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Elektronische Kommunikation im Projekt Elektronische Zahlungssysteme (PEZ) - Auswertung zum Diskussionsforum EZI-L und Dokumentation des Newsletters EZI-N

Ulrich Riehm und Knud Böhle
Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe
(Wissenschaftliche Berichte FZKA 6207, Juli 1999)


Vorwort

Der vorliegende Bericht gehört in den Kontext des Projekts "Technikfolgenabschätzung zu Elektronischen Zahlungssystemen für digitale Produkte und Dienstleistungen im Internet" (PEZ), das im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) durchgeführt wurde. Die Projektergebnisse wurden Ende 1998 veröffentlicht (Böhle und Riehm: Blütenträume - Über Zahlungssysteminnovationen und Internet-Handel in Deutschland. Karlsruhe: 1998).

In den zwei Teilen dieses Berichts geht es auf unterschiedliche Weise um elektronische Kommunikationsformen im Projektzusammenhang: im ersten Teil wird eine von Ulrich Riehm vorgenommene Auswertung von Daten und Erfahrungen zum projektbegleitend eingerichteten elektronischen Diskussionsforum EZI-L vorgelegt und im zweiten Teil werden die 20 Ausgaben des elektronischen Newsletters EZI-N dokumentiert (Elektronische Zahlungssysteme im Internet-Liste = EZI-L; Elektronische Zahlungssysteme im Internet-Newsletter = EZI-N). Bevor dazu weitere Bemerkungen folgen, soll das Projekt kurz in Erinnerung gerufen werden.

Ausgangspunkt der Untersuchung war die Annahme, daß die Entwicklung des Internet-Handels wesentlich von geeigneten Zahlungssysteminnovationen abhinge. Bei den durchgeführten Analysen ging es vor allem um eine Abschätzung des Bedarfs, der Interessen und der Realisierungschancen neuartiger Zahlungssysteme - weniger um technische Fragen. Ziel dieses TA-Projekts (Technikfolgenabschätzung / technology assessment) war es, eine problemorientierte Sachstandsanalyse vorzulegen. "Problemorientierung" bedeutete dabei zum einen, daß die elektronischen Zahlungssysteme nicht isoliert, sondern im Kontext des sich herausbildenden Internet-Handels zu untersuchen waren. Denn erst durch den Bezug auf das Praxisfeld "Internet-Handel" wird es möglich, den Bedarf an elektronischen Zahlungsverfahren respektive ihre Durchsetzungschancen differenziert zu beurteilen. "Problemorientierung" bedeutete zum anderen auch, die technischen Innovationen aus der jeweiligen Perspektive der beteiligten (oder betroffenen) Akteure und Akteursgruppen (Handel, Verbraucher, Kreditwirtschaft, Technologiefirmen, Gesetzgeber) zu betrachten, für die die neuen Möglichkeiten - je nachdem - eher Chancen eröffnen oder Risiken beinhalten.

Das Projekt hatte zwei inhaltliche Schwerpunkte. Der erste lag bei den digitalen Produkten, Dienstleistungen und Anrechten, also jenem Teil des Internet-Handels, der über den klassischen Versandhandel hinausgeht. Der zweite Schwerpunkt lag bei den Zahlungssysteminnovationen, wobei nicht nur auf das Phänomen "elektronisches Geld" abgestellt wurde, das in neueren Arbeiten häufig isoliert behandelt wird, sondern auf die ganze Bandbreite unbarer Zahlungsverfahren.

Ausführlicher untersucht wurden: der Platz des klassischen Versandhandels im Internet-Handel, der Handel mit digitalen Produkten, Dienstleistungen und Anrechten und die dabei auftretende Zahlungssystemlücke, die Bedeutung des Internet-Handels für lokale Märkte, aktuelle Zahlungssysteminnovationen in Deutschland, Lösungen für kleine und kleinste Beträge, Wirtschaftlichkeitsfragen, das Innovationsinteresse der Kreditwirtschaft, die Entwicklung der internet-fähigen Zahlungssysteme aus einer technikgenetischen Perspektive, der Zusammenhang von "elektronischem Geld" und Geldordnung, Definitionen "elektronischen Geldes", die nicht-technischen Aspekte von Sicherheit und Anonymität, Risiken der Verbraucher beim Internet-Handel und offene Forschungsfragen.

Um das Ziel einer problemorientierten Sachstandsanalyse zu erreichen, wurde methodisch zum einen auf Expertengespräche gesetzt, wobei die Auswahl der Experten geeignet sein sollte, die verschiedenen Standpunkte und Problemsichten der Akteursgruppen einzuholen. Zum anderen wurde eine breit angelegte Internet-Empirie betrieben: durch Recherchen im Internet (und häufig sich anschließende Telefon-Interviews) verschafften wir uns einen Überblick über im Internet angebotene Zahlungssysteme, Dienstleistungen und Produkte. Aktivitäten in Deutschland standen dabei im Vordergrund. Eigenerfahrungen im Online-Shopping und mit den gebotenen Zahlungsmöglichkeiten - einschließlich der Beteiligung an Pilotversuchen - brachten zusätzliche Einsichten aus Nutzersicht.

Projektbegleitend, und damit kommen wir zur elektronischen Kommunikation, wurde ein elektronischer Newsletter EZI-N herausgegeben, der vierzehntägig über die von uns eingerichtete und moderierte E-Mail-Liste EZI-L verteilt wurde. Dadurch konnten wir die Erfahrungen und Ergebnisse unserer Recherchen laufend mitteilen und zur Diskussion stellen. Die E-Mail-Liste EZI-L, in die heute (Stand Juni 1999) mehr als 800 Personen eingeschrieben sind, sollte ein Forum bieten, um über den elektronischen Zahlungsverkehr im Internet zu diskutieren. Als drittes elektronisches Angebot ist die Präsenz des Projekts im WWW zu erwähnen. Bei diesem Angebot steht die Informationsfunktion im Vordergrund. Darstellungen des Projektvorhabens, Publikationen der Projektmitarbeiter und das Archiv des Newsletters sind die wichtigsten Elemente, die als "Hol-Informationen" zur Verfügung gestellt werden.

In Termini der Technikfolgenabschätzung könnte man EZI-L und EZI-N in die Nähe partizipativer und diskursiver TA-Elemente rücken, weil interessierten und betroffenen Kreise eine Beteiligung am und eine Einflußnahme auf das Projekt eröffnet wurde (vgl. zur Diskussion um partizipative TA und Diskurs etwa das Schwerpunktthema Diskursive TA-Verfahren in den TA-Datenbank-Nachrichten 5(1996)4, im Netz oder Köberle u.a.: Diskursive Verständigung? Mediation und Partizipation in Technikkontroversen. Baden-Baden: 1997).

Ein wichtiger Unterschied zu Diskursprojekten und anderen partizipativen TA-Ansätzen besteht jedoch darin, daß mit den in PEZ gewählten Kommunikationsformen keine vergleichbare Verbindlichkeit angestrebt wurde. Es wurden keine Vorgaben für zu beteiligende Akteure bzw. Akteursgruppen gemacht; es gab keine Verpflichtungen für die Teilnehmer, eigene Beiträge zu liefern; es gab kein vereinbartes Procedere - weder für die Auswahl der Themen noch den Zeitpunkt, die Diskussionen abzuschließen etc. -, und es bestand keinerlei Verbindlichkeit, Ergebnisse der Diskussionen bei späterem Handeln zu berücksichtigen.

Dennoch darf beansprucht werden, daß mit Hilfe der gewählten, elektronischen Kommunikationsformen ein nützlicher, mehrseitiger Diskussions- und Beeinflussungsprozeß bereits im Projektverlauf in Gang gesetzt werden konnte. Damit wurde auch die Bekanntheit des Projekts in den entsprechenden Fachöffentlichkeiten erhöht. Das Projekt konnte sich als unmittelbar nützlich für die Meinungsbildung in der Fachöffentlichkeit profilieren und ein Netzwerk Interessierter konnte entstehen. Dies zusammen wiederum schaffte gute Voraussetzungen für die Verbreitung der Projektergebnisse. Die in dem vorliegenden Bericht zusammengeführten Teile erfüllen zwei unterschiedliche Aufgaben. Der erste Teil, in dem die Entwicklung und die Erfahrungen mit dem Diskussionsforum EZI-L aufgearbeitet werden, dient zum einen der Methodenreflexion. Die Analyse soll Aufschluß über den Charakter und die Leistungsfähigkeit der stattgefundenen elektronischen Kommunikation geben, und Schlüsse über den möglichen Stellenwert und die Grenzen solcher kommunikativer Elemente in TA-Projekten erlauben. Wie gezeigt werden kann, liegt eine besondere Stärke dieser Kommunikation bei der kooperativen Behandlung von komplexen Sachfragen, wogegen sie weniger geeignet erscheint, eine Verständigung über Bewertungen und Einschätzungen voranzubringen. Zum anderen ist die vorgelegte Analyse auch als ein eigenständiger Beitrag zum Forschungsgebiet "computergestützter Kommunikation" (Computer Mediated Communication) zu verstehen.

Die Entwicklung der Teilnehmerschaft, ihr Aktivitätsniveau, die Art der Beiträge und ihre Vernetzung werden über eine Auswertung der "E-Mail-Header" und eine Inhaltsanalyse untersucht. Für Leser mit praktischem Interesse wird auch über Erfahrungen mit dem Management eines solchen elektronischen Diskussionsforums berichtet.

Der zweite Teil des Berichts dokumentiert die zwischen dem 17.10.1997 und dem 18.9.1998 erschienenen 20 Ausgaben des Newsletters EZI-N. Diese Dokumentation wurde geplant, um auch den Interessenten des Newsletters, die ihn weder jeweils aktuell über EZI-L bezogen haben, noch auf das Newsletter-Archiv im WWW zugreifen können, in gedruckter Form zugänglich zu machen.

Die Dokumentation des Newsletters ist nicht nur von historischem Interesse. Sie bietet einen Spiegel der Aktivitäten und Diskussionen, die 1997 und 1998 zum Komplex Internet-Handel und elektronische Zahlungssysteme auftauchten, und diese Themen sind heute noch erstaunlich aktuell: elektronisches Geld und seine Regulierung, das Micropaymentproblem, Erfahrungen aus den USA, gesetzgeberische Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene, Datenschutz- und Datensicherheit als Momente des elektronischen Handels, relevante Standards, rechtliche Regelungen, neue, mehr oder weniger erfolgreiche, Produkte und Dienstleistungen, Aspekte der Verbraucherfreundlichkeit oder Perspektiven der pilotierten Zahlungssysteme. Dazu kommen zahlreiche Ergebnisse von Forschungsprojekten, Konferenzberichte, etwa 25 Rezensionen und nicht zuletzt auch Eigenerfahrungen beim Online-Shopping und elektronischen Bezahlen im Internet. Das Schlagwortregister und das Register der Eigennamen verdeutlichen, wo die Schwerpunkte der Diskussion in dieser Zeit lagen. Diese Dokumentation läßt sich auch als ein unsystematisches Jahrbuch (1997-1998) des elektronischen Geschäftsverkehrs in 162 Artikeln (das Impressum, vgl. S. 188, nicht mitgezählt) lesen. Die zu den einzelnen Beiträgen angegebenen Quellen dürften in vielen Fällen immer noch den Weg zu weiterführenden Informationen öffnen - selbst wenn ein Teil der WWW-Adressen nicht mehr gültig sein sollte.

Bleibt noch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Kommunikation in EZI-L zu danken, die uns nicht nur mit Informationen und Meinungen versorgt und so dem Projekt geholfen haben, sondern die für uns auch zur Fachöffentlichkeit wurden, für die zu recherchieren und zu schreiben uns große Freude bereitete. Ein abschließender Dank gilt Frau Mäule, die das Archiv des Newsletters im WWW betreut hat, sowie Frau Kaufmann, die wie immer engagiert die technische Erstellung des Berichts übernommen hat.

Knud Böhle und Ulrich Riehm
Karlsruhe im Juni 1999


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Stand: 19.08.1999 - Kommentare und Bemerkungen an: ulrich.riehm@kit.edu