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Kapitel 1

In diesem einführenden Kapitel wird zunächst der Projektkontext, aus dem das vorliegende Buch stammt, so weit nötig skizziert (1.1). Danach werden die drei im Projekt entwickelten Elektronischen Bücher charakterisiert und der spezifische Ausschnitt, um den es gehen wird, aus dem Gesamtspektrum elektronischer Angebote verdeutlicht (1.2). Im folgenden Abschnitt (1.3) wird kurz die gewählte Form des "Erfahrungsberichts" thematisiert und der Aufbau des Buches vorgestellt. Schließlich wird in einem von den vorigen Abschnitten abgesetzten Exkurs (1.4) noch einmal beim Projektkontext angeknüpft und versucht, Bezüge des im Projekt verfolgten Ansatzes zum TA-Konzept, besonders zum Gestaltungsaspekt, herauszuarbeiten.

1.1 Projektkontext

Bei der Technikfolgenabschätzung bzw. dem "Technology Assessment" geht es allgemein "um das vorausschauende Abwägen von Chancen und Risiken und um die Gestaltung neuer technischer Entwicklungen und ihrer Einsatzmodalitäten" (TAB 1995, S. 2). Diese Definition läßt Spielraum für eine Vielzahl unterschiedlicher, mehr oder weniger umfassender Projekte bzw. Studien. Insofern TA als ein Rahmenkonzept zu verstehen ist und nicht als ein einmal definiertes Verfahren, kann und muß die Wahl des einzuschlagenden Vorgehens und der Methoden jeweils neu auf die zu untersuchenden Fragestellungen bzw. technischen Entwicklungen abgestellt werden.

Das Projekt Elektronisches Buch (PEB) hatte sich vorgenommen - von dem Befund eines gerade abgeschlossenen Projekts (Riehm u.a. 1992) ausgehend -, dem Defizit an medienadäquaten und benutzungsfreundlichen elektronischen Publikationsangeboten nachzuspüren und die Chancen für innovative Angebote auszuloten, bei denen die technischen Möglichkeiten des Computers für die Informationsverwaltung, -verarbeitung und -präsentation optimal auf den Informationstyp und die Informationsnutzung abgestimmt wären.

Im Projekt Elektronisches Buch (PEB) wurde dazu ein dreistufiger Weg eingeschlagen, der über die Eigenentwicklung von digitalen Medienangeboten (Prototypen), deren Evaluierung und schließlich über die Auswertung der Entwicklungs- sowie Evaluationserfahrungen zur Abschätzung von Entwicklungsproblemen und Zukunftschancen führen sollte.

Bei diesem Procedere übernahmen wir drei Rollen: zunächst die Rolle gewöhnlicher wissenschaftlicher Autoren, die ihre eigenen Arbeiten auf neue Art präsentieren möchten, und zweitens, als Projektgruppe, die Rolle von Entwicklern, die die Entwicklungsarbeiten in Zusammenarbeit mit externen Spezialisten so professionell wie möglich angehen wollten. In der dritten Rolle als Technikforscher kam es darauf an, in zweierlei Hinsicht aus den Erfahrungen Einsichten zu gewinnen: zum einen in bezug auf die praktischen Probleme der Anwendungsentwicklung (für Autorinnen und Entwickler) und zum anderen mit Blick auf den längerfristigen Medienwandel.

Anfänglich war lediglich ein Prototyp geplant, der Forschungsergebnisse des bereits erwähnten Projekts zum Elektronischen Publizieren (1986-1988) in einer innovativen, elektronischen Form präsentieren sollte. Im Laufe des Projekts wurde die Idee eines einzigen umfänglichen Prototyps zugunsten einer stärkeren Differenzierung aufgegeben. Drei Prototypen, die sich u.a. von ihrer Dokumentart, ihrem Inhalt, der Autorschaft, den vorzusehenden Gebrauchsweisen und der zugrundeliegenden Software unterschieden, versprachen insgesamt eine reichere Erfahrungsbasis und zusätzliche Möglichkeiten des Vergleichs.

Sowohl für die Entwicklung der Prototypen als auch für die sich daran anschließenden Überlegungen, haben eine Reihe begleitender empirischer Untersuchungen, die im Projektrahmen durchgeführt wurden, eine wichtige Rolle gespielt: eine Untersuchung zum Leseverhalten bei Forschungsberichten (vgl. Böhle u.a. 1990, S. 21-33), eine medienvergleichende Evaluation von Tagungsbänden, die in gedruckter Fassung und verschiedenen Hypertextvarianten erschienen waren (Nake u.a. 1990) sowie Evaluationen verschiedener Hypertexte nach einem benutzungsorientierten Leitfaden (Klein-Magar 1991). Mit anderen Worten, wir haben die Prototypentwicklung nicht isoliert, sondern in Auseinandersetzung mit anderen Entwicklungen betrieben.

Methodisch wichtig war, daß die einzelnen Überlegungen, Entscheidungen und Arbeitsschritte im Entwicklungsprozeß von uns genau, ja teilweise sogar akribisch, dokumentiert wurden. Denn dadurch wurde die nachprüfbare empirische Basis gewonnen, die dem vorliegenden Erfahrungsbericht zugrunde liegt. [1]

An dem Projekt, das bis Mitte 1991 anteilig vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) gefördert worden war, wurde auch danach noch - mit Unterbrechungen - weitergearbeitet. An allen Prototypen wurden noch Verbesserungen und Ergänzungen vorgenommen; die begleitenden empirischen Untersuchungen wurden mit einer medienvergleichenden Analyse von Hypertexten und den ihnen entsprechenden gedruckten Büchern fortgesetzt (Böhle u.a. 1992; Wingert u.a. 1993); eine medienvergleichende Evaluation eines der Prototypen wurde durchgeführt (Riehm 1994; vgl. auch Riehm 1996) und schließlich wurden die Entwicklungserfahrungen ausgewertet und aufbereitet, die Gegenstand dieser Publikation sind. Die Tabelle 1 {auf S. 4} faßt die wichtigsten Aktivitäten und Entwicklungsschritte zusammen.[2]

Tabelle 1: Überblick über empirische Projektaktivitäten

Tabelle 1: Überblick über empirische Projektaktivitäten

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[1] Eigenerfahrungen im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechniken methodisch kontrolliert und gut dokumentiert in TA-Projekte einzubauen, hatte sich übrigens bereits im vorausgegangenen Projekt als ein nützliches Arbeitsprinzip bewährt (vgl. Riehm und Wingert 1996). Diese Methode ist freilich nicht der Technikfolgenabschätzung vorbehalten, sondern könnte genausogut im Rahmen einer kritischen Informationswissenschaft, Informatik oder sozialwissenschaftlicher Technikforschung ihen Platz haben.

[2] Weitere Informationen enthält die Projektkurzdarstellung, die in verschiedenen Varianten auf unserem Server abrufbereit zur Verfügung steht.