Blütenträume - Über Zahlungssysteminnovationen und Internet-Handel in Deutschland

Knud Böhle und Ulrich Riehm
Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe 1998
(Wissenschaftliche Berichte FZKA 6161)

Abschlußbericht des Projektes »Technikfolgenabschätzung zu elektronischen Zahlungssystemen für digitale Produkte und Dienstleistungen im Internet (PEZ)«



Kurzfassung

Der vorliegende Bericht schließt ein Forschungsprojekt des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Forschungszentrums Karlsruhe ab, das im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung und Technologie durchgeführt wurde. Ausgangspunkt der Analysen war die Annahme, daß die Entwicklung des Internet-Handels wesentlich von geeigneten Zahlungssysteminnovationen abhinge. Bei den durchgeführten Analysen ging es weniger um technische Fragen, als um eine Abschätzung des Bedarfs, der Interessen und der Realisierungschancen. Dazu wurden im Zeitraum Mai bis Dezember 1997 mit mehr als 60 Experten aus den unterschiedlichen Branchen Gespräche geführt, die für diesen Bericht ausgewertet wurden.

Der Bericht hat zwei thematische Schwerpunkte. Der erste Fokus liegt bei den digitalen Produkten, Dienstleistungen und Anrechten, also dem Teil des Internet-Handels, der über den klassischen Versandhandel mit elektronischen Bestellwegen hinausgeht, der zweite Fokus liegt bei den Zahlungssysteminnovationen. Dabei beschränken wir uns nicht auf das Phänomen "elektronisches Geld", das in neueren Arbeiten häufig isoliert behandelt wurde, sondern versuchen die ganze Bandbreite relevanter Verfahren zu diskutieren.

Ausführlicher behandelt werden: der Platz des klassischen Versandhandels im Internet-Handel, der Handel mit digitalen Produkten, Dienstleistungen und Anrechten und die dabei auftretende Zahlungssystemlücke, die Bedeutung des Internet-Handels für lokale Märkte, relevante Zahlungssysteminnovationen in Deutschland, Lösungen für kleine und kleinste Beträge, Wirtschaftlichkeitsfragen, das Innovationsinteresse der Kreditwirtschaft, die Entwicklung der internet-fähigen Zahlungssysteme aus einer technikgenetischen Perspektive, der Zusammenhang von "elektronischem Geld" und Geldordnung, Definitionen "elektronischen Geldes", die nicht-technischen Aspekte von Sicherheit und Anonymität, Risiken der Verbraucher beim Internet-Handel und offene Forschungsfragen.

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Inhalt

Kurzfassung III
Summary IV

1 Einleitung 1
1.1 Zum Projekt PEZ 1
1.2 Zum vorliegenden Bericht 5

2 Der Internet-Handel als Versandhandel 9
2.1 Probleme des Handels und Chancen im Internet-Handel 9
2.2 Beispiel Buchhandel 11
2.3 Bedeutung und Entwicklung des Versandhandels 13
2.4 Gibt es ein Zahlungsproblem? 16
2.5 Anforderungen an die Politik 18
2.6 Zusammenfassung 21

3 Der Markt für digitale Produkte, Dienstleistungen und Anrechte 23
3.1 Unterscheidungen im Markt digitaler Handelsgüter 23
3.2 Zum elektronischen Handel mit digitalen Produkten 27
3.2.1 Elektronische "Bücher" 27
3.2.2 Elektronischer Software-Vertrieb 30
3.2.3 Digitaler Musikvertrieb über das Internet 31
3.2.4 Exkurs: Die Diskussion um das Urheberrecht im Internet 32
3.2.5 Unterhaltungsangebote 33
3.3 Digitale Dienstleistungen 34
3.3.1 Kommerzielle Online-Datenbanken 34
3.3.2 Dienstleistungen neuen Typs im Pfennigbereich 36
3.4 Zusammenfassung 38

4 Die Chancen lokaler Angebote 41
4.1 Globalität und Regionalität im Internet 41
4.2 Virtuelle und reale Welt - zwei Welten? 42
4.3 Zusammenfassung 44

5 Zahlungsverfahren für das Internet 45
5.1 Zahlungsgewohnheiten 45
5.2 Zahlungen mit Kreditkarte und die Bedeutung von SET 49
5.3 Internet-Zahlungsalternativen der deutschen Kreditwirtschaft 55
5.3.1 Überweisungen 55
5.3.2 Lastschrift 57
5.3.3 Electronic cash 59
5.4 Zahlungen mit "elektronischem Geld" im Internet 60
5.4.1 eCash von Digicash bei der Deutschen Bank 60
5.4.2 CyberCash bei der Dresdner Bank 63
5.4.3 GeldKarte des ZKA 65
5.5 Zahlungen im Kleinbetragsbereich 73
5.6 Anforderungen an die Politik 77
5.7 Zusammenfassung 79

6 Wirtschaftlichkeit, Kosten und Gebühren 81
6.1 Wirtschaftlichkeitsprognose im Rückblick: Beispiel "electronic cash" 81
6.2 Transaktionskosten und Gebühren für ausgewählte Zahlungssysteme 82
6.3 Mißbrauch und Fälschung von Zahlungssystemen 86
6.4 Stornierung von Zahlungen 87
6.5 Zusammenfassung 88

7 Kreditwirtschaft im Wandel - Motor oder Bremse? 91
7.1 Rationalisierung und Umstrukturierung des Bankensektors 91
7.2 Konkurrenz und Kooperation im Zahlungsverkehrsgeschäft 96
7.3 Innovationsgründe und -hemmnisse 100
7.4 Forderungen an die Politik 103
7.5 Zusammenfassung 103

8 Elektronische Zahlungssysteme für das Internet - in technikgenetischer Perspektive 105
8.1 Vorgeschichte: Bargeldersatz und Digitalisierung 105
8.2 Pionierphase: der kurze Sommer der "start-up companies" 108
8.3 Gegenwart und nahe Zukunft: die Initiative der Kreditwirtschaft 111
8.3.1 Die SET-Initiative der Kreditkartenorganisationen 111
8.3.2 Konkurrenz und Kooperation: die nationalen Kreditwirtschaften bringen sich ins Spiel 112
8.4 Ausblick 115
8.5 Zusammenfassung 119

9 Geldordnung, Regulierung und Innovation 123
9.1 Regulierungsdichte und Regulierungszeitpunkt 123
9.2 Zentralbanken als Herausgeber "elektronischen Geldes" 127
9.3 Andere Herausgeber "elektronischen Geldes" 128
9.4 "Elektronisches Geld" mit beschränkter Geltung 129
9.5 Seigniorage 131
9.6 Direkte Weitergebbarkeit von "elektronischem Geld" 133
9.7 Zahlungssysteminfrastruktur 133
9.8 Zusammenfassung und Schlußbemerkung 135

10 Was also ist "elektronisches Geld"? 137
10.1 Bargeld, Buchgeld, "elektronisches Geld" 137
10.2 Definitionen "elektronischen Geldes" 142
10.3 Zu einigen Schwierigkeiten mit den Definitionen 144
10.4 "Elektronisches Geld" - zwei idealtypische Sichtweisen 147
10.5 Diesseits und jenseits "elektronischen Gelds" 151
10.6 Zusammenfassung 153

11 Sicherheit und Risiko 155
11.1 Relative Sicherheit 155
11.2 "E-Geld-GAU" 157
11.3 Sicherheit und Anonymität 158
11.4 Zur Bedeutung des Digitalen Signaturgesetzes 160
11.5 Zusammenfassung 165

12 Risiken und Nebenwirkungen für den Verbraucher 167
12.1 Verbraucherschutz im grenzüberschreitenden elektronischen Handel 167
12.2 Verbraucherfreundlichkeit im Internet-Zahlungsverkehr 172
12.3 Zusammenfassung 174

13 Ausgewählte Ergebnisse und offene Forschungsfragen 177
13.1 Zahlungsmöglichkeiten, Zahlungssystemlücke und Innovationsbedarf 177
13.2 Micropaymentsysteme und digitale Dienstleistungen 179
13.3 Zahlungssysteminnovationen und Perspektiven digitalen "Bargelds" 180
13.4 Akteure und Interessen 183
13.5 Verbraucherforschung für Verbraucherschutz und Systementwicklung 186
13.6 Politik zwischen Wettbewerbsanreiz und Infrastrukturpolitik 187

Literatur 191
Teilnehmer an den Expertengesprächen 201
Abkürzungsverzeichnis 205
Weitere Berichte aus dem Projekt 209

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Verzeichnis der Tabellen

1 Umsatz des Einzelhandels in Deutschland 1992-1997 10
2 Vertriebswege für Bücher und Zeitschriften in Deutschland 1982 bis 1997 14
3 Merkmale digitaler Produkte, Dienstleistungen und Anrechte 26
4 Datenbankanbieter in Deutschland: Zugänge und Zahlungsverfahren im Internet 36
5 Bedeutung von Kredit- und Debitkarten sowie der GeldKarte 46
6 Anteil der Zahlungsarten in Prozent bezogen auf den Umsatz des Einzelhandels in Deutschland 1994-1997 47
7 Gebühren für Nutzung von eCash (Mark Twain) und First Virtual 83
8 Zahlungsverfahren und Händlerentgelte des Kreditgewerbes 85
9 Strukturdaten des Zahlungsverkehrs in der Kreditbranche 93
10 Internet-Zahlungssysteme im Kontext - 1967-1998 120
11 Dokumente der EU-Kommission mit Relevanz für den Verbraucherschutz im elektronischen Handel und Zahlungsverkehr 171

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Verzeichnis der Textboxen

1 Das "electronic cash"-Verfahren und seine Varianten 19
2 Rabattregelung und Barzahlungsklausel 20
3 First Virtual 28
4 Secure Socket Layer (SSL) 50
5 Secure Electronic Transaction (SET) 51
6 Überweisung, Scheck, Lastschrift 56
7 eCash bei der Deutschen Bank 61
8 CyberCash, CyberCoins 64
9 GeldKarte 67
10 T-Card/PayCard, P-Card, VisaCash 71
11 MilliCent und MiniPay (IBM Micro Payment) 76
12 Mondex und CAFE 107
13 Dokumente der Zentralbanken und der Politik zur regulierung "elektronischen Geldes" 124
14 Seigniorage 132
15 Buchgeld, Giralgeld, Sichteinlage 138
16 Inhaberpapier, Inhaberwertdaten, Inhaberinstrument 139
17 Leistung erfüllungshalber 148

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Innovations of Payment Systems and E-Commerce in Germany - Dreams and Reality

Summary

This report presents the findings of a project carried out on behalf of the German Ministry for Research and Technology entitled "Technology Assessment of Internet Payment Systems for Digital Products and Services". It was carried out by the Institute of Technology Assessment and Systems Analysis (ITAS) of the Research Centre Karlsruhe. It started from the widespread assumption that the lack of appropriate electronic payment systems hampered the development of electronic commerce. The study mainly tried to assess non-technical questions such as the need for new payment systems, the interests of different actors involved, and the prospects of the new technology to be successfully implemented on a large scale. To achieve this, more than 60 experts from relevant branches were interviewed between May 1997 and December the same year.

The report has two main subjects. The first focus is on digital products, services and rights. This is the segment of e-commerce going beyond the familiar mail order, using the internet merely as a new means to order. The second focus is on innovations of payment systems. We use the term payment systems, because we do not only refer to "electronic money" as other recent studies, but try to cover the whole range of payment alternatives.

The report covers the following topics in some more detail: the place of traditional mail order within the field of electronic commerce; digital products, services and rights and the need for new payment solutions in this emerging sector; the importance of e-commerce for local markets; state of innovative payment systems with regard to Germany; approaches for small payments and micropayments; aspects of costs, fees and economic viability of payment systems; reasons for innovation (and non-innovation) from the point of view of banks; the development of internet payment systems from a genetic perspective, the relationship between "electronic money" and political regulation of money; definitions of "electronic money", non-technical aspects of security and anonymity; risks of consumers, and remarks on open research questions.



Stand: 8.2.2002 - Kommentare und Bemerkungen an: Knud Böhle