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Formale Legitimation und argumentative Rationalität in der Technikgestaltung

Vortrag in Wisla (PL), 9. Mai 2000


Prof. Dr. Armin Grunwald
Forschungszentrum Karlsruhe
Institut für Technikfolgenabschätzung
und Systemanalyse (ITAS)
Postfach 3640
D-76021 Karlsruhe
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Hermann-von-Helmholtz-Platz 1
D-76344 Eggenstein-Leopoldshafen
Tel.: +49 (0) 721 / 608 - 22500
Fax: +49 (0) 721 / 608 - 24806

E-mail: armin.grunwald@kit.edu
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Abstract

Gegenwärtig werden Legitimationsnotwendigkeiten und -probleme technikrelevanter Entscheidungen als wesentlicher und konfliktträchtiger Bereich zwischen Technikentwicklung und Gesellschaft angesehen. Da Entscheidungen für eine bestimmte technische Option immer auch Entscheidungen gegen andere Optionen sind, stehen je nachdem, wie die Entscheidung ausfällt, verschiedene Personen und Gruppen auf der Seite der Verlierer oder Gewinner. Diese Entscheidungen werden in der Regel in formal-legitimen Verfahren getroffen. Welche Rolle spielt hierbei argumentative Rationalität in Form von Wissen und Orientierung?

Die These, die zum Verhältnis von argumentativer und formaler Legitimation vertreten und begründet wird, ist zweistufig:

  1. Legitimation wird in der Tat primär prozedural erzeugt. Luhmann (1983) hat Recht, wenn er die legitimationserzeugende Kraft dem korrekten und nachvollziehbaren Durchlaufen von Prozeduren zuschreibt.
  2. Legitimationserzeugende Verfahren sind jedoch in mehrfacher Weise auf argumentative Legitimation angewiesen.

Es zeigt sich im Verhältnis von argumentativer und formaler Legitimation folgendes Paradox: in anstehenden Entscheidungen hat die durch Verfahren legitimierte Entscheidungsfindung Vorrang. Ihre Resultate gelten (wenigstens im Prinzip) auch dann, d. h. werden in Praxis umgesetzt, wenn sie argumentativ angreifbar sind. Umgekehrt dürfen sich ihre Ergebnisse nicht allzuweit von den Ergebnissen argumentativer Rationalität entfernen - sonst werden Resultate nicht als legitim anerkannt. Die argumentative Rationalität bildet die "regulative Idee", an der sich die legitimationserzeugenden Verfahren zu orientieren haben.

Diese Argumentationsstruktur wird auf partizipative Ansätze der Technikfolgenabschätzung bezogen. Daraus lassen sich operative Schlussfolgerungen für Defizite und mögliche Erweiterungen dieser Ansätze ableiten.


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Stand: 07.06.2000 - Bemerkungen und Kommentare bitte an: armin.grunwald@kit.edu