Ulrich Riehm

Online-Buchhandel revisited [1]

In: Gerhard Fuchs, Irene Purschke, Barbara Teutsch (Hrsg.): E-Commerce revisited - Workshop Dokumentation. Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg 2003 (Arbeitsberichte der TA-Akademie, Nr. 239), S. 76-91, ISBN: 3-937018-03-4


Das Thema Online-Buchhandel stand vor gut vier Jahren, auf dem ersten Workshop der TA-Akademie zum „Electronic Commerce“ im April 1999, bereits auf der Tagesordnung. Unter dem Titel „Elektronischer Handel und Buchhandel: Das Neue im Alten“ (Riehm 2000) wurde die These vertreten, dass der Online-Buchhandel als neue Variante des Versandbuchhandels angesehen werden kann. Außerdem sei er auf eine enge Kooperation und Verknüpfung mit den herkömmlichen Elementen des Buchhandels angewiesen. Das „Neue“ sei also im „Alten“ fest verwurzelt.

Im Rahmen des E-Commerce-Vorhabens der TA-Akademie hat das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Forschungszentrums Karlsruhe dann im Jahr 2000 ein Gutachten über die Entwicklung und Perspektiven des Online-Buchhandels in Deutschland angefertigt. Der Endbericht wurde 2001 zunächst als Werkstattbericht der Akademie, dann in einer erweiterten und überarbeiteten Form als E-Book und als Books-on-Demand veröffentlicht (Riehm u. a. 2001).

In Folgenden geht es um eine Fortschreibung der Entwicklung seit Veröffentlichung des Endberichts und um eine kritische Rückschau auf die bisher vorgelegten Ergebnisse. Nach einem kurzen Abriss zur Geschichte des Online-Buchhandels erfolgt eine Darstellung der Entwicklung des Online-Buchhandels in Deutschland von 1998 bis 2002 auf Basis der jährlichen Umfragen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Die sieben Thesen zum Online-Buchhandel, wie sie im Projektabschlussbericht von 2002 enthalten sind, werden rekapituliert und aus heutiger Sicht kommentiert und einige offene Forschungsfragen aufgeführt.

Zur Geschichte des Online-Buchhandels

Bereits Ende der 80er Jahre entstanden im Rahmen des französischen Minitel-Systems Online-Buchhandlungen, die bereits die wesentlichen Merkmale heutiger Internet-Buchhandlungen aufwiesen: Katalogrecherche, Online-Bestellung, Online-Rezensionen, redaktionelle Empfehlungen etc. In Deutschland gründeten 1991 EDV-Profis aus Regensburg - ohne besondere Buchhandelserfahrung - den „ABC Bücherdienst“ und boten im damaligen Btx-System (Bildschirmtext) Bücher zum Verkauf an. 1993 startete die Lehmannsche Buchhandlung, eine auf wissenschaftliche Bücher spezialisierte Fachbuchhandelskette, ihren Auftritt im Internet (LOB), zwei Jahre bevor Amazon mit seinem Angebot online ging. Damit ist die Vorphase der Geschichte des Online-Buchhandels abgeschlossen (Tab. 1).

Tab. 1: Phasen der Entwicklung des Online-Buchhandels

Vorphase
1988 Alir, Apos, Cadolivre, Telib etc. im Rahmen von Minitel in Frankreich
1991 ABC Bücherdienst (Regensburg) im Rahmen von Btx in Deutschland
1993 Lehmanns Online Bookshop (LOB) im WWW
Gründungsphase
1995 ABC Bücherdienst im WWW
1995 Amazon.com
1996 Buchkatalog.de
1997 Libri.de, Buecher.de, Buchhandel.de
1998 Buch.de, Amazon.de durch Übernahme des ABC Bücherdienstes
1999 Booxtra.de, Bol.de
Konsolidierungsphase
2001 Übernahme von Buecher.de durch Booxtra.de
2002 Übernahme von Bol.de durch Buch.de
2003 Übernahme von Buchhandel.de durch Medien Service Untermain (MSU)

Die Gründungsphase des Online-Buchhandels (im Internet) kann man von 1995, dem Jahr, in dem Amazon online ging, bis 1999 ansetzen, das Jahr, in dem in Deutschland die letzten bedeutenden Neugründungen von Online-Buchläden erfolgten. Im gleichen Jahr wie Amazon, nämlich 1995, gingen die deutschen Buchhandelspioniere aus Regensburg ins Internet. Drei Jahre später, 1998, startete Amazon seine deutsche Filiale durch die Übernahme des damaligen Marktführers. Darüber hinaus etablierten sich weitere „reine“ Online-Buchhandlungen wie Buecher.de, Buch.de, Bol.de und Booxtra.de. Vor allem aber starteten in dieser Phase viele stationäre Buchhandlungen ihre eigenen „Internet-Filialen“. Sie bedienten sich dabei in erster Linie dreier großer Online-Plattformen, die von den Barsortimenten (Buchgroßhandel) bzw. dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels (also dem Branchenverband) aufgebaut wurden (Buchkatalog.de, Libri.de, Buchhandel.de).

Die Konsolidierungsphase ist durch Zusammenschlüsse und Geschäftsaufgaben geprägt. Als erste Neugründung wurde im Jahr 2001 Buecher.de übernommen. Es folgte von den großen Unternehmen Bol.de (2002) sowie die „branchenneutrale“ Buchhandels-Plattform Buchhandel.de (2003).

Buecher.de (später Mediantis) war der ambitionierte Versuch einiger Unternehmerpersönlichkeiten aus der Buchbranche Deutschlands, dem amerikanischen Herausforderer Amazon Paroli zu bieten. Doch nach fünf Jahren, im Jahr 2001, war der Internettraum ausgeträumt. Buecher.de stellte seine Geschäftstätigkeit und den Internet-Betrieb ein; die „Marke“ ging an den Konkurrenten Booxtra.de, der erst 1999 von vier finanzkräftigen Großkonzernen (T-Online, Axel Springer Verlag, Verlagsgruppe Holtzbrinck und Weltbild) gegründet wurde.

Auch Bertelsmann wollte noch auf den schon fahrenden Internet-Zug aufspringen, sprang aber zu kurz. Nach bereits vier Jahren trennte sich Bertelsmann im Jahr 2002 wieder von seinen Online-Buchhandelsaktivitäten, die unter dem Namen „Bol“ vermarktet wurden. Bol.de wurde aufgekauft von Buch.de, eine Gründung der Douglas-Einzelhandelsgruppe, die mittlerweile mit der Thalia-Buchhandelsgruppe über das größte Buchhandelsunternehmen in Deutschland verfügt (2002: 324,6 Mio. Euro Umsatz).

Mit Buchhandel.de wollte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels den vielen kleinen und mittleren Buchhandlungen einen kostengünstigen und ihre Interessen berücksichtigenden Einstieg ins Internetgeschäft bieten. Mit Stand Sommer 2002 hatten sich bei Buchhandel.de 650 Buchhandlungen angeschlossen. Das war im Vergleich zur Konkurrenz der Barsortimente relativ wenig. Libri.de reklamiert in einer Pressemitteilung vom 5.9.2002 über 1.000 angeschlossene Buchhandlungen, und Buchkatalog.de (KNO) beanspruchte diese Zahl für sich bereits im Jahr 2000. Für den Börsenverein bestand das Problem mit Buchhandel.de darin, dass der Betrieb auch im sechsten Jahr des Bestehens ein Zuschussgeschäft blieb. Das wollte und konnte man sich offensichtlich beim Börsenverein nicht mehr leisten und hatte deshalb Buchhandel.de an das Unternehmen Medien Service Untermain (MSU) in Aschaffenburg mit Beginn des Jahres 2003 zum eigenverantwortlichen Weiterbetrieb übergeben. MSU hatte bisher schon die Software von Buchhandel.de betreut. Ob Buchhandel.de in neuer unternehmerischer Verantwortung überleben wird, ist offen.

Deutlich ist, dass in erster Linie diejenigen gescheitert sind, die nicht von großen Unternehmen gestützt wurden, wie Buecher.de und Buchhandel.de. Größe zählt auch im Internetgeschäft, schützt allerdings nicht automatisch vor Misserfolg, wie das Beispiel Bertelsmann mit Bol zeigt.

Online-Buchhandel in Deutschland 1997 bis 2002

Mit dem Online-Buchhandel wird der Buchhandel nicht neu erfunden. Der Online-Buchhandel stellt nicht mehr und nicht weniger als eine neue Vertriebsform dar. Im Wesentlichen werden das Angebot von Büchern und die Bestellabwicklung elektronisch unterstützt.

Der Handel mit Büchern findet nicht nur im Einzelhandelsgeschäft des Buchhandels statt, dem sogenannten „Sortiment“, sondern auch über sonstige Verkaufsstellen (wie Supermärkte oder Tankstellen), in den Buchabteilungen der Kaufhäuser, über den Versandbuchhandel (zu dem man nun auch den Online-Buchhandel zählen muss), den Direktbezug vom Verlag oder über Buchclubs.

Die Entwicklung der Buchvertriebsumsätze über diese unterschiedlichen Vertriebswege und über einen längeren Zeitraum zeigt die Abbildung 1.


Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels 1982,1986, 1992, 2000, 2002

Abb. 1: Vertriebswege der Umsätze buchhändlerischer Betriebe 1980 bis 2001

Der klassische Sortimentsbuchhandel verliert mehr oder weniger kontinuierlich Vertriebsanteile, bleibt aber mit jetzt 57,8 Prozent immer noch der dominierende Vertriebskanal. Bei den nichtstationären Vertriebsformen - also Versandbuchhandel, Direktbelieferung durch Verlage und Buchgemeinschaften - gibt es eine widersprüchliche Entwicklung. Die Buchclubs verlieren, während der Versandbuchhandel und die Direktbelieferung durch Verlage deutlich ihren Umsatzanteil ausbauen konnten. Beide Vertriebsformen - Versandbuchhandel und Verlagsdirektvertrieb - werden durch Internetvertriebsformen gefördert. Beide Trends haben sich aber auch unabhängig vom Internet entwickelt. Wie in vielen anderen Fällen wirkt die Technik auch hier eher als Trendverstärker denn als Trendsetter.

Im Folgenden wird der Vertriebskanal Online-Buchhandel behandelt, wie er sich auf Grundlage der jährlichen Befragungen des Börsenvereins des deutschen Buchhandels seit 1998 darstellt (Hafkemeyer 1999, Schroth 2000, Schroth 2001, Kochhan 2002).

Insgesamt gibt es in Deutschland, je nach Abgrenzung und Quelle, rund vier- bis fünftausend Buchhandlungen (Tabelle 2). Davon sind im Jahr 2002 über die Hälfte auch im Internet präsent. Betrachtet man die jährlichen Steigerungsraten, dann wird deutlich, dass der Internetboom an Dynamik verloren hat. Der jährliche Zuwachs bei den Buchhandlungen im Internet fiel von 69 Prozent im Jahr 1999 auf 20 Prozent im Jahr 2002. 55,4 Prozent aller Buchhandlungen sind nach diesen Zahlen im Internet präsent. Vermutlich wird es immer auch Buchhandlungen geben, die sich nicht um das Internet kümmern, sondern allein auf den stationären Vertriebsweg setzen werden, so dass eine hundertprozentige Internetquote untern den Buchhandlungen nicht so schnell zu erwarten ist.

Tab. 2: Buchhandlungen im Internet

Jahr Buchhändler insgesamt Buchhändler im Internet Anteil der Online-
Buchhändler
(%)
Steigerungsrate
(%)
reine Internet-
Buchhändler
1998 4.790 600 12,5    
1999 4.847 1.011 20,9 69 30
2000 4.810 1.533 31,9 52 67
2001 4.758 2.149 45,2 40 87
2002 4.661 2.584 55,4 20 76

Quelle und Anmerkungen: „Buchhändler insgesamt“ nach „Buch und Buchhandel in Zahlen“ (Börsenverein des Deutschen Buchhandels 1998, 1999, 2000, 2001, 2002).

Erfasst sind hier die verbreitenden Buchhändler als Mitglieder des Börsenvereins im April des jeweiligen Jahres. Sonstige Angaben nach Umfragen des Börsenvereins zum Online-Buchhandel und eigenen Berechnungen. Anzahl der Internet-Buchhandlungen für den Februar des jeweiligen Jahres.

Nur ein ganz kleiner Teil, im Jahr 2002 sind es 76, sind reine Internet-Buchhändler. Diese nutzen als Vertriebsmedium allein das Internet, verfügen also über kein stationäres Standbein. Unter diesen reinen Internetbuchhandlungen findet man die großen Drei, die im Jahr 2002 noch verblieben sind: Amazon.de, Buch.de (mit Bol.de) und Booxtra.de (mit Buecher.de). Auf diese entfällt der größte Teil des im Internet generierten Umsatzes.

Doch wie hat sich der Online-Umsatz generell entwickelt (Tabelle 3)? Der im Jahr 1997 erzielte Online-Umsatz mit Büchern von 13 Mio. Euro stieg innerhalb von fünf Jahren auf beachtliche 288 Mio. Euro an. Das ist in etwa die Größenordnung, die im gleichen Jahr (2001) die größte Buchhandelskette Deutschlands „Thalia“ umsetzte (291 Mio. Euro). Betrachtet man die jährlichen Steigerungsraten, zeigt sich das gleiche Bild wie bei der Entwicklung der Internetpräsenz der Buchhandlungen. Steigerungsraten von über 100 Prozent sind passé. Der Anteil des Online-Buchhandels an den gesamten Buchumsätzen der Branche beträgt nun 3,4 Prozent. Das ist im Verhältnis zu anderen Branchen, z. B. dem Lebensmittelhandel, relativ viel, im Vergleich zu anderen Medien, wie z. B. antiquarischen Büchern oder zum Verkauf von Videos oder DVD, relativ wenig (Riehm u. a. 2003, Kapitel II.4). Es sind jedenfalls nicht die 10, 20 oder gar 25 Prozent, die noch vor kurzem von Experten erwartet wurden (Riehm 2001, S. 16).

Tab. 3: Vertriebswege der Umsätze buchhändlerischer Betriebe 1980 bis 2001

Jahr Buchumsatz buchhändlerischer Betriebe in Mio. Euro Online-Umsatz
in Mio. Euro Steigerungsrate zum Vorjahr
(%)
Anteil am Buchumsatz insgesamt
(%)
1997 8.057 13   0,2
1998 8.153 30 140 0,4
1999 8.279 84 175 1,0
2000 8.492 193 129 2,3
2001 8.565 288 49 3,4

Quelle und Anmerkungen: „Buchumsatz buchhändlerischer Betriebe“ nach Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2002, S. 25). Sonstige Angaben nach Umfragen des Börsenvereins zum Online-Buchhandel und eigenen Berechnungen.

Es spricht wenig dafür, dass die 5-Prozent-Hürde beim Online-Umsatz bald übersprungen werden könnte; und die 10-Prozent-Marke wird auf absehbare Zeit eine unüberwindbare Schwelle darstellen. Diese Einschätzung stützt sich u. a. auf die Einschätzungen der befragten Buchhandlungen zur weiteren Entwicklung des Online Buchhandels (Abb. 2) und auf die Kosten- Ertragssituation des Online-Buchhandels (Tabelle 4).

Quelle und Anmerkungen: Umfragen des Börsenvereins zum Online-Buchhandel. Prognose aus der jeweiligen Umfrage im Frühjahr für das laufende Jahr.

Abb. 2: Umsatzprognosen für den Online-Buchhandel für die Jahre 1999 bis 2002

In der jeweils im Frühjahr durchgeführten Befragung wurden die Buchhandlungen nach ihren Erwartungen in Bezug auf den Online-Buchhandel für das laufende Jahr befragt. Im Laufe der letzten vier Jahre haben sich die optimistischen Prognosen mit der Erwartung von „steigenden“ und „stark steigenden“ Umsätzen von ehemals 75 Prozent auf nun 44 Prozent reduziert (Abb. 2). Dies ist vielleicht auch nicht verwunderlich, wenn man als letzten Aspekt der Börsenvereinsumfrage die Aussagen zur Kosten-Ertrags-Situation beim Online-Buchhandel betrachtet (Tabelle 4). Für rund die Hälfte der befragten Sortimentsbuchhandlungen mit Internet-Auftritt sind die Kosten immer noch höher als die durch das Internet erwirtschafteten Erträge. Bei rund 30 Prozent halten sich die Kosten und die Erträge gerade so die Waage. Und nur bei knapp 20 Prozent der Buchhandlungen übersteigen die Erträge die Kosten, lohnt sich also auch ökonomisch das Internetgeschäft.

Tab. 4: Kosten und Ertrag des Internet-Auftritts bei den Sortimentsbuchhandlungen 2000 und 2001

Jahr Kosten höher
(%)
Kosten und Erträge gleich
(%)
Erträge höher
(%)
2000 51,0 29,9 19,1
2001 49,9 31,3 18,8

Quelle und Anmerkungen: Umfragen des Börsenvereins zum Online-Buchhandel. Nur für Sortimentsbuchhandlungen mit Internet-Auftritt.

Sieben Thesen aus dem Jahr 2000 / 2001 - überholt?

Im Folgenden werden die sieben zusammenfassenden Thesen rekapituliert, wie sie in der Abschlusspublikation des Projekts formuliert wurden (Riehm u. a. 2001, S. 177ff). Im Großen und Ganzen haben sie aus heutiger Sicht noch Bestand, was nicht zuletzt auch damit zusammenhängt, dass der zeitliche Abstand für eine kritische Revision noch nicht groß genug ist. An einigen Stellen jedoch sind Akzentverschiebungen, teilweise auch markante Entwicklungen zu benennen, die eine Modifikation notwendig machen. Schließlich werden an einigen Stellen Forschungsfragen formuliert, deren Beantwortung erlauben würde, die Thesen zu stützen oder zu verwerfen bzw. zu spezifizieren.

Zum Verständnis der Thesen ist zunächst noch eine Charakterisierung der besonderen Branchensituation im Buchhandel vorauszuschicken: Die Buchhandelsbranche ist durch einen gedämpften Wettbewerb gekennzeichnet. Dieser beruht zum ersten auf der besonderen Ware Buch als Kulturgut, zum zweiten, und damit im Zusammenhang stehend, auf der Buchpreisbindung, und zum Dritten auf einer besonderen Branchenorganisation, in der die Sphären der unterschiedlichen Marktteilnehmer, der Verlage, der Groß- und Einzelhändler, relativ klar abgegrenzt sind und in der man Branchenstrukturen geschaffen hat, die auch den kleinen Unternehmen Raum zum Überleben geben sollen (wie z. B. mit der Branchenplattform Buchhandel.de).

Ein Strukturwandel mit Unternehmenskonzentrationen, Filialisierung, Markenbildung, Buchhandelsketten, Großbuchhandlungen etc. ist im Buchhandel wie in anderen Einzelhandelsbranchen beobachtbar. Aber der Strukturwandel findet im Vergleich zu den anderen Branchen (bisher) eher moderat statt, was mit den oben erwähnten besonderen Rahmenbedingungen des Buchhandels zu tun hat.

Der Branchenkonsens wird allerdings immer wieder in Frage gestellt durch Konflikte, zum Beispiel um die Verkaufsprovisionen und Rabatte oder um die Funktionen, die die drei Hauptakteure (Verlage, Großhandel, Einzelhandel) wahrnehmen. So übernehmen die Verlage mit ihren wachsenden Direktvertriebsanstrengungen (ihr Anteil am Buchvertrieb stieg von 11,3 Prozent im Jahr 1980 auf 16,8 Prozent im Jahr 2001, vgl. Abb. 1) Funktionen des Vertriebs an die Endkunden, was so im Branchenkonsens nicht vorgesehen ist.

These 1: 
Der Medienwandel erreicht den vertreibenden Buchhandel und beschleunigt den Struktur- und Funktionswandel der Branche.

Unsere These war, dass der andauernde Struktur- und Funktionswandel in der Branche ergänzt und beschleunigt wird durch den Medienwandel. „Neue Medien“ - angefangen von der Schallplatte in den sechziger Jahren, über Bildplatte, Video, Hörbücher, CD-ROM bis zur Software - waren schon immer ein Thema als Ergänzung und Abrundung des Sortiments im Buchhandel. Selten war diese Erweiterung des Sortiments wirklich von Erfolg gekrönt oder hatte jene Anteile erreicht, die man erwartet hatte. Mit dem Internet geht es aber nicht mehr einfach um die Abrundung eines von gedruckten Büchern geprägten Sortiments: das Medium des Handels und die gehandelte Medien verändern sich selbst. Als neue Handelsmedium entstand der Online-Buchhandel und sein Kernprodukt, das gedruckte Buch, wird durch „Books on Demand“, elektronische Bücher, Hypertexte, „Content-Verwertung“ etc. herausgefordert, wenn nicht sogar von den Rändern her aufgelöst.

Die Folgen dieser Entwicklungen zu neuen elektronisch gestützten und elektronisch modifizierten Buchformen wird sein, dass die Zahl der auf den Markt drängenden Titel weiter zunehmen wird. Dies wird erreicht durch Effizienzsteigerungen in der Produktion und Distribution und eine neue Arbeitsteilung, in der insbesondere die Autoren erheblich größere Lasten tragen müssen als bisher.

Um mit dieser neuen „Titelflut“ zurecht zu kommen, sind besondere Anstrengungen logistischer, katalogisierender, selektierender und bewertender Art erforderlich. Der klassische Buchhandel wird hierbei vermutlich nur eine geringe Rolle spielen, während alte und neue Verlage, Bibliotheken sowie neue Intermediäre sich in diesem Feld positionieren werden.

Offen bleibt, wie im Einzelnen, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Intensität sich der Medienwandel im Handelsmedium und im Handelsprodukt auf den Branchenwandel auswirken wird. Der Prozess der Digitalisierung von Buchinhalten ist nicht aufhaltbar. Welche erfolgreichen Formen der Vermarktung, Distribution und Rezeption sich daraus ergeben werden, erscheint allerdings noch weitgehend offen. Die derzeitigen elektronischen Bücher sind nur die Vorboten weitreichender Wandlungsprozesse. Das Veränderungspotenzial durch die Digitalisierung ist im Buchsektor sehr hoch, aber auch das Beharrungsvermögen. Der genaue Zeitpunkt und die konkrete Form, an dem sich das Wandlungspotenzial Bahn bricht, ist nur schwer vorauszusagen, da eine ganze Palette von technischen, rechtlichen, ökonomischen und nicht zuletzt kulturellen Faktoren hierbei eine Rolle spielen. Hierzu bedürfte es einer vertieften theoretischen Modellierung der Einflussfaktoren und darauf aufbauender weiterer empirischer Untersuchungen.

These 2: 
Der reine Online-Buchhandel wird den stationären Buchhandel nicht wirklich bedrohen.

Kurz zusammengefasst bedeutet diese These, dass Amazon und die sonstigen neuen, reinen Online-Buchhandlungen nicht zum Ende des stationären Buchhandels führen werden. Es werden einige Prozentanteile zwischen den unterschiedlichen Vertriebswegen verschoben, einige neue Akteure können sich platzieren, aber der dadurch ausgelöste Strukturwandel bleibt eher moderat.

In dieser These wurden drei Veränderungstendenzen beim reinen Online-Buchhandel benannt: Spezialisierung (Online-Fachbuchhandlung), Multichannel-Strategie und Online-Versandkaufhaus. Für letztere spricht der anhaltende Erfolg und die Entwicklungen bei Amazon zum umfassenden Online-Kaufhaus. Auch die sonstigen großen Online-Buchhandlungen in Deutschland sind alle keine reinen Buchhandlungen mehr, sondern zumindest Online-Medienkaufhäuser mit Büchern, CDs und Videos als Kernsortiment. Hier im Online-Medium funktioniert die Synergieeffekte beim Vertrieb dieser Medienprodukte offensichtlich besser als im stationären Sortiment, wo die vormals verfolgten Konzepte zum Medienkaufhaus heute kaum mehr eine größere Bedeutung haben.

Die großen Hoffnungen auf eine Multichannel-Strategie haben sich bis heute nur teilweise realisiert. Weder hat Amazon seinen Markennamen für die Gründung stationärer Läden genutzt (obwohl Amazon in den USA durchaus in Einzelfällen mit stationären Ladengeschäften kooperiert und experimentiert) noch hat die Online-Bestellung und die Abholung im Ladengeschäft eine wirklich große Bedeutung (nach den Daten des GfK-Webscope für das 1. Quartal 2002 wurden von den online bestellten Büchern 1,1 Prozent im Ladengeschäft abgeholt). Trotzdem birgt die sinnvolle Kombination der unterschiedlichen Vertriebs- und Distributionskanäle ein Potenzial, das noch keineswegs ausgeschöpft ist. Die hemmenden Faktoren liegen, so die Vermutung, u. a. in der Schwierigkeit der Kooperation unterschiedlicher Unternehmenskulturen: auf der einen Seite den EDV-orientierten Internet-Unternehmen, auf der anderen Seite den traditionellen Buchhandlungen. Außerdem fehlt es an Erfahrungen und Modellen, welche konkrete Ausgestaltung einer Kombination von Medien wirklich den „Mehrwert“ für den Kunden bringt, der diesen Ansatz weiter voranbringen könnte.

Die postulierte Tendenz zu spezialisierten Online-Buchhandlungen bzw. Online-Fachbuchhandlung ist aus heutiger Sicht ebenfalls mit einigen Fragezeichen zu versehen. Zweifelsohne bietet das Internet für kleine Nischenanbieter ein hervorragendes Vertriebsmedium, aber große Online-Fachbuchhandlungen, die auf einen breiteren Markt setzen und bedeutende Umsatzanteile erreichen, sind kaum zu erkennen. Das Problem liegt vermutlich darin, dass die Online-Fachbuchhandlung aus Sicht der Kunden nur dann gegenüber dem allgemeinen Online-Buchhändler eine besondere Attraktivität gewinnt, wenn deren fachspezifisches Zusatzangebot ausreichend ausgebaut ist. Der redaktionelle Aufwand hierfür ist allerdings so groß, dass sich die Realisierung eines solchen „Fachbuchportals“ gegebenenfalls nicht lohnt. Dies spricht nicht dagegen, dass fachlich spezialisierte Web-Angebote auch den Verkauf von Büchern mit anbieten. Diese Vernetzungstendenzen werden in These 6 behandelt.

These 3: 
Das Internet eröffnet neue Märkte und neue Vermarktungsformen für den Handel mit (gebrauchten) Büchern.

Der Markt für gebrauchte und antiquarische Bücher zeichnet sich gegenüber dem Handel mit neuen Titeln durch mindestens zwei Besonderheiten aus. Er ist, was das Titelangebot und die Verkaufsstellen angeht, sehr stark zersplittert und fragmentiert, und es herrscht Preiskonkurrenz. So können sich hier Potenziale der Internetökonomie realisieren, die im normalen Buchgeschäft in Deutschland, wegen der besonderen Rahmenbedingungen für die Branche, nicht zum Tragen kommen können.

Internetplattformen, wie in Deutschland das ZVAB (Zentralverzeichnis antiquarischer Bücher) oder das kanadische Unternehmen Abebooks.com, mit Ablegern in Deutschland, Frankreich und Großbritannien, haben geschafft, was erste Ansätze zu einer Theorie der Internetökonomie versprochen hatten: Transparenz zu schaffen in einem vorher intransparenten Markt. Beim im Wesentlichen deutschen ZVAB werden 7,5 Mio. Bücher nachgewiesen, bei Abebooks weltweit 40 Millionen Bücher, davon 20 Millionen unterschiedliche Titel. Dieses Angebot führt zu einer besseren Erschließung der Märkte, zu einer Erhöhung des Verkaufsvolumens und gemäß der ökonomischen Theorie tendenziell zu sinkenden Preisen (wobei die wissenschaftliche Literatur hierzu auch andere Meinungen kennt, vgl. etwa Frank 2002; Frank und Hepperle 2002).

These 3 ist aus heutiger Sicht eher deutlicher zu unterstreichen als zurückzunehmen. Der Anteil des Online-Handels am Gebrauchsbuchmarkt wird für Deutschland im Jahr 2002 auf mittlerweile knapp 15 Prozent geschätzt (während der Online-Anteil im Neubuchmarkt im Jahr 2001 bei 3,4 Prozent liegt). Allerdings sieht man heute deutlicher als noch vor zwei Jahren, als diese These formuliert wurde: auch im reinen Vermittlungsgeschäft zählt Größe. Das deutsche Start-up „Just Books“, das diesen Internet-Gebrauchtbuch-Markt mit erschlossen hat, wurde von dem weltweit agierenden Abebooks.com aus Kanada aufgekauft. Obwohl Marktführer in Deutschland, wäre sonst das Überleben nicht gewährleistet gewesen. Außerdem ist von der Hoffnung auf eine Reduzierung der Kosten der Handelsabwicklung durch das Internet bis gegen Null wenigübrig geblieben. Beim Internet-Gebrauchtbuchhandel liegen die Provisionen für die Geschäftsvermittlung mittlerweile zwischen 10 und 20 Prozent des Verkaufspreises.

These 4: 
Der Zwischenbuchhandel hat seine Position - entgegen der These der Disintermediation - durch das Internet stärken können.

Entgegen der These der Disintermediation, d. h. des Wegfalls bzw. der besonderen Gefährdung der Handelsunternehmen zwischen Produzent und Konsument, hatten wir formuliert, dass insbesondere der Groß- und Zwischenbuchhandel (die Barsortimente) vom Online-Buchhandel profitieren und ihre Position ausbauen können (siehe hierzu auch Orwat u.a. 2001). Insbesondere die beiden großen Barsortimente, Lingenbrink und KNO, konnten ihre dominierende Stellung durch den Online-Buchhandel weiter festigen, indem sie einerseits die Hauptlieferanten und Logistikdienstleister für die neuen reinen Online-Buchhändler wurden und andererseits für ihre traditionellen Kunden, die Ladengeschäfte, Internetplattformen und die dazugehörige logistische Dienstleistung zur Verfügung stellten.

Auch diese These ist aus heutiger Sicht zu unterstreichen. Sie gilt sogar für den rein elektronischen Vertrieb elektronischer Bücher, ein kleiner, sich nur langsam entwickelnder Markt. Hier haben sich auf den Vertrieb elektronischer Bücher spezialisierte Groß- und Einzelhändler etabliert, nicht aber der Direktvertrieb vom Autor zum Endkonsumenten.

These 5: 
Die Systemrationalität der Distributionskette bricht sich an der Handlungsrationalität der Akteure.

In der Systemrationalität elektronischer Distributions- und Handelssysteme ist der Anspruch enthalten, jeden Medienbruch zu vermeiden und die Daten dort zuerst zu erfassen, wo sie entstehen. Konsequenterweise wird der Endkunde in dieser Sichtweise zum Ausfüller elektronischer Webformulare. Die These formulierte nun, dass die individuelle Handlungsrationalität der Nutzer mit dieser Systemrationalität in Konflikt geraten kann. Denn nicht jeder kommt mit der Bedienung der Web-Formulare zurecht, nicht jeder ist bereit, diese Aufgabe der Dateneingabe zu übernehmen und nicht jedes System tut das, was der Kunde erwartet.

Aus dieser Sicht ist es kein Wunder, dass im Versandhandel insgesamt die telefonische Bestellung zur dominierenden Bestellform geworden ist und nicht das Internet. Denn was nützt die schönste „elektronische Kette“, wenn der Kunde nicht bereit ist, daran mitzuwirken. Genaue Informationen darüber, welche Rolle das Telefon als Bestellmedium im Online-Buchhandel spielt, liegen nicht vor. Es ist nur bekannt, dass einzelne, auch große Buchhandelsunternehmen mehr Gewicht auf den Ausbau eines „Callcenters“ gelegt hatten als auf eine Internetpräsenz, und dass andere Versandbuchhandlungen beide Bestellkanäle gleichgewichtig bewerben (allerdings nicht die großen Drei: Amazon, Buch.de und Booxtra.de). Wie erfolgreich diese alternativen Strategien sind, müsste näher untersucht werden. Man kann aber vermuten, dass die Potenziale des Telefons als Bestellmedium - auch im Zusammenspiel mit dem Internet - für den Buchhandel noch längst nicht ausgeschöpft sind.

These 6: 
Virtualisierung und Vernetzung sind Kennzeichen der neuen Buchhandelsformen.

Unter einem virtualisierten Unternehmen des Online-Buchhandels kann man z. B. ein Unternehmen verstehen, das über nicht viel mehr als ein Management und eine Marke verfügt, und das die eigentliche Unternehmensleistung aber von externen Partnern erbringen lässt. Solche Tendenzen waren zu Beginn des Internetbooms relativ ausgeprägt. Aus heutiger Sicht muss man sagen, dass eine Virtualisierung, die die Kernkompetenz eines Unternehmens gar nicht mehr erkennen lässt, auf Dauer kaum tragfähig sein wird. Ein reiner Online-Buchhändler ist ohne eigene Buchdatenbank und eigenes Bestell- und Abwicklungssystem kaum mehr vorstellbar. Selbst der Online-Buchhändler ohne eigenes Buchlager, der alle seine Bücher direkt vom Grossisten bezieht, ist ein Fall, den es anfänglich durchaus gab, der mittlerweile vermutlich aber eher die Ausnahme darstellt.

Vernetzung im Internet ist und bleibt dagegen ein bedeutendes und erfolgreiches Instrument, um Kunden zu erreichen und neue Märkte zu erschließen. Das zeigt sich in ganz vielfältigen Kooperationen: Z. B. an den sehr erfolgreichen „Partnerprogrammen“ der großen Online-Buchhändler, bei denen Privatpersonen oder Unternehmen auf ihren eigenen Web-Seiten Bücher anpreisen, die dann direkt beim betreffenden Online-Buchhändler bestellt werden können.

These 7: 
Die Abschaffung der Buchpreisbindung ist für die Branche eine größere Herausforderung als der Online-Buchhandel.

Im Jahr 2000, bei der Formulierung dieser These, drohte noch die unmittelbare Abschaffung der Buchpreisbindung in Deutschland, nicht zuletzt ausgelöst durch die EU-Kommission und durch Versuche mit Buchlieferungen aus dem Ausland, die deutsche Buchpreisbindung zu unterlaufen. Heute scheint diese Frage, seit in Krafttreten des neuen Buchpreisbindungsgesetzes im Oktober 2002, nicht mehr virulent. Damals sprachen sich die Mehrzahl der befragten Experten für den Erhalt der Buchpreisbindung aus, erwarteten aber, dass die Buchpreisbindung in der damaligen Form wohl kaum noch fünf Jahre halten werde (Riehm u. a. 2001, S. 34ff.). Eine Umfrage im Jahr 2003 würde sicher anders ausfallen.

Die (mögliche) Abschaffung der Buchpreisbindung wurde damals als eine größere Bedrohung für den Branchenzusammenhalt angesehen als der Online-Buchhandel. Unter den geänderten Randbedingungen müsste man diese These heute anders formulieren und erweitern. Der Online-Buchhandel ist heute eine mehr oder weniger bewältigte Herausforderung für die Branche und keine Bedrohung mehr. Die Strukturveränderungen der Branche hängen mit übergreifenden ökonomischen Entwicklungen zusammen - so den sich beschleunigenden Konzentrationsprozessen und den sich verschärfenden Auseinandersetzungen um Margen und Rabatte zwischen Buchhandel und Verlagen - in deren Kontext der Online-Buchhandel eher eine untergeordnete Rolle spielt.

Trotzdem hat das Thema Buchpreisbindung weiterhin eine Bedeutung. Denn nicht nur die über hundertjährige Geschichte der Buchpreisbindung in Deutschland zeigt, dass sie immer wieder innerhalb der Branche und darüber hinaus in Frage gestellt wurde, sondern auch die aktuellen Strukturveränderungen können zu einer Situation führen, wo der Branchenkonsens nicht mehr hält. Einzelne (große) Unternehmen könnten sich einen Vorteil von einer Abschaffung der Buchpreisbindung versprechen und versuchen, diese faktisch zu unterlaufen oder auch auf politischem Wege zu modifizieren oder gar abzuschaffen.

In diesem Zusammenhang ist die Frage nach den Auswirkungen eines Wegfall der Buchpreisbindung auf den Online-Buchhandel und den traditionellen Buchhandel wieder von Bedeutung. Im Rahmen des E-Commerce-Projekts des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) wurde eine solche Abschätzung für die Freigabe des Versandhandels mit Arzneimitteln durchgeführt (Riehm u. a. 2003). Eine ähnliche Untersuchung wäre für den Buchhandel von Interesse.


Anmerkung

[1] Überarbeiteter Vortrag auf dem Workshop „Electronic Commerce - revisited: Forschungsstand und Forschungsperspektiven“ der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden Württemberg, am 5.12.2002 in Stuttgart.


Literatur

Börsenverein des Deutschen Buchhandels:
Buch und Buchhandel in Zahlen. Frankfurt am Main: Buchhändlervereinigung 1982, 1986, 1992, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002

Frank, B.:
Technischer Fortschritt bei Klopstock & Co - Elektronischer Handel mit antiquarischen Büchern und seine Folgen. In: DIW-Wochenbericht 69(2002)13-14, S. 213-217

Frank, B.; Hepperle, R. M.:
Macht die „New Economy“ alte Bücher billiger? In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Antiquariatsbuchhandel 169(2002)24, S. A169-A172

Hafkemeyer, Ch.:
Durchhalten zahlt sich aus. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 166(1999)42, S. 7-8

Kochhan, Ch.:
Etablierte Größe. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 169(2002)78, S. 5-6

Orwat, C.; Riehm, U.; Wingert, B.:
The Power of the Middleman in Electronic Markets - The Case of the German Bookselling Industry. In: Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse; VDI/VDE-Technologiezentrum Informationstechnik (Hrsg.): Innovations for an e- Society. Challenges for Technology Assessment. Teltow: VDI/VDE 2001, S. 1-9

Riehm, U.:
Das Neue im Alten - Beispiel Buchhandel. In: Barthel, J.; Fuchs, G.; Renz, Ch.; Wolf, H.-G. (Hrsg.): Electronic Commerce - Herausforderungen und Chancen für Baden-Württemberg. Workshopdokumentation. Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg 2000, S. 77-84 (Arbeitsberichte der Akademie, Nr. 155)

Riehm, U.; Orwat, C.; Wingert, B.:
Online-Buchhandel in Deutschland. Die Buchhandelsbranche vor der Herausforderung des Internet. Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe 2001 (Lieferbar als Book on Demand und als E-Book)

Riehm, U.; Petermann, Th.; Orwat, C.; Coenen, Chr.; Revermann, Chr.; Scherz, C.; Wingert, B.:
E-Commerce in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme zum elektronischen Handel. Berlin: Sigma 2003 (Studien des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, Band 14)

Schroth, J.:
Fast verdreifacht. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 167(2000)40, S. 7-9

Schroth, J.:
Viel verkauft, aber nichts verdient ... Umfrage Online Buchhandel in Deutschland. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 168(2001)41, S. 6-8


Diskussion auf dem Workshop zum Vortrag

Zu Beginn der Diskussion wurde auf einige Besonderheiten der Buchhandelsbranche eingegangen, die auch auf den Onlinehandel ihre Auswirkungen zeigen: nicht zuletzt bedingt durch die Preisbindung für Bücher in Deutschland ist bei den Anbietern im Internet eine starke Marktkonzentration zu beobachten, von einer gesteigerten Wettbewerbssituation durch den B2C E-Commerce kann hier nicht die Rede sein. Dies zeige sich beispielsweise daran, so Herr Riehm, dass 75 Prozent des Online Buchhandels von nur drei großen Unternehmen beherrscht werden.

Von einem der Teilnehmer wurde die Frage nach einer - möglicherweise - steigenden Internationalität der Buchhandelsbranche durch die Entwicklung des Internet aufgeworfen. Für den regulären Buchhandel gebe es dazu keine Zahlen, so Herr Riehm, im Bereich des Antiquariats sei jedoch erkennbar, dass sich der Markt tendenziell internationalisiere und auch Deutschland in einer Größenordnung von 10 Prozent in das Ausland liefere.

Weiter ging Herr Riehm auf die eigenen Erfahrungen in Hinblick auf „book-on-demand“ Modellen ein, die man zwischenzeitlich auch mit der Veröffentlichung der Projektergebnisse in Form eines solchen „E-Books“ gemacht hat. Die Erfahrungen mit dieser neuartigen Publikationsform seien grundsätzlich gut und technisch und logistisch sei „book-on-demand“ bereits gut in die Abläufe der Buchhandelsbranche integriert. Die Verkaufszahlen sowohl für das Buch wie auch optional für den Verkauf einzelner Kapitel seien jedoch ausgesprochen gering. Die Gründe hierfür seien sicherlich auch im geringen Bekanntheitsgrad dieser Form der Buchpublikation zu suchen.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde die Frage nach den möglichen Gründen für die hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück bleibenden Verkaufszahlen im Onlinebuchhandel gestellt. Dies stehe im Widerspruch zu der These, dass das Buch als hoch standardisiertes Produkt für den Handel im Internet in besonderer Weise geeignet sei. Herr Riehm wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass hier vor allem der Konkurrenzsituation zwischen den Vertriebskanälen besondere Beachtung zu schenken sei. So sei der traditionelle Offline-Vertrieb in Deutschland in hohem Maße effizient und daher sei es für den Online-Vertrieb schwer, einen den Verbraucher überzeugenden Mehrwert zu bieten. Anders sehe es im Vergleich dazu bei CDs und Videos aus. In diesem Sektor sei die Verkaufsstätten-Infrastruktur nicht so gut wie im Buchhandel, was ein entscheidender Grund für die hohen Umsatzanteile des Onlinehandels sein dürfte.

Ein abschließender Diskussionspunkt war die Frage, inwieweit tatsächlich von einer höheren Kosteneffizienz des Internetvertriebs ausgegangen werden könne. An dieser Stelle zeige sich die Notwendigkeit, branchenspezifisch und im Detail zu differenzieren. Sicher belegbar, so einer der Teilnehmer, sei das Einsparpotenzial durch den Onlinevertrieb im Versandhandel, der inzwischen zu 10 Prozent über das Internet abgewickelt werde.




Stand: 01.10.2003 - Kommentare an:     Ulrich Riehm