Gerhard Banse, Andrzej Kiepas (Hrsg.)

Nachhaltige Entwicklung: Von der wissenschaftlichen Forschung zur politischen Umsetzung

Berlin: edition sigma, 2005 (Global zukunftsfähige Entwicklung – Perspektiven für Deutschland, Bd. 10.1), ISBN: 3-89404-580-9, 296 Seiten, 17,90 Euro
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Einführung

Gerhard Banse, Andrzej Kiepas

Die Beiträge dieses Buches sind aus dem polnisch-deutschen Workshop „Nachhaltige Entwicklung – Von der wissenschaftlichen Forschung zur politischen Umsetzung“ hervorgegangen, der vom 13. bis zum 15. Oktober 2003 in Katowice, Polen, stattfand. Deshalb sei zunächst dieser Workshop kurz charakterisiert.

In den polnisch-deutschen Beziehungen stellt die gemeinsame wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema Nachhaltigkeit eine „Lücke“ dar (es gibt keine größeren gemeinsamen Aktivitäten oder Publikationen). Der Workshop war der erste seiner Art und stellte den Auftakt für weitere wissenschaftliche Aktivitäten dar (sie unten), zugleich war er eine „politische Botschaft“ im Rahmen der Osterweiterung der EU.

Der Workshop, an dem ca. 40 Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlicher Verwaltung teilnahmen, diente überblicksartig dem Vergleich des wissenschaftlichen, des politischen und des regional-administrativen Herangehens an die Problematik „Nachhaltigkeit“ in Polen und in Deutschland, dem Austausch von entsprechenden Erkenntnissen und Erfahrungen, dem Voneinander-Lernen sowie dem Ausloten von Kooperationsmöglichkeiten. Erfasst wurden sowohl der Bereich der Politik („Strategie der nachhaltigen Entwicklung in Polen bis zum Jahre 2025“, „Nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesrepublik Deutschland“) als auch der der Wissenschaft (in Deutschland etwa die Ergebnisse des HGF-Projekts „Global zukunftsfähige Entwicklung Perspektiven für Deutschland“). Ein verbindendes Moment beider Ebenen sind die Möglichkeiten wissenschaftlicher Politikberatung zu Fragen der Nachhaltigkeit. Davon ausgehend wurden auf dem Workshop vor allem die folgenden drei miteinander verbundenen Aspekte diskutiert:

Durch den Schwerpunkt „Bildung für Nachhaltigkeit“ – zugleich integraler Bestandteil des Workshops – wurden folgende Notwendigkeiten vermittelt:

Eröffnet wurde der an der Schlesischen Universität stattfindende Workshop durch Statements des damaligen polnischen Umweltministers Czeslaw Sleziak und des Leiters des Referats Grundsatzfragen Nachhaltigkeit, Umweltrecht des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung Dr. jur. Karl Ulrich Voss. (Diese Statements sind als Geleitworte dieser Einführung vorangestellt.) Grußworte überbrachten der Vizerektor der Schlesischen Universität Professor Dr. habil. Wieslaw Banys sowie der Präsident der Stadt Katowice Mgr. Ing. Piotr Uszok.

In seiner Begrüßung hob Andrzej Kiepas, Direktor des gastgebenden Instituts für Philosophie, u. a. hervor:

    „Ein jedes Ereignis, auch dieser Workshop, ist räumlich und zeitlich eingebunden. Ersteres ist mit dem Ort verbunden, an dem wir zusammengekommen sind. Es ist Oberschlesien, ein Ort, der für viele immer noch als Enklave der traditionellen Industrien Bergbau und Hüttenindustrie gilt. Die hier sichtbaren Fördertürme von Bergwerken sind dessen Symbol. Gleichzeitig ist es auch ein durch Wandel, durch bedeutsame Umstrukturierungsprozesse nicht nur in der wirtschaftlichen, sondern auch in der sozialen und kulturellen Dimension geprägtes Gebiet. Wir sind hier an der Universität, in der diese Wandlungsprozesse ebenfalls ihre Wurzeln haben, die auf Bewusstheit und Jugendgeist verweisen. Auf diese Weise stehen Vergangenheit und Zukunft nicht nur in einem geographischen, sondern auch in einem sozialen und kulturellen Raum nebeneinander. Sie verweben sich in der Gegenwart, indem sie auf bestimmte Herausforderungen fokussiert sind. Eine dieser Herausforderungen ist nachhaltige Entwicklung, über die wir noch Vieles im Verlaufe dieser Konferenz werden hören können. Auch nachhaltige Entwicklung verbindet das, was die Vergangenheit hinterlassen hat, und das, was uns die Zukunft verkündet. Beim Umstrukturieren und Modernisieren darf man jedoch nicht das vergessen, was als Teil des Kulturerbes und als Faktor einer regionalen oder nationalen Identität wertvoll und erhaltenswert ist. Auch das ist eines der Themen, auf die im Rahmen dieses Workshops eingegangen wird. Sprechen wir über die Notwendigkeit, Vergangenheit und Zukunft miteinander zu verbinden, dann sind wir bei der zeitlichen Dimension angelangt. Wir treffen hier zu einer Zeit zusammen, in der Polen vor der sich gerade öffnenden Tür Europas steht. Als Angehörige der Familie der europäischen Länder und eine dieser Familien werden wir zugleich zu Nachbarn. Die uns nächsten Nachbarn gewinnen dadurch eine neue Bedeutung für uns, so wie sicherlich auch wir Polen für die Deutschen. Nachhaltige Entwicklung kann nicht auf einer nationalen Ebene allein verwirklicht werden, sondern sie erfordert vielmehr eine allseitige internationale Zusammenarbeit. Diese Einsicht teilen sicherlich unsere deutschen Gäste, die so zahlreich zu dieser Konferenz gekommen sind, um mit uns sowohl ihre reichen Erfahrungen zu teilen als auch über künftige Aufgaben und Mittel zu deren Bewältigung nachzudenken. Die europäische Dimension wird einer der wichtigen Leitfäden und Diskussionsgegenstände im Verlaufe des Workshops sein. [...] In den erwähnten Handlungsbereichen hat Polen eigene Erfahrungen und eigene Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung. Diese Erfahrungen wollen wir mit unseren deutschen Gästen austauschen. Ich bin mir sicher, dass wir Vieles von ihnen lernen können und dabei neue Forschungsfelder und weitere Kooperationsmöglichkeiten eröffnen werden. Nachhaltige Entwicklung erfordert ständiges Lernen und gegenseitiges Kennen-Lernen. Sie ist ein endloser Prozess, denn indem wir etwas abschließen, eröffnen wir zugleich neue Forschungshorizonte und neue praktische Handlungsmöglichkeiten.“

Entsprechend der Zielstellung folgten vier Diskussionsblöcke:

  1. Politische Nachhaltigkeitsstrategien;
  2. Die Rolle von Wissenschaft, Forschung lind Bildung für Nachhaltigkeit;
  3. Praxisfeld I „Nachhaltige Produktionstechnologien“;
  4. Praxisfeld II „Nachhaltigkeit, Bauerhaltung und Denkmalschutz“.

Die entsprechenden Beiträge versuchten nicht nur ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Überlegungen aus Polen und aus Deutschland darzustellen, sondern auch aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. In dem sich anschließenden Rundtischgespräch „Vom Wissen zum Handeln: Akteure, Kooperationen, Perspektiven“ wurden erste Konsequenzen aus den Vorträgen und Diskussionen erörtert. Im Rahmen der „Praxisfelder für Nachhaltigkeit“ erfolgten zusätzlich eine Exkursion in das Steinkohle-Kraftwerk Laziska, das in den letzten Jahren vor allem unter Umweltaspekten modernisiert worden ist, sowie eine Präsentation der Stadt Katowice über ihre Nachhaltigkeitsstrategie.

Im vorliegenden Band wurden die Beiträge der Diskussionsblöcke I und II unter der Überschrift „Nachhaltigkeitsstrategien – Verständnis und Vermittlung“ zusammengefasst, eingeführt durch kurze Bemerkungen von Gerhard Banse. Die Diskussionsblöcke III und IV sind hier unter „Praxisfelder der Nachhaltigkeit“ zusammengefasst worden, wobei in die Beiträge des Diskussionsblocks „Nachhaltige Produktionstechnologien“ durch Jürgen Kopfmüller und Andrzej Kiepas, in die des Diskussionsblocks „Nachhaltigkeit, Bauerhaltung und Denkmalschutz“ durch Rainer Greift eingeführt wird. Mit Darlegungen zur Region Katowice, in die vorliegenden Publikation als „Exkurs“ aufgenommen, wird der Band abgeschlossen.

Nachhaltigkeit als Thema bildet eine Vielfalt unterschiedlicher Aspekte und Probleme, von denen auf dem Workshop und in diesem Buch nur ausgewählte aufgegriffen wurden. Man kann einzelne Probleme als relativ (ab)geschlossene betrachten, aber in den Diskussionen zeigte sich, dass sie offene sind, insbesondere hinsichtlich der internationalen Dimension. Der mit dem Workshop begonnene polnisch-deutsche Dialog machte einerseits auf das große Interesse beider Seiten an dieser Problematik, andererseits auf Unterschiede hinsichtlich der Einstellungen zu und der Herangehensweise an diese Thematik deutlich. Die Verschiedenheit der Disziplinen und den interdisziplinären Charakter der konkreten Themen kann man bereits dem Inhaltsverzeichnis dieses Bandes entnehmen. Die Veranstalter des Workshops haben es auch als eine wichtige Aufgabe betrachtet, nicht nur theoretische Diskussionen zu führen, sondern auch die Umsetzung von Ideen in Politik, Wirtschaft und Öffentlicher Verwaltung zu thematisieren. Die aktive Teilnahme entsprechender Vertreter am Workshop hat es erlaubt, diese Aufgabe effektiv zu realisieren. In Polen steht vor allem die Umweltkomponente von Nachhaltigkeit stark im Vordergrund, während dies in Deutschland seit etwa zehn Jahren nicht mehr so deutlich der Fall ist. Hier dominieren andere Themen, wie Arbeitslosigkeit, Sozialversicherung oder Chancengleichheit. Die integrative Seite der Nachhaltigkeit wurde am deutlichsten in den regionalen Ansätzen. Hier kommen ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Aspekte ganz konkret zusammen. Von polnischer Seite wurde in der Diskussion anhand vieler Beispiele gezeigt, dass es erforderlich ist, ein breiteres Verständnis von Nachhaltigkeit zu erreichen. Das hängt aber auch mit der Aus- und Weiterbildung zusammen. Die in diesem Zusammenhang durch die deutschen Vertreter vorgeschlagenen Konzeptionen geben viele neue Ansätze und Anregungen, die man in Polen nutzen kann.

In seinem Schlusswort zum Workshop konnte Armin Grunwald, Direktor des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse im Forschungszentrum Karlsruhe, hervorheben, dass der Workshop einen gelungenen Dialog

dargestellt hat, der zahlreiche kurz-, mittel- und langfristig wirksam werdende Ansatzpunkte für Zukünftiges verdeutlichte. Deutlich wurde auch auf diesem Workshop: Gedanken führen immer zu neuen Entwürfen und neuen Gedanken. Etwas endet und gleichzeitig öffnet sich etwas Neues, was in Zukunft zu realisieren sein wird. Dass sich das auch in konkreten Ideen niederschlug, zeigen folgende drei Initiativen für die Jahre 2004 und 2005:

Es ist den Herausgebern ein Bedürfnis, sich bei all jenen zu bedanken, die in unterschiedlichster Weise, durch finanzielle Förderung, personelle Unterstützung und / oder persönliches Engagement zum Gelingen des Workshops sowie zum Entstehen dieses Buches beigetragen haben. Da sind zuerst das Bundesministerium für Bildung und Forschung und sein Internationales Büro, der Wojewodschaftsfonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft (Wojewodzki Fundusz Ochrony Srodowiska i Gospodarki Wodnej), Katowice, Polen, die Stadtverwaltung Katowice, Polen, das Rektorat der Schlesischen Universität, die Raffinerie Trzebinia S. A., Polen, die Zeitschrift „Problemy ekologii“, Katowice, Polen, der Fernsehsender TVP 3, Katowice, Polen, das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Forschungszentrums Karlsruhe und das Institut für Philosophie der Schlesischen Universität zu nennen. Sodann die Autoren, die Forderungen der Herausgeber hinsichtlich der Umsetzung einheitlicher editorischer Prinzipien bereitwillig nachkamen. Genannt seien weiterhin Herr Dr. Krzysztaf Michalski, Universität Rzezow, Polen, der die aufwändige Arbeit des Übersetzens der Beiträge übernommen hatte, Frau Waltraud Laier, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Forschungszentrums Karlsruhe, der die mühevolle Arbeit der Erstellung des Layouts und einer druckfertigen Vorlage oblag, und Herr Rainer Bohn, Verlag edition sigma, der die Drucklegung Rat gebend begleitete und das Wagnis dieser zweisprachigen Publikation einging.

Gerhard Banse
Andrzej Kiepas

Cottbus / Katowice, September 2004



Erstellt am: 20.04.2005 - Kommentare an: Gerhard Banse