Thomas Petermann, Christopher Coenen, Reinhard Grünwald

Aufrüstung im All

Technologische Optionen und politische Kontrolle

Berlin: edition sigma 2003, (Reihe "Studien des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag", Bd. 16), ISBN 3-89404-825-5, 183 Seiten, 18,90 Euro
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Einleitung

Die Nutzung verbesserter und erweiterter technologischer Optionen wird auch in den nächsten Jahren entscheidende Auswirkungen auf die Rolle und Handlungsmöglichkeiten der Streitkräfte sowie die Stabilität des internationalen Staatensystems haben. Neue Technologien ermöglichen die Verbesserung vorhandener und die Nutzung neuartiger wehrtechnischer Systeme und eröffnen für Politik und Streitkräfte bislang nicht realisierbare Handlungsoptionen.

Neue Technologien und Rüstungsdynamik

Insbesondere in den Bereichen Biotechnologie, Mikrosystemtechnik, Nanotechnologie, Lasertechnologie, Sensorik, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Robotik haben in den letzten Jahren Entwicklungen von besonderer Relevanz für die Wehrtechnik stattgefunden. Sie betreffen unter anderem Technologien zur Tarnung, zum Einsatz von Präzisions- und Distanzwaffen sowie miniaturisierter Waffensysteme, zur zeitnahen Gefechtsaufklärung, zur Steuerung, Kommunikation und Zielplanung.

In den Bereichen Laser- und Schwerionenfusion wird Forschung und Entwicklung betrieben, die weitere technologische Optionen bei den Massenvernichtungswaffen ermöglichen können (Miniaturbomben). Ergebnisse der biologischen und chemischen Forschung können ebenfalls neuartige Massenvernichtungswaffen möglich machen.

Die rasanten Fortschritte auf dem Gebiet der IuK-Technologien ermöglichen eine zunehmende informationstechnische Vernetzung moderner Streitkräfte sowie globale Aufklärungs- und Kommunikationssysteme als Voraussetzung für neue Missionen und Methoden der Kriegsführung. Wie u.a. die Erfahrungen aus dem Golfkrieg und den Kriegen im Kosovo und in Afghanistan gezeigt haben, können regionale und insbesondere globale militärische Operationen effektiv nur im Zusammenhang mit Aufklärungs- und Frühwarnsystemen betrieben werden, die weltraumgestützt sind. Entwicklungsziele sind deshalb die Verbesserung der Struktur von Satellitenplattformen, der Antriebs- und Versorgungstechnik, der Navigation sowie der Funktions- und Überlebensfähigkeit von Satelliten.

Die angestrebte Informationshoheit in militärischen Auseinandersetzungen und die Digitalisierung des Schlachtfeldes führen aber auch zu neuen Problemen, etwa bei der Standardisierung und Interoperabilität von IT-Systemen, und sie erhöhen die Verwundbarkeit. Optionen künftiger Informationskriegsführung wie Information Operations, Cyberwar oder Hackerwar bringen neue Risiken mit sich und gefährden potenziell die internationale Stabilität.

Präventive Rüstungskontrolle und Weltraumrüstung

Rüstungskontrolle muss sich den strukturellen Veränderungen des internationalen Systems, aber auch den Herausforderungen durch die technologische Dynamik des Informationszeitalters stellen. Auf der Agenda einer vorbeugenden Rüstungskontrollpolitik sollten - auch unter den veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen - so früh wie möglich die Beurteilung und Gestaltung militärrelevanter Forschung, Entwicklung und Erprobung und ihrer Folgen stehen.

Dies gilt auch für die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen im Bereich der militärischen Weltraumnutzung. Nicht zuletzt aufgrund neuer technischer Möglichkeiten wird dem Weltraum aus Sicht der militärischen Planer, aber auch der Sicherheitspolitik zunehmend eine Schlüsselfunktion zugeschrieben. Weltweit wachsen die militärischen Ausgaben für Forschung und Entwicklung bei Konzepten, Technologien und Systemen. Die USA sind die Treiber dieser Entwicklung. Der Weltraum wird dort zunehmend als eine zentrale zivile und militärische Ressource mit höchster Priorität eingeschätzt. Seine militärische Nutzung eröffnet in der Wahrnehmung von Militär und Politik zahlreiche attraktive Optionen zur Gewinnung und Sicherung der Informationshoheit, zum Schutz der Weltrauminfrastruktur einschließlich der zivilen Satellitensysteme, zur Prävention, zur Abschreckung und zur Kriegsführung.

Ihre militärischen und ökonomischen Handlungsmöglichkeiten, die auf der jetzigen und zukünftigen Nutzung des Weltraums beruhen, werden von den USA zugleich als bedroht betrachtet. Deshalb werden finanzielle, technologische und organisatorische Anstrengungen unternommen, um die bestehenden Möglichkeiten und Fähigkeiten intensiver zu nutzen, zu verbessern, auszubauen und zu schützen. Mit Hilfe einer verbesserten Wissenschafts- und Technikbasis sollen neue Optionen zur defensiven und offensiven Nutzung des Weltraums geschaffen werden. Andere Länder und Akteure wie China, Russland und die EU prüfen ebenfalls Optionen der militärischen Weltraumnutzung - wenngleich in erheblich geringerem Umfang. Aus diesem Grund, aber auch, weil die Quellenlage für die USA besser ist (als beispielsweise für Russland oder China), stehen die USA als politische und technologische Führungsnation im Mittelpunkt der Betrachtung.

Bei den genannten Entwicklungen sind in besonderem Maße solche von Bedeutung, die einen Übergang von einer eher passiven Nutzung des Weltraums - durch Systeme der Aufklärung, Kommunikation und Steuerung - zu einer „weaponization“ des Alls bedeuten: Damit ist vor allem die Option der Stationierung von Waffensystemen zum Einsatz im, in den und aus dem Weltraum angesprochen. Aus rüstungskontrollpolitischer Sicht bereitet diese Tendenz Sorgen, zeigt sich doch, dass das bestehende weltraumrechtliche Instrumentarium und die vorliegenden Rüstungskontrollvereinbarungen nicht geeignet sind, eine weitere Militarisierung des Weltraums zu bremsen, geschweige denn zu verhindern. In diesem Sinn ist auch der Beschluss der UN-Vollversammlung von 2001 zu verstehen: Die einstimmig (bei Enthaltung der USA, von Israel, Georgien und Mikronesien) angenommene Resolution unterstreicht, dass zur Verhütung eines Wettrüstens im Weltraum weitere Maßnahmen mit geeigneten Verifikationsbestimmungen erforderlich sind.

Beauftragung des TAB

Der Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung hat aufgrund der Bedeutsamkeit technologischer Entwicklungen für die Sicherheits- und Rüstungskontrollpolitik angeregt, das TAB mit der kontinuierlichen Bearbeitung des Themenfeldes zu beauftragen. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat diese Anregung im Juli 2001 zustimmend aufgegriffen und das TAB mit der Durchführung eines kontinuierlichen Monitoring „Neue Technologien und Rüstungskontrolle“ beauftragt. In dessen Rahmen kann zukünftig eine Folge von Sachstandsberichten zu jeweils vom Unterausschuss für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung zu beschließenden Themen erarbeitet und vorgelegt werden.

Nach Absprache mit dem fachlich zuständigen Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung soll sich der erste Sachstandsbericht mit dem Thema „Militärische Nutzung des Weltraums und Möglichkeiten der Rüstungskontrolle im Weltraum“ befassen. Dieser Beschluss trägt der zunehmenden Bedeutung des Themenfeldes auch für die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands Rechnung.

Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes

Im vorliegenden Bericht wird auftragsgemäß die Thematik der Raketenabwehr mit geringerer Priorität in den zu betrachtenden Gesamtkomplex „Weltraumrüstung“ einbezogen. Der Schwerpunkt liegt auf terrestrischen und weltraumbasierten Waffensystemen zur Bekämpfung von Weltraumobjekten (z.B. luft- und raumgestützte Laser oder Kampfsatelliten) bzw. auf weltraumgestützten Waffensystemen zur Bekämpfung von Zielen auf der Erde, in der Luft oder auf See (z.B. raumgestützte Laserwaffen). Die technologischen und rüstungskontrollpolitischen Aspekte der US-amerikanischen Aktivitäten zur Abwehr ballistischer Raketen, die bereits Gegenstand ausführlicher Erörterungen in der wissenschaftlichen Literatur gewesen sind (vgl. z.B. Bielefeld/Neuneck 2001), werden aber dort aufgegriffen und diskutiert, wo sie - bei der Betrachtung des politisch-strategischen Gesamtkomplexes sowie der rüstungskontrollpolitischen Aspekte - besonders eng mit dem Bereich der Weltraumrüstung verknüpft sind.

Dies soll kurz erläutert werden: Die Abwehr ballistischer Raketen kann als Teil des Themenkomplexes Weltraumrüstung u.a. aus drei Gründen gelten. Zum einen durchqueren Raketen bzw. ihre Sprengköpfe auf ballistischen Flugbahnen auf dem Weg zu ihrem Ziel zum Teil den Weltraum. Zum zweiten sind - zur Detektion von Starts, zur Flugbahnverfolgung und zur Steuerung von Abfangraketen - Frühwarnsysteme und Sensoren im Weltraum erforderlich. Drittens können Abfangkörper (oder Lasersysteme) im Weltraum stationiert sein (und ggf. auch gegen Systeme im Weltraum eingesetzt werden).

Rüstungskontrollpolitisch gesehen ist die Abwehr ballistischer Raketen ebenfalls eng verschränkt mit Weltraumrüstung und Weltraumwaffen. Alle Systeme - unabhängig von ihrem Stationierungsort -, die fähig sind (bzw. dafür entwickelt werden) Interkontinentalraketen zu attackieren, besitzen auch die inhärente Fähigkeit, Satelliten anzugreifen. Ein land- oder seegestütztes Raketenabwehrsystem beispielsweise kann auch Satelliten angreifen; ein raumgestütztes System (wie ein Laser oder ein Lenkflugkörper) dürfte in der Regel ebenfalls die Fähigkeit einer Anti-Satelliten-Waffe haben.

Der Bericht trägt diesem Umstand der Verknüpfung und Überschneidung insofern Rechnung, als in Kapitel II, IV und V Technologien und Systeme der ballistischen Raketenabwehr in die Betrachtung miteinbezogen werden.

Zur Notwendigkeit einer frühzeitigen politischen Bewertung neuer Technologien

Ein Rückblick in das Zeitalter der Blockkonfrontation zeigt die überragende Bedeutung der Technik in der Auseinandersetzung der Systemkonkurrenten und für die Stabilität des internationalen Staatensystems. Viele Beispiele belegen, dass politische Entscheidungen zur Förderung neuer Waffentechnologien und damit zur Verbesserung und Erweiterung des Spektrums militärischer Optionen Bedrohungswahrnehmungen förderten, Anlässe für Gegenmaßnahmen waren und bestehende Rüstungskontrollvereinbarungen gefährdeten. Neue waffentechnologische Entwicklungen und Systeme wirkten destabilisierend auf das System der gegenseitigen Abschreckung, wenn sie die Vorteile eines Überraschungsangriffs erhöhten oder die Rüstungskontrolle erschwerten. Destabilisierung war häufig Folge mehrerer paralleler technisch bedingter Entwicklungen: z.B. der Einführung von Langstreckenraketen, des Übergangs zu Mehrfachgefechtsköpfen, der Erhöhung der Zielgenauigkeit von Trägersystemen. Auch als defensiv legitimierte Systeme zur Abwehr ballistischer Raketen hatten das Potenzial für destabilisierende Wirkungen, weil sie in einer Krise die Wahrscheinlichkeit eines Erstschlages erhöhten. Verstärkt wurde dieser Effekt durch neue offensive Systeme (z.B. Interkontinentalraketen mit Mehrfachsprengköpfen).

Die Notwendigkeit präventiver Rüstungskontrolle (Petermann et al. 1997) ergibt sich zum einen aus einer möglichen Gefährdung der Stabilität. Neue militärische Optionen im Zusammenhang mit dem „Medium“ Weltraum werden vor allem dann destabilisierend wirken und das Konfliktrisiko erhöhen, wenn sie Vorwarnzeiten verkürzen, den potenziellen Angreifer überlegen machen bzw. erscheinen lassen oder die Zielerfassung in Echtzeit verbessern. Neue Technologien und wehrtechnische Systeme, die demjenigen, der zuerst und entschlossen angreift, einen deutlichen Vorteil verschaffen, erzeugen - auf alle Beteiligten - einen Druck zur Prävention und wirken so destabilisierend. Ohne Zweifel ergeben sich solche Möglichkeiten aus einer intensiven militärischen Nutzung des Weltraums.

Ein zweiter Grund für rüstungspolitische Aktivitäten ist die Gefahr eines neuen (qualitativen) Wettrüstens. Erfahrungen belegen, dass es einen Aktions-Reaktions-Mechanismus im internationalen Staatensystem auch und gerade auf dem Gebiet militärisch relevanter FuE gibt: Anstrengungen einer Seite bzw. eines Akteurs induzieren entsprechende Bemühungen der anderen Seite oder anderer Mitspieler mit dem Ziel, eine Führungsrolle zu übernehmen, aufzuholen oder gleichzuziehen.

Ein entsprechender problematischer Mechanismus ist bei einer beginnenden Intensivierung militärischer Weltraumnutzung nicht auszuschließen: Neue technologische Rüstungsanstrengungen werden von einem Akteur durch das Postulat der Gefahrenabwehr bzw. Risikovorsorge sowie des nationalen Interesses legitimiert. Zugleich wird von der Möglichkeit ausgegangen, dass neue Technologien auch anderen Staaten zur Verfügung stehen werden. Daraus folgt die Notwendigkeit, zusätzlich Gegenmaßnahmen (und Gegen-Gegenmaßnahmen) zu ergreifen. Vergleichbare Wahrnehmungen und Aktivitäten erfolgen auch bei anderen Staaten mit der möglichen Folge einer Rüstungsspirale.

Solche Aktions-Reaktions-Mechanismen würden die Anstrengung zur verbesserten politischen Kooperation durch Vertrauens- und Sicherheitsbildung gefährden und bestehendes Misstrauen bestärken.

Ein dritter Aspekt, der die Notwendigkeit genauer rüstungskontrollpolitischer Analyse begründet, ist der Zusammenhang zwischen Rüstung und knappen öffentlichen Mitteln. Die Fähigkeit zur Kriegsführung weltweit sowie für Aktivitäten im Rahmen von UN-Maßnahmen erfordern umfangreiche Mittel für neue oder verbesserte Technologien z.B. zur Gewährleistung nationaler Führungsfähigkeit und überregional konzipierter Beobachtungs-, Aufklärungs- und Kommunikationssysteme, von Fähigkeiten zur schnellen Fernverlegung, für Mobilität und Flexibilität der Verbände. Die weltweit verfolgten Ziele einer tiefgehenden technologischen Modernisierung der Streitkräfte erfordern und binden also langfristig erhebliche Mittel. Dies begründet die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung. Dazu gehört auch die Erörterung von Alternativen zu einer aufwändigen, kostenintensiven hochtechnologischen Weltraumrüstung mit dem Ziel, Sicherheit durch militärische Systeme zu gewährleisten. Rüstungskontrolle müsste deutlich machen, dass nicht militärische Maßnahmen der Diplomatie, der Vertrauens- und Sicherheitsbildung und rüstungskontrollpolitische Vereinbarungen ebenfalls Sicherheit gewährleisten können - und erhebliche Mittel einsparen helfen.

Letztlich ist mit der Möglichkeit gesteigerter Bedrohungswahrnehmung zu rechnen. Qualitative (Auf-)Rüstung als strukturelle Modernisierung der Streitkräfte eröffnet kontinuierlich neue militärische Optionen. Dies kann zu Bedrohungsvorstellungen führen und provokativ wirken. Ob in einer ernsthaften Krise der bewaffnete Konflikt begonnen oder eher Zurückhaltung geübt wird, hängt mit diesen Gefühlen der Bedrohung bzw. Verwundbarkeit zusammen. Die Zielsetzungen der US-amerikanischen militärischen Weltraumpolitik könnten u.a. den Versuch anderer Staaten bewirken, durch nachholende Modernisierungsanstrengung zu reagieren oder offensive strategische Potenziale auszubauen. Aber auch Maßnahmen und Optionen asymmetrischer Natur könnten ins Auge gefasst werden, da hoch komplexe Satellitensysteme und Kommunikationsnetzwerke auch mit technologisch einfachen Mitteln verwundbar sind.

Um zu verhindern, dass aus der technologischen Dynamik eine schwer zu begrenzende Rüstungsdynamik entsteht, muss Rüstungskontrolle frühzeitig Prozesse erkennen und zur Diskussion stellen, in denen Wissenschafts- und Technikentwicklungen mit problematischem Nutzungs- und Folgenpotenzial vorangetrieben werden. Die dadurch gewonnene Zeit kann genutzt werden, die verteidigungs- und sicherheitspolitischen Folgen neuer technologischer Entwicklungen auf die politische Agenda zu setzen.

Ziel und Aufbau des Berichtes

Ziel des hiermit vorgelegten ersten Sachstandsberichtes im Rahmen des TAB-Monitoring ist es, die Veränderungen in der Sicherheitspolitik sowie den Strategien und Doktrinen der USA aufzuzeigen, Stand und Entwicklungsperspektiven der technologischen Basis der militärischen Weltraumnutzung zu analysieren und im Lichte der erkennbaren und zukünftig zu erwartenden Entwicklungen die Grenzen und Möglichkeiten rüstungskontrollpolitischer Aktivitäten aufzuzeigen. Hierzu wird im Bericht folgendermaßen vorgegangen:

In einem ersten Schritt werden anhand aktueller militärischer und sicherheitspolitischer Schlüsseldokumente aus den USA die dort postulierten Prinzipien und Ziele der militärischen Weltraumpolitik aufgezeigt (Kap. II). Damit soll deutlich gemacht werden, in welchem Umfang und mit welchen Zielen diese ihre militärische Weltraumpolitik neu strukturieren und insofern die Weichen für eine verstärkte, umfassende und auch offensive militärische Weltraumnutzung (space force application) gestellt haben. Die daraus resultierende politische Entwicklungsdynamik wird zukünftig verstärkt auf die sicherheitspolitischen und strategischen Positionen anderer Staaten ausstrahlen, die sich an den von den USA vorgegebenen Richtungsentscheidungen orientieren müssen.

Die angesprochene politische Dynamik verbindet sich mit einer forcierten Entwicklung bei den Technologien und Systemen für die militärische Weltraumnutzung. Um diese Koevolution von Politik und Technologie zu verdeutlichen, wird eine ausführliche Analyse des Status quo und der im Augenblick erkennbaren Entwicklungstrends bei den für militärische Einsatzoptionen relevanten Schlüsseltechnologien vorgenommen. Auf der Basis einer Analyse der Technologien und Systeme, die Gegenstand von militärischen Forschungs- und Entwicklungsprogrammen sind, werden für acht militärische Schlüsselfunktionen (z.B. Raumtransport, Steuerung und Kommunikation, Waffeneinsatz) die für deren Erfüllung erforderlichen Technologien (Enabling Technologies) dargestellt. Diese Betrachtung aus der Sicht militärischer Anforderungen wird ergänzt und abgeschlossen mit einer Zusammenfassung der relevanten Schlüsseltechnologien (Kap. III). Das gesamte Spektrum der augenblicklich verfolgten und zukünftig geplanten Forschungs-, Entwicklungs-, Demonstrations- und Testaktivitäten dient letztlich dem strategisch und politisch vorgegebenem Ziel, die Kontrolle über den und aus dem Weltraum heraus zu sichern und auszubauen. Insofern kulminieren politische und technologische Entwicklungstrends in der Entwicklung und Bereitstellung von Waffensystemen zum Einsatz im, in den und aus dem Weltraum (Kap. IV).

Im Lichte der Ergebnisse der Analyse von Strategien und Technologien behandelt Kapitel V die Möglichkeiten einer rüstungskontrollpolitischen Eingrenzung der augenblicklichen politischen und technologischen Dynamik. Da nicht auszuschließen ist, dass es bei einer Fortführung der gegenwärtigen politischen und technologischen Entwicklungen zu einer internationalen Destabilisierung kommen könnte, ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Deshalb werden - ausgehend von einer Analyse des bisherigen Standes der politisch-diplomatischen Diskussionen und Aktivitäten - rüstungspolitische Handlungsmöglichkeiten erörtert, mit deren Hilfe einer krisenhaften Entwicklung im internationalen Maßstab vorgebeugt sowie zugleich Sicherheit und Stabilität gewährleistet werden könnten.

Zusammenarbeit mit Gutachtern

Wie in den meisten seiner Projekte arbeitete das TAB auch bei der Erstellung dieses Berichtes eng mit externem Sachverstand zusammen. Um für diesen Sachstandsbericht eine verlässliche Basis zu legen, wurden auf Vorschlag des TAB vier Gutachten vergeben:

Die Analysen des INT bildeten die wesentliche Basis der Kapitel III und IV, Teile des Gutachtens von Altmann flossen ergänzend ein. Die Arbeit von Scheffran bildet die Grundlage für Kapitel V. Das Gutachten des IFSH diente vor allem der Erstellung des Kapitel II, lieferte aber auch - ebenso wie die Analysen von Altmann - Informationen und Materialien für die anderen Kapitel des TAB-Berichtes. Den Bearbeiterinnen und Bearbeitern sei für die Qualität ihrer Arbeit und ihre Bereitschaft zu enger Kooperation herzlich gedankt. Die Verantwortung für die Auswahl, Strukturierung und Verdichtung des Materials sowie dessen Zusammenführung mit eigenen Recherchen und Analysen tragen die Verfasser.




Stand: 02.12.2003 - Kommentare an:     Thomas Petermann