Juliane Jörissen, Reinhard Coenen

Sparsame und schonende Flächennutzung
Entwicklung und Steuerbarkeit des Flächenverbrauchs

Berlin: edition sigma 2007, Reihe: Studien des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, Bd. 20, ISBN 978-3-89404-829-7, 282 Seiten, 22,90 Euro
[Vorwort]   [Inhalt]


Zusammenfassung

Der hohe Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrszwecke wird von Vielen als ein gravierendes Problem auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung angesehen. Das Umweltmedium Boden gehört als nicht vermehrbare Ressource zum endlichen Naturkapital der Menschheit und erfüllt zahlreiche unentbehrliche Funktionen. Grund und Boden können zwar im eigentlichen Sinne nicht »verbraucht« werden; sie können aber in einer Art und Weise genutzt werden, die das Spektrum künftiger Nutzungsmöglichkeiten erheblich einschränkt. Da das Angebot an Fläche begrenzt und nicht vermehrbar ist, stehen die verschiedenen Nutzungsformen untereinander in Konkurrenz. Im Unterschied zu Luft und Wasser existieren im Hinblick auf Grund und Boden private Verfügungsrechte unterschiedlichster Art. Da sich der ökologische Wert des Bodens in der Regel nicht im Preis eines Grundstücks niederschlägt, wird Boden häufig am »ökologisch falschen Platz« verbraucht.

Gefordert wird daher eine räumlich differenzierende Betrachtungsweise, die der unterschiedlichen Qualität, Tragekapazität und Empfindlichkeit von Böden Rechnung trägt. Ziel einer nachhaltigen Entwicklung müsste es sein, die Multifunktionalität der Böden zu erhalten, den Freiraum zu schützen und eine Bodenvorratspolitik zu betreiben, die auch künftigen Generationen ein möglichst breites Spektrum an Nutzungsoptionen eröffnet.

Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke und ihre Folgen

Im längerfristigen Rückblick wird ein konstanter, von der Einwohner- und Arbeitsplatzentwicklung abgekoppelter Trend zur Ausweitung der Siedlungs- und Verkehrsfläche deutlich, der erst in den letzten Jahren eine Abschwächung erfahren hat. Während bis Mitte der 1980er Jahre insbesondere der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur für den steigenden Flächenverbrauch verantwortlich war, dominieren seitdem die Gebäude- und Freiflächen. Am Zuwachs dieser Kategorie waren in den letzen Jahren die Wohnflächen überproportional stark beteiligt. Die Wohnfläche pro Einwohner hat sich in den letzen 50 Jahren fast verdreifacht und liegt heute bei über 40 m2/Kopf. Gründe für den steigenden Wohnflächenkonsum sind in erster Linie zunehmender Wohlstand, steigende Wohnansprüche sowie die wachsende Zahl der Haushalte bei abnehmender Haushaltsgröße.

Generell gilt, dass die Wohnfläche pro Wohnung umso geringer ist, je mehr Wohnungen sich in einem Gebäude befinden. Auch zwischen der Art der baulichen Nutzung und der Größe der beanspruchten Grundstücksfläche besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Bezogen auf einen Quadratmeter Wohnfläche benötigen freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser ein Vielfaches an Grundstücksfläche gegenüber Mehrfamilienhäusern. In den letzten Jahren hat sich die Bautätigkeit zunehmend zugunsten der flächenkonsumierenden Bauformen verschoben.

Die Expansion der Siedlungs- und Verkehrsfläche erfolgt in erster Linie auf Kosten der Landwirtschaft. Dies bedeutet einen Verlust an fruchtbaren Kulturböden und bewirkt tief greifende Störungen der ökologischen Bodenfunktionen, die wiederum Rückwirkungen auf den gesamten Naturhaushalt haben. Beeinträchtigt werden die Filter- und Pufferkapazität des Bodens, der Wasserhaushalt, der Austausch der Erdoberfläche mit der Atmosphäre sowie die Lebensräume für Flora und Fauna. Von der insgesamt für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Anspruch genommenen Fläche ist im Durchschnitt knapp die Hälfte versiegelt. Die Versiegelung verringert die natürliche Verdunstung und verhindert die Versickerung von Regenwasser, was zu einem schnellen Abfluss des Regenwassers in die Kanalisation führt. Die Folgen davon sind verstärkte Hochwasserereignisse, eine Verringerung der Grundwasserneubildungsrate und eine Verschlechterung des lokalen Klimas.

Die Baulandnachfrage konzentrierte sich in den letzten Jahren vorwiegend auf das Umland der Agglomerationsräume und die ländlichen Kreise. Die wesentlichste Ursache hierfür ist das zwischen Stadt und Umland bestehende erhebliche Bodenpreisgefälle. Mit der Siedlungsdispersion ist eine höhere spezifische Flächeninanspruchnahme je Einwohner verbunden. Die räumliche Ausdehnung der Siedlungsfläche führt zu einem Anwachsen der Verkehrsströme und hat für den Einzelnen zur Konsequenz, dass er immer weitere Wege in Kauf nehmen muss, um sich in der freien Natur zu erholen. Berücksichtigt man, dass der Wirkungsraum der Verkehrsflächen weit über die direkt beanspruchten Flächen hinausgeht, etwa durch Zerschneidungen und Verinselung ehemals zusammenhängender Freiräume, Verlärmung und Schadstoffbelastungen, so kann man feststellen, dass die Flächenverbrauchsstatistik das wahre Ausmaß der Inanspruchnahme nur unvollkommen wiedergibt.

Neben den ökologischen Auswirkungen werden zunehmend auch die negativen sozialen und ökonomischen Folgen der Suburbanisierung deutlich. Trotz des anhaltenden Siedlungsflächenwachstums nimmt die Bevölkerung regional, insbesondere in den Kernstädten, kontinuierlich ab. Da überwiegend junge, besser verdienende Familien mit Kindern abwandern, führt der Einwohnerschwund in den Kernstädten zu einer unausgewogenen Sozialstruktur (Überalterung, hoher Anteil an Singlehaushalten, hoher Anteil an Sozialhilfeempfängern), einer Unterauslastung der vorhandenen Infrastruktur sowie zu rückläufigen Einkommensteuereinnahmen.

Demografischer Wandel und Flächenverbrauch

Nach den Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerungszahl bis 2020 noch etwa auf dem derzeitigen Niveau verharren, ab 2020 dann aber trotz Zuwanderung abnehmen. Die Altersstruktur der Bevölkerung wird sich schon in den nächsten Jahren zuungunsten der jüngeren Generationen verschieben, und die Zahl alter und sehr alter Menschen wird erheblich zunehmen. Diese Entwicklungen werden sich regional sehr unterschiedlich darstellen. Die ländlichen und verstädterten Räume Ostdeutschlands sind von den demografischen Veränderungen der Alterung und Schrumpfung am stärksten betroffen. Die Bevölkerung der Ballungs- bzw. Agglomerationsräume der neuen Länder bleibt bis 2020 stabil. Im Westen Deutschlands treten Bevölkerungsrückgänge und Alterungsprozesse langsamer ein und erreichen auch nicht dieselbe Dynamik wie in den neuen Bundesländern. Bevölkerungsgewinne werden noch die wirtschaftlich prosperierenden und deshalb für Zuwanderer aus dem In- und Ausland attraktiven Regionen Westdeutschlands haben, während die Bevölkerung in wirtschaftlich schwächeren Regionen bereits bis 2020 zurückgehen wird.

Die Zahl der Haushalte, die eine entscheidende Bestimmungsgröße für die Wohnflächennachfrage ist, wird bis 2020 wie in der Vergangenheit weiterhin zunehmen – bei gleichzeitiger Verkleinerung der Haushaltsgröße. Ab 2020 wird dann aber auch die Zahl der Haushalte abnehmen. Die Zunahme der Haushaltszahlen, die Abnahme ihrer Größe und der sog. Remanenzeffekt, der sich aus dem Verbleiben älterer Menschen nach Auszug ihrer Kinder in eigentlich zu großen Wohnungen ergibt, bewirken bis 2020 eine weitere Zunahme der Wohnfläche pro Kopf sowie ein Wachstum der Wohnflächennachfrage insgesamt. Diese wird erst nach 2030 zurückgehen und sich dann regional sehr unterschiedlich entwickeln. In wirtschaftlich schwachen Regionen, die noch weiterhin Abwanderung zu verzeichnen haben, wird es bis 2020 ein unterdurchschnittliches Wachstum, teilweise schon einen Rückgang geben, während die Wohnflächennachfrage in wirtschaftlich prosperierenden Regionen noch deutlich steigen wird. In diesen Gebieten wird es weiterhin einen angespannten Wohnungsmarkt geben, während in den anderen Gebieten Leerstände durch Rückbau reduziert werden müssen. Der Neubaubedarf an Wohnungen wird zunächst bis 2010 allmählich und danach stark abnehmen.

Obwohl die Wohnflächennachfrage in den nächsten 20 bis 30 Jahren noch steigen wird, wird sich die demografische Entwicklung bereits auf die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke auswirken, da die Generationen der 20- bis 35-Jährigen und der 35- bis 50-Jährigen, also jene Generationen, die in erster Linie als Nachfrage für Einfamilienhäuser in Betracht kommen, zahlenmäßig bereits ab 2001 zurückgehen. Diese potentiellen Nachfrager dürften sich zudem zu einem beträchtlichen Teil aus dem Bestand bedienen, zumal es sich um Generationen handelt, die in einem nicht gekannten Ausmaß Eigenheime und Wohnungen von ihren Eltern und Großeltern erben werden. Die im Rahmen des TAB-Projekts durchgeführten Simulationsrechnungen zur Flächeninanspruchnahme zeigen in einer Status-quo-Prognose schon einen vornehmlich demografisch bedingten Rückgang des Flächenverbrauchs auf 81,5 ha/Tag in 2020 und auf 74,5 ha/Tag im Jahr 2030. Der in den letzten Jahren zu beobachtende Rückgang des Flächenverbrauchs dürfte bereits demografisch mit verursacht sein.

Trendwende im Landverbrauch?

Der Verlauf der Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke zeigt im Vergleich der drei bisher vorliegenden gesamtdeutschen Erhebungszyklen (1993–2004) einen stetigen Rückgang des Zuwachses bei der Gebäude- und Freifläche. Als Gründe dafür lassen sich in den letzen Jahren vor allem die konjunkturelle Entwicklung und der damit verbundene Einbruch bei den Bauinvestitionen anführen. Zwar ist anzunehmen, dass bei einer Erholung der Baukonjunktur auch der Flächenverbrauch wieder ansteigen wird. Aufgrund der demografischen Entwicklung und eines sich abzeichnenden, inzwischen durch mehrere empirische Studien belegten, Reurbanisierungstrends, ist jedoch langfristig mit einem Rückgang der zusätzlichen Flächennachfrage zu rechnen.

Nach den Ergebnissen der Wohneigentumsstudie von TNS Infratest hat gut die Hälfte (52%) der neuen Eigentümer in Westdeutschland zwischen 2001 und 2003 »gebrauchte« Immobilien erworben. Im Hinblick auf die räumliche Verteilung der Nachfrage ist eine zunehmende Verlagerung in die Ballungsräume festzustellen. Der sich für Westdeutschland abzeichnende Trend zum urbanen Wohnen wird laut TNS Infratest zeitverzögert auch im Osten erkennbar. Die Befunde von TNS Infratest werden durch die Difu-Studie »Wohnen in der Innenstadt als Lebensstil« und die aktuelle Trend Research Studie von DB Immobilien (2006) bestätigt.

Aufgrund der Entwicklung der Wohnungsnachfrage in den letzten Jahren lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt eine Parallelität von Suburbanisierung und Reurbanisierung konstatieren. Welcher der beiden Trends in Zukunft die Oberhand gewinnen wird, hängt auch davon ab, inwieweit es Bund, Ländern und Kommunen gelingt, die Rahmenbedingungen für das Bauen und Wohnen in der Stadt zu verbessern. In Anbetracht der demografischen Entwicklung besteht insofern Handlungsbedarf, als eine ungebremste zusätzliche Flächeninanspruchnahme bei schrumpfender Bevölkerung zu erheblichen Fehlinvestitionen führen könnte.

Die Situation der Kommunen

Der interkommunale Wettbewerb um Einwohner, Beschäftigte und Gewerbebetriebe wird als ein wesentlicher Motor für die großzügige Ausweisung von Bauland und damit für den hohen Flächenverbrauch angesehen. Gelingt es Kommunen, über die Bereitstellung attraktiver Baulandangebote neue Gewerbebetriebe und Einwohner anzuziehen, so hat dies positive Auswirkungen auf die wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Das Gewerbe- und Grundsteueraufkommen steigt; durch die Erhöhung der Einwohnerzahl nehmen in der Regel auch die Einkünfte aus dem kommunalen Anteil an der Einkommensteuer zu, ebenso wie die Schlüsselzuweisungen der Länder, die teilweise von der Einwohnerzahl abhängen. In dem Bemühen, sich im interkommunalen Standortwettbewerb zu behaupten, werden in der heutigen Praxis meist Standorte »auf der grünen Wiese« entwickelt, selbst dann, wenn umfangreiche Baulandreserven und Brachflächenpotenziale im städtebaulichen Innenbereich vorhanden sind. Ursache dafür sind nicht zuletzt die Prioritäten der Bauträger, die ganz überwiegend Bauflächen im Außenbereich bevorzugen. Aus der Sicht der privaten Haushalte sprechen dafür vor allem die geringeren Bodenpreise, während bei den gewerblichen Nachfragern noch andere Vorteile wie bessere Verkehrsanbindung, ausreichende Betriebserweiterungsmöglichkeiten etc. hinzukommen.

Die für die einzelnen Gemeinden profitable Baulandstrategie verkehrt sich jedoch in ihr Gegenteil, je mehr Gemeinden Bauflächen im Außenbereich zur Verfügung stellen. In Anbetracht der eher stagnierenden oder sogar rückläufigen Bevölkerungs- und Beschäftigungsentwicklung auf nationaler Ebene bedeutet der Ansiedlungserfolg der einen Gemeinde in der Regel Wanderungsverluste für andere Gemeinden, ohne dass die wirtschaftliche Situation in der Region dadurch insgesamt verbessert würde. Je größer das Baulandangebot ist, umso höher wird das Risiko, dass sich die hohen Investitionskosten der Baulandbereitstellung mangels Nachfrage nicht amortisieren. Durch das Überangebot von preisgünstigem Bauland »auf der grünen Wiese« laufen insbesondere Kommunen, die auf eine konsequente Entwicklung innerstädtischer Standorte gesetzt haben, Gefahr, keine Abnehmer zu finden.

Der interkommunale Standortwettbewerb wird durch die schwierige finanzielle Lage, in der sich die deutschen Kommunen seit einigen Jahren befinden, noch verschärft. Die Finanzmisere zeigt sich an dem massiven Einbruch der kommunalen Investitionen von 33 Mrd. Euro im Jahr 1992 auf 18,6 Mrd. Euro im Jahr 2005 und an dem erheblichen Anstieg der zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe dienenden Kassenkredite von 1 bis 2 Mrd. Euro im Jahr 1992 auf rund 24 Mrd. Euro im Jahr 2005. Die angespannte Finanzlage ist jedoch keineswegs auf ein großzügiges Ausgabegebaren zurückzuführen. Die Ursachen liegen vielmehr auf der Einnahmenseite, wobei alle wesentlichen Einnahmequellen der Kommunen betroffen sind, insbesondere die für die kommunale Finanzautonomie wichtigen Einkünfte aus den kommunalen Realsteuern (Gewerbe- und Grundsteuer) sowie der 15%ige kommunale Anteil an der Einkommensteuer.

Das reale Gewerbesteueraufkommen hat von 1972 bis 2002 zwar starken Schwankungen unterlegen, aber langfristig nicht zugenommen und ist damit deutlich hinter dem Wirtschaftswachstum zurückgeblieben. Dagegen ist das Grundsteueraufkommen real in den letzten 20 Jahren stetig gestiegen und hielt auch mit dem allgemeinen Wirtschaftswachstum Schritt. Dies ist nicht zuletzt auf das Wachstum der Bemessungsgrundlage, d.h. auf die Zunahme der Gewerbe- und Wohnbauflächen, zurückzuführen. Die Einnahmen aus dem kommunalen Einkommensteueranteil entwickelten sich hingegen in den letzten Jahren unbefriedigend. Hier wirkten sich neben der schwachen Konjunktur die Einkommensteuerreform sowie in den 1990er Jahren die massiven Steuervergünstigungen im Zusammenhang mit dem Aufbau Ost negativ auf das Aufkommen aus.

Vor diesem Hintergrund ist eine Reform der Kommunalfinanzen nach wie vor aktuell, die neben der fiskalischen Nachhaltigkeit auch der ökologischen Nachhaltigkeit dienen sollte, indem sie die bisher bestehenden Anreize zur Ausweitung des Baulandangebots abschwächt. Einiges spricht dafür, bei einem neuen Anlauf eine simultane Reform von Gewerbe- und Grundsteuer in den Blick zu nehmen.

Ziele einer nachhaltigen Flächennutzung

In Anbetracht der negativen Folgen der Siedlungsdispersion gilt eine Reduktion des Flächenverbrauchs seit Jahren als zentrales Ziel einer nachhaltigen Entwicklung. Bereits in der 1985 verabschiedeten Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung wurde eine »Trendwende im Landverbrauch« gefordert. In dem 1998 erarbeiteten Entwurf eines »Umweltpolitischen Schwerpunktprogramms« der Bundesregierung wurde erstmals eine Begrenzung der zusätzlichen Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke auf 30 ha/Tag bis 2020 postuliert. Dieses Handlungsziel hat die rot-grüne Bundesregierung 2002 in ihre Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland übernommen. Noch rigoroser fordern etwa der Rat für Nachhaltige Entwicklung, der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, die Naturschutzverbände und die Akademie für Raumforschung und Landeskunde wie schon die Enquete-Kommission »Schutz des Menschen und der Umwelt« (1998) ein Nullwachstum beim Flächenverbrauch. Langfristig sollte ihrer Auffassung nach die Umwandlung von unbebauten in bebaute Flächen durch die gleichzeitige Rekultivierung ehemals städtebaulich genutzter Flächen vollständig kompensiert werden.

Die Notwendigkeit einer drastischen Verringerung der Flächeninanspruchnahme ist jedoch in der aktuellen Debatte keineswegs unumstritten, wobei insbesondere die Zweckmäßigkeit quantitativer Reduktionsziele infrage gestellt wird. Gegen die politische Festlegung solcher Ziele sprechen sich neben dem Deutschen Städte- und Gemeindebund insbesondere die Verbände der Bau- und Wohnungswirtschaft aus. Aus ihrer Sicht würde eine Drosselung des Siedlungsflächenangebots zu knappheitsbedingten Bodenpreissteigerungen führen, den Neubau verteuern, weitere Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft gefährden, einen negativen Standortfaktor für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit darstellen und zunehmende Verteilungskonflikte verursachen. Außerdem halten sie es für unstatthaft, einen linearen Zusammenhang zwischen Wachstum der Siedlungsfläche und ökologischer Verschlechterung herzustellen.

Die Auseinandersetzung um das Für und Wider einer Reduktion der Flächeninanspruchnahme macht deutlich, dass die Ziele einer nachhaltigen Siedlungsflächenentwicklung differenziert werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Flächennachfrage künftig große regionale Unterschiede aufweisen wird. Während in einigen Regionen schon heute erhebliche Leerstände bei Wohn- und Gewerbegebäuden zu verzeichnen sind, besteht in anderen ein ungebrochen hoher Bedarf. Vor diesem Hintergrund bedarf die Gestaltung der Siedlungsentwicklung in Deutschland nach Ansicht vieler Experten einer Doppelstrategie von quantitativer und qualitativer Steuerung, die zudem regional differenziert sein müsste. Eine solche Strategie sollte u.a. folgende Zielkomponenten umfassen:

Die Komplexität dieser Aufgabe macht deutlich, dass Erfolge nur mit einem Bündel von Maßnahmen erreichbar sein dürften, wobei das Steuerrecht, das Bauplanungs- und Raumordnungsrecht, die Wohnungs- und Städtebauförderung sowie die Verkehrspolitik einzubeziehen wären. Die Kombination der Instrumente sowie deren Eingriffsintensität müssten so angelegt sein, dass insgesamt eine gerechte Nutzen- und Lastenverteilung entsteht sowie negative wirtschaftliche und soziale Auswirkungen möglichst vermieden werden.

Das planungsrechtliche Instrumentarium

Zur Steuerung der Flächennutzung steht ein breit gefächertes planerisches Instrumentarium zur Verfügung, das durch die in den letzten Jahren erfolgten grundlegenden Novellierungen des Raumordnungsgesetzes (ROG) und des Baugesetzbuches (BauGB) erheblich erweitert und verbessert wurde. Viele der in die Debatte um die Reduktion des Flächenverbrauchs für Siedlungs- und Verkehrszwecke eingebrachten Reformvorschläge sind durch das Europarechtsanpassungsgesetz (EAG Bau), das am 20. Juli 2004 in Kraft trat, bereits in geltendes Recht umgesetzt worden.

Dazu gehören z.B. die seit langem geforderte Revisionspflicht für Flächennutzungspläne, die Flexibilisierung der planerischen Festsetzungen (»Baurecht auf Zeit«), die inhaltliche Konkretisierung der Bodenschutzklausel und die erweiterten Möglichkeiten der Gemeinden, sich gegen die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe zu wehren. Im Hinblick auf die angestrebte Innenentwicklung und die Aufwertung der Innenstädte als Wohn- und Lebensorte kommt auch den neu eingeführten Regelungen zum Stadtumbau und zur »Sozialen Stadt« erhebliche Bedeutung zu. Es bleibt nun zunächst abzuwarten, wie sich diese Reformen in der Praxis auswirken.

Nach allgemeiner Auffassung, die durch die Verbändebefragung des TAB bestätigt wird, ist die bisher unzureichende Umsetzung der flächenpolitischen Ziele nicht auf das Fehlen effizienter planerischer Instrumente zurückzuführen, sondern auf den mangelnden politischen Willen der Akteure, diese anzuwenden. Um standortbezogene Ziele, wie z.B. den Schutz sensibler Landschaftsräume oder wertvoller Biotope durchzusetzen, hat sich das vorwiegend ordnungsrechtlich geprägte Instrumentarium der Raum- und Landschaftsplanung nach herrschender Meinung bewährt und bleibt auch in Zukunft unverzichtbar. Um mengenspezifische Ziele wie eine quantitative Reduktion der Flächeninanspruchnahme zu erreichen, wird seine Wirksamkeit jedoch von Vielen bezweifelt und eine Flankierung durch marktkonforme Instrumente gefordert. Im Rahmen einer solchen Strategie sollen flächenkonsumierende und versiegelungsintensive Bodennutzungsformen verteuert und damit wirtschaftlich unattraktiver gemacht werden. Den Befürwortern dieses Ansatzes geht es sowohl darum, gegenläufig wirkende Anreize (Entfernungspauschale, Grundsteuer, Grunderwerbsteuer) zu beseitigen als auch neue flächenpolitische Lenkungsinstrumente einzuführen.

Einige, wie etwa der Rat für Nachhaltige Entwicklung, die Akademie für Raumforschung und Landesplanung und die Naturschutzverbände plädieren darüber hinaus für eine gezielte Ergänzung und Verschärfung des Planungsrechts. Vorgeschlagen werden u.a. eine erweiterte Begründungspflicht für das Bauen im Außenbereich, die Umwandlung des Abbruchduldungsgebots (§ 179 BauGB) in ein aktives Abrissgebot auf Kosten des Eigentümers und eine Modifizierung der Baunutzungsverordnung.

Potenziale regionaler Kooperation

Neben den traditionellen Kooperationsformen wie Gemeindeverbände, Regionalver­bände, Zweckverbände und den in §§ 203 bis 205 BauGB vorgesehenen Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit im Rahmen der Bauleitplanung sind durch das BauROG 1998 neue Instrumente freiwilliger Kooperation institutionalisiert worden. Dazu gehören städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB, Städtenetze, regionale Entwicklungskonzepte und vertragliche Vereinbarungen zur Vorbereitung und Verwirklichung von Raumordnungsplänen (§ 13 ROG) sowie die Möglichkeit zur Erstellung regionaler Flächennutzungspläne gemäß § 9 Abs. 6 ROG. Den Kommunen stehen somit zahlreiche Formen der Zusammenarbeit zur Verfügung, die sich im Hinblick auf ihren räumlichen Zuschnitt, den Gegenstandsbereich, die Akteurskonstellation, den Institutionalisierungsgrad sowie ihre rechtliche Bindungswirkung unterscheiden.

Um einen sparsamen Umgang mit der Ressource Boden und gleichzeitig einen effizienten Einsatz knapper Haushaltsmittel sicherzustellen, wird von verschiedenen Seiten eine Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich der Baulandausweisung gefordert. Aufgrund der engen funktionalen Verflechtungen, der Flächenknappheit in den Kernstädten und des Bodenpreisgefälles zum Umland scheint dies vor allem in Stadtregionen geboten. Wie die Praxis zeigt, gestaltet sich jedoch ein regional abgestimmtes Flächenmanagement gerade dort schwierig, da die prosperierenden Umlandgemeinden häufig keinen Kooperationsbedarf sehen.

Die Ergebnisse der im Rahmen des Projekts vergebenen Gutachten sowie anderer vorliegender Studien zeigen, dass in Deutschland eine große Vielfalt von Kooperationsformen existiert, die aus dem Blickwinkel ihrer jeweiligen Zielsetzungen (Verbesserung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit, Erhöhung der Standortqualität, Steigerung der Wirtschaftlichkeit, Beseitigung von Flächenengpässen etc.) durchaus als erfolgreich einzustufen sind. Wie die Analyse weiter zeigt, gehört jedoch die Realisierung einer flächensparenden Siedlungsentwicklung in der Regel nicht zu den originären Zielen der verschiedenen Kooperationsansätze. Dennoch bieten sie zumindest indirekte Steuerungsmöglichkeiten, die sich positiv auf die Flächeninanspruchnahme auswirken können.

So kann z.B. eine interkommunal abgestimmte Gewerbeflächenentwicklung dazu beitragen, überdimensionierte Baulandausweisungen einzelner Kommunen zu verhindern, den flächenmäßigen Erschließungsaufwand zu reduzieren, Standortpotenziale zu bündeln und damit eine bessere Auslastung der bereitgestellten Gewerbeflächen zu gewährleisten. Interkommunale Kompensationsflächenpools ermöglichen einerseits effizientere Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung und andererseits die Realisierung kompakterer Stadtstrukturen, welche die Ausweitung des Siedlungsraums in die Landschaft eindämmen.

Die größten Erfolgsaussichten werden derzeit Kooperationsbeziehungen im Bereich der Informationsbereitstellung eingeräumt. Sie schaffen einen gemeinsamen Datenpool im Hinblick auf die regionale Situation, fördern die Kommunikation sowie die Entwicklung einer regionalen Perspektive, erleichtern den Gemeinden die Einordnung der eigenen Entwicklungsziele und -chancen in einen größeren räumlichen Kontext und führen zu einer Sensibilisierung für die Interessen der anderen. Außerdem sind langwierige Auseinandersetzungen über den Vorteils- und Lastenausgleich bei dieser Form der Kooperation nicht zu erwarten. Insgesamt lehrt die Erfahrung, dass es den Kommunen am ehesten gelingt, sich auf einen kooperativen Weg zu einigen, wenn dies für alle Beteiligten mit Vorteilen verbunden ist.

Als herausragende Beispiele gelungener interkommunaler Kooperation werden in den vom TAB vergebenen Gutachten die beiden Verbandsmodelle Region Stuttgart und Region Hannover betrachtet, da sie bereits Ansätze einer regionalen Flächenhaushaltspolitik erkennen lassen. Positive Auswirkungen sind auch von der gemeinsamen Flächennutzungsplanung benachbarter Gemeinden zu erwarten, da sie eine koordinierte Baulandausweisung ermöglicht, mit deren Hilfe die Siedlungstätigkeit auf die aus objektiven Gründen geeigneten Flächen gelenkt und die Flächeninanspruchnahme in der Summe reduziert werden kann. Voraussetzung für die Erfüllung der in dieses Instrument gesetzten Erwartungen ist allerdings, dass im interkommunalen Planungsprozess nicht nur eine Addition der von den beteiligten Gemeinden geäußerten Flächenansprüche stattfindet.

Als gravierende Hemmnisse für die Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit sehen die Gutachter des TAB und andere einschlägige Studien das »Kirchturmdenken« der Gemeinden und ihre Befürchtung, im Rahmen einer Kooperation Einschränkungen der kommunalen Selbstverwaltungshoheit hinnehmen zu müssen, sowie vor allem fiskalische Zwänge und Unklarheiten über finanzielle Ausgleichsregelungen.

Um diese Hemmnisse zu beseitigen, wird von verschiedenen Seiten eine grundlegende kommunale Finanzreform gefordert, die eine solide kommunale Finanzausstattung gewährleisten und die Konkurrenzsituation mildern sollte. Im Hinblick auf einen gerechten Ausgleich zwischen Kernstadt und Umlandgemeinden wird die Einführung einer »Regionalen Infrastrukturpauschale« angeregt, mit der die Umlandgemeinden an den Kosten für die Bereitstellung übergeordneter Infrastruktureinrichtungen (Kliniken, Theater, Museen, weiterführende Schulen etc.) beteiligt werden sollten. Zur Förderung der Kooperationsbereitschaft werden außerdem gezielte finanzielle Anreizsysteme auf Landesebene für notwendig gehalten. Einige der befragten Akteure wie etwa der Bund Deutscher Architekten, die Akademie für Raumforschung und Landesplanung und die Naturschutzverbände halten dies jedoch für nicht ausreichend und plädieren für eine verstärkte Kompetenzausweitung zugunsten der regionalen Ebene.

Informatorische Instrumente

Fehlendes Wissen über die Folgen des hohen Flächenverbrauchs und die Bodendegradierung dürfte mit ein Grund sowohl für die mangelnde Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten durch die Planungsträger als auch für den Umstand sein, dass eine flächensparende und -schonende Siedlungspolitik bisher kaum Unterstützung in der Bevölkerung findet. Als notwendig werden daher einerseits Informations- und Aufklärungsmaßnahmen, die sich an die breite Öffentlichkeit wenden, und andererseits Maßnahmen zur Förderung des Problembewusstseins wichtiger Akteure, wie Fortbildung, Dokumentation von Best-Practice-Beispielen, Leitfäden zum Flächenmanagement u.Ä. angesehen.

Die Informationsgrundlagen für kommunale flächenbezogene Entscheidungen sind häufig unvollständig, da die mit einer Neuerschließung verbundenen Folgekosten, wie Aufwendungen für den Unterhalt der Verkehrsinfrastruktur, sowie für den Bau und Betrieb sozialer Einrichtungen (Kindergärten, Schulen etc.) nicht oder nur teilweise in die Entscheidungskalküle der kommunalen Akteure eingehen. Umfassende Kostenbetrachtungen bei Neuerschließungen und ihr Vergleich mit den Kosten der Nutzung von Innenentwicklungspotenzialen müssten deshalb Instrumente eines rationalen Flächenmanagements sein.

Flächenstatistische Daten als Grundlage für die Bodenschutzpolitik und das Monitoring ihrer Ergebnisse werden von verschiedenen Seiten als nicht ausreichend betrachtet. Der in der flächenpolitischen Debatte im Mittelpunkt stehende Indikator »Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in ha/Tag« wird als zu grob angesehen, da er Flächen mit stark bodenschädigenden Nutzungen, z.B. hochversiegelte Böden, und Flächen mit umweltgerechten Nutzungen unter einer Kategorie subsumiert. Als notwendig wird deshalb eine Ergänzung der Flächenstatistik durch Indikatoren erachtet, die die qualitative Veränderung von Flächen genauer abbilden, z.B. Indikatoren zum Versiegelungsgrad, zur Wiedernutzung von Brachflächen etc.

Fiskalische Instrumente

Die zusätzliche Flächeninanspruchnahme ist das Resultat der Entscheidungen verschiedener Akteure, welche in einem Geflecht bestehender fiskalischer Rahmenbedingungen handeln, die keineswegs »flächenneutral« sind, sondern zum Teil kontraproduktive Anreize setzen. Vielfach gefordert wird daher, bei den fiskalischen Rahmenbedingungen anzusetzen oder sogar, sie für flächenpolitische Lenkungszwecke fortzuentwickeln, was allerdings bei anderen auf entschiedene Ablehnung stößt.

Grunderwerbsteuer

Die Grunderwerbsteuer wird nicht nur aus flächenpolitischer, sondern auch aus ökonomischer und sozialer Sicht als reformbedürftig erachtet, da sie den Neubau begünstigt und den Bestandserwerb benachteiligt, die dringend erforderliche berufliche Mobilität behindert sowie die Wohneigentumsbildung von Schwellenhaushalten erschwert. Die von verschiedenen Seiten unterbreiteten Reformvorschläge reichen von der Abschaffung oder Reduzierung des Steuersatzes über die Spreizung von Steuersätzen nach Lage der Grundstücke (unterschiedliche Steuersätze für den Erwerb im Bestand und in Neuerschließungsgebieten) oder Befreiungen von der Steuerpflicht (z.B. beim Erwerb von Bestandsimmobilien) bis zur Umwandlung der Grunderwerbsteuer in eine Neuerschließungsabgabe. In der Tendenz laufen alle Reformvorschläge darauf hinaus, den Bodenerwerb in Neuerschließungsgebieten zu verteuern und den Erwerb von Bestandsimmobilien durch geringere oder keine Besteuerung zu begünstigen und damit die Innenentwicklung zu fördern.

Grundsteuer

Die Grundsteuer steht hauptsächlich deshalb in der Kritik, weil sie auf einer veralteten Bemessungsgrundlage basiert, die inzwischen eingetretene Wertveränderungen nicht berücksichtigt und damit gegen den Grundsatz einer gleichmäßigen Besteuerung verstößt. Unter flächenpolitischen Gesichtspunkten wird moniert, dass sie Ein- und Zweifamilienhäuser bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage sowie durch niedrigere Steuermesszahlen begünstigt und wegen ihrer geringen Höhe Anreize zum spekulativen Horten von unbebauten Grundstücken im Siedlungsbestand setzt.

Vorschläge zur Reform der Grundsteuer reichen von einer Aktualisierung der Bemessungsgrundlage bis zu Reformmodellen mit bodenpolitischer Lenkungswirkung. Entweder setzen sie beim Bodenwert oder bei der Bodenfläche an oder sie kombinieren diese beiden Bemessungsgrundlagen. Weiterhin unterscheiden sich die Vorschläge dadurch, ob Gebäude (wert- oder flächenmäßig) ebenfalls besteuert werden. Während wertbezogene Reformmodelle bei Annahme stabiler Bodenwerte dauerhafte fiskalische Ergiebigkeit versprechen, haben flächenbezogene Steuermodelle den Nachteil, dass das reale Aufkommen bei Annahme konstanter kommunaler Hebesätze inflationsbedingt ständig sinkt. Bezüglich der bodenpolitischen Lenkungswirkung versprechen flächenbezogene Steuermodelle dagegen leichte Vorteile.

Diese Überlegungen haben zu Reformvorschlägen geführt, die beide Bemessungsgrundlagen kombinieren, um die jeweiligen Schwächen zu kompensieren. Zu nennen sind hier die kombinierte Bodenwert- und Flächensteuer mit additiver Verknüpfung der beiden Komponenten und die kombinierte Flächennutzung- und Bodenwertsteuer mit multiplikativer Verknüpfung der Komponenten. Dabei verspricht Letztere die jeweiligen spezifischen Stärken der Reinformen, nämlich die ökologischen Lenkungseffekte der Flächennutzungskomponente und die fiskalische Ergiebigkeit der Bodenwertkomponente, zu erhalten.

Alle bisherigen quantitativen Abschätzungen, auch die im TAB-Projekt durchgeführten Simulationsrechnungen, zeigen allerdings, dass eine aufkommensneutrale Ausgestaltung der Grundsteuer unabhängig vom Modell kaum Effekte auf den Flächenverbrauch haben würde. Deshalb, aber auch vor dem Hintergrund der chronischen kommunalen Unterfinanzierung, wird empfohlen, die Forderung nach Aufkommensneutralität aufzugeben und die Grundsteuer zu einer stärkeren Säule der kommunalen Finanzierung auszubauen. Eine Erhöhung der Grundsteuer lässt sich auch damit begründen, dass in Deutschland die Besteuerung des Faktors Grund und Boden im internationalen Vergleich eher moderat ist.

Diese Überlegungen legen es nahe, im Rahmen einer Reform des kommunalen Finanzsystems der Grundsteuer gegenüber der Gewerbesteuer ein höheres Gewicht als gegenwärtig einzuräumen. Es ist zu vermuten, dass bei einer simultanen gesamtaufkommensneutralen Reform mit einer Neugewichtung der Aufkommensanteile zugunsten einer reformierten Grundsteuer ein Gesamtreformpaket eher Akzeptanz finden könnte. Zudem dürften auch die potenziellen flächenpolitischen Lenkungseffekte stärker sein, da eine steuerliche Entlastung bei der Gewerbesteuer eine Milderung des kommunalen Wettbewerbs um die Ansiedlung von Unternehmen verspricht.

»Ökologisierung« des kommunalen Finanzausgleichs

Verschiedentlich wird vorgeschlagen, den von den Ländern primär zur Abmilderung von Einnahmekraftunterschieden durchgeführten kommunalen Finanzausgleich (KFA) stärker in den Dienst des Flächenschutzes zu stellen. Dabei soll die Freihaltung von Flächen für ökologische Funktionen honoriert und somit Einnahmeverluste der Kommunen, die durch den Verzicht auf die Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete entstehen, kompensiert werden. Da durch das Vorhalten von Freiflächen den Gemeinden im Wesentlichen nur Opportunitätskosten, aber kaum direkte Kosten entstehen, die zu einem ausgabenwirksamen Finanzbedarf führen, wird eine solche Kompensation allerdings von verschiedenen Autoren als systemfremd im bedarfs- und ausgabenorientierten Ansatz des KFA betrachtet.

Begrenzte Möglichkeiten zur Ökologisierung des kommunalen Finanzausgleichs bestehen allenfalls in der Einführung von Zweckzuweisungen für besondere Ausgaben verursachende, flächenschonende und -sparende Maßnahmen, wie z.B. für Flächenrecyclings- und Entsiegelungsprojekte.

Ökonomische Anreizinstrumente

Gegenüber den zuvor behandelten fiskalischen Instrumenten werden seit längerem schon Instrumente diskutiert, die ausschließlich darauf abzielen, ökonomische Anreize für einen sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden zu schaffen. Dabei geht es einerseits um Instrumente, die auf die Kommunen als Akteure zielen, z.B. handelbare Flächenausweisungskontingente oder die Baulandausweisungsumlage, und andererseits um Instrumente, die das Verhalten der privaten Akteure (Bauherren, Investoren) beeinflussen sollen, z.B. eine Neuerschließungsabgabe oder eine Neuversiegelungsabgabe.

Handelbare Flächenausweisungskontingente

Die Grundidee dieses Konzepts besteht darin, für eine bestimmte räumliche Ebene (Bund, Länder, Regionen) die maximal zulässige Flächenausweisung quantitativ festzulegen und diese in Form von handelbaren Flächenausweisungskontingenten an die Kommunen kostenlos oder durch Versteigerung zu verteilen. Will eine Gemeinde über dieses Kontingent hinausgehende Baulandausweisungen vornehmen, muss sie zusätzliche Ausweisungskontingente an einer Bodenbörse kaufen. Gemeinden, die die zugeteilten Kontingente nicht verwenden, können diese veräußern und damit Einnahmen erzielen.

Vor der Implementation eines solchen Systems sind allerdings schwierige gestalterische Fragen zu klären, die zu hohen Hürden für die Akzeptanz des Instruments werden können. Diese betreffen z.B. die Verteilungsmodi der Flächenausweisungskontingente und die hierbei anzuwendenden Schlüssel, die Mengensteuerung im Zeitablauf, die Befristung der Zertifikate und regionale und/oder nutzungsspezifische Differenzierungen von Märkten.

Vor allem die Erstverteilung der Flächenausweisungskontingente zunächst auf die Länder und von diesen auf die Kommunen wird als besonders konfliktträchtig eingeschätzt, da sich, wie Untersuchungen zeigen, in Abhängigkeit vom verwendeten Zuteilungsschlüssel sehr unterschiedliche Verteilungen ergeben würden. Allein wegen der Suche nach konsensfähigen Schlüsseln ist deshalb mit langwierigen Aushandlungsprozessen zu rechnen, die zu flächenpolitisch fragwürdigen Kompromissen und Ausnahmeregelungen führen können. Da zudem noch andere schwierige Gestaltungsfragen zu klären wären, ist zu vermuten, dass viel Zeit vergehen würde, ehe dieses Instrument seine flächenpolitischen Wirkungen entfalten könnte.

Baulandausweisungsumlage

Die Baulandausweisungsumlage stellt ein alternatives Konzept zu handelbaren Flächenausweisungskontingenten dar. Die Kommunen müssten dabei für die Neuausweisung von Bauland einen am Flächenumfang des neuen Baugebiets bemessenen Umlagebetrag an das jeweilige Bundesland abführen. Die Umlage ist ein über den Preis steuerndes Instrument, das zumindest aus ökologischer Sicht – gegenüber den handelbaren Flächenausweisungskontingenten mit ihrer Mengensteuerung – eine Second-best-Lösung wäre, da die punktgenaue Erfüllung eines quantitativen Flächenziels nicht sichergestellt werden kann. Das Aufkommen aus der Umlage soll an die Gemeinden unter Nutzung eines geeigneten Verteilungsschlüssels zurück verteilt werden. Denkbar wäre auch, einen Teil des Aufkommens ebenfalls in den Dienst der ökologischen Lenkungsaufgabe zu stellen, indem damit bodenpolitisch erwünschte Maßnahmen gefördert werden könnten.

Im Vergleich zu handelbaren Flächenausweisungskontingenten ist die Baulandausweisungsumlage das einfachere Instrument, ein Vorteil, dem die Nachteile einer geringeren ökologischen Treffsicherheit und ökonomischen Effizienz gegenüberstehen. Wie Untersuchungen zeigen, würden beide Instrumente auf wenig Gegenliebe bei den Kommunen stoßen.

Neuerschließungsabgabe

Mit einer Neuerschließungsabgabe, die von Bauherren und Investoren zu entrichten wäre, soll die Erschließung neuer Bauflächen im Außenbereich verteuert und indirekt die Innenentwicklung gefördert werden. Sie wäre, sofern ihr auch die Kommunen bei der Neuausweisung von Verkehrsflächen unterworfen würden, als Alternative zu handelbaren Flächenausweisungskontingenten und zur Baulandausweisungsumlage zu betrachten. Gelingt z.B. bei der Baulandausweisungsumlage den Gemeinden die Überwälzung an die Endnutzer, so dürften sich bei gleichem Abgabe- bzw. Umlagesatz quantitativ ähnliche flächenpolitische Lenkungseffekte für beide Instrumente ergeben. Die Neuerschließungsabgabe dürfte im Vergleich zu handelbaren Flächenausweisungskontingenten und zur Baulandausweisungsumlage politisch eher durchsetzbar sein, da die Gemeinden in ihrem Ausweisungsverhalten unmittelbar nicht so stark betroffen wären.

Bodenversiegelungsabgaben

Durch Bodenversiegelungsabgaben sollen verstärkte Anreize einerseits zur Verringerung der Neuversiegelung und andererseits zur Entsiegelung bereits baulich genutzter Flächen geschaffen werden. Bei den meisten diskutierten Vorschlägen geht es um eine einmalige Abgabe, die bei einer Neuversiegelung fällig würde. Sie soll in erster Linie Anreize zur Eindämmung der Neuversiegelung setzen. Daneben gibt es auch Vorschläge für eine gespaltene Abgabe, bei der Neuversiegelungen mit einer einmal zu zahlenden Abgabe belegt und bereits versiegelte Grundstücke einer jährlich vom Versiegelungsgrad abhängigen Abgabe unterworfen werden. Kritisiert werden ein höherer bürokratischer Aufwand gegenüber einer Neuerschließungsabgabe und eine zu erwartende Erhöhung der bereits hohen Wohnkosten in Deutschland im Falle einer Bestandsabgabe.

Ein in vielen Gemeinden bereits eingeführtes Instrument ist die versiegelungsabhängige Abwassergebühr. Für deren Höhe ist nicht nur das Volumen des Frischwasserbezugs ausschlaggebend, sondern auch die Regenwassermengen, die von einem Grundstück in die öffentliche Kanalisation abfließen und die umso größer sind, je höher der Versiegelungsgrad ist. Da die Ableitung von Regenwasser in die öffentliche Kanalisation Kosten verursacht, nehmen Grundstückseigentümer mit großen versiegelten Flächen kommunale Leistungen vergleichsweise stärker in Anspruch als Eigentümer mit geringen Anteilen an versiegelter Fläche. Versiegelungsabhängige Abwassergebühren führen deshalb zu einer höheren Gebührengerechtigkeit. Die durch die Gebührenpflicht entstehenden Anreize, beim Neubau auf umfangreiche Versiegelung zu verzichten und bereits versiegelte Flächen zu entsiegeln, sind eher ein willkommener Zusatzeffekt. Das dem Gebührenrecht zugrunde liegende Äquivalenzprinzip setzt aber einer über die entstehenden Kosten hinausgehenden flächenpolitischen motivierten Bemessung enge Grenzen.

Finanzielle Förderinstrumente

Durch Steuervergünstigungen, Direktsubventionen und Förderprogramme hat der Staat in der Vergangenheit zahlreiche Impulse zur Erweiterung des Wohnungsbestandes gegeben. In Anbetracht der Situation auf den Wohnungsmärkten und den voraussichtlichen Auswirkungen der demografischen Entwicklung werden heute von verschiedenen Seiten ein Umbau der Fördersysteme und eine Neuorientierung der Wohnungsbaupolitik gefordert.

Sozialer Wohnungsbau

Die staatliche Wohnungsbauförderung hat in Deutschland eine lange Tradition, die bis in die Weimarer Republik zurückreicht. Gefördert wurden nach dem II. Wohnbaugesetz von 1956 der Bau von Mietwohnungen, die Modernisierung des Wohnungsbestandes und die Schaffung von Wohneigentum. Mit der Novelle des Wohnbaugesetzes im Jahre 2001 wurde ein Paradigmenwechsel vollzogen: von der Wohnraumversorgung »breiter Schichten der Bevölkerung« zur Basisversorgung Bedürftiger.

Die Neuregelung soll der Tatsache Rechnung tragen, dass heute nicht mehr die Schaffung von Wohnraum im Vordergrund steht, sondern die zielgenaue, flexible und bedarfsgerechte Förderung von Haushalten, »die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können«. In Anbetracht der demografischen Entwicklung soll sich die Förderung künftig auf eine sozialorientierte Nutzung des vorhandenen Wohnungsbestandes konzentrieren, anstatt den Neubau teurer Sozialwohnungen zu subventionieren. Dies soll über den Erwerb bestehenden Wohnraums, die Modernisierung von Wohnraum, den Erwerb von Belegungsrechten in bestehenden Gebäuden sowie die Fortführung oder Begründung von Mietbindungen erfolgen.

Durch die bestandsorientierte Ausgestaltung des Wohnraumförderungsgesetzes sind von der neuen Regelung im Hinblick auf den Flächenschutz positive Effekte zu erwarten. Unter stadtsoziologischen Aspekten sind jedoch Zweifel angebracht. Da die Zahl der Haushalte, die sich am Wohnungsmarkt nicht adäquat versorgen können, steigt und das Angebot an preiswertem Wohnraum infolge der Deregulierung der Wohnungsmärkte und des Rückzugs des Staates aus der Wohnungsbauförderung kontinuierlich schrumpft, kommt es zwangsläufig zu einer Konzentration sozial benachteiligter Gruppen in bestimmten Quartieren. Damit wächst die Gefahr sozialer Segregation.

Förderung der Wohneigentumsbildung

Obwohl mit der Modifikation der Eigenheimzulage zu Beginn 2004 einigen der Hauptkritikpunkte an der alten Regelung Rechnung getragen wurde, blieb sie das umstrittenste Instrument der Wohnbauförderung. Kritisiert wurden vor allem die allokativen Verzerrungen und die negative flächenpolitische Lenkungswirkung, die diese Subvention auslöst. Auch nach der erfolgten Gleichstellung von Neu- und Altbau in der Förderung wurde bezweifelt, dass dies ausreichen würde, um die gewünschte Umlenkung der Investitionen vom Neubau in den Bestand zu bewirken. Von verschiedenen Seiten wurde daher eine Fokussierung und/oder regionale Differenzierung der Wohneigentumsförderung befürwortet. Vorgeschlagen wurde u.a. eine Konzentration der Förderung auf Familien mit mehreren Kindern, auf Schwellenhaushalte in Hochpreisregionen, auf den Erwerb von Bestandsimmobilien oder den Neubau auf innerstädtischen Brachflächen.

Andere plädierten dagegen für eine ersatzlose Streichung der Eigenheimzulage mit dem Argument, dass eine Subventionierung des Wohneigentums angesichts einer inzwischen mehr als gut bezeichnenden Wohnungsversorgung in den meisten Regionen, wachsender Leerstände und einer insgesamt veränderten Situation auf den Immobilienmärkten nicht mehr zeitgemäß sei. Befürchtet wurde das Risiko von Fehlinvestitionen, wenn die Förderung wie bisher fortgesetzt würde, da insbesondere in städtischen Randlagen mit einem Wertverfall der Immobilien zu rechnen sei.

Die Eigenheimzulage wurde mit Wirkung zum 01. Januar 2006 abgeschafft. Laufende Förderungen werden davon jedoch nicht tangiert, d.h. Bauherren, die vor dem 01. Januar 2006 mit der Herstellung eines Eigenheims begonnen, sowie Erwerber, die vor dem 01. Januar 2006 den notariellen Kauvertrag abgeschlossen haben oder einer Genossenschaft beigetreten sind, haben weiterhin Anspruch auf Förderung nach den Regelungen des Eigenheimzulagegesetzes. Erst mit Beendigung des achtjährigen Förderzeitraums im Jahre 2013 werden die letzten Zahlungen eingestellt werden. Begründet wurde die Abschaffung damit, dass eine flächendeckende Förderung in Anbetracht entspannter Wohnungsmärkte und deutlich gesunkener Finanzierung- und Baukosten nunmehr entbehrlich sei. Mit der Streichung der Eigenheimzulage werde der Abbau nicht mehr gerechtfertigter Subventionen umgesetzt. Gleichzeitig kündigte die Bundesregierung die Absicht an, das selbst genutzte Wohneigentum entsprechend der Koalitionsvereinbarung zum 01. Januar 2007 besser in die geförderte Altersvorsorge zu integrieren.

Die Verbände sowie die Gewerkschaft der Bau- und Wohnungswirtschaft haben einen Vorschlag zur Einbeziehung des Wohneigentums in die Riester-Förderung erarbeitet, der auch genossenschaftliches Wohnen, Wohnrechte und vermietetes Wohneigentum umfasst. Das vorgestellte Bau-Riester-Modell vergrößert die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Altersvorsorgeformen und überlässt dem Förderberechtigten auch die Entscheidung zwischen Neubau und Erwerb von Bestandsimmobilien. Eine Bindung der Förderung an städtebauliche und ökologische Kriterien, wie sie im Rahmen der Debatte um die Eigenheimzulage angeregt wurden, sieht das Modell nicht vor.

Städtebauförderung

Nach übereinstimmender Auffassung hat sich die Städtebauförderung in den letzten Jahren als ein wichtiges Instrument zur Realisierung der Innenentwicklung, zur Aufwertung der vorhandenen Bausubstanz, zur Sanierung und Wiedernutzung städtischer Brachen, zur Umsetzung einer funktionalen Nutzungsmischung und zur Revitalisierung der Kernstädte erwiesen. Trotz ihres im Vergleich zu anderen Förderprogrammen relativ begrenzten Finanzvolumens konnten infolge hoher Multiplikatoreffekte mit den eingesetzten Mittel positive Flächenwirkungen in größerem Umfang erzielt werden.

Wie die Verbändebefragung des TAB zeigt, wird diese positive Einschätzung von der Mehrheit der befragten Verbände geteilt und eine finanzielle Aufstockung, vor allem der Stadterneuerungsprogramme »Soziale Stadt«, »Stadtumbau Ost« und »Stadtumbau West«, gefordert. Vonseiten der Verbände der Bau- und Wohnungswirtschaft wird dabei insbesondere die Notwendigkeit betont, mithilfe öffentlicher Mittel an innerstädtischen Standorten preiswertes Bauland für Private und Wohnungsunternehmen zur Verfügung zu stellen. Nur wenn es den Kommunen gelingt, auch für Schwellenhaushalte die Möglichkeit zur Bildung von Wohneigentum in der Stadt zu schaffen, könne eine hinreichende Attraktivität urbanen Wohnens gewährleistet und der Trend zur Suburbanisierung gestoppt werden. Um vorhandene Flächenreserven zu mobilisieren, müssten in erster Linie zusätzliche Mittel für die Aufbereitung von Brachflächen aller Art bereitgestellt werden. Außerdem sollten die vorhandenen Mittel zielgerichteter eingesetzt werden.

Entfernungspauschale

Neben den Wohnungsbauförderungsprogrammen, die unmittelbaren Einfluss auf die Nachfrage nach Bauland haben, gibt es noch andere staatliche Subventionen wie die Entfernungspauschale, die sich indirekt auf die Flächeninanspruchnahme auswirken. Kritisiert wird, dass die Entfernungspauschale in erster Linie Fernpendler begünstigt und dadurch den Anreiz zur Abwanderung in periphere Räume mit günstigen Bodenpreisen verstärkt. Auch unter sozialen Gesichtspunkten wird die Förderung als fragwürdig angesehen, da die Bezieher hoher Einkommen überproportional profitieren. Von verschiedenen Seiten, wie etwa dem Deutschen Institut für Urbanistik, dem Deutsche Städtetag und den Naturschutzverbänden, wird daher eine ersatzlose Streichung dieser »Zersiedelungsprämie« gefordert. Andere wie etwa das DIW plädieren für einen schrittweisen Abbau über einen längeren Zeitraum, um den Steuerpflichtigen Zeit zur Anpassung zu geben.

Nicht aus flächenpolitischen, sondern aus fiskalischen Gründen hat die Bundesregierung inzwischen die Entfernungspauschale eingeschränkt; sie soll ab 2007 nur noch ab dem 21. Entfernungskilometer zur Arbeitsstätte abgesetzt werden können. Eine Begünstigung von Fernpendlern besteht damit weiterhin; sie wird von der Bundesregierung ausdrücklich als Härtefallregelung für diese Arbeitnehmergruppe betrachtet.

Auswirkungen von Maßnahmen zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke

Die Diskussion der Auswirkungen des Einsatzes von Instrumenten zur Reduktion der zusätzlichen Flächeninanspruchnahme auf 30 ha/Tag bis 2020 im TAB-Bericht konzentriert sich auf die Berechnung von Flächeneffekten sowie der wirtschaft­lichen Effekte (z.B. bei Steueraufkommen, Bruttoinlandsprodukt, Beschäftigung, Kosten des Wohnens). Weitere gesellschaftliche und ökonomische Folgen werden aufgrund dieses Analyseansatzes nicht thematisiert. Auch erfolgen weder eine Empfehlung für bestimmte Maßnahmen noch eine abschließende Bewertung des 30-ha-Zieles oder alternativer Raumnutzungskonzepte.

Die Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) hat für das TAB Simu­lationsrechnungen zum zukünftigen Flächenverbrauch mit dem umweltökonomischen Simulationsmodell PANTA RHEI durchgeführt. Nach der Basisprognose der GWS, die von einer Fortschreibung von Status-quo-Bedingungen ausgeht und eine mögliche zukünftige Entwicklung ohne neue (flächen)politische Eingriffe beschreibt, wird die tägliche Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche im Jahr 2020 noch bei 81 ha liegen und dann bis 2030 weiter auf 74,5 ha zurückgehen. Das Ziel der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 30 ha/Tag wird damit weit verfehlt und selbst 2030 noch nicht erreicht.

Der zu prognostizierte Rückgang ist im Wesentlichen demografisch zu erklären. Die demografische Entwicklung, die in der Basisprognose der mittleren Variante der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes folgt, führt zu einem drastischen Rückgang des Neubaus von 365.000 jährlich erstellten Wohnungen im Jahr 2000 über ca. 270.000 im Jahr 2010 und ca. 203.000 im Jahr 2020 auf ca. 115.000 im Jahr 2030. Die Bedeutung der privaten Haushalte als Verursacher der zusätzlichen Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke wird damit deutlich abnehmen, obwohl die Wohnfläche pro Kopf noch weiter von gegenwärtig ca. 40 m2 auf über 48 m2 bis 2030 ansteigen wird.

Die Analysen zeigen, dass mit Einzelmaßnahmen bzw. Einzelinstrumenten mit geringer Eingriffsintensität keine nennenswerten Flächeneffekte erreicht werden. Dies gilt, wie oben schon erwähnt, auch für eine aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer. Rechnungen für eine reine Flächensteuer, eine reine Bodenwertsteuer sowie eine kombinierte Bodenwert- und Bodenflächensteuer ergeben für 2020 nur Abweichungen von etwas mehr als 1 ha/Tag gegenüber der Basisprognose. Effekte in ähnlichen Größenordnungen ergeben sich für die Abschaffung der Grunderwerb­steuer für den Bestandserwerb.

Die Abschaffung bzw. Rückführung der als flächenpolitisch kontraproduktiv betrachteten Subventionen in Form der Eigenheimzulage und der Entfernungspauschale hätte auf den zukünftigen Flächenverbrauch ebenfalls nur geringe Auswirkungen, während die fiskalischen Effekte beträchtlich wären. Unter der Annahme, dass die eingesparten Mittel keiner anderen Verwendung zugeführt werden, würde sich die Staatsverschuldung erheblich verringern; die gesamtwirtschaftlichen Effekte, z.B. auf das Bruttoinlandsprodukt und die Beschäftigung, wären dagegen gering.

Zur Erreichung eines so anspruchsvollen Ziels wie des 30-ha-Ziels sind voraussichtlich nur Kombinationen verschiedener Instrumente geeignet. Erfolgversprechend wäre z.B. ein Instrumentenbündel, das eine nicht aufkommensneutrale Bodenwert- und Bodenflächensteuer, die in der Summe zu einer 1%igen Belastung des Bodenwertes führt, und eine bis zum Jahr 2020 linear auf 40 Euro/m2 nominal ansteigende Neuerschließungsabgabe kombinieren würde. Der Abgabesatz der Neuerschließungsabgabe könnte 2020 nur halb so hoch sein, wenn man von der Perspektive ausgeht, dass mit dem Bündel nur eine Senkung der täglichen Neuinanspruchnahme von Flächen auf 50 ha/Tag herbeigeführt werden soll und der Rest bis zur Schließung der Lücke zum 30-ha-Ziel durch planungsrechtliche, informatorische und kooperative Instrumente bewirkt werden könnte.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass es sich um Maßnahmen mit relativ moderaten und nicht von vornherein unvertretbaren Eingriffsintensitäten handelt, die zur Erreichung des 30-ha-Ziels führen würden. Auswirkungen auf wirtschaftliche Indikatoren wie Bruttoinlandsprodukt, Beschäftigung und Mietkosten dürften, wie die Simulationsanalysen zeigen, sehr gering sein.


Erstellt am: 08.03.2007 - Kommentare an: webmaster