Alfons Bora, Stephan Bröchler, Michael Decker (Hg.)

Technology Assessment in der Weltgesellschaft

Berlin: edition sigma 2007, Reihe: Gesellschaft – Technik – Umwelt. Neue Folge 10, ISBN 978-3-89404-940-9, 527 Seiten, 32,90 Euro
[Inhalt]   [Vorwort]


Einleitung und Überblick

Phänomene der Weltgesellschaft und der Globalisierung beschäftigen seit geraumer Zeit die Sozialwissenschaften. In der Technikforschung und insbesondere in der Technikfolgenabschätzung und -bewertung haben weltgesellschaftliche Entwicklungen bislang noch vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit gefunden. Dabei ist gerade Technology Assessment in mehrfacher Weise durch Globalisierungsphänomene berührt. [1] Technikfolgenabschätzung und -bewertung ist ein wesentlicher Aspekt von Technologiepolitik. Der Gestaltung zukünftiger Technologien und der Kontrolle bestehender Technik im Hinblick auf deren Sicherheit, Umwelt- und Sozialverträglichkeit verpflichtet, ist sie in typische staatliche Aufgaben funktional eingebunden und deshalb wesentlich von der institutionellen Struktur und den Aufgaben des Staates mitbestimmt. Die überkommenen Strukturen der Staatlichkeit scheinen jedoch im Zuge von Globalisierungsprozessen einem Gestaltwandel zu unterliegen, der zentrale Institutionen und deren Leistungsfähigkeit erfasst. Dieser Gestaltwandel ist in zahlreichen Untersuchungen beschrieben und diskutiert worden. Weniger Aufmerksamkeit hat bislang die Tatsache gefunden, dass auch Technik selbst im Prozess der Globalisierung ihr Gesicht verändert hat. Dasselbe gilt schließlich für die Technikfolgenabschätzung und ihre Instrumente und Methoden, die im Kontext staatlicher Technologiepolitik und für die Beratung staatlicher Institutionen entwickelt wurden. Mit der zweiten Konferenz des Netzwerks TA (NTA2), die dem Thema „Technology Assessment in der Weltgesellschaft“ gewidmet war und deren Vorträge und Präsentationen im vorliegenden Band vorgestellt werden, wurde zum ersten Mal ein systematisch angelegter Versuch unternommen, Technikfolgenabschätzung im Kontext von Weltgesellschaft und Globalisierung zu betrachten.

Sind die Art und Weise wie Technology Assessment betrieben wird, sind deren institutionelle Formen, ihre methodischen und konzeptionellen Instrumente dem aktuellen Stand und den möglicherweise zu erwartenden Entwicklungen moderner Technologien angemessen? In dieser allgemeinen Form sind die skizzierten Fragen für das Feld der TA nicht neu, sondern markieren eher ein Dauerthema, welches die Wissenschaft wie die Praxis etwa im Zusammenhang mit steigenden Innovationsgeschwindigkeiten, mit der wachsenden sozialen und technisch-sachlichen Reichweite von Technologien und anderen Veränderungsprozessen beschäftigt. Insofern ist das Thema des vorliegenden Bandes gut in die Tradition des Nachdenkens über TA, ihre gesellschaftlichen Bedingungen und ihre wissenschaftlichen Möglichkeiten eingebettet.

Darüber hinaus werfen weltgesellschaftliche Entwicklungen allerdings auch eine spezifische Vermutung im Hinblick auf TA auf. Man kann nämlich annehmen, dass Technikgenese, Technikanwendung und Technikfolgen eine globale Dimension haben, ohne deren angemessenes Verständnis sie selbst nicht mehr hinreichend verstanden werden können, während andererseits TA vielfach noch stark in nationalstaatlichen Kontexten etabliert zu sein und ihre Konzepte auch an diesen Bedingungen auszurichten scheint. Wenn diese Vermutung zutrifft, welche Anforderungen erwachsen daraus für TA? Die Beiträge dieses Bandes befassen sich sowohl mit der weltgesellschaftstheoretischen Prämisse als auch mit den möglichen Folgen für TA und ihre Methoden.

Werfen wir zur Einführung in das Thema zunächst einen kurzen Blick auf die wesentlichen Aspekte der Diskussion um Weltgesellschaft und Globalisierung. Diese Debatte hat vor allem das Verständnis staatlichen Handelns verändert. Dabei geht es nicht um quasi eschatologische Behauptungen vom Verschwinden des Staates, sondern um eine Neubestimmung der Rolle, die staatlichen Institutionen im System der Weltgesellschaft zuwächst, sowie um die Frage, welche anderen Strukturen und Institutionen sich möglicherweise auf der Ebene von Weltgesellschaft bilden.

Weltgesellschaft und Globalisierung sind, wie eingangs erwähnt, seit Längerem schon prominente Themen in Soziologie und Politikwissenschaft. Aus unterschiedlichen Vorläufern, wie beispielsweise der Theorie des internationalen Systems oder der Kritik an klassischen Modernisierungstheorien in der Entwicklungstheorie und der Weltsystemtheorie haben sich vor allem drei konzeptionelle und theoretische Ansätze einer Theorie der Weltgesellschaft bei Peter Heintz, John W. Meyer und Niklas Luhmann herausgebildet. Jenseits aller Unterschiede zwischen diesen Ansätzen ist für die TA-Debatte der gemeinsame Kern aller weltgesellschaftlichen Theoriekonzepte von Bedeutung. Dieser besteht, wie Jens Greve und Bettina Heintz dargestellt haben (Greve/Heintz 2005), im Wesentlichen in folgenden Einsichten: Ein globaler Zusammenhang wird als Rahmenbedingung aller sozialen Phänomene angenommen. Dieser globale Zusammenhang ist ein soziales Phänomen sui generis, das in seiner Dynamik nicht auf andere, etwa nationalstaatlich verfasste Phänomene reduziert werden kann. Gesellschaft muss, so die übereinstimmende Auffassung der genannten Theorien, heute als Weltgesellschaft verstanden werden. Jenseits aller Unterschiede zwischen den verschiedenen globalisierungs- und weltgesellschaftstheoretischen Ansätzen wird also davon ausgegangen, dass wir es heute in verschiedener Hinsicht schon mit Phänomenen der Weltgesellschaft zu tun haben, etwa auf der Ebene gesellschaftlicher Funktionssysteme und deren Operationen, also des Rechtssystems, der Ökonomie, der Politik, der Kunst, des Sports usw. (vgl. bspw. Luhmann 1997). Weltgesellschaft äußert sich im Wesentlichen in dreierlei Weise: in der Reichweite von Kommunikaionen, in der Relevanz von Ereignissen und in der Vielfalt von Perspektiven. Ereignisse werden zum einen grundsätzlich weltweit wahrgenommen und damit prinzipiell für eigenes Handeln und Kommunizieren bedeutsam. Das meint nicht eine wie immer geartete Einheitlichkeit von Lebensbedingungen, sondern bezeichnet vor allem die weltweite Erreichbarkeit von Operationen und die globale Relevanz von Ereignissen (Stichweh 1995). Nicht so sehr die tatsächliche transnationale Verknüpfung von Kommunikationen oder deren Anteil an den Operationen des betreffenden Funktionssystems macht Weltgesellschaft aus, sondern eher das Zusammenfallen der Grenzen von Funktionssystemen und ihres Relevanzhorizonts in dem von Alfred Schütz verwendeten Begriffssinn (Schütz). Jenseits der operativen Grenzen von Funktionssystemen gibt es keinen Horizont relevanter Handlungen bzw. Kommunikationen der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Politik, so kann man in analoger Anwendung des Schützschen Begriffs sagen. Und umgekehrt: Alles, was geschieht, kann grundsätzlich innerhalb dieser Grenzen Relevanz beanspruchen. Die Nichtbeachtung oder das territoriale Marginalisieren von Ereignissen ist prinzipiell riskant. Das ist sicherlich eine der fundamentalen weltgesellschaftlichen Erfahrungen, die nicht nur aus der Beobachtung der weltweit operierenden Finanzmärkte, sondern eben auch besonders anschaulich an der Wissenschaft, der Politik, der Kunst oder dem Sport gewonnen werden kann. Relevanzzusammenhänge werden weltumspannend und – zumindest dies unterscheidet die Moderne von früheren Epochen – sie werden auch so wahrgenommen. Das politische System der Weltgesellschaft hat sich in vielfacher Weise – nicht nur in Gestalt der Bildung neuer „geopolitischer“ Räume, sondern vor allem auch durch ein immer dichter werdendes Netz an supra- und transnationalen Regulierungsmechanismen – auf diese Umstände eingestellt. Schließlich ist ein weiteres Merkmal zu erwähnen: Weltgesellschaft heißt außerdem auch, dass sich eben wegen der weltweiten Erreichbarkeit und Relevanz eine Vielzahl von Beobachtern „in ihrer unterschiedlichen Bezogenheit auf ein und dieselbe Welt“ wechselseitig wahrnehmen und dies auch in den alltagsweltlichen „Mikrostrukturen“ seinen Niederschlag findet (Nassehi 1998). Weltgesellschaft ist infolge dieser Vielzahl von Akteuren und Perspektiven folglich eher polyzentrisch zu verstehen, ohne eine zentrale Steuerungs- oder Reflexionsinstanz, in der sich Weltgesellschaft selbst noch einmal abbilden könnte.

Diese drei Merkmale – Erreichbarkeit der Kommunikationen, Relevanz der Ereignisse und Polyzentrizität der Perspektiven – einmal vorausgesetzt, stellt sich die Frage, in welcher Weise, in welchen Formen und mit welchen Folgen Weltgesellschaft tatsächlich zum Ausdruck kommt. Denn die Ausdifferenzierung weltweit operierender Funktionssysteme sagt noch nichts über deren Bedeutung für konkrete alltägliche Interaktionen, für die Organisationen des Staates, der Wirtschaft, des Rechts und für die Leistungsbeziehungen zwischen all diesen Feldern. In diesen alltäglichen Beziehungen erleben wir allerdings vielfach globalisierte, also an der Existenz von Weltgesellschaft orientierte Kommunikationen und Handlungen. Es macht vor diesem Hintergrund Sinn, nicht nur die Evolution weltweit operierender Funktionssysteme, sondern auch und vor allem das Sich-Einstellen von Organisationen und Interaktionen auf Bedingungen der Weltgesellschaft als Globalisierung zu bezeichnen und auf die zugrunde liegenden Dynamiken und Strukturen hin zu untersuchen. Globalisierung ist dann jener Prozess, in welchem Weltgesellschaft auf lokaler, regionaler, nationaler oder transnationaler Ebene in Funktionssystemen, Organisationen, Interaktionen und in den vielfältigen Beziehungen zwischen diesen verschiedenen Feldern zum Ausdruck kommt.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Rolle von Technik in einer solchermaßen globalisierten Welt. Denn Globalität verändert offenkundig nicht nur das allgemeine Verständnis von Gesellschaft und Politik, sondern auch dasjenige von Technik, Technikfolgen und Technikregulierung. [2] Technik hat wie andere soziale Phänomene auch in der Moderne weltgesellschaftliche Züge angenommen. Und umgekehrt konstituiert sich Weltgesellschaft nicht zuletzt infolge technischer Innovationen, etwa auf dem Gebiet der Kommunikations- und Verkehrstechnologien. Diese globale Dimension von Technik selbst kommt auf allen Ebenen der Technikgenese, der Technikanwendung und der Technikfolgen zur Geltung. Damit wird deutlich, dass Technik, Technikfolgen- abschätzung und Technikregulierung in der modernen Gesellschaft nicht an Ländergrenzen gebunden sein können.

Das gilt erstens für ihre Entstehungsbedingungen (Technikgenese). Kooperation in weltweiten Netzwerken und handgreifliche Beispiele wie die so genannte Open-Source-Software (wie etwa Linux), aber auch das Human Genome Project, das Internet und dessen mögliche Folgetechnologien sowie die Nanobzw. Nanobiotechnologie sind Ausdruck dafür. Hinzu kommt, dass klassische Technologien weltweit weiterentwickelt werden, nicht zuletzt in global agierenden Unternehmen. Die Produktion von technischen Gütern selbst ist global vernetzt. Der Bezugsrahmen von Technikentwicklung ist die Weltgesellschaft. Das gilt zweitens für ihre Anwendung. Wer Gentests durchführen will, kann sich heute auf einem globalen Markt mithilfe des World Wide Web nach Angeboten umsehen. Wer eine telefonische Auskunft will, wird von deutschsprachigen Mitarbeitern in einem Call Center in Indien bedient. Energieversorgungsnetze – allgemein großtechnische Systeme – sind seit Jahrzehnten über die politischen Grenzen von Nationalstaaten hinausgewachsen. Technik selbst hat also globale Dimensionen.

Das gilt schließlich drittens für die Technikfolgen. Auf einer allgemeinen Ebene kann man ohne Übertreibung behaupten, dass weltgesellschaftliche Strukturen selbst ohne Technik gar nicht vorstellbar sind. Sie basieren wesentlich auf dem Umstand, dass Ereignisse heute mit Hilfe technischer Kommunikationsmedien unmittelbar weltweit wahrnehmbar sind und von daher ihre Relevanz gewinnen. Darüber hinaus sind spezifische Technikfolgen in der Weltgesellschaft zu beobachten. Die Themen Klimawandel, genetische Ressourcen, Energie, aber auch die Auswirkungen globaler Verkehrs- und Finanzströme auf die soziale Organisation der Güterproduktion und die daran geknüpften vielfältigen Folgen mögen dies verdeutlichen.

Die weltgesellschaftliche Gestalt moderner Technik hat unter solchen Bedingungen Implikationen für die Technikregulierung in einem ganz allgemeinen Sinne. Wenn man Regulierung allgemein als policy-orientierte Kombination von Förder- und Kontrollinstrumenten versteht, so ist klar, dass Weltgesellschaft eine enorme Herausforderung für die Technikregulierung darstellt. Transnationale und globale Formen von Regulierung/Governance sind verschiedentlich erkennbar – am ehesten vielleicht auf dem Gebiet des internationalen Handels, aber auch im Bereich der Umweltregime im Kontext der Rio- Konferenz 1992, wie zum Beispiel im Cartagena-Protokoll –, sie sind jedoch auf dem Gebiet der Technikregulierung noch eher unterentwickelt. Auf weltgesellschaftlicher Ebene stellen sich angesichts der oben erwähnten weltgesellschaftlichen Struktur von Technik komplexe Fragen, etwa nach einem globalen Regulierungsansatz, nach denkbaren Instrumenten und relevanten Regulierungsakteuren – insbesondere auch nach Möglichkeiten der Beteiligung von Stakeholdern, NGOs und zivilgesellschaftlicher Öffentlichkeit. Welche Chancen hat Regulierung angesichts der Mobilität von Kapital auf den internationalen Finanzmärkten? Welches sind Formen und Instrumente von Technikregulierung in der Konkurrenzökonomie?

Wenn man weiterhin Technology Assessment im engeren Sinne der konkreten Folgenabschätzung und Bewertung von Wissenschaft und Technik betrachtet, so stellen sich im Hinblick auf die weltgesellschaftlichen Strukturen von Technik und Politik unmittelbar folgende Fragen: Wo finden Prozesse des Technology Assessment im Hinblick auf globale Strukturen statt, wo müssten sie angesichts der skizzierten Entwicklungen stattfinden? Welche Zielvorstellungen (Nachhaltigkeit, angepasste Technologien, neue Formen der Produktion wissenschaftlichen Wissens) und welche Maßstäbe, welche Verfahren des Assessment lassen sich im Hinblick auf globale Herausforderungen denken? Muss globale TA nach dem Modell des „schwächsten Gliedes (Nationalstaats) der Kette“ ablaufen? Ist TA eine Idee der OECD-Welt? Welches wären die inhaltlichen und institutionellen Perspektiven einer TA in der Weltgesellschaft? Wie sehen Form und Rolle von partizipativer TA auf Ebene von Weltgesellschaft aus? Welches wären die Kriterien von TA unter globalen Bedingungen? Und wie kann TA zu einem besseren Umgang mit technischen Risiken in der Weltgesellschaft beitragen?

Staatliches Handeln, Technik und Technikfolgenabschätzung, darauf sollte mit diesen wenigen Bemerkungen hingewiesen werden, sind unhintergehbar in die Strukturen der Weltgesellschaft eingelassen und können angemessen nur vor dem Hintergrund entsprechender Theorieangebote verstanden werden. Dabei geht es nicht um einen Abschied von der Tradition der TA, im Gegenteil: Die genannten Beispiele sollen andeuten, dass das Thema „TA in der Weltgesellschaft“ einerseits klassische Fragen und Leitmotive der TA aufgreift, dass es diese aber andererseits in spezifischer und durchaus innovativer Weise erweitert, indem es TA vor die Frage stellt, ob sie sich konzeptionell, in ihren Instrumenten und in der Praxis ihrer Politikberatung bereits auf die Gegebenheiten weltgesellschaftlicher Vernetzung eingestellt hat.

Die Beiträge des Bandes nähern sich der zentralen Fragestellung aus sehr unterschiedlichen Perspektiven, mit verschiedenen Absichten und auf sehr heterogenem theoretischem Niveau. Sie sind in drei Abteilungen gegliedert. Dabei geht es erstens um den Formwandel der Technik und deren globale Gestalt, zweitens um einen Formwandel von Technologiepolitik und deren globale Dimension sowie drittens um einen Formwandel der Technikfolgenabschätzung, deren Methodik und Instrumente.

Der erste Teil „Technik und Weltgesellschaft (Genese, Anwendung, Folgen)“ eröffnet im Kontakt zwischen Grundlagenforschung und Praxis entlang der skizzierten Grundsatzfragen die Perspektive von TA-Praxis und -Forschung auf weltgesellschaftliche Phänomene und diskutiert die erforderliche Orientierung der TA-Community auf globale Problemlagen hin. Die Beiträge wollen Anstöße dazu geben, die theoretischen und konzeptionellen Anforderungen angesichts der skizzierten Problemlagen zu reflektieren und gegebenenfalls Weiterentwicklungen und Neubewertungen anzustoßen, neue theoretische und konzeptionelle Ansätze mit methodischen Aspekten zu verknüpfen und dies auch im Hinblick auf die gegebenenfalls erforderliche Einbeziehung neuer Akteure in die Prozesse von TA zu reflektieren. So untersucht Jörg Potthast unterschiedliche Muster des Umgangs mit den Pannen globaler Technik und bezieht diese auf die Konzepte der Welt-Netzwerkgesellschaft und der Welt-Organisationsgesellschaft. Alexander Bogner und Wolfgang Menz weisen am Beispiel des koreanischen Stammzellforschers Hwang nach, dass sich angesichts globaler Technik auch weltgesellschaftliche Strukturen der Ethik als Reflexionsinstanz beobachten lassen. Wolfgang Liebert diskutiert das Frühwarnpotenzial von TA bei globalen Entwicklungen in der Nukleartechnologie. Oliver Parodi plädiert angesichts der weltgesellschaftlichen Entwicklung und der Einbindung von Technik in kulturelle Zusammenhänge für eine kulturwissenschaftliche Erweiterung der TA-Debatte. Eckhard Störmer, Jochen Markard und Bernhard Truffer demonstrieren an der regionalen Abwasserpolitik die Implikationen globaler Technik. Hans-Joachim Petsche diskutiert am Beispiel des Internets, das als prototypisch für globale Technik gelten kann, die kulturelle Diversität des Umgangs mit dieser Technologie. Georg Aichholzer beschäftigt sich mit der globalen Verbreitung von e-Government und mit der Wirkungsabschätzung der bisherigen Implementierung entsprechender Programme. Arnd Weber vergleicht mobile Dienste in Japan und Deutschland. Karsten Weber zeigt sehr anschaulich die mikrostrukturellen Implikationen weltgesellschaftlicher Technik. Sein Beitrag macht deutlich, dass weniger die soziotechnischen Visionen der Technikanbieter als vielmehr der lokal angepasste Gebrauch global angebotener Technik hilft, die digitale Spaltung (digital divide) zu schließen. Das spricht, wie der Beitrag deutlich macht, keineswegs gegen die Annahme weltgesellschaftlicher Strukturen, ganz im Gegenteil: Diese begegnen uns als lokal verankerte, im Horizont lokalen Handelns relevante Bezüge. Und gleichzeitig wird sichtbar, dass die lokale Praxis nur noch im Kontext weltgesellschaftlicher Strukturen sinnhaft interpretierbar bleibt.

Der zweite Teil „Governance und globale Steuerungsformen“ beschäftigt sich mit dem Regulierungsbedarf globaler Technik. Aus dem weltumspannenden Charakter der Entwicklung, Anwendung und Folgenbedeutsamkeit von Technik erwachsen relevante Chancen wie auch Risiken, die es zu erkennen gilt. Aufgabe von Technology Assessment ist es, diese Potenziale für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft abzuschätzen und zu einer wertebezogenen, besonders zu einer demokratie-, sozial-, umweltverträglichen und nachhaltigen Technikgestaltung beizutragen. Angesichts der neuen Dimension von Technik reichen die traditionellen – auf den Nationalstaat bezogenen – Instrumente des Regierens nicht aus, um die wachsenden globalen Gestaltungsaufgaben zu lösen. Einen Ansatz, um angesichts dieser Steuerungsproblematik dennoch politische Gestaltungsfähigkeit zu erzielen, stellt Governance dar. Ausgangspunkt ist die wachsende Bedeutung institutionalisierter Verhandlungssysteme auf lokaler, regionaler, nationalstaatlicher, supranationaler und internationaler Ebene mit dem Ziel der Bewältigung politischer Probleme. Im Rahmen von Governance ist der Nationalstaat nicht mehr das gesellschaftliche Steuerungsund Koordinationszentrum, sondern entwickelt sich zur Koordinationsinstanz der Gesellschaft. Seine Aufgabe liegt mehr und mehr im Management von Interdependenzen zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren in Mehrebenensystemen. Governance beinhaltet ein weites Spektrum von zivilgesellschaftlicher Selbstregulierung, unterschiedlichen Formen des Zusammenwirkens staatlicher und privater Akteure bis zum hoheitlichen Handeln des Staates. Governance schließt in diesem Verständnis sowohl externe Steuerung als auch Selbststeuerung ein. Aus der Vielzahl unterschiedlicher Governance- Modelle (wie „good governance“, „economic governance“, „european governance“, „functional governance“) kommt für die Abschätzung und Gestaltung globalisierter Technik dem Konzept der Global Governance eine besondere Bedeutung zu. Global Governance lässt sich – dem Verständnis der Enquete- Kommission des Deutschen Bundestages folgend – als ein Ansatz charakterisieren, der die Bearbeitung globaler Probleme mit zunehmender Komplexität und Interdependenz zum Auftrag hat.

Volker Schneider befasst sich in seinem Einleitungsbeitrag „Entwicklungspfade von Governance in einer zunehmend komplexen Weltgesellschaft“ aus evolutions- und komplexitätstheoretischer Sicht mit der Governance technischer Systeme. Am Beispiel der Telekommunikation wird die Entwicklung der Governance-Strukturen für sechs Länder aufgezeigt. Für ein angemessenes Verständnis der komplexen Veränderungen der Koordinationsstrukturen und Ordnungsmechanismen im Bereich der Telekommunikation wird das Modell der Wanderung durch eine evolutionäre Anpassungslandschaft vorgestellt. Die folgenden Beiträge des Panels knüpfen an die Analyse der Bedeutung von Governance als Steuerungs- und Koordinationsmechanismus an. Die erste Gruppe von Beiträgen nimmt konvergente Technik zum Ausgangspunkt ihrer Analysen zum Sektionsthema „Globale Politik“. Michael Latzer untersucht, wie sich durch Globalisierung das Verhältnis von TA und Governance verändert. Das empirische Beispiel stellt der Mediamatiksektor dar. Governance wird eine zentrale Rolle als analytisches Instrument für TA zugewiesen. Petra Schaper- Rinkel arbeitet die Bedeutung von Governance für den Bereich der Nanotechnologie heraus. Der Beitrag rekonstruiert wichtige Aspekte der globalen Diskursordnung über Nanotechnologie und untersucht die Relevanz für TA. Christiane Quendt, Torsten Fleischer und Michael Rader befassen sich mit der Regulierung von Converging Technologies (CT). Die Autoren werfen einen Blick darauf, welche Bedeutung den (zumindest) prognostizierten Innovationspotenzialen aus der Konvergenz von Nano-, Bio- und Informationstechnologie und Kognitionswissenschaften im Lichte geistes- und sozialwissenschaftlicher Forschung zukommt. Georg Simonis ist die Herausbildung transnationaler eUniversities Anlass, die Veränderung der Universitätssysteme im Blick auf die neuen Bedingungen der global vernetzten Wissensgesellschaft zu diskutieren. Es wird gezeigt, dass die Institutionalisierung transnationaler eUniversities zu Gestaltungs- und Governance-Problemen führt, deren Bearbeitung einer ganzheitlich angelegten TA bedarf. Ein zweiter Themenschwerpunkt ist die Analyse von Nachhaltigkeit. Das Interesse von Claudia Kaiser und Justus von Geibler ist auf die Möglichkeiten und Grenzen gerichtet, technologische Innovationen mithilfe von Management- und Bewertungsinstrumenten zu gestalten. Damit frühzeitig Nachhaltigkeitsaspekte implementiert werden können, wird die Bedeutung der Informationsverfügbarkeit und der Steuerungsmöglichkeit im Zeitverlauf betont. Brigitte Biermann richtet den Blick auf einen anderen bedeutsamen Aspekt von Nachhaltigkeit: auf die Bedingungen (erfolgreicher) Ernährungspolitik. Es wird argumentiert, dass Technology Assessment und Nachhaltigkeitsansätze nicht nur Parallelen aufweisen, sondern darüber hinaus das Potenzial beinhalten, sich wechselseitig zu befruchten. Governance-Forschung wird für TA-Analysen zur Nachhaltigkeitsforschung eine hohe Bedeutung beigemessen. Der dritte Referenzpunkt liegt in der Analyse von Gefährdungen von Sicherheit im Rahmen „Globaler Politik“. Thomas Petermann und Constanze Scherz thematisieren die Risiken der Biometrie als eine transnationale politische Sicherheitsstrategie. Die Analyse zeigt, dass Konzeption und Umsetzung dieser Form von Sicherheitspolitik das Potenzial zu ernstlichen Gefährdungen der Bürgerrechte beinhalten. Walter Peissl greift in seinem Beitrag ein weiteres wichtiges Problemfeld der Sicherheitspolitik auf: die Folgen der fortschreitenden und intensivierten Durchdringung des täglichen Lebens durch kontrollmächtige Informationsund Kommunikationstechnologien. Um Ansatzpunkte zu bestimmen, wie aus Sicht der TA das Grundrecht auf Privatheit geschützt werden kann, werden Projektergebnisse aufgezeigt, die im Rahmen der Zusammenarbeit von sechs europäischen TA-Einrichtungen erarbeitet wurden. Mit einem ganz anderen 24 Alfons Bora, Stephan Bröchler, Michael Decker Aspekt von Sicherheit befasst sich Bettina Rudloff: der Sicherung von Standards in der Lebensmittelpolitik. Der Beitrag thematisiert Spielräume und Grenzen der Festlegung gesellschaftlicher Risikoniveaus und entsprechender Instrumente im Spannungsverhältnis der Ziele der Welthandelsorganisation (WTO) und nationalstaatlicher Lebensmittelsicherheitspolitik und hinterfragt den Beitrag von TA-Analysen in diesem Bereich.

Im dritten Teil geht es um „TA-Konzepte und Methoden“. Die TA ist in nationalen Handlungs- und Politikfeldern entstanden. Dadurch, dass sie zumeist als Politikberatung auf regionaler oder nationaler Ebene konzipiert wurde, waren auch die entsprechenden Konzeptionen und Methoden den jeweiligen regionalen oder nationalen politischen Traditionen und Entscheidungsstrukturen angepasst. Ein Blick auf die Vielfalt der europäischen parlamentarischen TA-Institutionen in Bezug auf Aufgaben, institutionelle Einbettung, Verhältnis zur Öffentlichkeit, Verhältnis zum Wissenschaftssystem usw. verdeutlicht diese Verhaftung der TA in den jeweiligen Traditionen und Kontexten.

Dies mag für viele Zwecke und Situationen auch heute noch angemessen sein und vielleicht – z. B. angesichts eines "Europas der Regionen" – sogar als besonders zeitgemäß erscheinen. Vor dem Hintergrund der "Weltgesellschaft" stellt sich diese Regionalität jedoch teils als eine "Provinzialität" dar. Technikfolgenprobleme sind grenzüberschreitend und teils global, sowohl in Bezug auf ihre Entstehungsursachen als auch in Bezug auf ihre Ausprägung, und sie erwarten daher auch eine globale Antwort. Ihnen mit den überkommenen Konzepten und Methoden regionaler TA zu Leibe zu rücken, dürfte nur in Ausnahmefällen problemadäquat sein.

TA verstanden als Politikberatung sieht sich darüber hinaus mit der Situation konfrontiert, dass die nationalen Entscheidungsräume kleiner werden und dass neue internationale Verhandlungsregime entstehen, in denen Entscheidungen getroffen werden, die früher auf nationaler Ebene fielen. So verbindet sich z. B. mit dem Konzept "Global Governance" der Versuch, angesichts der erkennbaren politischen Steuerungsdefizite die vielfältigen globalen Probleme und die Phänomene des globalen Wandels beherrschbar(er) zu machen und die Globalisierungsprozesse vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Zielvorstellungen, z. B. des Nachhaltigkeitsleitbildes zu gestalten. Ziel ist die Wiedergewinnung staatlicher Handlungsfähigkeit und die bessere Erfüllung des staatlichen Gestaltungsauftrags. Sie soll durch eine Transformation nationalstaatlicher Politik erreicht werden, eingebettet in ein neues Mehrebenen-Politikmodell kooperativer globaler Steuerung. Idealtypisch interagieren darin staatliche mit nicht-staatlichen Akteuren auf globaler, nationaler und lokaler Ebene mithilfe verschiedenster formeller und informeller Politikmechanismen. In der Praxis existieren bereits verschiedenste Elemente einer Global Governance. International ausgehandelte Regime wie etwa zur Klimaproblematik sind ebenso dazu zu zählen wie die zahlreichen nationalen und transnationalen Kommissionen, Organisationen und Netzwerke zu verschiedensten Themen oder auch die Aktivitäten auf supranationaler Ebene im Rahmen der Vereinten Nationen oder der EU.

Wenn sich auf diese Weise die Politik als ein wesentlicher Adressat der TA strukturell verändert, dann bedarf es auf der Seite der TA Überlegungen, wie mit diesen Veränderungen konzeptionell und methodisch angemessen umzugehen ist, um dem Analyse- und Beratungsauftrag in der veränderten Situation gerecht zu werden. Die Ausgangsdiagnose ist, dass die TA darauf derzeit noch ungenügend vorbereitet ist. Diese Diagnose weist darauf hin, dass TA vor neue konzeptionelle und methodische Herausforderungen gestellt wird. Dabei wird die bisherige Toolbox der TA nicht entwertet, sondern sie wird um für die Weltgesellschaft relevante Neu- oder Weiterentwicklungen erweitert.

Der Frage, inwieweit sich ethische Reflexion in diesem Sinne zu einer "Weltethik" weiterentwickeln kann und sollte, widmet sich Gotthard Bechmann. Insbesondere vermisst er bei einer solchen globalen Ethik eine Instanz, die in der Lage wäre, eine solche umzusetzen. Michael Decker analysiert aus methodischer Perspektive die Möglichkeiten partizipativer TA im europäischen und globalen Kontext. Aufbauend auf Erkenntnissen des EU-Projekts TAMI ("Technology Assessment in Europe – Between method and impact") empfiehlt er – insbesondere für eine politikberatende TA – eine von partizipativen Elementen flankierte Experten-TA. Die Möglichkeiten und Grenzen partizipativer TA wurden dann, entsprechend der Konzeption der Sektion, zur zentralen Fragestellung. Hans-Liudger Dienel sieht im Wandel der Institutionen auf europäischer Ebene eine Chance für partizipative TA. Anhand zweier Fallbeispiele wird diese These sowohl in einem weiteren Sinne, bezogen auf Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung, als auch in einem engeren Sinne mit Blick auf direkte Einbeziehung europäischer BürgerInnen in eine Strategiedebatte zur Zukunft Europas dargelegt. Kritischer bewerten Gabriele Abels und Marc Mölders das nach ihrer Aussage erste paneuropäische partizipative TA-Verfahren "Meeting of Minds", das sich mit neuesten Entwicklungen der Hirnforschung und deren gesellschaftlichen und ethischen Folgen befasst. Sie würdigen zwar die innovative Herangehensweise, insbesondere vor dem Hintergrund der enormen politischen Herausforderung. Sie weisen aber auch auf Defizite hin, insbesondere in Bezug auf die politikberatende Funktion von TA. Partizipation stellt in Stephan Albrechts Vergleich zweier Assessments nur eines unter mehreren Bewertungskriterien dar. Beide Assessments widmen sich großen globalen Themen: zum einen dem menschlichen Wohlergehen und der Umwelt und zum anderen der Armut- und Hungerbekämpfung durch intelligentere Landnutzung.

Die folgenden Beiträge fokussierten auf Techniken bzw. Technikbereiche, die in globalen Zusammenhängen analysiert werden müssen: Transgenes Saatgut, Nanotechnologie und Energieversorgung. Arnold Sauter zeigt den globalen Bezug bei der Bewertung von transgenem Saatgut in fünf Dimensionen und berichtet von den konkreten Ergebnissen zweier ähnlicher TA-Projekte, die in einem zeitlichen Abstand von zwölf Jahren durchgeführt wurden. Andreas Lösch geht im Zusammenhang mit der Nanotechnologie insbesondere auf futuristische Visionen ein, die – getragen von bildlichen Darstellungen – ein zentrales Element in der Medienöffentlichkeit der Nanotechnologie spielen. Er beschreibt, dass diese bildlichen Szenarien die wirtschaftliche, massenmediale aber auch die wissenschaftliche Verständigung anregt, ja vielleicht erst ermöglicht. Er sieht daher einen Bedarf an TA in der öffentlichen Wissenschaftskommunikation. Visionen sind auch der Untersuchungsgegenstand von Kerstin Schäfer und Holger Braun-Thürmann. Sie untersuchten, exemplarisch an Jeremy Rifkins Vision der Wasserstoffwirtschaft, in welchem Umfeld Visionen Wirkkraft im politischen und wirtschaftlichen Bereich entwickeln können. Ebenfalls im Energiebereich ist der Beitrag von Ulrike Beisel und Melanie Jäger angesiedelt. Am Fallbeispiel des Einsatzes kleiner, dezentraler Techniken zur Gewinnung erneuerbarer Energie in Madagaskar untersuchten sie, welche Akteure in Zusammenhang mit der Implementierung dieser Technik auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene auftraten. Besonderes Augenmerk richteten sie dabei auf das Machtgefüge in diesem „Multiakteursnetzwerk“.

Traditionell wurden bei den Tagungen des Netzwerks TA auch die „Nachfrageseite“ bzw. die Adressaten der Technikfolgenabschätzung eingeladen, ihre Sicht auf die Entwicklungen hin zu einer „Weltgesellschaft“ darzustellen. Herr Klaus Töpfer zielt als ehemaliger Direktor des UN-Umweltprogramms insbesondere auf globale Umweltveränderungen ab und ging in seinem Vortrag insbesondere auf die daraus resultierenden Konsequenzen für die Technikentwicklung und die Technikfolgenabschätzung ein. Dabei unterstrich er insbesondere die Verantwortung der Industrieländer, durch CO2-Reduktion und innovative Technologien den Klimawandel einzudämmen. Aus der Perspektive der parlamentarischen Technikfolgenabschätzung näherte sich Ulla Burchardt, Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des deutschen Bundestages, dem Thema Weltgesellschaft. Sie fragt nach der demokratischen Legitimation von Governance-Prozessen auf europäischer und globaler Ebene und bezeichnet es als eine wesentliche Aufgabe – auch der Technikfolgenabschätzung –, die „digitale Spaltung“ zu überwinden, um Wissen weltweit jedermann zugänglich zu machen. Otto Bode stellt als Leiter des Referats für Wissenschaftsanalysen und Forschungskoordinierung des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung in seinem Beitrag die Umsetzungsorientierung der TA in das Zentrum seiner Analyse. Er betont, dass TA auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Parlamente und der Ministerien – als Umsetzende der parlamentarischen Entscheidung – eingehen muss. Anhand des Konzepts der Innovations- und Technikanalyse stellt er einen Fragenkatalog vor, der den Bedarf der Exekutiven auf den Punkt bringt. Dietmar Theis von der Siemens AG erläuterte in seinem Vortrag, wie weitgehend Technikentwicklung bereits heute globalisiert stattfindet. Am Beispiel der Siemensforschung stellte er dabei insbesondere die unternehmensinternen Abstimmungsprozesse in den Mittelpunkt, die sich mit den strategischen Überlegungen zur Zukunft des Konzerns beschäftigen.

Die in diesem Band abgebildete Vielfalt der Themen und Zugangsweisen zum Thema „TA in der Weltgesellschaft“ spiegelt einerseits die Vielfalt der TA in Wissenschaft und Praxis wider. Sie dokumentiert andererseits aber auch den Stand der TA-Debatten, die nicht immer schon in vollem Bewusstsein weltgesellschaftlicher Problematiken ablaufen, sondern in mancher Hinsicht noch an dem nationalstaatlichen Entstehungskontext von TA orientiert sind. Die Heterogenität der Beiträge zeigt deshalb zum einen, dass die Debatte über weltgesellschaftliche Implikationen von Technikfolgenabschätzung und -bewertung erst an ihrem Beginn steht. Gerade deshalb erweist sich aber zum anderen auch ein hoher Bedarf an theoretischer Reflexion und an empirischer Arbeit auf diesem Gebiet. Insofern stellt der vorliegende Band den Versuch dar, erste Diskussionsbeiträge zu systematisieren und damit Denkanstöße für weitere Arbeiten und eine breitere Auseinandersetzung mit der globalen Dimension von Technik und Technikfolgenabschätzung zu geben.

Anmerkungen

[1] Im Folgenden werden die Begriffe Weltgesellschaft und Globalisierung weitgehend synonym verwendet, da die Kontroversen, die sich in den Sozialwissenschaften mit dem divergierenden Begriffsgebrauch verbinden, für das hier vorgetragene Argument allenfalls eine untergeordnete Rolle spielen.

[2] Siehe dazu auch den von Thomas Petermann verantworteten Themenschwerpunkt „Entgrenzte Technik und globale Politik“ im TAB-Brief 30, November 2006.

Literatur

Greve, J.; Heintz, B. (2005): Die „Entdeckung“ der Weltgesellschaft. In: Heintz, Bettina; Münch, R.; Tyrell, H. (Hg.): Weltgesellschaft. Theoretische Zugänge und empirische Problemlagen. Zeitschrift für Soziologie. Sonderheft. Stuttgart, S. 89-119

Luhmann, N. (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. 2 Teilbände. Frankfurt am Main; Kaufmann, Franz-Xaver (1998): Globalisierung und Gesellschaft. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. Bd. 18/19, 24. April 1998

Nassehi, A. (1998): Die „Welt“-Fremdheit der Globalisierungsdebatte. Ein phänomenologischer Versuch. In: Soziale Welt (49) 1998, 2, S. 151-182 (162); Robertson, R. (1995): Glocalization: Time-Space and Homogeneity-Heterogeneity. In: Featherstone, M.; Lash, S.; Robertson, R. (Hg.): Global Modernities. London, S. 25-44

Schütz, A. (1982): Das Problem der Relevanz. Herausgegeben und erläutert von Richard M. Zaner. Mit einer Einleitung von Thomas Luckmann. Frankfurt am Main

Stichweh, R. (1995): Zur Theorie der Weltgesellschaft. In: Soziale Systeme (1) 1995, 1, S. 29-45 (33); Robertson, Roland (1992): Globalization. Social Theory and Global Culture. London, 8; Giddens, Anthony (1996): Konsequenzen der Moderne. Frankfurt am Main, S. 28 ff.

Erstellt am: 03.12.2007 - Kommentare an: webmaster