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Stoffströme und Investitionskosten bei der Rauchgasreinigung von Abfallverbrennungsanlagen

Matthias Achternbosch und Ulf Richers
Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe
(Wissenschaftliche Berichte FZKA 6306, Juli 1999)


Kurzfassung:

Zur Zeit werden in der Bundesrepublik Deutschland an 56 Standorten großtechnische Abfallverbrennungsanlagen mit Rostfeuerung betrieben, in denen 11 Mio t Abfälle verbrannt werden. Als Folge neuer rechtlicher Regelwerke, insbesondere durch die Technische Anleitung Siedlungsabfall, wird die thermische Behandlung langfristig an Bedeutung gewinnen. Zukünftig werden neue Abfallverbrennungsanlagen gebaut bzw. zur Erhaltung der Entsorgungskapazitäten Altanlagen ersetzt werden müssen.

Zur Einhaltung der Emissionsgrenzwerte müssen Abfallverbrennungsanlagen mit Rauchgasreinigungsanlagen ausgerüstet werden, für deren Konzeption unterschiedliche Technologien zur Verfügung stehen. Zusätzlich hat der Druck der Öffentlichkeit und der Politik zu sehr aufwendigen Rauchgasreinigungssystemen geführt, um die gesetzlich geforderten Grenzwerte (17. BImSchV) möglichst weit zu unterschreiten. In der Bundesrepublik Deutschland sind fast alle der zur Zeit betriebenen Rauchgasreinigungsanlagen unterschiedlich aufgebaut. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung stellt sich für den Bau einer Neuanlage die Frage, wie eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Rauchgasreinigungsanlage konzipiert sein sollte.

Um einen Vergleich von unterschiedlichen Rauchgasreinigungsanlagen durchzuführen, bieten sich Stoffstromanalysen an. Allerdings reicht für einen Vergleich von Rauchgasreinigungssystemen eine Betrachtung, die sich nur auf die Stoffströme beschränkt, nicht aus. Die Stoffstromanalysen für die Schadstoffe und die zum Betrieb erforderlichen Hilfschemikalien müssen um wirtschaftliche Betrachtungen ergänzt werden, denn einfach aufgebaute Rauchgasreinigungsanlagen mit geringen Investitionskosten zeichnen sich im Betrieb durch einen relativ hohen Bedarf an Hilfschemikalien aus.

Im Rahmen dieses Projektes wurden die Stoffstromanalysen mit Hilfe von Modellrechnungen durchgeführt, denn großtechnische Anlagen verfügen in den meisten Fällen nicht über den erforderlichen Datenbestand. Die zugrunde gelegte Modellanlage, deren jährliche Verbrennungskapazität insgesamt 200.000 t Abfall beträgt, ist aus 2 Verbrennungslinien mit Rostfeuerung und jeweils separater Rauchgasreinigungsanlage aufgebaut. Erfahrungswerte aus großtechnischen Anlagen bildeten die Basis für die Stoffbilanzen. Von den 10 betrachteten Rauchgasreinigungsanlagen gehören 6 Rauchgasreinigungsanlagen zu der Gruppe der nassen Rauchgasreinigungssysteme, wobei 4 Anlagen einen sehr komplexen Aufbau mit nachgeschalteter Feinreinigung aufweisen. Aufgrund von aktuellen rechtlichen Vorgaben ist eine Überführung der Absalzungen aus den Wäschern in feste Rückstände erforderlich. Hierfür wurden verschiedene Varianten berücksichtigt. Außerdem wurden jeweils 2 Anlagen mit einer quasitrockenen und konditioniert trockenen Rauchgasreinigung berücksichtigt.

Für die Stoffbilanzen müssen neben dem Bilanzraum, der die gesamte Rauchgasreinigungsanlage umfaßt, auch die zu bilanzierenden Stoffe genauer festgelegt werden. Im Rahmen des Projekts wurden die Elemente Chlor (Cl), Schwefel (S), Quecksilber (Hg), Cadmium (Cd) und Blei (Pb) bilanziert.

Die durchgeführten Arbeiten zeigten, daß die Auslegungsdaten für großtechnische Abfallverbrennungsanlagen sich an worst-case-Situationen orientieren, so daß Auslegungsdaten für die Berechnung von Stoffstrombilanzen nur bedingt geeignet sind. Außerdem erweisen sich die aus der Literatur vorhandenen Daten zum Teil als veraltet.

Die Ergebnisse der Bilanzen für die verschiedenen Rauchgasreinigungsverfahren zeigen bei der Aufteilung der Stoffströme auf die einzelnen verfahrenstechnischen Stufen für die Elemente Chlor und Schwefel deutliche Unterschiede. Eine sichere Differenzierung zwischen den verschiedenen Rauchgasreinigungsanlagen gelingt für Schwermetalle nicht, denn die Konzentrationen der betrachteten Metalle sind zu gering.

Die Hilfschemikalienmengen wurden auf der Basis festgelegter stöchiometrischer Faktoren berechnet. Erwartungsgemäß ergaben die Berechnungen eine Abstufung. Trockenverfahren benötigen mehr als quasitrockene Verfahren und diese mehr als Naßverfahren. Teilweise ist der Hilfchemikalienverbrauch auch verfahrenstechnisch bedingt. Die Betriebsweise einer Anlage mit quasitrockener oder trockener Rauchgasreinigung hat einen großen Einfluß auf die Stoffbilanzen und Emissionen. Die Rückstandsmengen der einzelnen Rauchgasreinigungsverfahren werden durch die eingesetzten Hilfschemikalien bestimmt. Entscheidend ist dabei der stöchiometrische Faktor.

Die Analyse der Kosten gestaltete sich aufwendig und schwierig. Es wurden nur die Kosten für die Anlagenteile ohne Bauleistungen, elektrische Anlagen, Meß- und Regeltechnik usw. betrachtet.

Die Investitionskosten einzelner Anlagenteile zur Rauchgasreinigung, bezogen auf die Auslegedaten, bewegen sich zwischen 0,5 - 7 Mio DM. Die Gesamtinvestitionskosten für Rauchgasreinigungsanlagen liegen im Bereich von 14 Mio DM bis 30 Mio DM.

Trockene und quasitrockene Rauchgasreinigungsanlagen haben die niedrigsten Investitionskosten. Die nasse Rauchgasreinigung weist bei den Investitionskosten einen weiten Bereich auf. Allerdings ist eine relativ einfach aufgebaute nasse Rauchgasreinigungsanlage nur unwesentlich teurer als eine quasitrockene Rauchgasreinigung.

Die durchgeführten Betrachtungen der einzelnen Rauchgasreinigungsanlagen zeigen, daß es für neue und bestehende Anlagen noch Möglichkeiten zur Optimierung gibt. So könnten die Rückstände aus dem Flugstromverfahren zur Rauchgasfeinreinigung bei der Neutralisation der Absalzungen aus den Wäschern verwertet werden.


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Stand: 05.11.1999 - Kommentare und Bemerkungen an: Dr. Achternbosch