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Elektronische Kommunikation im Projekt Elektronische Zahlungssysteme (PEZ) - Auswertung zum Diskussionsforum EZI-L und Dokumentation des Newsletters EZI-N

Ulrich Riehm und Knud Böhle
Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe
(Wissenschaftliche Berichte FZKA 6207, Juli 1999)


Teil 1: Auswertung zum Diskussionsforum EZI-L

4 Schlußdiskussion: E-Mail-Listen im Kontext eines TA-Projektes

Die Etablierung der Liste EZI-L fand im Kontext eines Forschungsprojektes zur Technikfolgenabschätzung (TA) elektronischer Zahlungssysteme im Internet statt und sollte dieses Projekt unterstützen. Drei Ziele standen dabei, wie oben bereits erwähnt, im Vordergrund:

Ob diese Ziele erreicht wurden, kann hier nur aus der eigenen, begrenzten Sicht beantwortet werden. Ein Netz von Interessierten, Experten und Akteuren konnte tatsächlich geknüpft werden. Nach unserem subjektiven Eindruck ist in EZI-L sowohl die Welt der Banken, der Technikanbieter, der Dienstleister und der Wissenschaft relativ gut vertreten. Ungenügend ist vermutlich die Seite der Verbraucher, der Gewerkschaften und der Politik repräsentiert. [1] Vermutlich entstammen die Teilnehmer von EZI-L nicht in erster Linie aus den oberen, sondern eher aus den mittleren Hierarchieebenen ihrer Institution oder Firmen. Die Liste hatte relativ schnell in der entsprechenden "Fachwelt" einen gewissen Bekanntheitsgrad und, nicht zuletzt auch auf Grund des Newsletters, einen guten Namen.

Welche Funktionen die Liste erfüllen konnte, wurde vor allem in Abschnitt 2.4 aufgezeigt: Austausch von Informationen, Klärung von Faktenfragen, Diskussionen über einzelne komplexere Sachverhalte und strittige Thesen. Das Ziel, ein umfassendes Forum der Diskussion zu den Chancen und Risiken der neuen Zahlungssysteme zu etablieren, scheint nur in bescheidenerem Maße erreicht worden zu sein. Dabei ist eine wesentliche Randbedingung zu berücksichtigen. Der Charakter der offenen Liste mit einer Vielzahl von Teilnehmern, die in keiner konkreten Arbeitsbeziehung zueinander stehen, sich in der Regel auch gar nicht persönlich kennen, erschwert mit Sicherheit eine umfassendere, kontinuierliche Diskussion. Wir würden deshalb die These vertreten, daß eine offene Diskussionsliste, wie EZI-L, mit einem solchen Anspruch partiell überfordert ist.

Das Ziel, die Projektergebnisse über die E-Mail-Liste bekannt zu machen, konnte erreicht werden. Inwieweit dies besser als mit den herkömmlichen Mitteln gelungen ist, müßte durch eine medienvergleichende Analyse erkundet werden.

Die partizipativen Ansprüche, die programmatisch an TA-Projekte gestellt werden, konnten im Rahmen dieses elektronischen Diskussionsforum nur in begrenztem Umfang eingelöst werden. Es gab keine systematische Auswahl für die Beteilung aus einer zu definierenden Grundgesamtheit, wie dies z.B. bei den Bürgerforen der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg gemacht wird. Die Teilnahme an EZI-L war selbstselektiv und freiwillig, wenn wir uns auch mit unseren Werbemaßnahmen an alle beteiligten und betroffenen Akteursgruppen gezielt gewandt hatten. Es gab keinen konkreten Handlungs- oder Entscheidungsbezug, wie dies z.B. bei TA-Studien zum Einsatz großtechnischer Systeme (etwa Kernkraftwerke oder Hochgeschwindigkeitszüge) gegeben ist, auf den sich der partizipative Prozeß hätte fokusieren können. Wenn wir so durchaus die Grenzen elektronischer Kommunikationsformen im Kontext von TA-Projekten sehen, dann gehen wir trotzdem davon aus, daß die Möglichkeiten mit dem hier vorgestellten Rahmen noch nicht gänzlich ausgeschöpft wurden. Man könnte sich verbindlichere Formen der elektronischen Kommunikation vorstellen, die weitergehende Ansprüche an Partizipation im Rahmen eines TA-Projektes erfüllen könnten. Auf der einen Seite müßte dafür die Qualität der Beiträge und die Förderung des "Diskurses" durch die Projektgruppe - in medienadäquater Weise - verstärkt werden. Auf der anderen Seite müßte bei der Auswahl der Teilnehmern stärker auf Repräsentativität und bei ihren "Diskursbeiträgen" stärker auf Verbindlichkeit hingearbeitet werden. In dieser Richtung wären weitere Erfahrungen mit elektronischen Diskussionsforum im Rahmen von TA-Projekten sicher sinnvoll.

Bezieht man sich abschließend, unabhängig von der Diskussion um die Rolle elektronischer Kommunikationsmittel im Rahmen von TA-Projekten, auf einige gängige Hypothesen zu den Leistungen computervermittelter Kommunikation im allgemeinen und E-Mail-Kommunikation im besonderen, dann fällt unser Urteil auf dem Hintergrund von anderthalb Jahren Erfahrungen mit der Liste EZI-L wie folgt aus:


[1] Indikatoren für diese Einschätzungen sind in erster Linie die Ableitung der Herkunft der Subskribenten aus der Mailadresse. Genaueres wäre nur über eine Befragung der Subskribenten zu erfahren.


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Stand: 09.03.2000 - Kommentare und Bemerkungen an: ulrich.riehm@kit.edu