung reduziert werden), barrierefrei statt behindertengerecht (Barrierefreiheit ist für alle wichtig) (Firlinger 2003).

Für den vorliegenden Bericht ist vom sozialen Modell von Behinderung (nach ICF) ausgegangen worden. Danach ist Behinderung keine feste Eigenschaft eines Menschen, sondern abhängig von Umweltbedingungen. Der Fokus liegt dabei nicht allein auf möglichen individuellen körperlichen, seelischen oder kognitiven Gegebenheiten, sondern auch auf den Möglichkeiten zur Aktivität und zur Teilhabe am sozialen Leben. Soll Behinderung kompensiert werden, müssen also vor allem solche Faktoren beseitigt werden, die die persönliche Möglichkeit zur Aktivität und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einschränken.

Aus dieser Perspektive geht es darum, wie mithilfe von Technologien persönliche Fähigkeiten möglichst gut entfaltet und individuelle Behinderungen weitgehend vermieden werden können und wie Umweltbedingungen durch den Einsatz von Technologien so gestaltet werden, dass sie für Menschen mit funktionalen Einschränkungen möglichst geringe Barrieren für deren Teilhabe speziell am Arbeitsleben darstellen. Technik kann dabei an unterschiedlichen Stellen eingesetzt werden: als individuelles Hilfsmittel, um funktionale Einschränkungen auszugleichen, bei der Gestaltung der unmittelbaren persönlichen Umweltbedingungen (z. B. Arbeitsplatz) und auf der Ebene gesellschaftlicher Umweltbedingungen (z. B. öffentliches Kommunikations- und Verkehrswesens).[2] 

Wenn es im Folgenden bzw. im vorliegenden Bericht insgesamt um "behinderungskompensierende Technologien" (bkT) geht, liegt der Schwerpunkt nach der vorgestellten Begriffsabgrenzung eher auf grundlegenden Kenntnissen technischer Möglichkeiten als auf sachlichen Artefakten. Gleichwohl wird immer wieder Technik im engeren Sinne als Anwendung von Technologie aufgegriffen - auch um die Möglichkeiten zur Implementierung von Technologie am Arbeitsplatz und hiermit verbundene mögliche Schwierigkeiten zu beleuchten. Geht es um technischen Wandel von bkT, wird der Frage nachgegangen, worin die Veränderung besteht und ob sie einen erstrebenswerten Fortschritt darstellt.

1.2 ASSISTIVE TECHNOLOGIE UND UNIVERSELLES DESIGN

Beim Einsatz von behinderungskompensierender Technologie sind zwei grundlegende - sich häufig aber ergänzende - Ansätze zu unterscheiden: "Assistive Technology" - nachfolgend assistive Technologie - und das Prinzip des "Universal Designs" - nachfolgend universelles Design. Bei beiden Ansätzen handelt es sich um Technologien, die sich in Technik im engeren und weiteren Sinne manifestieren, sowohl in sachlichen Artefakten als auch in Verfahrensweisen des Denkens und Handelns. Sie setzen jedoch an unterschiedlichen Stellen an, wenn es um die Kompensation von Behinderung geht: assistive Technologie bei der Schädigung von Körperfunktionen und -strukturen, universelles Design bei den Umweltbedingungen. Wird Behinderung als Größe verstanden, die von beidem beeinflusst wird, sind beide Technologien für die Verbesserung von Inklusionschancen unverzichtbar und beziehen sich aufeinander.

ASSISTIVE TECHNOLOGIE

Assistive Technologien setzen an funktionalen Einschränkungen und individuellen Bedürfnissen an und kompensieren individuelle Behinderungen. Die Europäische Kommission stellt hierzu fest: "Assistive Technology refers to products, devices or equipment that are used to maintain, increase or improve the functional capabilities of people with disabilities. Assistive Technology can help to compensate functional limitations and enable people with disabilities to participate in the activities of daily life, including employment and training." (EU-Kommission 2003, S. 11)

In der Regel sind assistive Technologien den Individuen direkt zuzuordnen und setzen bei der Schädigung von Körperfunktionen oder Körperstrukturen an, die Aktivitäten und die gesellschaftliche Teilhabe behindern. Sie erfordern von den Nutzern in der Regel den kompetenten Umgang, der oft eine Einweisung oder sogar Schulung und Training erfordert. Zudem ist oft noch eine individuelle Anpassung nötig, um die zunehmend standardisierten Produkte auf die jeweilige Situation abzustimmen. Assistive Technologien sind innerhalb des deutschen Sozialrechts in erster Linie "Hilfsmittel". Darüber hinaus werden sie auch als "technische Arbeitshilfen" bezeichnet. Die Produktvielfalt wächst zunehmend. Assistive Technologien, die mit einer besonderen Eingriffstiefe in den menschlichen Organismus einhergehen, sind EU-weit als "Medizinprodukte" definiert und unterliegen speziellen Qualitätssicherungsverfahren.

Assistive Technologien sind heute nicht nur sachliche Artefakte im Sinne von Hardware, sondern zunehmend auch Betriebssysteme und andere Software, die den Gebrauch des eigentlichen Produkts erst möglich machen. Diesbezüglich sind auch Dienstleistungen zu nennen, die von persönlicher Assistenz bis hin zu einmaligen Unterstützungsleistungen reichen können. Die Abgrenzung vor allem im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie wird dabei zunehmend schwieriger.

In vielen Fällen sind assistive Technologien die Voraussetzung, um individuelle funktionale Einschränkungen soweit auszugleichen, dass eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft überhaupt erst möglich wird. Oft sind sie jedoch nur eine Seite der Medaille. Ohne eine passgenaue Umgebungsgestaltung können sie oft kaum oder gar nicht wirken (der Rollstuhl als assistive Technik für eine mobilitätseingeschränkte Person kann nur dann die Behinderung kompensieren, wenn die Umgebungsgestaltung in Form von abgesenkten Bordsteinen oder Aufzügen den Gebrauch zulässt).

UNIVERSELLES DESIGN

An der Gestaltung der Umgebung im weiten Sinn setzt das Prinzip des universellen Designs an, das als gestalterischer und funktioneller Ansatz zur Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen und Umgebungen definiert wird. Ziel ist es, die Zugänglichkeit für möglichst viele Menschen zu gewährleisten, ohne spezielle und separierende Lösungen zu bieten, die häufig als stigmatisierend empfunden werden. Im Idealfall werden durch universelles Design Umgebungen geschaffen, die den Einsatz von assistiver Technik größtenteils überflüssig machen (aus der Perspektive des universellen Designs gehören auch Gebrauchsgegenstände zur Umgebung). Ein solcher Effekt ist insofern erstrebenswert, als die Abhängigkeit von Sondertechnik hierdurch reduziert und Folgekosten eingespart werden können. Das ist jedoch meist nur bis zu einem gewissen Grad der funktionellen Einschränkungen möglich. Mehrheitlich wird durch diesen Designansatz versucht, assistive Technik möglichst effektiv einzusetzen.

Eine Gruppe aus Architekten, Designern und Ingenieuren haben am "Center for Universal Design" an der North Carolina State University (www.design.ncsu. edu/cud/about_ud/udprincipleshtmlformat.html#top) folgende Grundprinzipien des universellen Designs ausgearbeitet, die sich auf ein breites Spektrum von Lösungen anwenden lassen:

Die Kriterien folgen dabei dem Ansatz, physische und psychische Anforderungen an die Nutzer gering zu halten und möglichst alternative Bedienungsmöglichkeiten zuzulassen. Die "Kompensation" von Behinderung setzt also bei der Veränderung von Umweltanforderungen an. Auch vor dem Hintergrund einer demografischen Entwicklung, die durch eine Zunahme des Anteils älterer Menschen und eine wahrscheinliche stärkere Verbreitung von Mobilitäts- und Wahrnehmungseinschränkungen in der Bevölkerung geprägt ist, ist universelles Design eine wichtige Strategie zur Vermeidung von Behinderung.

Verbände und Organisationen behinderter Menschen sind wichtige Kooperationspartner bei der Entwicklung und der Qualitätssicherung vorgeschlagener Lösungen. Weitere Partner für die Umsetzung des Konzepts sind u. a. Leistungs- und Entscheidungsträger der Kommunen, Projektentwickler und Architekten, Verkehrs- und Landschaftsplaner, Produktentwickler und -gestalter sowie Kultur- und Tourismusfachleute. Bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen nimmt das Konzept des universellen Designs eine Schlüsselrolle ein (Bundesregierung 2008b). Der sehr breit angelegte Ansatz des universellen Designs hat als Konzept der Barrierefreiheit eine (rechtliche) Konkretisierung erfahren und ist durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), das seit dem 1. Mai 2002 in Kraft ist, auch im deutschen Rechtssystem verankert. Das Konzept des universellen Designs wurde in der UN-Behindertenkonvention von 2006 berücksichtigt. Der in Deutschland gerade abgeschlossene Ratifizierungsprozess der UN-Konvention bildet eine gute Basis, diesen Gestaltungsansatz auch jenseits der Bereiche Bau, Verkehr sowie Information und Kommunikation bei der Entwicklung von Gebrauchsgegenständen stärker zu berücksichtigen.

1.3 INKLUSION UND EXKLUSION

Vor dem Hintergrund eines vielfach gegliederten gesellschaftlichen Sozialsystems beschäftigt sich die Sozialintegration mit dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft (Wansing 2005, S. 37).[3]  Im Gegensatz zum Integrationsbegriff beschreibt die Unterscheidung Inklusion/Exklusion kein positives gesellschaftliches Ziel, sondern charakterisiert den spezifischen Teilhabemodus als "pure Faktizität in der modernen Gesellschaft" (Wansing 2005, S. 40). In diesem Ansatz wird davon ausgegangen, dass eine Person die Teilhabe an den verschiedenen Gesellschaftssystemen selbstbestimmt als Inklusionsprofil inszeniert. Zur Individualität gehört dabei auch die Freiheit der Exklusion. Der Begriff der gesellschaftlichen Teilhabe bzw. der Inklusion ist hierbei wertneutral zu verstehen, denn er zielt nicht auf eine positive Zielerreichung ab (Wansing 2005, S. 47).

International wird Behinderung als ein wesentliches Exklusionsrisiko betrachtet (EU-Kommission 2002, S. 9). Eine individualisierende Sicht auf Behinderung kann den Blick auf soziale Probleme verstellen. In Deutschland waren insbesondere die medizinische und sonderpädagogische Perspektive lange Zeit dominant und führten zu einer Entpolitisierung dieses Problembereichs. Auch heute noch lässt sich die Tendenz finden, personenimmanente Faktoren in den Vordergrund zu stellen, auf "besondere Bedürfnisse" abzuheben und damit womöglich zugrundeliegende sozialstrukturelle Probleme zu übersehen.

Bedeutsam in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Datenlage über die gesellschaftliche Inklusion von Menschen mit Behinderung als schwierig anzusehen ist. Es fehlen nicht nur detaillierte nationale und internationale Daten, sondern auch vergleichbare Indikatoren, da die Kriterien und Definitionen zur Bestimmung einer Behinderung in einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgehalten sind. Eine im Auftrag der EU erstellte Vergleichsstudie kommt zu folgender Aussage: "Trotz dieser verschiedenen Forschungsbemühungen kann das repräsentative empirische Wissen über die soziale Lage behinderter Menschen im Allgemeinen und über die Realisierung oder Beeinträchtigung ihrer gesellschaftlichen Teilhabe im Besonderen in Deutschland insgesamt als unbefriedigend betrachtet werden." (Wansing 2005, S. 82)

Es ist eine wesentliche Forderung der Selbsthilfeverbände, Exklusionen aufgrund einer Schädigung von Körperstrukturen und -funktionen zu verhindern und es den betroffenen Menschen zu ermöglichen, ihr Exklusionsprofil im allgemein üblichen Rahmen selbstbestimmt zu inszenieren. In Deutschland findet dieses Ziel, für das international auch der Begriff "Empowerment" verwendet wird, seinen gesetzlichen Ausdruck im Verbot zur Benachteiligung von Menschen mit Behinderung unter anderem im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Es fordert einen barrierefreien Zugang zu den gestalteten Lebensbereichen, um die Möglichkeit zu Aktivität und Partizipation von Menschen mit Behinderung zu unterstützen. Beim Abbau von Barrieren spielt der Einsatz von Technik in Form von assistiver Technologie und universellem Design eine wichtige Rolle.

Folgt man den Aussagen der ICF, treten Behinderungen (und infolge dessen Exklusionen) vor allem durch eine fehlende Passung von Person und Umwelt auf. Sollen Inklusionschancen von Menschen mit Behinderung mithilfe von Technik verbessert werden, gilt es, Faktoren auf der Ebene des Individuums und auf der Ebene der Umwelt zu verändern. Die individuelle und die Ebene der Umwelt weisen wiederum zwei Ebenen auf. Diese umfassen beim Individuum:

Als Umweltfaktoren gelten die materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt, in der Menschen leben und ihr Leben gestalten. Die Einteilung der Umweltfaktoren in der Klassifikation bezieht sich auf:

Ziel des Einsatzes von bkT sollte sein, dass Menschen mit Behinderung ihr Inklusions- und Exklusionsprofil weitestgehend selbst bestimmen können. Automatische Exklusionen aufgrund von Behinderungen sind zu vermeiden, indem sowohl mit assistiver Technologie bei der Schädigung von Körperstrukturen und -funktionen angesetzt wird, als auch bei den Umweltbedingungen, die gemäß einem universellen Design entsprechend zu gestalten wären.

2. ANLIEGEN UND STRUKTUR DES BERICHTS

Die wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Dimension des Themas wurde insgesamt anhand verschiedener Schwerpunkte erschlossen:

Anhand von drei Fallbeispielen wird in Kapitel II der Einsatz von bkT am Arbeitsplatz für Menschen mit Schädigungen des Bewegungsapparates, mit Seh- und mit Hörschädigung beschrieben. Anhand dieser "modellhaften" Behinderungen soll aufgezeigt werden, mit welchen besonderen Herausforderungen Menschen mit Behinderung an ebenfalls "modellhaften" Arbeitsplatzsituationen konfrontiert sind und wie Technik hier kompensierend eingesetzt werden kann. Die Grundannahme bei der Beschreibung der Fallbeispiele ist, dass sich die speziellen beruflichen Anforderungen auf weitere Berufsfelder übertragen lassen. Anhand der Fallbeispiele sollen "idealtypische" Arbeitsplatzanforderungen und persönliche Voraussetzungen identifiziert und mögliche bkT hierfür benannt werden. Die zentralen Fragen sind: Welche technischen Möglichkeiten gibt es derzeit? Welche zentralen Trends lassen sich beobachten? Welche Handlungsmöglichkeiten sind daraus abzuleiten?

Im dem sich anschließenden Kapitel III werden die jüngsten Ideen und Entwicklungen bei bkT sowie ihr zukünftiges Potenzial im Blick auf die Kompensation von Behinderungen am Arbeitsplatz beschrieben. Es handelt sich dabei um bkT, die sich zum Teil in der Entwicklung befindet, zum Teil in Zukunft Anwendung erlangen könnte. Dies geschieht zum einen an Beispielen innovativer Entwicklungen und Produkte aus dem Bereich Information, Kommunikation sowie Kognition. Betrachtet werden zudem Technologien und technische Hilfen, die die natürlichen Fähigkeiten des Menschen im Bereich der Motorik und Mobilität erstens aktivieren bzw. stimulieren, zweitens unterstützen, verstärken und leiten, und drittens direkt oder indirekt ersetzen. Da es sich dabei um recht grundlegende Fähigkeiten handelt, sind die entsprechenden bkT fast immer potenziell berufs- bzw. arbeitsplatzrelevant, aber nur in Ausnahmefällen ausschließlich berufs- bzw. arbeitsplatzspezifisch. Das Kapitel beinhaltet zudem eine kurze Analyse der nationalen und internationalen Situation im Forschungsbereich bkT. Neben der industriellen Forschung und Entwicklung werden auch die öffentliche Förderung sowie strukturfördernde Maßnahmen beleuchtet.

Kapitel IV gibt einen Überblick über verfassungsrechtliche, sozialgesetzliche und -politische Rahmenbedingungen für den Einsatz von bkT am Arbeitsplatz. Zunächst werden völkerrechtliche und internationale Vereinbarungen angeführt, anschließend erfolgt eine Darstellung und Analyse des relevanten nationalen Rechtssystems. Die für das Berichtsthema erforderlichen Verantwortlichkeiten und sozialen Leistungssysteme für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, die seit 2001 mit dem neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX) einheitlich gerahmt wurden, bilden den Schwerpunkt. Die sozialen Sicherungssysteme sollen gewährleisten, dass Menschen mit Behinderung die assistiven Techniken zur Verfügung gestellt werden, die nötig sind, um ihnen eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Um darüber hinaus die Umgebung so zu gestalten, dass diese assistiven Technologien effektiv eingesetzt werden können, bedarf es weitreichender gesellschaftlicher Aktivitäten. Den gesetzlichen Rahmen dafür bilden heute die Behindertengleichstellungsgesetze (BGG) von Bund und Ländern und deren Konzept zur Barrierefreiheit auf die ebenfalls in diesem Kapitel eingegangen wird. Der Darstellung der rechtlichen Situation schließen sich Erläuterungen zu konkreten Umsetzungsbedingungen an. Soweit möglich erfolgt hier auch eine Analyse von Umsetzungsdefiziten und ihrer Ursachen.

Die sozioökonomischen Aspekte der Entwicklung und Verbreitung von bkT sind Gegenstand von Kapitel V. Das Kapitel bietet eine kurze Analyse des Arbeitsmarktes und der Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderung in Deutschland. Berücksichtigung finden der Wandel der Arbeitswelt und seine Auswirkung auf die beruflichen Chancen behinderter Menschen. Im Mittelpunkt stehen die Berufe und Branchen, in denen sie tätig sind. Behandelt werden auch Fragen der betrieblichen Prävention am Arbeitsplatz und die verschiedenen arbeitsrechtlichen Normen im Blick auf Behinderung und bkT, und zwar bezogen sowohl auf das System des Arbeitsschutzrechts als auch auf individuelle Ansprüche behinderter Menschen. Daran schließt sich ein Überblick über die relevanten Akteure (Hersteller und Anbieter von bkT, Organisationen und Dienstleister) an, und Entwicklungstrends und Marktpotenziale werden aufgezeigt. Des Weiteren geht es um den Kontext eines möglichen Einsatzes von bkT bzw. um die verfügbare Technik. Es wird thematisiert, welche Normen, Klassifikations- und Informationssysteme im Bereich bkT auf nationaler und internationaler Ebene vorhanden sind. Auf dieser Basis wird der Anpassungsbedarf für einen verbesserten Einsatz von bkT am Arbeitsplatz diskutiert. Dabei liegt ein Schwerpunkt in der Verzahnung der arbeits- und sozialrechtlichen Instrumente und Verfahren. Exemplarisch werden die Zielsetzungen von bkT als Elemente sozialrechtlicher Teilhabeleistungen sowie als Elemente arbeitsschutzrechtlicher Verhältnisprävention analysiert und ihre Rückwirkungen auf die betriebliche Präventionspolitik diskutiert. Es werden Fragen nach der Organisation maßgeblicher Verfahrensregelungen im Arbeitsschutz, in der betrieblichen Gesundheitsförderung sowie im betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement behandelt. Die wesentlichen Aspekte werden zusammenfassend skizziert und dahingehend diskutiert, ob und inwieweit mögliche legislative bzw. administrative Änderungen geboten sind und Handlungsoptionen entwickelt werden können.

Das abschließende Kapitel VI zieht Schlussfolgerungen und beinhaltet einen Ausblick auf möglichen Handlungsbedarf und Handlungsoptionen für die deutsche Politik, auch mit Blick auf zum Teil noch notwendigen gesellschaftlichen Klärungsbedarf. Angesprochen werden die Bereiche Datenerfassung, Bedarfs- und Anwendungsanalytik sowie die nationale und internationale Forschungslandschaft im Bereich bkT, aber auch Maßnahmen, wie der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung ganzheitlich in den Blick genommen werden kann, wie die Beschäftigungspotenziale bei einer effizienten und zielgerichteten Planung des BkT-Einsatzes besser genutzt bzw. entwickelt werden könnten sowie Optionen zur Behebung der noch immer existierenden erheblichen Diskrepanzen zwischen theoretischen, konzeptionellen Lösungen und der praktischen Realität in Bezug auf substanziellere Barrierefreiheit.

Es sei darauf verwiesen, dass eine umfassende Einzeldarstellung aller aktuell vorhanden bkT oder eine Potenzialerhebung möglicher zukünftiger Entwicklungen von bkT in Deutschland - oder gar international - im Rahmen dieses Berichts nicht geleistet werden kann. Die ausführlichen Fallbeispiele eines Einsatzes von bkT sowie das gebotene übergreifende Bild mit komplexen - auch rechtsrelevanten und sozialpolitischen - Einordnungen, spezifischen Vertiefungen und konkreten Beispielen aus Alltag und Praxis können jedoch eine hinreichende Grundlage für die gebotenen Ableitungen liefern.

3. GUTACHTER UND DANKSAGUNG

Bei der Bearbeitung des Themenfeldes kooperierte das TAB mit ausgewiesenen externen Fachexperten. Zur intensiven Bearbeitung des komplexen Themenfeldes und mit dem Ziel einer hohen wissenschaftlichen Fundierung wurden insgesamt vier Gutachten vergeben. Die folgenden Gutachten sind in die Bearbeitung der o. g. Schwerpunkte, Fragestellungen und Aspekte eingeflossen:

Die Resultate der Auswertungen der Gutachten bilden eine wesentliche Basis des Berichts. Im laufenden Text sind jeweils Verweise darauf enthalten, welche Passagen sich schwerpunktmäßig auf welche Gutachten stützen, spezielle Textpassagen wurden ggf. in den Kapiteln entsprechend zitiert. Die Verantwortung für die Auswahl, Strukturierung und Verdichtung des Materials sowie dessen Zusammenführung mit weiteren Quellen sowie eigenen Recherchen und Analysen liegt selbstverständlich bei den Verfassern dieses Berichts.

Den Gutachterinnen und Gutachtern sei für ihre umfang- und detailreichen Gutachten, die Ergebnisse und die hohe Qualität ihrer Arbeit, das große Interesse an dem heterogenen und schwierigen Themenkomplex sowie ihre Kooperation - auch im Rahmen etlicher konstruktiver Gutachtertreffen und Diskussionsrunden - sehr herzlich gedankt. Ein besonderer Dank geht auch an Dr. Thomas Petermann für die kritische Durchsicht und konstruktive Kommentierung des Berichts sowie für zahlreiche Verbesserungsvorschläge und nicht zuletzt an Ulrike Goelsdorf für die Erstellung des Endlayouts.

Anmerkungen

[1]  Die soziale Ausgrenzung kommt nicht zuletzt in "Abwertungen" (wie z. B. invalid aus dem Lateinischen für ungültig) zum Ausdruck. Versuche der Begriffsveränderung stoßen jedoch auch auf Kritik: So unterliege jede Wortneuschöpfung nach Meinung von Kritikern einer Bedeutungsverschlechterung oder logischer Mängel. Letztlich sei Pragmatismus bei der Definition spätestens dann notwendig, wenn soziale Leistungen durch die Gesellschaft festgelegt oder erbracht werden müssten - z. B. Schwerbehindertenausweis, Eingliederungshilfe, Rehabilitation (http://de.wikipedia.org/wiki/Behinderung).

[2]  Nach dem Alltagsverständnis bezeichnet Technik zumeist technische Gegenstände bzw. Geräte, daneben aber auch Fähigkeiten und Fertigkeiten (Rammert 1993). Technologie wird alltagssprachlich häufig synonym zu Technik verwendet. Sprachphilosophisch formuliert ist Technik ein objektsprachlicher, Technologie dagegen ein metasprachlicher Ausdruck (Ropohl 1991).

[3]  Der Begriff "Integration" leitet sich aus einem strukturfunktionalistischen Ansatz ab, der von der Vorstellung durchdrungen ist, die Gesellschaft als Handlungssystem sei durch einen Wertekonsens bestimmt. Integration beschreibt somit ein normatives Ziel: Die integrierten Personen richten ihre Handlungen an den jeweiligen Ordnungsregeln der Sozialsysteme aus. Ein anderer Ansatz verwendet den Begriff der "Inklusion": die personale Teilhabe an der Gesellschaft ist an die Bedingungen der Funktionssysteme und die funktionsspezifische Kommunikation geknüpft (Wansing 2005, S. 38 f.).

 

Erstellt am: 25.03.2010 - Letzte Änderung am: 28.10.2010 - Kommentare an: webmaster