Sammelband zur "Allgemeine Technologie" zieht Bilanz und regt zu weiterem Nachdenken an [09.09.2002]

Die allgemeine Erkenntnis der prinzipiellen Ambivalenz von Technik, wie sie sich etwa seit den siebziger Jahren gesellschaftlich durchgesetzt hat, hat eine Fülle wissenschaftlicher Ansätze angeregt, sowohl in praktischer Hinsicht im Hinblick auf eine gesellschaftliche Technikgestaltung als auch in theoretischer Hinsicht als Reflexion von Technik und ihres Verhältnisses zur Gesellschaft. Ein Ziel der theoretischen Bemühungen liegt dabei - über die rein explanatorischen Aspekte hinaus - stets in einer Orientierung der praktischen Technikgestaltung. Theorie und Praxis sind nicht getrennt, sondern aufeinander angewiesen. Diese Erkenntnis steht Pate für das gemeinsame Interesse der Leibniz-Sozietät e.V. Berlin und des ITAS an der Allgemeinen Technologie, aus dem dieses Buch hervorging.

Es ist das Verdienst von Johann Beckmann (1739-1811), Professor für Weltweisheit und Ökonomie an der Universität Göttingen, im Jahre 1806 die Grundgedanken einer Allgemeinen Technologie publiziert zu haben. Sein "Entwurf der algemeinen Technologie" beinhaltete Darstellungen zu den Rohstoffen, zur Herstellung und zur Ware. Damit wurde schon damals deutlich gemacht, dass Allgemeine Technologie ein disziplinübergreifendes, ein interdisziplinäres "Unterfangen" darstellt.

Trotz vielfältiger Bemühungen in den zurückliegenden Jahren ist Allgemeine Technologie noch immer mehr ein (Wissenschafts-)Programm denn ein aus- bzw. durchgearbeitetes Konzept. Gerade deshalb ist es angezeigt, eine disziplinübergreifende Bestandsaufnahme als Grundlage für weiterführende Überlegungen vorzunehmen. Das Buch versteht sich als Beitrag in dieser Richtung. Es geht auf ein Symposium zurück, das am 12. Oktober 2001 gemeinsam von der Leibniz-Sozietät e.V. und ITAS durchgeführt wurde. Das Symposium hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Überlegungen zu Verallgemeinerungen und Ganzheitsbetrachtungen im Sinne einer Allgemeinen Technologie vorzustellen, die sowohl dem Bereich der Technik- und Naturwissenschaften als auch dem der Sozial- und Geisteswissenschaften zuzuordnen sind, dabei historische wie aktuelle Entwicklungen betreffend.

Die Beiträge des Buches legen folgende drei Einsichten nahe (die in gewisser Weise analog für die Technikfolgenabschätzung zutreffen!):

  1. Allgemeine Technologie ist nicht nur möglich, sondern auch notwendig.
  2. Die Weiterentwicklung der Allgemeinen Technologie kann nur in einem interdisziplinären Projekt mit "verteilten Rollen" erfolgen, in dem unterschiedliche - komplementäre? - Ansätze, Forschungsrichtungen und "Paradigmen" verfolgt werden.
  3. Dafür ist das stete Wechselspiel von deduktiv-konkretisierenden und induktiv-generalisierenden Denkbemühungen sowie von Analyse der lebensweltlichen technischen Wirklichkeit und theoretischem Entwurf wissenschaftlicher Konzepte erforderlich.

Bibliographische Angaben:
Gerhard Banse; Ernst-Otto Reher (Hrsg.):
Allgemeine Technologie: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft; Symposium der Leibniz-Sozietät und des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Forschungszentrums Karlsruhe, Technik und Umwelt, am 12. Oktober 2001 in Berlin. Berlin: Trafo-Verlag 2002 (Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät; Bd. 50 = 2001, H. 7, ISBN 3-89626-386-2)

Weiterführende Links:

  • Die Leibnitz-Sozietät im Web hier
  • Die Webadresse des Trafo-Verlags hier
  • Die persönliche Homepage von Prof. Dr. Gerhard Banse hier